Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

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Rembremerding

Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Rembremerding »

Hiob hat geschrieben: Sa 14. Sep 2019, 20:13
Das hat mich veranlasst, das AT von vorne bis hinten Satz für Satz mit einer für meine Denkweise GANZ hervorragenden AT-Übersetzung von Martin Buber (auch hier verschone ich Euch :D ) durchzustudieren (mit allein 350 Seiten Anmerkungen für die ersten 15 Bücher). - Um es kurz zu machen: Ich bin über das Verstehen zum Glauben gekommen - bei anderen ist es umgekehrt. - Und das Versteh-Buch war die Bibel.
Du hast es selbst schon an anderer Stelle erkannt:
Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Bibel, Gott, nur verstanden werden kann, wenn man besonders gebildet ist, Hebräisch kann, historisch-kritische Prämissen folgt etc.
Es ist ernüchternder: Gott und die Bibel wird man mit dem Verstand nie verstehen lernen. Es ist, als würde man aus Büchern lernen wollen, wie man mit seinem Ehepartner liebevoll umgeht. Deshalb gibt es "Ungebildete", die weitaus näher an Gottes Herzen ruhen, als Theologieprofessoren.
Aber, aus Erfahrung weiß ich es, wie du auch, Gott lässt uns den Weg zu ihm finden, mit jenen Mitteln, die er uns gab, an die wir uns festklammern - und das kann auch der Verstand sein. Selig jene, die es gleich direkt durch ihr Herz können.

Aber ein Einwurf sei getan: Schon innerhalb der Bibeltexte wird eine "Evolution" des Geistes angedeutet, d.h., dass allein das semitische, jüdische Verständnis der Texte nicht mehr ihren einzigen Inhalt ausdrückt. Es ist gerade die Schöpfungskraft von Gottes Wort, die sehr wohl auch griechisches Denken, fernöstliche Philosophie etc. für eine Gotteserkenntnis fruchtbar macht. Das ist ein Wagnis, denn dadurch entstanden viele Irrlehren, aber Gott hat dies zum Besseren hin in Kauf genommen. Man unterschätze nicht den Hl. Geist, der lehrt, unterscheidet, versichert und Erkenntnis bringt.
Deshalb mag Buber, der auch innerhalb jüdischer Exegeten umstritten ist, ich ihn aber dennoch ebenso schätze, nicht der letzte Anker sein, um darauf seinen ganzen Glauben zu gründen. Er ist, wie jede Exegese in der Originalsprache, oftmals mehr für literarisch-kritische Ergebnisse geeignet, als für geistige.

Die Ehrfurcht vor der Bibel soll deshalb nicht allein in dem Wissen liegen, das zweifelsohne in ihr verborgen ist und mit dem Verstand gehoben werden kann, sondern auch in der ermöglichten Erfahrung, dass hier der Schöpfer seinen Geschöpfen seine Liebe kundtut, wie er über den Menschen denkt, welchen großen Plan er für sie bereitet.
Bei zuviel Einsatz des eigenen Verstands zum egoistischen Erwerb von Erkenntnissen, nimmt man dem Hl. Geist oftmals die Möglichkeit selbst zu lehren. Als ob man von einem Autofahrer mehr über die Fahrzeugtechnik zu erfahren meint, als vom Autobauer selbst.

Servus :wave:
Hiob
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Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Hiob »

Rembremerding hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 09:10 Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Bibel, Gott, nur verstanden werden kann, wenn man besonders gebildet ist, Hebräisch kann, historisch-kritische Prämissen folgt etc.
Ausdrückliche Zustimmung: Die tiefstem Christen, die ich kenne, sind NICHT akademisch gebildet. - ABER: Wenn man diskutiert, schaut man sich nicht nur an und ist christlich, sondern argumentiert - und dann muss man strukturiert/analytisch/"akademisch" vorgehen - zumindestens ist es von Vorteil.

