(Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

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Savonlinna
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna »

Pluto hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Rassismus ist auch eine Ideologie. Religionsfeindlichkeit auch.
Rassismus ist Xenophobie und das ist idelogisch weil es sich um die Ausgrenzung von Menschengruppen bemüht.
Religionsfeidlichkeit richtet sich hingegen nicht gegen Menschen, sonder gegen Praktiken.
Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Religionsfeidlichkeit richtet sich hingegen nicht gegen Menschen, sonder gegen Praktiken.
Da sag ich jetzt besser nix zu.
Dann sag ich was dazu. Obige Aussage wäre - je nachdem, wie sie gemeint ist - selber eine ideologische Aussage.

"Religionsfeindlichkeit" richtet sich natürlich ziemlich oft gegen Menschen, zum Beispiel, wenn man Gläubige grundsätzlich als "intellektuell unredlich" bezeichnet.
Oder sie wie Menschen Zweiter Klasse anspricht, herablassend usw.
Hier, Andreas, wäre Sprachkritik das Mittel der Wahl. An der herablassenden Sprache zum Beispiel kann man in solchen Fällen Ideologen erkennen, und das kann man deutlich identifizieren. Da wird eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft bedient.
Hemul

Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Hemul »

Savonlinna hat geschrieben: "Religionsfeindlichkeit" richtet sich natürlich ziemlich oft gegen Menschen, zum Beispiel, wenn man Gläubige grundsätzlich als "intellektuell unredlich" bezeichnet. Oder sie wie Menschen Zweiter Klasse anspricht, herablassend usw.
Wer macht denn hier so etwas? :roll:
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Andreas
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Andreas »

Savonlinna hat geschrieben:Hier, Andreas, wäre Sprachkritik das Mittel der Wahl.
Zur Teestunde ist Sprachkritik ein nettes Thema für Philosophen in ihren Elfenbeintürmen. Die Ideologen im richtigen Leben kümmert das nicht die Bohne.

Wie war das noch?
Eine Ideologie (griechisch ἰδεολογία – Lehre von der Idee bzw. Vorstellung: von griechisch ἰδέα (idea, „Erscheinung“) und λόγος (logos, „Lehre“)) ist im philosophischen Sinn eine Weltanschauung, die einen hohen Anspruch auf Wahrheit erhebt und die für abweichende Lehrmeinungen kaum noch offen ist
https://de.wikipedia.org/wiki/Ideologie
"kaum noch offen" ? "geschlossen" träfe den Nagel auf den Kopf.
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Münek
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Münek »

Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Religionsfeidlichkeit richtet sich hingegen nicht gegen Menschen, sonder gegen Praktiken.
Da sag ich jetzt besser nix zu.
Es gibt Zeitgenossen (zu denen ich Dich ausdrücklich nicht zähle), die glauben, "Religionsfeindlichkeit" richte sich gegen "Gott".

Habe selten etwas Dämlicheres gehört... ;)
Savonlinna
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna »

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Hier, Andreas, wäre Sprachkritik das Mittel der Wahl.
Zur Teestunde ist Sprachkritik ein nettes Thema für Philosophen in ihren Elfenbeintürmen. Die Ideologen im richtigen Leben kümmert das nicht die Bohne.
Natürlich kümmert das nicht die Ideologen. Aber seit wann ist DAS wichtig? Seit wann spielt es eine Rolle, ob Ideologen etwas einsehen?
Es kommt darauf an, ob die, die getäuscht wurden, oder sich haben täuschen lassen, aufwachen und die Manipulation erkennen.

Das nennt man Aufklärung.
Du spielst das herunter oder willst das lächerlich machen, gut. Klar ist es imposanter, den Ideologen - also den Ulbrichts und Honeckers - den Kopf abzuschlagen und einen anderen Kopf da hinzusetzen.
Aber das hat sich nicht bewährt.
Was sich bewährt hat, ist die sanfte und allmähliche Aufklärung darüber, wie Ideologie funktioniert und wie man sich davor schützen kann.
Das geht vielleicht langsamer, ist aber letztendlich erfolgreicher. Und dafür gibt es Beispiele. Von Philosophen im Elfenbeinturm kann keine Rede sein.
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Andreas
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Andreas »

Savonlinna hat geschrieben:Du spielst das herunter oder willst das lächerlich machen, gut. Klar ist es imposanter, den Ideologen - also den Ulbrichts und Honeckers - den Kopf abzuschlagen und einen anderen Kopf da hinzusetzen.
Ich spiele das weder herunter noch mache ich das lächerlich und Gewalt ist nicht meine Lösung.
Savonlinna hat geschrieben:Was sich bewährt hat, ist die sanfte und allmähliche Aufklärung darüber, wie Ideologie funktioniert und wie man sich davor schützen kann.
Das geht vielleicht langsamer, ist aber letztendlich erfolgreicher. Und dafür gibt es Beispiele.
Dazu habe ich leider eine andere Wahrnehmung als du. Mir erscheint es als würden die Mittel zum Missbrauch von Ideologien weiter perfektioniert. Mehr und mehr Menschen verlieren dadurch ihre Widerstandskraft, falls sie jemals eine hatten. Ich denke da besonders an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Was für Beispiele meinst du?
Savonlinna
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna »

