Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

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Hiob
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 13:53 Ich schließe hier dann mit deinem Haus und Leibsophisten, der uns dann selbst auch gleich erklärt, warum du in welchen philosophischen Lüften dein Heil suchst
So hätte Heidegger vor seiner "Kehre" nicht geredet. Dieses mir bisher unbekannte Zitat (merci) bestätigt die (meine) Auffassung, dass man die Aussagen des existentialistischen Heidegger nur von horizontal auf vertikal kippen muss, um in ihm einen Mystiker zu erkennen. - Passt.
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Sunbeam
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 14:23
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 13:53 Ich schließe hier dann mit deinem Haus und Leibsophisten, der uns dann selbst auch gleich erklärt, warum du in welchen philosophischen Lüften dein Heil suchst
So hätte Heidegger vor seiner "Kehre" nicht geredet. Dieses mir bisher unbekannte Zitat (merci) bestätigt die (meine) Auffassung, dass man die Aussagen des existentialistischen Heidegger nur von horizontal auf vertikal kippen muss, um in ihm einen Mystiker zu erkennen. - Passt.
dass man die Aussagen des existentialistischen Heidegger nur von horizontal auf vertikal kippen muss,
Heidegger kann man kippen wie immer man will, aber ein Mystiker, der im braunen Hemd zu seinen Vorlesungen erschien, und diese vor seinen Studenten mit Heil Hitler eröffnete, ich weiß nun nicht, ob man diesen Wendehals in den Rang eines Mystikers erheben sollte.

Aber du wirst jetzt sicherlich gewichtige ontische Begründungen dafür finden, um das zu rechtfertigen, und irgendwann wirst du es dann geschafft haben, Heidegger auf dem Podest zu positionieren, auf dem ein Meister Eckhart zu steht.
(Oder du wirst uns hier auf deine Weise nachhaltig verklickern, das der Heidegger doch eigentlich - über Meister Eckhart steht, sozusagen als allein geistlich mystisches Licht in den säkularen Dunkelheiten des Postfaktischen.)
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 14:33 Aber du wirst jetzt sicherlich gewichtige ontische Begründungen dafür finden, um das zu rechtfertigen, und irgendwann wirst du es dann geschafft haben, Heidegger auf dem Podest zu positionieren, auf dem ein Meister Eckhart zu steht.
Nee - beide würde ich nicht vergleichen. - Aber ich würde (wie auch bei Luther und Richard Wagner und anderen) Lehre und persönliches Verhalten strikt trennen. - Luthers Übersetzung ist entweder gut oder nicht gut - unabhängig von seinen antisemitischen Sprüchen. - Wagners Musik ist entweder gut oder nicht gut - unabhängig von seinen antisemitischen Sprüchen. - Heideggers Lehre ist entweder gut oder nicht gut - unabhängig von seinen braunen Ausrutschern. - Nebenbei: Weißt Du, dass Hannah Arendt und Heidegger (nicht nur vor dem Krieg, sondern) auch NACH dem Krieg ein intimes Verhältnis hatten? - Du darfst davon ausgehen, dass sie "Dein" Thema eindringlich besprochen haben.
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Sunbeam
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 14:42
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 14:33 Aber du wirst jetzt sicherlich gewichtige ontische Begründungen dafür finden, um das zu rechtfertigen, und irgendwann wirst du es dann geschafft haben, Heidegger auf dem Podest zu positionieren, auf dem ein Meister Eckhart zu steht.
Nee - beide würde ich nicht vergleichen. - Aber ich würde (wie auch bei Luther und Richard Wagner und anderen) Lehre und persönliches Verhalten strikt trennen. - Luthers Übersetzung ist entweder gut oder nicht gut - unabhängig von seinen antisemitischen Sprüchen. - Wagners Musik ist entweder gut oder nicht gut - unabhängig von seinen antisemitischen Sprüchen. - Heideggers Lehre ist entweder gut oder nicht gut - unabhängig von seinen braunen Ausrutschern. - Nebenbei: Weißt Du, dass Hannah Arendt und Heidegger (nicht nur vor dem Krieg, sondern) auch NACH dem Krieg ein intimes Verhältnis hatten? - Du darfst davon ausgehen, dass sie "Dein" Thema eindringlich besprochen haben.
In diesen Setzungen würdest du jetzt gerne verharren, nicht wahr?

