Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Literatur, Malerei, Bildhauerei
Munro

Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Munro »

Ich kam da mit einer Familie ins Gespräch, und als sie hörten, dass ich aus Baden-Baden sei, schütteten sie mir ihr Herz aus. Sie hatten Verwandte dort, die sie gerne mal besucht hätten, aber nicht konnten. Und bis zum Rentenalter, wo das dann möglich wäre, war es noch weit.

Das erinnert mich jetzt an eine alte Scherzfrage: Wann kommt es zur deutschen Wiedervereinigung?
Antwort: Im Jahre 2014.
Rückfrage: Warum das denn?
Antwort: Na, dann wird die DDR 65, geht in Rente, und darf nach drüben!

Niemand hätte zur Zeit dieser Frage daran gedacht, dass die DDR sozusagen in Frührente geht!
Die Wiedervereinigung kam genau dann, als kein Mensch mehr ernsthaft damit gerechnet hätte!

Die Thüringer Familie trug mir dann Grüße an ihre Verwandten in Baden-Baden auf! Ich behielt mir ihren Namen im Kopf und weiß ihn auch heute noch. Schriftlich notierte ich mir nichts - und steckte es mir schon mal gar nicht in die Hemdentasche! Wer weiß, ob der Genosse Major bei den Grenzorganen auch bei der Ausreise wieder so nachsichtig sein würde!
Munro

Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Munro »

In jenem Erfurter Hotel hielt ich mich kaum auf. Die meiste Zeit war ich in Weimar, wovon ich noch erzählen werde. Nur am letzten Abend meines Aufenthalts setzte ich mich auch mal an die Hotel-Bar. Mit einem Mann neben mir kam ich gleich gut ins Gespräch, wie ich dachte. Doch das war eine Illusion. Nach etwa fünf Minuten Small Talk explodierte er förmlich. Bebend vor Erregung und fast mit Schaum vor dem Mund brach es plötzlich aus ihm heraus:

“Was fragen Sie mich denn da alles! Hören Sie endlich auf! Und ich sage Ihnen jetzt: Alles, was ich Ihnen bisher geantwortet habe, war sowieso ganz falsch!”

Ich fiel aus allen Wolken … Ich vermutete, daß er mich für einen BND-Agenten hielt. Er hatte gesagt, er sei hier mit Kollegen auf einer Art Betriebsausflug. Und so hatte ich ihn ganz selbstverständlich nach seiner Firma usw. gefragt, wie ich es im Westen auch ganz natürlich getan hätte. Das aber kam bei ihm wohl als Ausfragerei und Betriebs-Spionage oder weiß der Kuckuck was an. Die anderen Gäste versuchten, den aufgeregten Mann zu beruhigen und sprachen durchaus für mich.

Ich weiß noch wörtlich, wie eine nette Frau auf mich zeigte und sagte: “Der Mann ist doch harmlos! Der kommt doch aus Hessen!”

Nun war ich wieder neu verwirrt.

Warum sollte ich harmlos sein, nur weil ich aus Hessen kam? Woher wollte die Frau wissen, daß es nicht auch hessische BND-Agenten geben könne?

Nun war ich aber dummerweise ja noch nicht mal aus Hessen.

Wenn ich nun zugab, ich sei aus Baden, wäre ich dann am Ende doch ein BND-Agent?

Fragen über Fragen, und niemand war da, um mir die Antwort zu sagen ...
Munro

Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Munro »

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Jahrelange Pause .....



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Nach der Wende dann hat es mir eine Ex-DDR-Bürgerin erklärt:

Der Mann hielt mich gar nicht für einen BND-Agenten, sondern für einen Stasi-Spitzel, der mal testen wollte, ob dieser Mann eventuell einem Westler Betriebsgeheimnisse verraten würde.

Nur so macht die Bemerkung der Frau Sinn, die da auf mich zeigte und sagte:
“Der Mann ist doch harmlos! Der kommt doch aus Hessen!”
Munro

Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Munro »

Und hiermit endet die Geschichte.

