Die Frage nach dem "Warum"

Rund um Bibel und Glaube
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Bonnie
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Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von Bonnie »

Zwei gute Freundinnen von mir haben aus dem engsten Freundeskreis einen jungen Mann durch Selbstmord verloren. Beide sind nicht keine Christen und überhaupt nicht gläubig. Bisher konnten wir uns noch nicht ausführlicher unterhalten, was ich jedoch weiß, der Angriff auf Gott – wo war er denn, warum hat er das zugelassen, es kann keinen Gott geben – wird kommen. Beide beäugen meinen Glauben sehr kritisch.

Je mehr ich mich mit einer Antwort beschäftige, die ich für mich einigermaßen habe, die für Nichtchristen aber eher untauglich ist, umso weniger weiß ich, wie ich angemessen antworten kann. Ich meine es macht jetzt in der akuten Situation keinen Sinn mit „Sündenfall“, „gefallene Welt“ und der „Trennung des Menschen von Gott“ zu kommen.

Was würdet ihr auf die Frage nach dem „Warum lässt Gott das zu“ u.ä. antworten?
Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, eine Überzeugung von Tatsachen, die man nicht sieht.
Hebräer 11,1
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ProfDrVonUndZu
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Das ist doch keine Situation, wo du als gläubige Christin besonders Rechenschaft abzugeben hättest. Die Frage, die sich die beiden in Bezug auf ihren Freund stellen sollten wäre viel mehr "Wo war der Mensch ?" Natürlich muss sich das aus dem Gespräch auch ergeben, denn so unvorbereitet würde das nur selbstrechtfertigenden Widerstand erzeugen, der zwar die Frage nicht auflösen würde, möglicherweise aber eure Beziehung gefährden könnte.
1Johannes4
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von 1Johannes4 »

Hallo Bonnie,

vielleicht erstmal eine Übersicht über gefühlt hunderte Ansätze zur Beantwortung, denn eigentlich verbirgt sich hinter Deiner Frage die sogenannte Theodizee:
Gemeint sind verschiedene Antwortversuche auf die Frage, wie das Leiden in der Welt mit der Annahme zu vereinbaren sei, dass ein (zumeist christlich aufgefasster) Gott einerseits allmächtig, andererseits gut sei. Konkret geht es um die Frage, wie ein Gott oder Christus das Leiden unter der Voraussetzung zulassen kann, dass er doch die Omnipotenz („Allmacht“) und den Willen („Güte“) besitzt, das Leiden zu verhindern.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Theodizee

In dem Wikipedia-Artikel findet man auch zahlreiche solche Antwortversuche, weswegen ich Dir durchaus empfehlen kann, Dir das mal anzusehen.

In der Bibel wird diese Thematik vor allem im Buch Hiob behandelt. Darin erklärt Hiob beispielsweise auch direkt am Anfang nach den "Hiobsbotschaften":
[...] Das Gute haben wir von Gott angenommen, sollten wir dann nicht auch das Unheil annehmen?[...]
Hiob 2, 10 HFA

Diesem Grundgedanken folgend gehe ich meistens zunächst darauf ein, dass man nichts im Leben behalten wird und das eigentlich auch schon von vornherein feststeht: alles wird man letztendlich auch verlieren. Je größer der Gewinn für einen war, um so schmerzhafter wird somit auch der Verlust sein. Da im ersten Moment aber alle möglichen Gefühle wie Trauer, Wut usw. dominieren, ist die erste Trauerphase meiner Meinung nach kein so guter Moment für irgendwelche philosophisch-theologische Erklärungsversuche, sondern eher für Anteilnahme und Unterstützung.

Ein häufig anzutreffender Irrtum der meisten Leute was den Glauben betrifft ist eine implizite Verwechslung Gottes mit dem Weihnachtsmann. Ohne irgendeine Bereitschaft zu einer Beziehung, zum Gehorsam, zum Vertrauen usw. werden dennoch in besonderen Momenten regelrechte Wunschlisten von Gott erwartet. Kurzum, es interessiert im Prinzip nur das eigene Wohl.

Bei Gläubigen würde ich darauf hoffen, dass diejenigen an die Auferstehung von den Toten glauben. Auch deswegen, weil dann etwaige eigene Schicksalsschläge oder auch eigenes Leiden im Verhältnis zur Ewigkeit bei Gott betrachtet werden können. Die maßlose Übersteigerung jedes Leidens in dieser Welt für viele Atheisten hängt meiner Meinung nach auch wesentlich mit dem Bezugsrahmen eines endlichen Lebens zusammen.

Soweit mal ein paar Gedanken dazu.

Grüße,
Daniel.
Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten,
‭‭1 PETRUS‬ ‭1:3‬ ‭ELB‬‬
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Travis
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von Travis »

Bonnie hat geschrieben: Do 7. Mai 2020, 12:00 Was würdet ihr auf die Frage nach dem „Warum lässt Gott das zu“ u.ä. antworten?
Diese Frage hat Gott als Ziel (von ihm wird Rechenschaft verlangt) und die Antwort hängt davon ab, wie der Frager Gott sieht, wer und was Gott ist und welche Position der Mensch zu ihm einnimmt. Daher würde ich in diese Richtung antworten.
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הִגִּ֥יד‮‬ לְךָ֛ אָדָ֖ם מַה־טֹּ֑וב וּמָֽה־יְהוָ֞ה דֹּורֵ֣שׁ מִמְּךָ֗ כִּ֣י אִם־עֲשֹׂ֤ות מִשְׁפָּט֙ וְאַ֣הֲבַת חֶ֔סֶד וְהַצְנֵ֥עַ לֶ֖כֶת עִם־אֱלֹהֶֽיךָ׃
CoolLesterSmooth
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von CoolLesterSmooth »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Do 7. Mai 2020, 13:00 Die Frage, die sich die beiden in Bezug auf ihren Freund stellen sollten wäre viel mehr "Wo war der Mensch ?"
Mit hoher Wahrscheinlichkeit tun sie das bereits. Einen Selbstmord im engsten Kreis verarbeitet man nicht einfach so, wie beispielsweise einen Tod durch einen Autounfall. Selbst wenn man es eigentlich besser weiß, kommt man nicht umhin, sich mit der Suche nach der eigenen Schuld zu zermartern.
"Willst du die Abgründe meines Stumpfsinns erkennen, so lies meine Beiträge."
Reinhold
Ziska
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von Ziska »

