Der Umgang mit Verletzlichkeit

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Rembremerding

Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von Rembremerding »

Die US-Wissenschaftlerin Brené Brown beklagt, dass die Gesellschaft nicht mehr weiß, wie man Schmerz aushält und ihn deshalb lieber auf andere richtet.
So herrscht weltweit ein Klima der Angst und Menschen, die sich etwas trauen, werden niedergemacht. Der Umgang mit Schmerz, Leid und den Kränkungen des Alltags muss sich wieder ändern, denn die Verletzlichkeit ist die Grundvoraussetzung für Mut.
In ihrer inzwischen 12jährigen Forschungszeit fand Brown heraus, was es Menschen ermöglicht, sich verletzlich und ohne Scham zu zeigen. Erstens Menschen, die ein starkes Gefühl der Liebe und Zugehörigkeit haben, glauben, dass sie der Liebe und Zugehörigkeit würdig sind. Sie haben die Courage unvollkommen zu sein. Sie haben Mitgefühl und sind zuerst zu sich selbst liebenswürdig und dadurch auch zu anderen. Zweitens nehmen diese Menschen Verletzlichkeit gänzlich bereitwillig an. Sie glauben, dass das, was sie verletzlich macht, sie wunderschön macht.
https://www.newslichter.de/2012/03/die- ... zlichkeit/

Als Christ hat man dieses starke Gefühl und das Wissen von Gott geliebt zu sein und zu ihm zu gehören. Dies bestimmt die Identität eines Christen und sein Handeln. Die Annahme seiner Verletzlichkeit ist möglich, weil man um die Vergebung Gottes weiß und deshalb auch anderen vergeben kann.
Das Christentum kann der Welt viel geben, ein Geliebtsein, das nicht von anderen Menschen abhängig ist oder der eigenen Vorstellung, was Liebe ist.

Leben wir als Christen diese Liebe in die Welt hinein, damit die Menschen sich und Gott wieder kennen lernen, um freudig und in Frieden leben zu können.


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Magdalena61
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Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von Magdalena61 »

Ein interessantes Thema.
Rembremerding hat geschrieben: Fr 2. Aug 2019, 07:42 Die US-Wissenschaftlerin Brené Brown beklagt, dass die Gesellschaft nicht mehr weiß, wie man Schmerz aushält und ihn deshalb lieber auf andere richtet.
Was genau meint sie damit? Spricht sie von Schuldzuweisungen an andere Menschen, damit der Verletzte seinen inneren Druck abbauen kann?
Der Umgang mit Schmerz, Leid und den Kränkungen des Alltags muss sich wieder ändern, denn die Verletzlichkeit ist die Grundvoraussetzung für Mut.
Die Wirklichkeit sieht leider anders aus.
Um dieses Ziel zu erreichen, müsste Erziehung auf den Erwerb menschlicher und sittlicher Reife ausgerichtet sein. In den Elternhäusern fehlt es daran, und in den Schulen erst Recht.

Nur Menschen, die innerlich stark sind, können sich vor anderen/ in der Öffentlichkeit verletzlich zeigen.
Alle anderen werden, notfalls mit Zähnen und Klauen, ihre Fassade pflegen und verteidigen.
Das Christentum kann der Welt viel geben, ein Geliebtsein, das nicht von anderen Menschen abhängig ist oder der eigenen Vorstellung, was Liebe ist.
Mir scheint, auch unter den Christen gibt es mehr Hungrige als solche, die von ihrem Reichtum austeilen und abgeben können.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
Rembremerding

Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von Rembremerding »

