Initiative säkularer Christen

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
jesher

Initiative säkularer Christen

Beitrag von jesher »

Diese Initiative gibt es meines Wissens nach nicht. Was es gibt ist die "Initiative säkularer Muslime", in denen sich Menschen zusammenschließen, die zwar in ein muslimisches Umfeld hineingeboren wurden oder sich sonst wie dort als zugehörig ansehen , sich jedoch den Regeln und Gesetzen sowie der Lebensweise des Staates in dem sie leben zugehörig fühlen und nicht denen, die sie im Koran vorfinden. Also Menschen, welche ihre Religion nur dann öffentlich ausüben wollen, wenn sie der Gesellschaft dient.

Ich finde dies einen ehrlichen Schritt, den sich die Christen zum Vorbild nehmen sollten. Denn genau das, was in der muslimischen Religion gelebt wird, erlebt man im Christentum und vermutlich in jeder anderen Religion auch. Menschen, die sich von den alten Wurzeln ihrer Religion lösen oder in ihr nie so richtig verwurzelt waren, aber einen Grundgedanken davon als Teil ihrer Spiritualität behalten wollen.

Auch wenn es nicht gesagt wird, hat der säkulare Islam nicht mehr viel mit der ursprünglichen Religion zu tun. Genau so ist es bei den Christen. Früher oder später sollten (und werden) daher die säkularen Christen, von denen es bereits sehr viele gibt, diesen Schritt auch wagen, und eine Initiative oder eine neue Konfession gründen. Eine "Kirche säkularer Christen" zum Beispiel. Weshalb es diese Konfession noch nicht gibt, ist einleuchtend. Es gab bislang keinen zwingenden Grund sich öffentlich zu trennen, zumindest in Deutschland nicht. Die Zahl der Menschen, die sich des Glaubens in seiner ursprünglichen Form verbunden fühlen, ist in Deutschland bei den Christen eher gering. Ich gehe von maximal 5 bis 10 Prozent aus.
Faust

Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von Faust »

Dazu habe ich hier schon mal etwas geschrieben.
Ein Muslim kann konzeptuell gar nicht begreifen, was eine Trennung zwischen der Religion und dem säkularen Leben bedeuten soll, weil für ihn das ganze Leben mit der Religion identisch ist, eine ganzheitliche Lebensform, er lebt und stirbt im Islam und es gibt kein Sein außerhalb davon. Darum wird die „Initiative für einen säkularen Islam“ mit Sicherheit keinen großen Erfolg haben, denn das ergibt rein begrifflich gar keinen Sinn.
Auch wenn es nicht gesagt wird, hat der säkulare Islam nicht mehr viel mit der ursprünglichen Religion zu tun.
Du sagst es. Darum macht es auch keinen Sinn :) der Islam ist per definitionem eine religiöse und keine säkulare Lebensform. Ein säkularer Islam ist seinem sprachlichen Sinn nach eine contradictio in adiecto, ein Widerspruch in sich, etwas also, das es nicht nur nicht gibt, sondern gar nicht geben kann. Mein Interesse weckt der Islam gerade deshalb, weil er mir eine Alternative (!) zur säkularen Lebensform zeigt. Wenn man bedenkt, dass säkular so viel wie „nicht religiös“ bedeutet, dann propagiert jene Initiative nichts anderes, als eine nichtreligiöse Religion.
Früher oder später sollten (und werden) daher die säkularen Christen, von denen es bereits sehr viele gibt, diesen Schritt auch wagen, und eine Initiative oder eine neue Konfession gründen. Eine "Kirche säkularer Christen" zum Beispiel.
Das verstehe ich auch nicht. Warum sollte irgendwer eine säkulare Kirche brauchen? Der Sinn der Kirche besteht ja gerade darin, dass sie uns eine Alternative zur säkularen Welt zeigen soll, eine Gegenkultur.
jesher

Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von jesher »