Andreas hat geschrieben:Ich spiele das weder herunter noch mache ich das lächerlich
"Zur Teestunde ist Sprachkritik ein nettes Thema für Philosophen in ihren Elfenbeintürmen" ist sehr wohl ein Herunterspielen und Lächerlichmachen, im Grunde eine Beleidigung.
Ich habe eigentlich keine Lust, in diesem Ton mit Dir zu diskutieren. Ich verstehe diese Aggressivität auch nicht.
Ich habe Dir nichts getan, ich stelle nur meine Weltsicht und mein Anliegen dar. Du brauchst es nicht niederzutrampeln.
Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Was sich bewährt hat, ist die sanfte und allmähliche Aufklärung darüber, wie Ideologie funktioniert und wie man sich davor schützen kann.
Das geht vielleicht langsamer, ist aber letztendlich erfolgreicher. Und dafür gibt es Beispiele.
Dazu habe ich leider eine andere Wahrnehmung als du. Mir erscheint es als würden die Mittel zum Missbrauch von Ideologien weiter perfektioniert. Mehr und mehr Menschen verlieren dadurch ihre Widerstandskraft, falls sie jemals eine hatten. Ich denke da besonders an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Was für Beispiele meinst du?
Ich habe nie abgestritten, dass andere eine andere Wahrnehmung als ich haben. Ich habe nur die meine dargelegt.

Beispiele habe ich unter anderem aus Foren, wo aggressive christliche Fundamentalisten in ihre Schranken verwiesen werden konnten, durch langwierige, teilweise mehrjährige Arbeit von solchen, die immer wieder darüber aufklärten, dass Hassausbrüche gegen Schwule unmenschliche Folgen haben könnten. Die Aggressiven wurden dadurch nicht belehrt, aber man konnte erreichen, dass sie schwiegen, dass die Admins dergleichen nicht mehr zuließen und dass andere in das Forum kamen, die einen humaneren Umgang ermöglichten.
Und es gab User, die ihre Meinung änderten.

Das war jetzt nur ein Beispiel. Im größeren Stil kann man wieder mal die DDR anführen, deren Bewohner irgendwann mal zumindest teilweise begriffen haben, dass man sich aus einer gewissen Verhexung befreien kann. Die Bonzen laberten weiter, aber man begann, nach Alternativen zu suchen.
Ich könnte auch noch andere Beispiele vielleicht zusammenkramen, aber sie wären von der Sache her ähnlich.

Vielleicht noch dies:
ich habe jobmäßig mit Kindern und Jugendlichen zu tun. Ich finde sie, im Gegensatz zu der Zeit vor ca dreißig Jahren, sehr viel toleranter und selbständiger im Denken. Man kann sie, meinem Eindruck nach, nicht mehr so leicht manipulieren wie man es noch mit Kindern und Jugendlichen vor dreißig Jahren tun konnte.
Savonlinna
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna »

ThomasM hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Ich kopiere mal einen Teil davon hier rüber:
Hans Poser hat geschrieben:Nun bestimmt aber die Sprache in gewissem Umfang das, was wir als Wirklichkeit bezeichnen. Dieses Verhältnis von Sprache und Wirklichkeit ist für die Wissenschaften von fundamentaler Bedeutung, weil Wissenschaften ihre Gegenstände sprachlich erfassen und ihre Resultate sprachlich, in Aussagen und Theorien, niederlegen. Deshalb muss jetzt schon deutlich werden, welcher Art die Probleme sind, die sich daraus ergeben, dass die wissenschaftliche Wrklichkeit immer auch eine sprachlich gefasste Wirklichkeit ist.
Hans Poser, Wissenchaftstheorie. Eine Philsophische Einführung, Stuttgart (Reclam), überarbeitet und erweitert 2012, Seite 32f
Das heißt: die Grundlage für alle Wissenschaften, auch die Naturwissenschaften, ist die Sprache, und damit wird "Wirklichkeit" in ALLEN Wissenschaften problematisiert, und das ist etwas Gemeinsames, das ins Bewusstsein gehoben werden kann und von den heutigen Wissenschaftstheoretikern auch ins Bewusstsein gehoben WIRD.
Dieser Darstellung kann ich in dieser Allgemeinheit durchaus zustimmen, aber das löst das Problem nicht, sondern es verlagert es nur.