Anders rum: Es wird viel zu viel (pseudo-)philosophisch geredet - jede Gruppe meint, etwas auf (pseudo-) geistigem Level sagen zu können. - Oder NOCH einen Schritt weiter: Ich bedauere inzwischen, dass das zweite Vatikanum das Lateinische als Gottesdienstsprache abgelöst hat - es wäre gescheiter gewesen, die Menschen in Kontemplation in die immer gleichen lateinischen Worte eintauchen zu lassen, als ihnen zu ermöglichen und sie sogar einzuladen, unqualifiziert wirklich schwierige Texte modern-meinungsgeil interpretieren zu lassen.
Rembremerding hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 09:10 Deshalb mag Buber, der auch innerhalb jüdischer Exegeten umstritten ist, ich ihn aber dennoch ebenso schätze, nicht der letzte Anker sein, um darauf seinen ganzen Glauben zu gründen.
Klar - für mich kam er halt zur rechten Zeit - er und ich scheinen vom Denken her ähnlich zu schwingen.
Rembremerding hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 09:10 Die Ehrfurcht vor der Bibel soll deshalb nicht allein in dem Wissen liegen, das zweifelsohne in ihr verborgen ist und mit dem Verstand gehoben werden kann, sondern auch in der ermöglichten Erfahrung, dass hier der Schöpfer seinen Geschöpfen seine Liebe kundtut, wie er über den Menschen denkt, welchen großen Plan er für sie bereitet.
Dazu muss man den Text aber erst mal VERSTEHEN - oder man lässt es ganz. - Das Problem ist doch gerade, dass es so viele Text-Meinungen gibt (nicht nur hier im Forum), dass man meinen könnte, es wäre von verschiedenen Büchern die Rede.
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Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Magdalena61 »

joris hat geschrieben: Sa 14. Sep 2019, 17:09 Aus Beatenberg habe ich super Vorträge von einem sehr klugen und prägenden Theologen. Es ist mir also sehr positiv im Gedächtnis.
In den 90ern war ich 10 Tage dort. Sie sind sehr streng. :)
Lernen konnte man schon viel.

Vielleicht erkennt das jemand. In diesem Raum fanden die Bibelarbeiten statt.
Beatenberg .S..jpg
Beatenberg .S..jpg (38.9 KiB) 1209 mal betrachtet
Sie haben mir erlaubt, auf dem alten Klavier zu spielen, wenn der Saal nicht für Versammlungen gebraucht wurde.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
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Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Magdalena61 »

Hiob hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 16:23Es wird viel zu viel (pseudo-)philosophisch geredet - jede Gruppe meint, etwas auf (pseudo-) geistigem Level sagen zu können. -
Einerseits sind Debatten über theologische Themen positiv. Man muss sich, im Gegensatz zum reinprivaten Lesen, intensiver mit den Texten beschäftigen.

Andererseits ist die Gefahr gegeben, und diesen Eindruck hatte ich schon oft, dass die Bibel bei rein analytischer Betrachtung zu einem reinen Werkbuch verkommt; zu einem Werkzeug, zu einem Arbeitsbuch, ja, sogar zu Munition, um Gegner damit abzuschießen.

Auch ich "nütze" die Schrift als Grundlage meiner Argumentation, als Infoquelle, als Arbeitsmaterial, wenn ich z.B. in Foren mit anderen Leuten disktutiere. Das ist aber nicht die einzige Art von "Gebrauch".

Wenn ich für mich privat lese, stehe ich wieder da, wo ich am Anfang war. Ich muß keine Verteidigung aufbauen, muß auch nicht recherchieren... das fällt alles weg. Ich lese einfach. Da bin ich, das Kind, und aus dem Buch spricht mein Gott oder ich lese seine Gedanken. Und das schaue ich mir einfach an, lasse es auf mich wirken.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
Rembremerding

Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Rembremerding »