Magdalena61 hat geschrieben: Fr 2. Aug 2019, 18:36 Was genau meint sie damit? Spricht sie von Schuldzuweisungen an andere Menschen, damit der Verletzte seinen inneren Druck abbauen kann?
Nein. Sie meint, und hat es in ihren Studien belegt, dass der Mensch quasi in einer Leistungsgesellschaft zum Erfolg "verdammt" ist und innere Kränkungen nicht mehr ertragen werden wollen. Gemeint ist: Schuld wird nicht mehr eingestanden, der Schmerz Unrecht (tatsächliches oder nur angenommenes) erfahren zu haben, Fehler zu machen, wird nicht mehr ausgehalten. Es wird sofort damit kompensiert, in dem man den Anderen die Schuld zuweist oder an ihm einen Maßstab anlegt, den man selbst nicht erreicht und an dem man ihn scheitern lässt. Deshalb werden jene, die etwas anpacken, nur kritisiert.
Nur Menschen, die innerlich stark sind, können sich vor anderen/ in der Öffentlichkeit verletzlich zeigen.
Alle anderen werden, notfalls mit Zähnen und Klauen, ihre Fassade pflegen und verteidigen.
Eben. In einer Leistungsgesellschaft werden die Ellbogen ausgefahren und es gilt zuerst zu verletzen, bevor es ein anderer tut. Man betrachte nur das Mobbing schon unter Schülern.
Mir scheint, auch unter den Christen gibt es mehr Hungrige als solche, die von ihrem Reichtum austeilen und abgeben können.
Weil der Böse ihnen ihre Identität rauben will/geraubt hat.

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Magdalena61
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Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von Magdalena61 »

Rembremerding hat geschrieben: Fr 2. Aug 2019, 19:17 Schuld wird nicht mehr eingestanden, der Schmerz Unrecht (tatsächliches oder nur angenommenes) erfahren zu haben, Fehler zu machen, wird nicht mehr ausgehalten.
Diese Haltung, eigene Schuld (so weit sie überhaupt als solche erkannt wird) zu relativieren oder zu leugnen, hat aber auch mit Stolz zu tun.
Sturheit basiert teilweise auf Schwäche, auf der Unfähigkeit, einen Schritt zur Seite zu gehen und sich selbst; das eigene Verhalten und die eigenen Werke, einmal "von außen" zu betrachten. Aber ich denke, da ist auch ordentlich viel Stolz mit im Spiel. Vor allem denjenigen gegenüber, die man als "schwächer" einstuft.
Es wird sofort damit kompensiert, in dem man den Anderen die Schuld zuweist oder an ihm einen Maßstab anlegt, den man selbst nicht erreicht und an dem man ihn scheitern lässt.
Das ist auch in öffentlich geführten Debatten sehr gut zu beobachten. Man fragt sich, ob die Leute wirklich so wenig reflektieren. Mit Schuldzuweisungen kann man nicht so unbekümmert umgehen, wie das oftmals der Fall ist. Das ist nicht seriös.
Deshalb werden jene, die etwas anpacken, nur kritisiert.
Das Schlechtreden ist überall gegenwärtig.

Begründete Kritik muss aber sein dürfen, sollte möglichst auch Alternativen zum Gegenstand der Kritik enthalten.
In einer Leistungsgesellschaft werden die Ellbogen ausgefahren und es gilt zuerst zu verletzen, bevor es ein anderer tut. Man betrachte nur das Mobbing schon unter Schülern.
Bevor wir nach Bayern gezogen sind, waren meine Kinder in den Schulen auch ständig betroffen. Hier in Oberfranken managen die Schulen das besser.
Es ist schlimm für alle, die zu Mobbingopfern gemacht werden. Mobbing in der Schule prägt einen Menschen für's Leben.
Aber WAS kann man dagegen TUN?
Reden hilft ja nicht.
Mir scheint, auch unter den Christen gibt es mehr Hungrige als solche, die von ihrem Reichtum austeilen und abgeben können.
Weil der Böse ihnen ihre Identität rauben will/geraubt hat.
Wenn sie sich Gott mehr öffnen würden, hätten sie mehr Rückhalt. Um das "bessere Leben" zu erhalten, muss man nämlich zuerst einmal sämtliche weltlichen Sicherheiten, auf denen das Selbstbild basiert und die als Halt, als Plattform, dienen für die Existenz der eigenen Person, Gott zur Verfügung anheim stellen. Und man wird eventuell einiges davon verlieren. Bis man GANZ abhängig ist von GOTT.

Der Lohn ist eine neue oder veränderte seelisch- geistige- geistliche Identität, die niemand von außen zerstören kann. Möglicherweise gibt's auch wieder säkulare Sicherheiten wie Vermögen, Talente oder andere Absicherungen dazu, doch die sind dann geheiligt, weil sie durch die Hände Gottes gegangen sind und von Ihm dann wieder geschenkt oder dem Gläubigen ganz neu zugeteilt wurden.
Nicht für immer und ewig, sondern "auf Abruf". Deshalb bleibt die Abhängigkeit von Gott bestehen.

