(Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

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Flavius
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(Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Flavius »

Wir können aus Fehlern u. Errungenschaften der Vergangenheit lernen.
Welche Ideologien und Institutionen haben was vertreten und was in Wirklichkeit erreicht ?
Dogmen - aller couleur- sind oft sehr hinderlich. (nach Feuerbach).
Salome23
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Salome23 »

Flavius hat geschrieben:Wir können aus Fehlern u. Errungenschaften der Vergangenheit lernen.
Und wann beginnst du damit aus Fehlern zu lernen und lernst endlich richtig zitieren? :mrgreen:
Das wäre doch mal eine kleiner Schritt zu einer neuen persönlichen Errungenschaft und ich denke, jeder hier im Forum wird dir Applaus zukommen lassen und dafür gratulieren, wenn du es geschafft hast :geek:
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Pluto
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Pluto »

Zunächst mal Glückwunsch lieber Flavius, zu einem gelungenen neuen Thread! :D
Flavius hat geschrieben:Wir können aus Fehlern u. Errungenschaften der Vergangenheit lernen.
Welche Ideologien und Institutionen haben was vertreten und was in Wirklichkeit erreicht ?
Im Mittelalter gab es wenig Erbauliches, doch mit der Aufklärung kam der Positivismus. Später gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurden die Regeln der modernen wissenschaftlichen Methodik von Karl Popper sauber formuliert. Sie basieren auf dem von Poppers Freund und Mitstreiter Hans Albert formulierten Münchhausen Trilemma (weshalb nichts beweisbar ist), und sind in Folgendem zusammengefasst:
Im Gegensatz zu den Positivisten fordert Popper dazu auf, Theorien nicht zu verifizieren, sondern zu falsifizieren. Wenn wir eine Theorie beweisen wollen, dann würden wir das erkennen, was diese Theorie stütze, was ihr widerspreche, würden wir ausblenden. Dies führe im Extremfall zum Dogmatismus. Deshalb sollten wir versuchen, unsere Theorien zu widerlegen. Fehlersuche wird zum Prinzip erhoben. Wenn wir eine Theorie widerlegt hätten, veränderten wir sie. Damit würden wir zwar nie endgültige Wahrheiten erreichen – denn wir würden auch die neue bzw. modifizierte Theorie zu widerlegen suchen – aber wir würden uns der Wahrheit annähern. (Ähnliche Auffassungen findet man bereits bei Framcis Bacon, Blaise Pascal und David Hume.)
[ Quelle: http://www.philolex.de/popper.htm ]
Die heutige wissenschaftliche Methode baut vornehmlich auf der Arbeit von Popper und Albert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
Savonlinna
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna »

Pluto hat geschrieben: Die heutige wissenschaftliche Methode baut vornehmlich auf der Arbeit von Popper und Albert.
Nee, Pluto, die sind auch schon von gestern.
Aber belegen werde ich das erst in ein paar Wochen oder Monaten (falls ich bis dahin alles überlebt habe), weil ich die Bücher und die Vorlesungsreihe von Paul Hoyningen-Huene über "Was ist Wissenschaft" (die Du ja auch kennst) dann erst so richtig drauf haben werde.

Aber der Fortschritt und die Weiterentwicklung der wissenschaftstheoretischen Überlegungen sehe ich als eine sehr wichtige Errungenschaft an, weil sie starres Denken immer wieder neu hinter sich lässt.
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Münek
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Münek »

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Die heutige wissenschaftliche Methode baut vornehmlich auf der Arbeit von Popper und Albert.
Nee, Pluto, die sind auch schon von gestern.
Aber belegen werde ich das erst in ein paar Wochen oder Monaten (falls ich bis dahin alles überlebt habe)...
Savonlinna! Ostfinnische Maid! Wer oder was trachtet Dir nach dem Leben? :o
Savonlinna
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna »

Münek hat geschrieben:
Savonlinna! Ostfinnische Maid! Wer oder was trachtet Dir nach dem Leben? :o
Meinte das doch nicht wörtlich, besorgter Herr Münek. Obwohl man in meinem hohen Alter natürlich damit rechnen muss, dass man aus dem Leben gefegt wird. :engel: Aber ich meinte das eher so - na, wie soll man das höflich sagen -, dass manche Motivationen flöten gehen könnten. Aber nicht selten flöten sich die auch wieder zurück. :D
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Pluto
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Pluto »