Frage:
Findet ihr Geschichten zum Thema DDR nicht mehr zeitgemäß - oder so?
Kein Interesse mehr am Thema?
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Opa Klaus
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Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Opa Klaus »

Da ich ja nicht schreibfaul bin, versuche ich auch was zum Besten zu geben.
Vor dem Mauerfall habe ich einem Westberliner mit einem Transporter beim Umzug in den Westen geholfen. An sich kein Problem. Nur an der Berliner Grenzkontrolle beim Verlassen der Stadt wunderte ich mich, dass die Autos ein Stück vor dem Fenster des Kontrolleurs hielten und hupte, damit der Vorgänger ein Stück weiter vor rücken sollte.
Au weia, da wurde der Beamte sehr fuchtig und ich hatte Glück, nicht inhaftiert zu werden.
Langsam begriff ich, dass das vordere Nummernschild einsehbar sein musste und daher ein Abstand nötig war.
Nach Beamten-Blick auf das Umzugsgut durfte ich dann weiterfahren.
Nach Grenzöffnung fuhren meine Frau und ich zum Verkaufen auf DDR Märkte. Bei einer Rückfahrt hatten wir DDR Bier bei. Am Grenzübergang boten wir Gratisflaschen davon an, nicht als Bestechung. Nee, nee, lieber Westbier hätten sie gern.
In der Gastronomie war es üblich, auf die Zuweisung eines Tisches zu warten. Daran mussten wir uns sehr gewöhnen. Am Essen gab es nichts zu meckern.
Ach, - es fiel mir als Fahrer schwer, die generelle Geschwindigkeitsbegrenzung drüben einzuhalten. "Blitzer" entdeckten wir anfangs nicht. Nur, beim Pannenradwechsel standen Vopos wie aus dem Nichts plötzlich da und prüften meine Aktion.
In den Ortschaften konnten die 'Ossis' nach Grenzöffnung Geld in Westmark von Sparbüchern und Konten abheben, da bildeten sich immer erhebliche Warteschlangen.
Vor der Grenzöffnung waren wir auch mal "Drüben". Da musste man einen Betrag Westmark 1:1 in Ostmark umtauschen, denn nur damit "durfte" man drüben bezahlen. Die "Wechselkurse" später unter der Hand waren erstaunlich. Auch Tankstellen nahmen Westgeld an. Ich glaube, Ostgeld mussten wir bei der Ausreise wieder zurücktauschen.
Ich versteh das so wie dargelegt .weil ich mir bewusst bin, ich könnte total daneben liegen. www.prueter.eu und www.weltverbesserung.eu "Der schrecklichste der Schrecken ist der Mensch in seinem Wahn"
Munro

Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Munro »

Opa Klaus hat geschrieben: Mi 10. Apr 2019, 13:14 In der Gastronomie war es üblich, auf die Zuweisung eines Tisches zu warten. Daran mussten wir uns sehr gewöhnen. Am Essen gab es nichts zu meckern.
Ja, daran kann ich mich an noch gut erinnern! :)

Und darum finde ich es auch heute noch hier im Westen blöd, wenn ich in "vornehmen" Restaurants zwangs-platziert werde.

Da möchte ich am liebsten fragen: "Ähm, sind wir hier jetzt in der DDR - oder was?" :engel: :devil:
Munro

Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Munro »

Opa Klaus hat geschrieben: Mi 10. Apr 2019, 13:14 Da ich ja nicht schreibfaul bin, versuche ich auch was zum Besten zu geben.
Gut so! :thumbup: :clap:
Munro

Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Munro »

Oh weh - das war nun ein sogenanntes "Doppelposting!" :D
Das mögen manche Foren-Hilfs-Sheriffs der Forenwelt ja gar nicht gerne. :engel:
Nur mal so angemerkt, ich meine jetzt niemanden speziell. :engel: 8-)
Nevis

Re: Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Beitrag von Nevis »

Munro hat geschrieben: Mi 10. Apr 2019, 14:44 Oh weh - das war nun ein sogenanntes "Doppelposting!"
Sehen wir mal darüber hinweg. :engel: :idea:
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