Gedanken zu Römer 12,19: Rächt euch nicht selbst

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joris

Gedanken zu Römer 12,19: Rächt euch nicht selbst

Beitrag von joris »

Im Brief an die Römer erinnert Paulus an folgenden Umstand:
Röm 12,19 hat geschrieben: Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«
Der mir schon viele Gedanken gemacht hat.

Rächt euch nicht selbst.
Diese Aufforderung fällt uns manchmal sehr schwer. Jedenfalls traf ich noch niemanden, bei dem es anders gewesen wäre. Viele folgen dieser Aufforderung auch gar nicht oder umgehen sie irgendwie. Dabei geht es nicht um eine sachliche Richtigstellung bei Verleumnung. Es geht um alles, was darüber hinaus geht. Jesus wies mit seiner "Halte die andere Wange hin"-Aussage genau diesen Weg der Deeskalation. Aber um diesen Aspekt geht es mir gar nicht primär.

Gebt Raum dem Zorn Gottes
Es geht mir um den anderen Teil. Den Teil, der Gottes Aktivität beschreibt und der mir ins Gedächtnis ruft, wie wichtig es war, dass Jesus am Kreuz um Vergebung für die gebeten hat, die ihn dorthin gebracht hatten. Jesus hatte damals beschlossen nichts zu seiner Rettung zu unternehmen. Er hatte sich in die Hände des Vaters begeben, um die Schuld der Menschen zu sühnen. Diesen Zustand der Hilflosigkeit in Situationen in denen uns Unrecht geschieht kennen wir Menschen sehr gut und er macht uns teilweise wahnsinnig. Wir können Hilflosigkeit nicht gut ertragen.

Für mich ist das was Jesus von mir verlangt und wo Paulus eindringlich dran erinnert sehr wichtig. Er erinnert mich in Zeiten genannter Hilflosigkeit daran, dass ein Perspektivwechsel nötig ist. Man muss quasi lernen anders zu denken, wie Paulus es auch in Römer 12,1+2 beschreibt.

Zeiten in denen einem Christen Unrecht angetan wird sind Zeiten des Gebets. Es ist Fürbitte nötig für die, die uns in diese Lage gebracht haben. Vor allem sind es Zeiten, in denen Christen sich eben nicht hilflos fühlen müssen. Wir können uns bewusst machen, dass Gott für uns streitet und dies viel besser als wir, da er nicht ungerecht ist. Paulus schrieb an die Korinther folgenden denkwürden Satz:
1Kor 3,16+17 hat geschrieben:16 Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? 17 Wenn jemand den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören, denn der Tempel Gottes ist heilig – der seid ihr.
der mich schon aus eigener Erfahrung zum Gebet motiviert und anhält.
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ProfDrVonUndZu
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Re: Gedanken zu Römer 12,19: Rächt euch nicht selbst

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Römer 12,9 hängt direkt mit der von Jesus empfohlenen Feindesliebe zusammen. Halte die andere Wange hin, leihe, ohne zurück zu erwarten (was ja dann eigentlich schenken wäre), liebet, die euch hassen.

Und dann gibts da noch eine Aussage von Paulus aus dem 1. Korinther.
1. Korinther 6,7 Es ist nun schon überhaupt ein Fehler an euch, daß ihr Rechtshändel miteinander habt. Warum laßt ihr euch nicht lieber unrecht tun? Warum laßt ihr euch nicht lieber übervorteilen?
Das ist schon ziemlich heftig. Nicht nur in Bezug auf irgendwelche Leute, sondern auch in Bezug auf Brüder.

Ich versuche schon lange so zu leben, aber es ist nicht leicht. Vor allem gerade dann, wenn es um Brüder geht. Als Empfehlung kann ich das ja noch verstehen, aber Paulus scheint das hier geradezu alternativlos zu fordern. Da frag ich mich, ob man das wirklich allgemein so sehen kann, oder ob seine dringenden Worte in dieser Schärfe tatsächlich nur an die Korinther gerichtet waren, die sich diesen Luxus auch leisten konnten.
Nevis

Re: Gedanken zu Römer 12,19: Rächt euch nicht selbst

Beitrag von Nevis »


So spricht der Herr: "Die Rache ist mein!"


Dieser Spruch ist in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen!

Hier einmal die originale Stelle:
Ist solches nicht bei mir verborgen und versiegelt in meinen Schätzen?

Die Rache ist mein; ich will vergelten. Zu seiner Zeit soll ihr Fuß gleiten; denn die Zeit ihres Unglücks ist nahe, und was über sie kommen soll, eilt herzu.

Denn der HERR wird sein Volk richten, und über seine Knechte wird er sich erbarmen. Denn er wird ansehen, daß ihre Macht dahin ist und beides, das Verschlossene und Verlassene, weg ist.…
https://bibeltext.com/deuteronomy/32-35.htm
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Helmuth
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Re: Gedanken zu Römer 12,19: Rächt euch nicht selbst

Beitrag von Helmuth »

joris hat geschrieben: Mi 11. Sep 2019, 08:10 Der mir schon viele Gedanken gemacht hat.
Du schreibst dazu sehr gute Gedanken, die ich unterstütze. Ich ergänze dazu meine. Was man lernen sollte ist nicht sofort zu reagieren, denn das ist eines z.B. auch meiner Hauptprobleme. Der erste aufwallende Zorn führt oft zu dem worüber Jakobus schreibt:
Jak 1,20 hat geschrieben: Denn eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit.
An diesem Problem arbeite ich bis heute. Wenn es mir gelingt, den ersten Zorn ohne Sofortreaktion an mir vorübergehen zu lassen, erkenne ich oft im Nachhinein, ob ich vielleicht nur von Satan aufgestachelt wurde oder ob sich nicht etwa doch Gottes Zorn dabei regt.

Der beste Weg ist wirklich zuerst ins Gebet zu gehen, einen Analysecheck mal vorzunehemen. Was lief da gerade ab? Bin ich denn auch Schuld an dem? Oder ist es völlig ungerechtfertigt? Allein schon dieses Innehalten ist korrigierend. Was dann bleibt kann als Basis für eine etwaige Reaktion genommen werden.

Die nächste Step wäre: Wie reagiere ich. Reagiere ich überhaupt? Oft komme ich zum Schluss: Vergiss es. Aber wenn nicht, was sage ich, was unternehme ich? Ich denke, wenn man in diesen Modus kommt, dann hat schon wieder der Heilige Geist die Führung, soferne man auch wiedergeboren ist und es gelingt uns auch richtig zu handeln.

Aber Hauptproblem Nummer 1 ist meiner Meinung nach: Die unkontrollierte erste Reaktion. Lass den ersten Frust nicht raus, sondern verarbeite ihn. Diese Art einmal nicht weiter zu reagieren nennt man auch Sanftmut. Könnte ich das nur immer so handhaben. :|
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
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