Hiob hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 16:23 Ich bedauere inzwischen, dass das zweite Vatikanum das Lateinische als Gottesdienstsprache abgelöst hat - es wäre gescheiter gewesen, die Menschen in Kontemplation in die immer gleichen lateinischen Worte eintauchen zu lassen
Das Lateinische wurde nicht abgelöst, sondern die einheimische Sprache als gleichwertig daneben gesetzt und dementsprechend ein abgeänderter Ritus eingeführt.
Es gibt weiterhin Gottesdienste, die im Stil vor dem zweiten Vatikanum durchgeführt werden, man nennt sie die außerordentlichen Form. Sie wurde von Papst em. Benedikt XVI. ausdrücklich als gleichberechtigt empfohlen.
Aber du hast recht: durch die Änderung der Gottesdienstsprache fand eine kleine Protestantisierung statt, d.h. der Verstand in der Gottesbegegnung erhielt ein Übergewicht.
Das Problem ist doch gerade, dass es so viele Text-Meinungen gibt (nicht nur hier im Forum), dass man meinen könnte, es wäre von verschiedenen Büchern die Rede.
Wenn man nun aber Buber oder die jüdischen Originaltexte heranzieht, um darauf seinen Glauben und Verstehen zu gründen, trifft man auf ein Problem: Selbst diese varieren. In den Qmranhöhlen finden sich die zur Zeit ältesten biblische Texte, die sich in Kleinigkeiten, aber auch erheblich voneinander und der jetzigen Form der hebräischen Bibel unterscheiden. Aber schließlich hat auch diese ihre Überlieferungstradition.
Es ist gewagt, ich weiß, weil es den Verstand widerstrebt, aber wer Erkenntnis, Verstehen will, muss sich wohl doch allein auf Gott einlassen (Eph 3:18-19 REÜ):
So sollt ihr mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen
und die Liebe Christi zu erkennen, die alle Erkenntnis übersteigt. So werdet ihr erfüllt werden in die ganze Fülle Gottes hinein.
Wer die Liebe Gottes erkennt, erkennt etwas, das die menschliche Kenntnis übersteigt. Das ist paradox, Paulus spricht von 4 Dimensionen, in welcher der dreidimensionale Mensch nicht durch sich selbst, aber nur durch Gott Erkenntnis erlangt. Und da bleibt nur der Hl. Geist, die göttliche Liebe in Person, die uns darin lehren kann.

Servus :wave:
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Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Hiob »

Magdalena61 hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 16:47 Da bin ich, das Kind, und aus dem Buch spricht mein Gott oder ich lese seine Gedanken. Und das schaue ich mir einfach an, lasse es auf mich wirken.
Das geht, NACHDEM man geistig aktiviert ist - das Problem heute: Die meisten Menschen, von denen auch viele Kirchensteuer zahlen oder in Denominationen sind, sind nach meinem Gefühl NICHT geistig aktiviert. - Mir scheint, dass oft gruppen-dynamische Prozesse eine größere Rolle spielen als spirituelle Prozesse.

Ich bin selber ratlos: Wem soll man die Bibel eigentlich in die Hand drücken?
1) Den Atheisten, die jedes Wort auseinandernehmen und falsch verstehen?
2) Den einfachen Menschen, die zwar guten Willens sind, aber einfach überfordert sind UND von den Lehrern nicht angemessen angeleitet werden können, weil diese selber nicht drauf sind?
3) Den innig empfindenden Christen, die mit ihrem geistigen Instinkten der Spur nach merken, was da steht und auch mal eine Stelle übergehen können, ohne sie verstehen zu müssen?
4) Bei die Bibel aggressiv auslegende Denominationen?

Bei 3) gibt es natürlich keine Probleme, aber die hört man kaum. - 1) und 4) hört man (siehe Forum). - 2) ist eher eine große stille Gruppe. ---- Bei dieser Gelegenheit: Die abschmelzende spirituelle Kompetenz in der Theologie kann einem Sorgen machen.
Rembremerding hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 17:03 Wenn man nun aber Buber oder die jüdischen Originaltexte heranzieht, um darauf seinen Glauben und Verstehen zu gründen, trifft man auf ein Problem: Selbst diese varieren.
Richtig - aber man kann in etwa ermessen, ob insgesamt ein gemeinsamer Korridor da ist (was nicht immer der Fall ist).

Keiner erwartet "Gleichschaltung" ("Nur ich habe recht"), sondern heilsgeschichtliche Vielfalt ("Wo stehst DU?"). - Aber um das zu können, muss eine gemeinsame Grundlage da sein - das ist nicht "die Bibel", sondern ein Verständnis der Bibel, das unterm Strich an einem Strick zieht.
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Oleander
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Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Oleander »

Hiob hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 19:26 Wem soll man die Bibel eigentlich in die Hand drücken?
Meiner Meinung nach niemandem! Jesus drückte niemanden die Bibel Schriften in die Hand
Menschen werden neugierig durch vorleben-durch die Früchte des Geistes im Vorlebenden....