Auf "biblisch" ausgedrückt haben Christen dieser Sorte eine "geistliche Gesinnung".

Verletzlich bleiben sie trotzdem.
Aber sie kompensieren Verletzungen anders als "fleischlich gesinnte" Christen.
LG
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Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von Hiob »

Rembremerding hat geschrieben: Fr 2. Aug 2019, 19:17 Gemeint ist: Schuld wird nicht mehr eingestanden, der Schmerz Unrecht (tatsächliches oder nur angenommenes) erfahren zu haben, Fehler zu machen, wird nicht mehr ausgehalten. Es wird sofort damit kompensiert, in dem man den Anderen die Schuld zuweist oder an ihm einen Maßstab anlegt, den man selbst nicht erreicht und an dem man ihn scheitern lässt. Deshalb werden jene, die etwas anpacken, nur kritisiert.
Magdalena61 hat geschrieben: So 4. Aug 2019, 17:25 Das ist auch in öffentlich geführten Debatten sehr gut zu beobachten. Man fragt sich, ob die Leute wirklich so wenig reflektieren. Mit Schuldzuweisungen kann man nicht so unbekümmert umgehen, wie das oftmals der Fall ist. Das ist nicht seriös.
Das ist ein interessantes Feld, zu dem ich zwei ganz unterschiedliche Aspekte aufzeigen will:

1) Im KAtholischen gibt es die Auffassung, dass Leid eine Gnade sei, weil sie den Betroffenen teil haben ließe am Leiden Jesu, man ihm also dadurch nah sei. - Ich verstehe das, muss aber feststellen, dass das nicht mein Ding wäre - allerdings kenne ich Menschen, die als "Mater Dolorosa" durch die Welt gingen und immer stärker geworden sind.

2) Es ist heute "modern", "kritisch" zu sein, indem man prinzipiell das anzweifelt, was gesagt wird. Dies führt meistens dazu, dass man gar nicht verstehen muss, was der andere meint, weil man mit dessen "Falisifzierung" beschäftigt ist - konkret auf diesen Fall bezogen
Rembremerding hat geschrieben: Fr 2. Aug 2019, 07:42 Die US-Wissenschaftlerin Brené Brown beklagt, dass die Gesellschaft nicht mehr weiß, wie man Schmerz aushält und ihn deshalb lieber auf andere richtet.
Wäre ich jetzt "modern", würde ich zurückfragen: "Liebe Brown: Weise nach, dass die Gesellschaft das nicht weiß und deshalb den SChmerz auf andere richtet. - Wer behauptet, muss belegen". - Und wenn dann Brown dies versuchen würde, würde ich jede Chance nutzen, sie zu falsifizieren. - VERSTANDEN, worum es geht, hätte ich damit NICHT - das ist zweitrangig.
Rembremerding

Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von Rembremerding »

Hiob hat geschrieben: So 4. Aug 2019, 21:17
1) Im KAtholischen gibt es die Auffassung, dass Leid eine Gnade sei, weil sie den Betroffenen teil haben ließe am Leiden Jesu, man ihm also dadurch nah sei. - Ich verstehe das, muss aber feststellen, dass das nicht mein Ding wäre - allerdings kenne ich Menschen, die als "Mater Dolorosa" durch die Welt gingen und immer stärker geworden sind.
Ja, das ist ein wichtiger Aspekt, den auch Paulus anspricht und auf die gesamte Kirche ausweitet, also auch als Stellvertreterleid:
Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Ich ergänze in meinem irdischen Leben, was an den Bedrängnissen Christi noch fehlt an seinem Leib, der die Kirche ist. (Kol 1:24 REÜ)
Das bedeutet jedoch nicht, dass man das Leid sucht, aber es annimmt, wenn es kommt. Darunter ist natürlich auch das Leid, das als Kränkung durch andere auf einen kommt oder das man aufgrund seiner Unvollkommenheit erfährt. Dies fördert die Demut gegen diese Einstellung:
Magdalena61 hat geschrieben: So 4. Aug 2019, 17:25 Diese Haltung, eigene Schuld (so weit sie überhaupt als solche erkannt wird) zu relativieren oder zu leugnen, hat aber auch mit Stolz zu tun.
Hiob hat geschrieben:2) Es ist heute "modern", "kritisch" zu sein, indem man prinzipiell das anzweifelt, was gesagt wird. Dies führt meistens dazu, dass man gar nicht verstehen muss, was der andere meint, weil man mit dessen "Falisifzierung" beschäftigt ist -
Das sagt auch:
Magdalena61 hat geschrieben: So 4. Aug 2019, 17:25 Das Schlechtreden ist überall gegenwärtig.
Solches hat mit der Ungeduld und der Schnelllebigkeit der heutigen Zeit zu tun, die sofort eine Meinung fordert. Und da ist es immer einfacher sich gegen etwas zu stellen, weil man das auch ohne Recherchen kann.