Ich denke, das Heidegger mit seinen hohen moralischen und ethischen Ansprüchen, eben auch als Nazi angesprochen werden sollte, weil er zur Zeit des Nationalsozialmus eben auch ein Nazi war. In Gegensatz zu anderen tapferen Schriftstellern, Künstlern und auch Philosophen, die anstatt den Nazis in den Arsch zu kriechen, ihre Land verließen und das gewiss nicht leichte Los der Emigration standhaft auf sich nahmen, begreifst du diesen menschlichen Unterschied überhaupt?
Denn das und genau das ist der Unterschied zu den, sich den Nazibestien sich gewissenlos anschmachtenden Heidegger, der sich mit den Nazis arrangierte, sich ihnen feilbot und eben nicht, wie andere mutige und aufrechte Menschen, die sich nicht mit diesem faschistischen Vernichtungssystem gemein machte.

Vielleicht kommt es noch so weit, das hier ein Adolf Hitler nicht mehr kritisiert werden darf, nur weil diese Bestie bis zum heutigen Tag ein vollwertiges Mitglied der katholischen Kirche ist.
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 15:08 Ich denke, das Heidegger mit seinen hohen moralischen und ethischen Ansprüchen, eben auch als Nazi angesprochen werden sollte, weil er zur Zeit des Nationalsozialmus eben auch ein Nazi war.
Kann man machen. Aber welchem Ziel dient das? --- Stelle Dir mal vor, Du würdest in 50 Jahren rückwirkend als "Abtreibler" bezeichnet werden. Das würde ebenfalls stimmen. Aber wozu? - Die Leute damals waren damals genauso Nazis wie sie heute Mainstreamler sind. Das macht es nicht besser, aber gleicher.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 15:08 sich ihnen feilbot und eben nicht, wie andere mutige und aufrechte Menschen, die sich nicht mit diesem faschistischen Vernichtungssystem gemein machte.
Ja - stimmt. --- Die Probe aufs Exempel wäre jetzt: Wer macht sich heute NICHT mit dem Mainstream gemein? ---- Der Unterschied zwischen damals liegt allein darin, dass damals der Mainstream etwas anderes anhimmelte als heute. Die Leute sind gleich geblieben.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 15:08 Vielleicht kommt es noch so weit, das hier ein Adolf Hitler nicht mehr kritisiert werden darf, nur weil diese Bestie bis zum heutigen Tag ein vollwertiges Mitglied der katholischen Kirche ist.
Nee - man kann den Nationalsozialismus nach wie vor uneingeschränkt verdammen und sich gleichzeitig bewusst sein, dass der Unterschied zwischen damals und heute die Gnade der späten Geburt ist. - Wenn man die heutigen Menschen gegen die damaligen austauschen könnte, würde sich am ERgebnis kein Jota ändern. - Hannah Arendt hat dazu den Begriff "Banalität des Bösen" geprägt.
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Paul
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 17:50
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 15:08 Ich denke, das Heidegger mit seinen hohen moralischen und ethischen Ansprüchen, eben auch als Nazi angesprochen werden sollte, weil er zur Zeit des Nationalsozialmus eben auch ein Nazi war.
Kann man machen. Aber welchem Ziel dient das? --- Stelle Dir mal vor, Du würdest in 50 Jahren rückwirkend als "Abtreibler" bezeichnet werden. Das würde ebenfalls stimmen. Aber wozu? - Die Leute damals waren damals genauso Nazis wie sie heute Mainstreamler sind. Das macht es nicht besser, aber gleicher.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 15:08 sich ihnen feilbot und eben nicht, wie andere mutige und aufrechte Menschen, die sich nicht mit diesem faschistischen Vernichtungssystem gemein machte.
Ja - stimmt. --- Die Probe aufs Exempel wäre jetzt: Wer macht sich heute NICHT mit dem Mainstream gemein? ---- Der Unterschied zwischen damals liegt allein darin, dass damals der Mainstream etwas anderes anhimmelte als heute. Die Leute sind gleich geblieben.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 15:08 Vielleicht kommt es noch so weit, das hier ein Adolf Hitler nicht mehr kritisiert werden darf, nur weil diese Bestie bis zum heutigen Tag ein vollwertiges Mitglied der katholischen Kirche ist.
Nee - man kann den Nationalsozialismus nach wie vor uneingeschränkt verdammen und sich gleichzeitig bewusst sein, dass der Unterschied zwischen damals und heute die Gnade der späten Geburt ist. - Wenn man die heutigen Menschen gegen die damaligen austauschen könnte, würde sich am ERgebnis kein Jota ändern. - Hannah Arendt hat dazu den Begriff "Banalität des Bösen" geprägt.
sorry, hiob, in der regel kann ich deiner argumentation folgen...wenn du gott sagen wir mal als singularität auffasst, was bringt dich dazu, das böse als eigenständige entität aufzufassen?