Faust hat geschrieben: Di 26. Feb 2019, 16:44 Du sagst es. Darum macht es auch keinen Sinn der Islam ist per definitionem eine religiöse und keine säkulare Lebensform.
Das stimmt, scheint aber kein Hindernis zu sein. Ist es im Christentum und dem, was darunter verstanden wird, auch nicht.
Faust hat geschrieben: Di 26. Feb 2019, 16:44 Ein säkularer Islam ist seinem sprachlichen Sinn nach eine contradictio in adiecto, ein Widerspruch in sich, etwas also, das es nicht nur nicht gibt, sondern gar nicht geben kann.
Genau. Trifft auch auf das Christentum zu. Der Begriff wird einfach neu gefüllt bzw. ggf. entleert.
Faust hat geschrieben: Di 26. Feb 2019, 16:44 Das verstehe ich auch nicht. Warum sollte irgendwer eine säkulare Kirche brauchen?
Damit wäre das Hauptproblem der ev. Kirche angesprochen. Denen gehen folgerichtig mitlerweile die Pastoren aus. Viele Amtsträger entschwinden in den Ruhestand und der Nachwuchs fehlt. Gerade im Norden sieht es da echt mau aus.
Hiob
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Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von Hiob »

jesher hat geschrieben: Mo 25. Feb 2019, 06:42 Initiative säkularer Christen
Gibt es das wirklich? - Mein Problem: Das klingt wie "vegane Blutwurst".
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Magdalena61
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Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von Magdalena61 »

jesher hat geschrieben: Mo 25. Feb 2019, 06:42 Früher oder später sollten (und werden) daher die säkularen Christen, von denen es bereits sehr viele gibt, diesen Schritt auch wagen, und eine Initiative oder eine neue Konfession gründen. Eine "Kirche säkularer Christen" zum Beispiel.
Wie würde eine solche Kirche in der Praxis aussehen? Auf welchem Fundament baut sie ihre Ideologie auf und was genau wäre der Unterschied zu den bestehenden Kirchen und Gemeinden?

Gottesdienste ohne Gott gibt es an und für sich schon in mehr als 100 Städten weltweit (Stand 2017).
Sunday Assembly
LG
God bless you all for what you all have done for me.
jesher

Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von jesher »

Hiob hat geschrieben: Mi 27. Feb 2019, 14:07
jesher hat geschrieben: Mo 25. Feb 2019, 06:42 Initiative säkularer Christen
Gibt es das wirklich? - Mein Problem: Das klingt wie "vegane Blutwurst".
Nein, derzeit nicht. Hatte ich gleich im ersten Satz geschrieben. Ich hielte es aber für eine ebenso konsequente wie paradoxe Entwicklung.
Rembremerding

Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von Rembremerding »

jesher hat geschrieben: Mi 27. Feb 2019, 14:15 Hatte ich gleich im ersten Satz geschrieben. Ich hielte es aber für eine ebenso konsequente wie paradoxe Entwicklung.
Erscheint mir wie ein Messer ohne Griff, bei dem die Klinge fehlt. :D
jesher

Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von jesher »

Rembremerding hat geschrieben: Mi 27. Feb 2019, 14:26
jesher hat geschrieben: Mi 27. Feb 2019, 14:15Hatte ich gleich im ersten Satz geschrieben. Ich hielte es aber für eine ebenso konsequente wie paradoxe Entwicklung.
Erscheint mir wie ein Messer ohne Griff, bei dem die Klinge fehlt. :D
Das eine solche Initiative genauso paradox wäre wie bei den Muslimen, ist mir klar. Widersprüchlichkeit hält die Menschen jedoch schon lange nicht mehr davon ab, sich trotzdem als Christen zu bezeichnen... zumindest, solange es gesellschaftlich was wert ist. Christsein als Lebensgefühl im Rahmen eines sozio-kulturellem Umfeld.

Der Begriff "Christ" selber wird bereits seit Jahren aufgeweicht und alternativ gefüllt. Die Frage, was ein Christ überhaupt sei und ob überhaupt jemand das Recht hätte sich dadurch abzugrenzen, wird in der Folge auch schon länger diskutiert. Das ist konsequent, denn wenn niemand mehr klar sagt oder festlegt, was ein Christ ist, kann sich jeder so nennen... oder niemand. In der Bibel finden sich klare Rahmenbedinungen, aber wer kümmert sich schon noch um dieses Buch? Hinzukommt, dass es nicht wichtig zu sein scheint, einen klaren Bedeutungsrahmen für den Begriff "Christsein" zu suchen, geschweige denn darum zu streiten.