Was Mobbingopfer betrifft: Seine Opferrolle innerlich aufgeben und den Täter konkret mit seiner Tat konfrontieren.

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jesher

Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von jesher »

Rembremerding hat geschrieben: Fr 2. Aug 2019, 07:42 ist möglich, weil man um die Vergebung Gottes weiß und deshalb auch anderen vergeben kann.
Mir ist dabei wichtig, dass ich mich selbst verorte oder reflektiere. Ich bin ja Gott anbefohlen und sein Eigentum. Damit steht der Sinn meiner Lebens und der Grund meiner Existenz fest.

Wie ich jemand zum "Lobe seiner Herrlichkeit" werde, weiß ich jedoch nicht. Klar sind die Grundlagen alle niedergeschrieben, aber ihre Umsetzung in meinem Leben überfordert mich. Die Überforderung ist umfassend, da ich nicht nur aus mir selbst heraus nicht in der Lage bin mich richtig zu verhalten, sondern in vielen Fällen meines Alltags erst im Rückblick erahnen, welches gottwohlgefällig Verhalten ich in welcher SItuation überhaupt hätte an den Tag legen müssen.

Lange Rede, kurzer SInn: Da ich mich Gott verschrieben habe und von ihm erkannt worden bin, werden mir alle Dinge zum Besten dienen. Auch Verletzungen. Das klingt romantischer als es ist, bedingt es doch die Zügel für das eigene Leben loszulassen und zu akzeptieren, dass er es besser weiß als ich. Alles.
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Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von Pflanzenfreak »

jesher hat geschrieben: Mo 5. Aug 2019, 06:49 Lange Rede, kurzer SInn: Da ich mich Gott verschrieben habe und von ihm erkannt worden bin, werden mir alle Dinge zum Besten dienen. Auch Verletzungen. Das klingt romantischer als es ist, bedingt es doch die Zügel für das eigene Leben loszulassen und zu akzeptieren, dass er es besser weiß als ich. Alles.
Das ist oftmals der Strohhalm an den ich mich klammere wenn es sehr weh tut. Und daran, daß Gott in Allem das letzte Wort behält. Darin suche ich Geborgenheit.
jesher

Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von jesher »

Pflanzenfreak hat geschrieben: Mo 5. Aug 2019, 10:13Das ist oftmals der Strohhalm an den ich mich klammere wenn es sehr weh tut. Und daran, daß Gott in Allem das letzte Wort behält. Darin suche ich Geborgenheit.
"Strohhalm" trifft das sehr gut. Denn genauso kommt es mir in solchen Fällen vor.... dünn, rutschig und zerbrechlich. Erst die Erfahrung lehrte mich, dass ich darauf vertrauen kann und die erlebte Unsicherheit ganz auf meiner Seite ist.
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Re: Der Umgang mit Verletzlichkeit

Beitrag von Pflanzenfreak »

jesher hat geschrieben: Mo 5. Aug 2019, 10:16 Erst die Erfahrung lehrte mich, dass ich darauf vertrauen kann und die erlebte Unsicherheit ganz auf meiner Seite ist.
Und trotz vieler Erfahrungen brauche ich immer wieder den Trost solcher Zusagen in Zeiten der Herausforderung.
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