was ich sagen will, dein standpunkt ist letztendlich inkosistent :lol:
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

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Sunbeam
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 17:50
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 15:08 sich ihnen feilbot und eben nicht, wie andere mutige und aufrechte Menschen, die sich nicht mit diesem faschistischen Vernichtungssystem gemein machte.
Ja - stimmt. --- Die Probe aufs Exempel wäre jetzt: Wer macht sich heute NICHT mit dem Mainstream gemein? ---- Der Unterschied zwischen damals liegt allein darin, dass damals der Mainstream etwas anderes anhimmelte als heute. Die Leute sind gleich geblieben.
Es geht hier nicht um heute, es geht um die Menschen die sich den Nazis angedient haben, sich in die Dienste der Nazis bereitwillig haben nehmen lassen, und es geht um die tapferen und aufrechten Menschen, die es nicht taten.
Heidegger diente sich dem braunen Pack bereitwillig an, viel Philosophen, auch Dichter und Schriftsteller, ebenso wie sonstige Künstler zogen es vor, lieber ihre Existenz im Land der braunen Barbaren aufzugeben, und in die Ungewissheit der Emigration zu gehen, und ein eitler und egomaner Heidegger tat nicht. Er diente sich den braunen Babrbarei an, ohne Zwang und Zwänge, das wollen wir dabei nicht vergessen.

Und da gab es viele, sehr viele Menschen, die den Nazis widerstanden, denn gab es nicht auch stramme Christen die in Hitler eine Art von Erlöser sahen und sich an Hitler verkauften. Der glücklich strahlende Pfaffe mit dem Hitlergruß ist auf vielen Bilddokumenten ein Symbol dafür. ABER es gab auch genug Priester und Pfarrer, die eben diesem faschistischen Blutsäufern Widerstand entgegen setzten, sich nicht mit den Nazis identifizierten und sich auch nicht von den braunen Bestien vereinnahmen ließen, du selbst, du selbst müsstest doch die Geschichten um den so genannten Priesterblock im Konzentraitonslager Dachau kennen.
Waren das nicht tapfere Menschen, waren das nun NICHT mutige Christen, die ihr Kreuz auf sich nahmen, die auch dir Vorbild sein sollten?

Und dann willst du immer noch und schon mit Chuzpe von einem Mainstream faseln, es war eben nicht nur Mainstream, denn es wird immer Menschen geben, in jeder Diktatur und jedem Ismus, die sich nicht vereinnahmen lassen, die sich nicht den Henkern andienen, sich nicht an die braunen Barbaren verkauften, wie es ein gewissenloser Heidegger tat.

Dein System des sauberen und damit moralisch unbescholtenen Heidegger, das funktioniert so nicht, Heidegger war das, was man schon damals unter einem Nazi verstand und auch heute noch versteht.
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Paul
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

popper hat den ganzen scheiß ganz gut in seinem sozialpolitischen werk, die offene gesellschaft oder so ähnlich, erläutert...eine vernichtende kritik an hegel und heidegger 8-)
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 01:17Wo siehst Du konkret Punkte, die den obigen 5 Punkten in die Quere kommen?
Die kommen sich selbst bereits in die Quere. Wir sollten deine 5 Punkte erst mal so formulieren, dass sie nicht mehr selbstwidersprüchlich sind.

Das wirkt vielleicht wie Erbsenzählerei – aber da wo die Selbstwidersprüche sind, sind auch die kritischen Stellen an denen die Gegenargumente ansetzen sollen.

Zumindest folgendes:
Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 01:17 Descartes sagt nun (auch heute noch unwiderlegbar), dass die Res cogitans nicht entscheiden kann, ob die Res extensae Produkt der Res cogitans oder eigene Entitäten sind.
Res extensa können definitionsgemäß nicht Produkt der Res cogitans sein. Du hast ja geschrieben:
Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 01:17Das, was außerhalb dieses Ich ist, nennt er "Res extensa".
Irgendwie musst du das auflösen. Meinst du statt “außerhalb” vielleicht “scheinbar außerhalb”?

