Wozu den Leichnam Jesu salben?

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Rembremerding

Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Rembremerding »

Völlig unabhängig davon, ob die Salbung eines Leichnams keine jüdische Ritualfom war, hat Jesus selbst angeordnet, ihn am Tag des Begräbnisses zu salben.
Was nun, wenn die Frauen nur das vollenden wollten, was am Sabbat in der Hast nicht erledigt werden konnte? In der Hl. Schrift jedenfalls steht, dass die Frauen einerseits die Salben erst zubereiten mussten (geht auch nicht am Sabbat), andererseits sie die Salben erst kaufen mussten (ebenfalls am Sabbat nicht möglich). Niemand in der Umgebung Jesu scheint damit gerechnet zu haben, dass sein Tod so schnell herbeigeführt wird, außer Maria von Betanien (sie wusste noch, was der Herr ihr gesagt hatte). Hier geht es um das Nardenöl (beruhigend, entzündungshemmend, Maria wusste, was sie tat, was sie konnte, wie Jesus es ausdrückt):
Sie hat getan, was sie konnte. Sie hat im Voraus meinen Leib für das Begräbnis gesalbt.(Mk 14:8 REÜ)
Jesus jedoch sagte: Lass sie, damit sie es für den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt! (Joh 12:7)
Und bis heute wird von dieser Frau in der Kirche erzählt zu ihrem Gedächtnis, wie es Jesus vorhersagte!
Maryam
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Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Maryam »

Rilke hat geschrieben: So 1. Dez 2019, 17:44
Travis hat geschrieben: So 1. Dez 2019, 17:35 Für die Salbung musste nach dem Gesetz der Sabbat abgewartet werden, weshalb erst am Samstag nach Sonnenuntergang damit begonnen werden konnte. Es war also Samstag Abend oder Sonntag in aller Frühe als die Frauen zur Salbung kamen um die Bestattungsriten abzuschließen.
Es gab und gibt in der jüdischen Tradition keine religiöse Pflicht zum Salben eines Leichnams. Das war "nur" ein Erfordernis um unangenehme Gerüche während des Beerdigungsaktes zu vermeiden. Jesus wurde nach seiner Kreuzigung und kurz vor Schabbatbeginn noch ins Grab gelegt. Somit war die Zeremonie gezwungenermaßen damit beendet. Es kam sicher regelmäßig vor, dass Menschen kurz vor Schabbatbeginn verstarben, die man dann zweckmäßig sehr früh und ohne viel Vorbereitung ins Grab legte.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es historische Zeugnisse solcher nachträglichen Einbalsamierungen nach Schabbat gibt - wäre über belehrende Hinweise aber dankbar. :)
Hi Rilke (Jesus wurde am selben Tag vom Kreuz genommen, wie soll es da zu Verwesungsgerüchen gekommen sein?)
Zwischen Abnahme Jesu vom Kreuz und Grablegung in eine neue Grabhöhle die Josef von Arimathäe für sich hat bauen lassen und nun Jesu hineinlegen liess, oder legte, gibt es zwischen den Evangelisten einige Ungereimtheiten.

Nur Markus erwähnt das Vorhaben von den beiden Frauen, Jesus mit wohlriechendem Oel zu salben.
Bei Markus steht
Mk 16,1 Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

Bei Matthäus steht nichts vom Salben Mt 28,1 Als aber der Sabbat vorüber war und der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria Magdalena und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen.

Johannes auch nicht Joh.20, 1 Am ersten Tag der Woche kommt Maria Magdalena früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, dass der Stein vom Grab weggenommen war.
[/quote]
Bei Johannes wurde Jesus in ein Leinentuch mit Spezereien gelegt.
Joh 19,40 Da nahmen sie den Leichnam Jesu und banden ihn in Leinentücher mit Spezereien, wie die Juden zu begraben pflegen.
Weder Markus noch Matthäus erwähnen Spezereien im Zusammenhang mit dem Leinentuch.
Mk 15,46 Und der kaufte ein Leinentuch und nahm ihn ab vom Kreuz und wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das war in einen Felsen gehauen, und wälzte einen Stein vor des Grabes Tür.
Mt 27,57 Am Abend aber kam ein reicher Mann aus Arimathäa, der hieß Josef und war auch ein Jünger Jesu. 58 Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu. Da befahl Pilatus, man sollte ihm den geben. 59 Und Josef nahm den Leib und wickelte ihn in ein reines Leinentuch 60 und legte ihn in sein eigenes neues Grab, das er in einen Felsen hatte hauen lassen, und wälzte einen großen Stein vor die Tür des Grabes und ging davon.

lg Maryam

Es gibt bezüglich der Unmengen von Aloe und Myrrhe, welches Nikodemus am Tag der Kreuzigung Jesu geranschleppte diverse Thesen,was ihn dazu bewogen hat.
Joh 19,39 Es kam aber auch Nikodemus, der vormals in der Nacht zu Jesus gekommen war, und brachte Myrrhe gemischt mit Aloe, etwa hundert Pfund.
Rilke
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Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Rilke »