Und Kurtchenschatz :Herz2: , auch durch philsophieren über "seiend" und Ontologie wirst du niemanden erreichen, eher verwirren :lol:
Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung.
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Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Hiob »

Oleander hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 19:50 auch durch philsophieren über "seiend" und Ontologie wirst du niemanden erreichen, eher verwirren
Beim "einfachen Volk", das sich an seine Leisten hält, würde mir das auch niemals einfallen. - Das Problem ist ein pseudo-intellektuelles Gros, das falschen Lehren folgt und diese mit der Attitüde der Überlegenheit gegenüber Christen vertritt - denke hier an "Paulus auf dem Areopag".

Und noch ein Punkt: Wie willst Du solche (pseudo-) intellektuellen Kreise bekehren? - Mit "Jesus liebt Dich" geht das nicht - das verstehe ich sogar.
Oleander hat geschrieben: So 15. Sep 2019, 19:50 esus drückte niemanden die Bibel Schriften in die Hand
Menschen werden neugierig durch vorleben-durch die Früchte des Geistes im Vorlebenden....
Stimmt. - Aber dann müssten wir Foren wie solche dicht machen.
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Opa Klaus
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Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von Opa Klaus »

Alle Achtug, 38 Beiträge hier zum Thema in 2 Tagen!
Ich habe sehr großen Respekt vor der Bibel.
Aber einen riesigen Hass auf Bibelverdrehungen und unbiblische Irrlehren.
Weil ich 29 Jahre lang ab 15. Lebensjahr damit berieselt wurde.

Ja, ja ich weiß, über Gottes reine Wahrheit herrscht verbreitete Unsicherheit.
Aber diese Verunsicherung fing doch bereits in Eden schon an durch Satan (Schlange) eingeführt.

Warum verbieten so viele Religionsgemeinschaften das persönliche Denken, Hinterfragen
und beanspruchen allein das Monopol für Bibelinterpretation,
was dann zur großen Zersplitterung der "Christenheit" führte?

Alles konkrete Fragen und Hinterfragen der Religions-Ideologien wird nie konkret beantwortet,
sondern man mauert mit vielen Ausflüchten und "um den heißen Brei reden".
Man will sich nicht drein reden lassen ins Monopol.
So wird hartnäckig die Bibel missbraucht zur Stärkung von Machtansprüchen und Pseudo-Autorität.

Sobald damals Propheten Gottes Wort weiter gaben, wurden sie diskriminiert.
Zuletzt wurden Jesus und Stephanus ermordet, weil sie die Wahrheit sagten.
Die Aussagen Gottes sind unter 66 Bibelbüchern mit über 1.000 Seiten verteilt, "verschlüsselt"
um sie vor Fälschungen zu schützen. Es ist nicht alles "Klartext".
Lesen das hier nur Anfänger ohne Bibelkenntnisse? Welche "Kenntnisse" darf man denn voraus setzen?
Ich versteh das so wie dargelegt .weil ich mir bewusst bin, ich könnte total daneben liegen. www.prueter.eu und www.weltverbesserung.eu "Der schrecklichste der Schrecken ist der Mensch in seinem Wahn"
joris

Re: Welche Ehrfurcht hast Du vor der Bibel?

Beitrag von joris »

Opa Klaus hat geschrieben: Mo 16. Sep 2019, 13:40 Lesen das hier nur Anfänger ohne Bibelkenntnisse? Welche "Kenntnisse" darf man denn voraus setzen?
Die Bandbreite ist sehr groß, wie wohl in allen Foren. Gleichzeitig würde sich wohl selbst der, der die Bibel nur vom Hörensagen kennt, deutlich beschweren, würde man seinen Aussagen zu biblischen Inhalten keine oder nur geringe Beachtung schenken.

Im Gegensatz zur realen Welt ist das wohl ein Umstand, dem man in einem Forum kaum entgehen kann. Hier kann sich selbst der als sachkundig darstellen, dessen Bibelkenntnisse bereits nach wenigen Beiträgen offenkundig gering zu Tage treten.
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