Bonnie hat geschrieben: Do 7. Mai 2020, 12:00 Zwei gute Freundinnen von mir haben aus dem engsten Freundeskreis einen jungen Mann durch Selbstmord verloren. Beide sind nicht keine Christen und überhaupt nicht gläubig. Bisher konnten wir uns noch nicht ausführlicher unterhalten, was ich jedoch weiß, der Angriff auf Gott – wo war er denn, warum hat er das zugelassen, es kann keinen Gott geben – wird kommen. Beide beäugen meinen Glauben sehr kritisch.

Je mehr ich mich mit einer Antwort beschäftige, die ich für mich einigermaßen habe, die für Nichtchristen aber eher untauglich ist, umso weniger weiß ich, wie ich angemessen antworten kann. Ich meine es macht jetzt in der akuten Situation keinen Sinn mit „Sündenfall“, „gefallene Welt“ und der „Trennung des Menschen von Gott“ zu kommen.

Was würdet ihr auf die Frage nach dem „Warum lässt Gott das zu“ u.ä. antworten?
1. Frage sie, ob sie an Gott glauben.
2. Frage sie, ob sie die Bibel als Gottes inspiriertes Wort annehmen können und davon überzeugt sind, dass sie wahr ist.
3. Frage sie, ob sie sich etwas von Gott durch die Bibel etwas sagen lassen wollen, auch wenn es nicht mit ihrer Vorstellung übereinstimmt.

Ein Menschen, der nicht an Gott glaubt und nicht die Bibel als sein Wort anerkennen will,
wird immer wieder Argumente gegen Gott suchen.

Deswegen kann man die Frage: „Warum läßt Gott das zu?“ dieser Person nicht beantworten.
Denn er glaubt ja nicht an das, was Gottes Wort sagt. Es setzt voraus, dass diese Person an Gott glaubt.

Besser ist es, erst einmal diese Menschen davon zu überzeugen, dass es Gott gibt und dass die Bibel alle Antworten enthält.
LG Ziska
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Ziska
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von Ziska »

Was glaubst du denn, Bonni?
LG Ziska
Aus Jesu Loskaufsopfer Nutzen ziehen -
Welche zwei Schritte sind dazu notwendig?


https://www.jw.org/de/bibliothek/artike ... en-ziehen/
Spice
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von Spice »

Bonnie hat geschrieben: Do 7. Mai 2020, 12:00 Was würdet ihr auf die Frage nach dem „Warum lässt Gott das zu“ u.ä. antworten?
Man könnte mit einer Gegenfrage antworten: Weshalb sollte er es nicht zulassen? Schließlich wird der junge Mann ja Gründe gehabt haben, die ihm sein Dasein verleidet haben, sodass er freiwillig aus dem Leben schied.
Den Menschen ist die freie Entscheidung gegeben. Die kann Gott nicht einfach ignorieren. Wo waren aber die Menschen, die ihm hätten aufzeigen können, dass es dumm ist, sich das Leben zu nehmen?
Es gibt ein gutes, fundiertes Buch zu dieser Frage aus christlicher Sicht: "Warum gerade ich? - Schicksalsfragen im Licht neuester Erkenntnisse".
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Helmuth
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von Helmuth »

Bonnie hat geschrieben: Do 7. Mai 2020, 12:00 Was würdet ihr auf die Frage nach dem „Warum lässt Gott das zu“ u.ä. antworten?
In deiner Siuation vielleicht zunächst einmal gar nichts, wenn dir gerade nichts dafür gegeben wird. Ich würde Gebet anbieten und fragen wie ich ihnen in der Trauerarbeit beistehen könnte.

Je mehr sie dir wichtig sind und ans Herz wachsen, um so klarer wird Gott dir auch Worte dazu geben. Wie groß dieses Herzensanliegen für dich wirklich ist, kannst nur du selbst herausfinden, m.E. auch nur durch das aufrechte Gebet mal ganz allein in der stillen Kammer.

Welche Vorwürfe sie dir oder Gott machen, der du ja nicht der Verursacher für ihr Schicksal bist, muss dir dabei egal sein. Darum ist es auch gut sich nicht zu sehr in die Angelegenheiten anderer zu verstricken, die vielleicht gar nicht deine Angelegenheit ist. Man kommt dann oft nicht leicht raus. Aber wie gesagt, das findest nur du für dich heraus.

Man kann im neutralen Sinne immer sagen, Gott die Schuld für alles zu geben ist zwar der billigste und einfachste Weg, aber es ändert keinen Millimeter etwas an den Umständen. Mehr würde ich vorerst nicht sagen, wenn mich z.B. die ganze Situation gerade überfordert.

Gott sei mit dir.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Ziska
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Re: Die Frage nach dem "Warum"

Beitrag von Ziska »

@Michael!
Möchtest du hier in diesem Forum die Frage einmal beantworten?

„Warum läßt Gott Leid zu?“

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