Hallo Travis,
Travis hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 11:39 Offensichtlich nicht so rechtzeitig, dass man die Salbung hätte vornehmen können. Die Frauen waren sehr eifrig. Aus Matth. 27,61 kann man entnehmen, dass zwei der Frauen das Grab genau beobachtet hatten um zu sehen, wo sie denn hinmussten um die Salbung zu vollenden. Ich gehe davon aus, dass lediglich der nahende Sabbat sie daran hinderte die Salbung sogleich vorzunehmen.
Da hast du recht, vielen Dank für den Hinweis!
Travis hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 11:39Ein Problem entsteht erst, wenn man die biblische Überlieferung anzweifeln möchte. Schaut man in den Text, stellt man zunächst lediglich fest, DASS die Frauen das getan haben und das es nicht als ungewöhnliches Vorgehen beschrieben wird.
Der Denkanstoß kam aus der Richtung eines Vorwurfes, dass das NT sich widerspricht, da hast du recht. Nichtsdestotrotz ist es meiner Ansicht nach wichtig, solche "Ungereimtheiten" aufzudecken. Schließlich sind es solche Details, die den einen oder anderen vom Glauben abschrecken (oder abfallen lassen). Kann man jene Fragen also sinnvoll beantworten, wäre es ein Gewinn für viele.
Travis hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 11:39Weshalb unangenehm? Mir ist die Frage nicht unangenehm. Sie wird sich sicher klären lassen. Bislang sieht es so aus, als ob Joseph und Nikodemus schlicht nicht rechtzeitig vor dem Sabbat fertig geworden sind und die Frauen es unmittelbar nach dem Sabbat vollenden wollten.
Unangenehm in erster Linie deshalb, weil es unsinnig ist, einen bereits beerdigten Leichnam noch einmal zum Balsamieren aus dem Grab zu holen. Das wäre vergleichbar mit einer heutigen Exhumation nach drei Tagen, weil der Beerdigte nach der Meinung seiner Angehörigen zur Beerdigung "nicht festlich genug" angezogen war. Niemand käme auf die Idee, einem Leichnam nach der vollzogenen Verabschiedung etwas anderen anzuziehen. Selbiges gilt für die duftenden Kräuter einer Salbung.
Travis hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 11:39Was an der SItuation ist eigentlich "trifftig"? Spricht irgendwas objektiv dagegen, dass die Frauen die Salbung noch hätten vornehmen sollen? Bislang sehe da nichts trifftiges. Es wird gegen keine jüdische Tradition verstoßen, kein Gesetz gebrochen und auch sonst keiner Anweisung Gottes widerstanden.
Die Situation widerspräche jeglicher Logik. Wie bereits oben geschrieben, würde man keinen Toten für etwas nicht unbedingt Nötiges aus dem Grab holen. Die Salbung eines Toten war nicht unbedingt nötig, schon gar nicht wenn die Beerdigung bereits vollzogen wurde.

PS: Ich möchte nicht gegen das Evangelium argumentieren. Das sind nur die Gedanken, die mir dabei durch den Kopf gehen.
Was immer ein endliches Wesen begreift, ist endlich.
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Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Rilke »

Rembremerding hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 11:43 Völlig unabhängig davon, ob die Salbung eines Leichnams keine jüdische Ritualfom war, hat Jesus selbst angeordnet, ihn am Tag des Begräbnisses zu salben.
Jesus jedoch sagte: Lass sie, damit sie es für den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt! (Joh 12:7)
Hallo Rembremerding! Das ist eine interessante Stelle. Danke dir.
Weißt du denn, warum man den Gesalbten (Moschiach) am Tag seiner Beerdigung nochmals salben sollte, wenn es nicht um die übliche Geruchsbeseitigung ging?
Was immer ein endliches Wesen begreift, ist endlich.
- Hl. Thomas v. Aquin
Rilke
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Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Rilke »

Maryam hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 16:00 Hi Rilke (Jesus wurde am selben Tag vom Kreuz genommen, wie soll es da zu Verwesungsgerüchen gekommen sein?)
Hey Maryam!
Aus eigener schmerzlicher Erfahrung weiß ich, dass es bei genügend hoher Außentemperatur sehr rasch zu Verwesungsgeruch kommen kann. Ich denke, dass daher auch die jüdische Beerdigungspflicht stammt, den Toten innerhalb von 24 Stunden, bestenfalls jedoch vor Sonnenuntergang zu beerdigen. Das ist noch heute in Israel die übliche Praxis.
Maryam hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 16:00 Zwischen Abnahme Jesu vom Kreuz und Grablegung in eine neue Grabhöhle die Josef von Arimathäe für sich hat bauen lassen und nun Jesu hineinlegen liess, oder legte, gibt es zwischen den Evangelisten einige Ungereimtheiten.

Nur Markus erwähnt das Vorhaben von den beiden Frauen, Jesus mit wohlriechendem Oel zu salben.