Nimmt man das Berufsbild des "Piloten" oder des "Arztes" wird rasch einsichtig, weshalb es dafür klare Bedeutungen geben muss, schließlich hängen Leben davon ab. Dem "Christsein" wird die lebensrettende Bedeutung längst abgesprochen. Jeder solle nach seiner eigenen Fasson seelig werden und jeder könne nach seiner eigenen Fasson seelig werden, egal ob Muslim, Hindu, Christ oder Wicca, da das woran man glaubt keine EInfluß auf das Heil habe... man könne durch jede Religion seelig werden.

Diese Sicht wurde und wird zumindest durch die ev. Kirche bereits seit langem gefördert und gepredigt. Das die ev. Kirche dadurch überflüssig wird, merkt man jetzt. Schauen wir, wie es in der Christenheit weitergeht.
Rembremerding

Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von Rembremerding »

Christsein hat viel mit Authentizität zu tun. Oft ein gegen den Strom schwimmen, aber nicht nur.
Das säkulare und sakrale Leben gibt es im Christentum als ein Gegenüber nicht.

Wer Christsein lediglich als zusätzliche Option betrachtet, hat das Wesen des Herrn nicht erkannt.
Die Anziehung zum Christsein ist heutzutage nicht mehr so stark, man meint es mit Humanismus und Altruismus ähnlich "erledigen" zu können. Man gibt nichts mehr aus der Hand, man gibt sich nicht mehr für die Liebe her und ihre Tragfähigkeit leidet unter einem Kosten-Nutzen-Denken.

Ein Gottesdienst dient Gott und dann dem Menschen, sonst wird er zu einem wöchentlichen Treffen eines Buchclubs, die sich über die Bibel unterhalten und nicht mehr mit Gott. Es wird ein Sprechen über Gott, aber nicht mehr mit Gott.

Säkulare Christen hätten keine Zukunft, denn sie ließen das Heilige in ihnen nicht zu.

Wie schon an anderer Stelle geschrieben:

Nimm dich in acht vor Menschen, deren Gott nur auf Erden ist, aber fürchte dich vor jenen, deren Gott nur im Himmel wohnt!


Servus :wave:
jesher

Re: Initiative säkularer Christen

Beitrag von jesher »

Rembremerding hat geschrieben: Fr 1. Mär 2019, 06:16Christsein hat viel mit Authentizität zu tun.
Ja, richtig. Wie Paulus sagt: "Christus ist mein Leben". Oder "Was ich jetzt noch lebe, lebe ich Christus." Das ist nicht lediglich im Sinne von "äußerst intensiv" sondern im Sinne von "Eigentumswechsel".
Rembremerding hat geschrieben: Fr 1. Mär 2019, 06:16Wer Christsein lediglich als zusätzliche Option betrachtet, hat das Wesen des Herrn nicht erkannt.
"Option" klingt passend. Rufe ich mir die Gespräche in Erinnerung, so ist Gott für "säkulare Christen" (sC) nicht der Sinn des Lebens, sondern ein guter bis sehr guter Bekannter. Seine Existenz ist für sie unbestritten. Das Verhältnis zu ihm ist keine Liebesbeziehung, sondern eine Mischung aus "Lebensversicherung" und "Notrufzentrale". Der entscheidende Punkt aber ist, dass der sC sein Leben weiterhin selber bestimmt und Gott, so wie Du es sagtest, eine zusätzliche Option ist. Eine durchaus wichtige Option, aber eben nur eine Option von vielen und gerade nicht die primäre Grundlage zur Entscheidungsfindung und Lebensgestalltung.
Rembremerding hat geschrieben: Fr 1. Mär 2019, 06:16 Ein Gottesdienst dient Gott und dann dem Menschen, sonst wird er zu einem wöchentlichen Treffen eines Buchclubs, die sich über die Bibel unterhalten und nicht mehr mit Gott.
Das würden sC zumindest teilweise unterschreiben. Allerdings mit der EInschränkung, dass Gott im Leben des sC seinen Platz hat, neben vielen anderen Menschen, Überzeugungen und Zielen auch. Daher ist der paulinische Gedanke vom "das Leben als Gottesdienst" (Rö 12,1+2) auch fremd und viel zu extrem.
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