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Die heutige wissenschaftliche Methode baut vornehmlich auf der Arbeit von Popper und Albert.
Nee, Pluto, die sind auch schon von gestern.
Aber belegen werde ich das erst in ein paar Wochen oder Monaten (falls ich bis dahin alles überlebt habe), weil ich die Bücher und die Vorlesungsreihe von Paul Hoyningen-Huene über "Was ist Wissenschaft" (die Du ja auch kennst) dann erst so richtig drauf haben werde.
Einspruch!
Ich schrieb vornehmlich, und das ist weiterhin richtig, denn Paul Hoyningen-Huene baut nur auf den Thesen Poppers auf, und widespricht ihnen keineswegs.
Savonlinna hat geschrieben:Aber der Fortschritt und die Weiterentwicklung der wissenschaftstheoretischen Überlegungen sehe ich als eine sehr wichtige Errungenschaft an, weil sie starres Denken immer wieder neu hinter sich lässt.
Eine Weiterentwicklung ist keine Falsifizierung.

Das sieht man sehr schön an der Entwicklung der Gravitationsgesetze: Kopernikus ==> Newton ==> Einstein ==> ???
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
Savonlinna
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna »

Pluto hat geschrieben: Ich schrieb vornehmlich, und das ist weiterhin richtig, denn Paul Hoyningen-Huene baut nur auf den Thesen Poppers auf, und widespricht ihnen keineswegs.
Habe ich erst mal gegenteilig verstanden. Aber, wie gesagt, Zitieren kommt später.
Außerdem ist Hoyningen-Huene auch nicht der Papst. ;)
Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Aber der Fortschritt und die Weiterentwicklung der wissenschaftstheoretischen Überlegungen sehe ich als eine sehr wichtige Errungenschaft an, weil sie starres Denken immer wieder neu hinter sich lässt.
Eine Weiterentwicklung ist keine Falsifizierung.
Ja, das stimmt, das sagen alle drei Quellen, an denen ich gerade rumsauge :D. Es sind immer nur Erweiterungen.
Dennoch scheint der Mythos Falsifizierung nicht mehr gültig zu sein, und in den Geisteswissenschaften hatte er ohnehin noch nie eine Bedeutung.
Aber das ist alles jetzt sehr ungenau erst mal.
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Naqual
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Naqual »

Pluto hat geschrieben: Im Mittelalter gab es wenig Erbauliches, doch mit der Aufklärung kam der Positivismus. Später gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurden die Regeln der modernen wissenschaftlichen Methodik von Karl Popper sauber formuliert. Sie basieren auf dem von Poppers Freund und Mitstreiter Hans Albert formulierten Münchhausen Trilemma (weshalb nichts beweisbar ist), und sind in Folgendem zusammengefasst:
Im Gegensatz zu den Positivisten fordert Popper dazu auf, Theorien nicht zu verifizieren, sondern zu falsifizieren. Wenn wir eine Theorie beweisen wollen, dann würden wir das erkennen, was diese Theorie stütze, was ihr widerspreche, würden wir ausblenden. Dies führe im Extremfall zum Dogmatismus. Deshalb sollten wir versuchen, unsere Theorien zu widerlegen. ....
Die heutige wissenschaftliche Methode baut vornehmlich auf der Arbeit von Popper und Albert.
Genau genommen ist der Neopositivismus (Popper u Co) tendenziell selbst eine Ideologie! Dann gibt es zudem keine "heutige wissenschaftliche Methode". Was soll das konkret sein? Ansonsten.... :mrgreen:

Popper & Co sind eigentlich eine Metaebene oberhalb des Threadthemas. Popper formulierte seine Vorstellungen auf dem HIntergrund der politischen Umtriebe des letzten Jahrhunderts mit diktatorischen Systemen (Faschismus, Kommunismus, Militärdiktaturen). Die Neopositivisten neigten aber dazu, anderen die Wissenschaftlichkeit abzusprechen, wenn sie nicht in ihr Denksystem passten. Und das betraf in der deutschen Soziologie nicht nur den unmittelbaren Gegner des Neopositivsten, namentlich die Frankfurter Schule, sondern teils auch ganz andere "Opfer" (z.B. Diziplinen wie die "Theologie").
Das Problem war, dass die diktatorischen Systeme selbst auch die Wissenschaften für ihre Zwecke zu instrumentalisieren suchten. Popper erkannte ganz korrekt, dass "Ideologien" sich bereits in ihrem eigenen Denksystem gegen Kritik immunisieren. Hier hat er meiner Ansicht nach bleibende Lorbeeren verdient. Er trieb es aber zu weit. Nämlich dann, wenn man anderen abspricht wissenschaftlich zu arbeiten, weil sie in einem nicht falsifierbaren gedanklichen Raum arbeiten. Für die Naturwissenschaftler ist dies auch völlig unproblematisch. Anders schaut es jedoch in den Geisteswissenschaften aus. Krassestes Beispiel ist die Theologie. Theo kann nicht im Labor untersucht werden, Theo kann weder verifiziert noch falsifziert werden von der Struktur der Disziplin her. Also ist Theologie auch keine Wissenschaft. Das ist natürlicher blanker Humbug. Die können sogar extrem wissenschaftlich arbeiten, sogar unter zur Hilfe nahme von Archäologie, Geschichtswissenschaften, Hermeneutische Verfahren die in ihrer eigenen "Fakultät" entwickelt wurden, usw. Solange man sauber erklärt, welche Axiome man wie und warum gesetzt hat, ist dies auch unproblematisch (und diese Axiome selbstredend falsifizierbar hält).
Der andere Punkt ist, dass die "Positivisten" wie die "Neopositivsten" mit unglaublicher Sicherheit zu wahrscheinlich korrekten Aussagen kommen, aber diese Aussagen sich auf recht wenige Belange beschränken. Deswegen auch der Begriff "Positivist", das ist so wie bei einem Diapositiv. Es bildet nur das ab, WAS MAN EH SCHON EINDEUTIG sieht. Genau dafür braucht man die Wissenschaften aber nicht wirklich.
Die Vertreter der "Kritischen Theorie" (Frankfurter Schule) widerum monierten m.E. nicht ganz grundlos, dass jeder Wissenschaftlichen Denkarbeit eine Idee zugrunde liegt, die eben nicht über deduktive Verfahren entstehen, aber gleichsam ungeheuer wichtig sind. Das man in den Wissenschaftlichen Disziplinen "grundsätzlich falsifzieren können muss" ist eigentlich allgemein anerkannt und nicht das Verdienst der Positivsten.
Die Krux liegt mehr im Detail, wie oftmals unerkannt - unterhalb der Oberfläche des Offensichtlichen - die Falsifizierbarkeit minimiert oder sogar ausgeschlossen wird.
Sir Popper war da auf seine Art zu radikal. Aber man muss ihn da auch auf dem geschichtlichen Hintergrund der Abwehr von Ideologien verstehen.
Zuletzt geändert von Naqual am So 16. Aug 2015, 18:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Pluto
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Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Pluto »

Naqual hat geschrieben:Genau genommen ist der Neopositivismus (Popper u Co) tendenziell selbst eine Ideologie! Dann gibt es zudem keine "heutige wissenschaftliche Methode". Was soll das konkret sein? Ansonsten.... :mrgreen:
Nee...
Poppers großartige Idee war genau nicht ein (Neo-)Positivismus, sondern die Falsifizierbarkeit.
Wie der Artikel sagte, "die Fehlersuche wurde zum Prinzip wissenschaftlicher Arbeit erhoben". Und das ist genau richtig.
Es bedeutet, dass man zwar eine letztgültige Wahrheit niemals erreicht, aber man sich dennoch mit jedem neu gefundenen Fehler der Wahrheit etwas näher kommt.
Naqual hat geschrieben:Der andere Punkt ist, dass die "Positivisten" wie die "Neopositivsten" mit unglaublicher Sicherheit zu wahrscheinlich korrekten Aussagen kommen, aber diese Aussagen sich auf recht wenige Belange beschränken.
Naja... Popper als "Neopositivisten" zu bezeichnen finde ich ehrlich gesagt hanebüchen.
Naqual hat geschrieben:Sir Popper war da auf seine Art zu radikal. Aber man muss ihn da auch auf dem geschichtlichen Hintergrund der Abwehr von Ideologien verstehen.
Einverstanden.
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