Es gibt bezüglich der Unmengen von Aloe und Myrrhe, welches Nikodemus am Tag der Kreuzigung Jesu geranschleppte diverse Thesen,was ihn dazu bewogen hat.
Joh 19,39 Es kam aber auch Nikodemus, der vormals in der Nacht zu Jesus gekommen war, und brachte Myrrhe gemischt mit Aloe, etwa hundert Pfund.
Vielen lieben Dank für die Hinweise. Dann wurde nach dem Evangelium des Johannes Jesus bereits vor seiner Beerdigung gesalbt - Vers 40 des 19. Kapitels sagt dies:
"Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist."
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Travis
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Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Travis »

Rilke hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 16:24 Die Situation widerspräche jeglicher Logik.
Die Frauen wollten die Salbung des Leichnams vornehmen, welcher mangels Zeit (und ggf. Gelegenheit) vor der Bestattung nicht hatte vollendet werden können. Was widerspricht da einer Logik?

Würde jemand in meinem Umfeld so handeln, könnte ich das nachvollziehen. Wer würde schon trauernden Menschen etwas verwehren, nur weil man es selber für unvernünftig hielte? Und dann noch mit dem Argument "Es geht doch eh nur um den Geruch.". Nein, das wäre gefühllos. Eher entbehrte es jeder Logik den Frauen dies zu verwehren. Es besteht ja keinen Grund dafür, zumal der Leichnam vielleicht nur 24h in einem kühlen Höhlengrab gelegen hat.

Die Begräbnis- und Trauergewohnheiten könnte man sich tatsächlich mal von einem messianischen Juden erklären lassen. Leider habe ich da keinen im Bekanntenkreis. Vielleicht frage ich mal einen der Hebraisten die ich kenne.
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Helmuth
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Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Helmuth »

Rilke hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 16:33 Vielen lieben Dank für die Hinweise. Dann wurde nach dem Evangelium des Johannes Jesus bereits vor seiner Beerdigung gesalbt - Vers 40 des 19. Kapitels sagt dies:
"Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist."
Im AT finden wir noch diesen Bezug:
Jesaja 53,9 hat geschrieben: Und man bestimmte sein Grab bei Gottlosen, aber bei einem Reichen [war er] in seinem Tod, weil er kein Unrecht getan hatte und kein Betrug in seinem Mund gewesen war.
Er erhielt also nicht das übliche 0815-Begräbnis. Josef von Arimathia und Nikodemus gehörten zur jüdischen Oberschicht.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Rembremerding

Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Rembremerding »

Rilke hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 16:26 Weißt du denn, warum man den Gesalbten (Moschiach) am Tag seiner Beerdigung nochmals salben sollte, wenn es nicht um die übliche Geruchsbeseitigung ging?
Da müssen wir etwas ausholen und zwar zurück ins AT.
Nun kommen wir zu der Typologie, Vorschattung, Parallele AT-NT.
Samuel korreliert dabei mit Johannes Baptist (dazu gäbe es noch Konkreteres, aber OT), Saul/David was die Messianität angeht mit Jesus.
Samuel und Johannes führen dem Volk Israel jeweils den 1. 2. (auch David, der Vorfahre Jesu) und letzten (wahren) Messias zu. Die Definition eines Gesalbten findet sich als Vorschattung erstmals in 1Sam 9:16.

In 1Sam 10:1 wird Saul gesalbt, vom Herrn eingesetzt, in 1Sam 10:6 wird er vom Hl. Geist erfüllt, er war aber noch nicht König! Erst später wird er dazu eingesetzt. Ebenso bei David: 2 Einsetzungen (1Sam 16:13; 2Sam 5).
Jesus wird am Jordan von Johannes getauft und Gott setzt ihn durch die Herabkunft des Hl. Geists ein, aber er war auch noch nicht König!
Diese 2 Einsetzungen (Salbungen), zuerst verborgen, dann öffentlich, sind also typisch für den Messias.
Den Königsthron erhält Jesus später am Kreuz auf Golgota. Durch seinen Tod am Kreuz wird er zum wahren König. Die Salbung Jesu nimmt also die 2 Salbungen eines Messias aus dem AT auf und vollendet sie.

Servus :wave:
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Helmuth
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Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Helmuth »

Rembremerding hat geschrieben: Mo 2. Dez 2019, 17:46 In 1Sam 10:1 wird Saul gesalbt, vom Herrn eingesetzt, in 1Sam 10:6 wird er vom Hl. Geist erfüllt, er war aber noch nicht König!
Bitte wer setzte jemals eine Salbung eines Lebenden mit der Einbalsamierung einer Leiche in Verbindung? Vielleicht vergleicht der nächste die Auferstehung mit Leichefledderei und gibt als theologische Begründung: Bei Gott ist alles möglich.

Ich korrigere: Mit Theologie geht alles. :mrgreen:
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Rembremerding

Re: Wozu den Leichnam Jesu salben?

Beitrag von Rembremerding »

Wer die Hl. Schrift aufmerksam liest, wird feststellen, dass die Salbung durch Maria am lebenden Jesu vollzogen wurde, der Herr aber sagte, man solle es für sein Begräbnis aufheben. Maria hat eben (nur) "getan, was sie konnte."
Aufmerksam zu lesen ist kein Privileg von Theologen.
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