1. Sprache ist nicht gleich Sprache
Man kann Mathematik als Sprache definieren, als Sprache mit einer eindeutigen, logischen Struktur. Damit wäre der Unterschied zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft auf diesen Umstand zurückgeführt.
Naturwissenschaftliche Phänomene sind solche, die sich mit einer logisch strukturierten, eindeutigen Sprache beschreiben lassen. Die meisten Geisteswissenschaftlichen Phänomene können so nicht behandelt werden. Hier gibt es auch einen engen Bezug zur Messbarkeit
Ohne jetzt für mich behaupten zu können, das von Dir erwähnte Problem - welches genau ist dieses Problem, Thomas? - sei für mich deutlich oder sei lösbar:
ich möchte nur ein paar Überlegungen anstellen.
Ich denke, dass Hans Poser meint, dass jede Sprache - egal, welche, und egal, in welchem Maße formalisiert -, die Erkenntnis beeinflusst.
Das gälte dann für beide Wissenschaftsarten.
Mathematik hat allerdings immer eine Sonderstellung, weil sie nichts über Inhalte aussagt - glaube ich jedenfalls -. Das gilt für andere Wissenschaften nicht. Für diese dann gälte: deren gewählte Sprache spielt bei der Wirklichkeitsbeschreibung eine entscheidende Rolle.
ThomasM hat geschrieben:2. Sprache ist anpassbar
Die Sprache ist kein gesetztes Ding. Haben wir ein neues Phänomen, muss man eine neue Sprache entwickeln. Das sieht man an vielen Beispielen aus der Mathematik. Das ist auf der einen Seite gut und wichtig. Aber diese Formbarkeit der Sprache kann auch missbraucht werden.
So habe ich im Managementbereich sehr oft Beispiele gesehen, in denen mit Sprache Schindluder getrieben wurde. Es ging nicht darum, etwas wahrhaftig darzustellen, sondern den Zuhörer zu manipulieren.

Dieses "manipulieren mit Sprache" ist auch in den Wissenschaften gang und gäbe. Mein Sohn studiert Germanistik und gerade in diesem Gebiet ist es usus, viele Worte um Nichts zu machen.
Glaube ich sofort. Beim Philosophieren ist das übrigens auch so.
Dennoch muss bei der Untersuchung von Untersuchungen deren gesetzte - oder de facto benutzte - Sprache mit berücksichtigt werden, um das zu beschreiben, was als "Wirklichkeit" verstanden und untersucht wurde.
ThomasM hat geschrieben:3. Sprache ist nicht gleich begreifen
Sehen wir ein neues Phänomen (oder geben vor, etwas Neues gesehen zu haben), dann erfinden wir einen neuen Begriff. Aber das heisst noch lange nicht, dass wir auch verstehen, was das bedeutet, was das ausmacht. Sprache allein genügt nicht, es muss noch etwas dazu kommen. Was zu oft fehlt.
Das ist wirklich gut beobachtet. Aber Du sprichst im Moment nicht von Wissenschaft, oder? Denn letzteres war das Thema von Hans Poser.
Aber jetzt mal unabhängig davon: das, was Du sagst, meine ich ja selber andauernd. Ich nenne das dann immer "leere Begriffe" oder "Worthülsen".
Wenn die in ideologischen Texten auftauchen, kann man sie aber dingfest machen.
ThomasM hat geschrieben:4. Sprecher und Hörer sind unterschiedlich
Wenn jemand etwas sprachlich formuliert, dann heißt das noch lange nicht, dass der Hörer das versteht, was formuliert wurde. Eher im Gegenteil. Das behindert die Intersubjektivität, die meines Erachtens bei Wissenschaft unumgänglich ist (sonst wäre es keine Wissenschaft, sondern eine persönliche Anschauung).
Intersubjektivität muss bedeuten, diesen persönlichen Kontext, in dem Verstehen entsteht, zu minimieren oder ebenfalls klarzustellen. Was zu oft in einen Zirkel führt, weil die sprachliche Darstellung des Kontextes wieder einen Kontext erfordert usw.
Oh ja. Das hat Halman hier schon zweimal thematisiert, indem er fragte, ob der oder der das Kommunikationsquadrat kenne.
Da wird thematisert, auf welchen Ebenen man den anderen alles verstehen könne.

Allerdings sollte das bei wissenschaftlichen Texten nicht die entscheidende Rolle spielen.
Man sollte da in der Lage sein, so präzise zu formulieren, dass der ausgebildete Leser annähernd das versteht, was formuliert wurde.
Denn beide haben ja Monate oder Jahre Zeit, sich mit dem Text zu beschäftigen.

Mit anderen Worten: Wissenschaften bilden ja oft einen Fachjargon aus, der eine gewisse Intersubjektivität gewährleistet (sofern sie beide in der gleichen Zeit und der gleichen Kultur leben). Insofern kann das ganz falsche Verstehen eigentlich nicht eintreten.

Anders natürlich im normalen Umgang miteinander.
Und da bestehen manche darauf, den und den Begriff zu benutzen, den andere auch benutzen, aber mit anderem Inhalt füllen.
Wenn Wohlwollen auf beiden Seiten besteht, dann muss man sich nicht über den Begriff einigen, sondern herauszufinden suchen, was der andere jeweils meint.
Das lohnt sich immer, und die Intersubjektivität findet sich dann über den Inhalt, das Gemeinte.
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