Und noch:
Hiob hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 01:17 Gott und die geistliche Welt thematisiert er meines Wissens damit NICHT, weil er dieses voraussetzt.
Gott / geistige Welt ist res extensa nach Definition “das, was außerhalb dieses Ich ist”. Das ist ein sehr wichtiger Punkt! Ich meine, das kann man so sagen – es ist ja schließlich nur eine (sehr verwirrende…) Definition. Aber dann muss man das auch konsequent durchziehen…
Hiob
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Re: Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Paul hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 18:48 was bringt dich dazu, das böse als eigenständige entität aufzufassen?
Das Böse ist nach Augustinus (der gefällt mir diesbezüglich am besten) ein NICHT-Sein, nämlich der Mangel an Gutem. So wie ein leeres Weinglas ein Nicht-Sein von Wein ist.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 19:15 Es geht hier nicht um heute
Insofern schon, dass wir dann erkennen, dass es heute prinzipiell dasselbe ist. - Mir liegt fern, Heidegger zu verteidigen, aber anklagen möchte ich ihn ebenfalls nicht, weil es immer schwierig ist, aus späteren Zeiten Urteile über frühere Urteile zu fällen. - Im englischen wik steht (hier in automatischer Übersetzung):
Otto Pöggeler ...:
"Mein Kampf war kaum gelesen und absolut nicht ernst genommen worden. (...) Roosevelt war beeindruckt von Hitlers Manieren, die Times in London unterstützte Hitlers Forderungen, und als Folge der hohen Börsenkurse applaudierten die Menschen in Londons Kinos, als die Wochenschau Hitlers Bild zeigte"

Rüdiger Safranski erklärt:
"Dieses Gefühl der Erleichterung über den Untergang der Demokratie wurde nicht nur von den Feinden der Republik geteilt. Auch die meisten ihrer Anhänger zuschreiben ihr nicht mehr die Kraft, die Krise zu meistern. Es war, als wäre ein lähmendes Gewicht angehoben worden. Etwas wirklich Neues schien zu beginnen – eine Volksherrschaft ohne politische Parteien, mit einem Führer, von dem man hoffte, dass er Deutschland wieder nach innen vereinen und es nach außen selbstbewusst machen würde. (...) Hitlers "Friedensrede" vom 17. Mai 1933, in der er erklärte, dass "grenzenlose Liebe und Loyalität zur eigenen Nation" auch "Respekt" für die nationalen Rechte anderer Nationen einschleiere, entfaltete ihre Wirkung. Die Londoner Times stellte fest, Hitler habe "tatsächlich für ein vereintes Deutschland gesprochen". Selbst in der jüdischen Bevölkerung – trotz des Boykotts jüdischer Geschäfte am 1. April und der Entlassung jüdischer Öffentlicher Angestellter nach dem 7. April – gab es eine große Enthusiastenunterstützung für die "Nationale Revolution". Georg Picht erinnert daran, dass Eugen Rosenstock-Huessyin einem Vortrag im März 1933 erklärte, die nationalsozialistische Revolution sei ein Versuch der Deutschen, HölderlinsTraum zu verwirklichen. (...) Heidegger war in diesem ersten Jahr tatsächlich von Hitler fasziniert"

Der neue Rektor Heidegger war nüchtern genug, sich wie sein Vorgänger zu weigern, das antijüdische Plakat zu zeigen. Er argumentierte nach dem Krieg, dass er der Partei beitrat, um einer Entlassung zu entgehen, und er verbot die geplante Bücherverbrennung, die vor dem Hauptgebäude der Universität stattfinden sollte.

nach Ansicht anderer wie François Fédier und Julian Young forderte Heidegger "nicht die Unterordnung der Universität unter den Staat, sondern genau das Gegenteil" und "versuchte tatsächlich, die Studenten vor der Indoktrination durch die krassere Form der Nazi-Propaganda zu schützen". [14] Young zitiert die Aussage eines ehemaligen Schülers, Georg Picht:

"So wie Heidegger sich die Wiederbelebung der Universität vordachte, wurde mir dies anlässlich eines denkwürdigen Ereignisses klar. Um den ersten Vortrag im Rahmen der "politischen Bildung" – einer von den Nazis an den Universitäten eingeführten Zwangsmaßnahme (...) – zu halten, lud der damalige Rektor Heidegger den Schwager meiner Mutter, Viktor von Weizsäcker,ein. Alle waren verwirrt, denn es war bekannt, dass Weizsäcker kein Nazi war. Aber Heideggers Wort war Gesetz. Der Student, den er für die Leitung des Philosophischen Fachbereichs ausgewählt hatte, dachte, er sollte einleitende Worte zur nationalsozialistischen Revolution aussprechen. Heidegger zeigte bald Anzeichen von Ungeduld, dann rief er mit lauter Stimme, die sich überspannte: "Dieser Jabber hört sofort auf!" Völlig niedergeworfen verschwand der Student von der Tribüne. Er musste sein Amt niederlassen".

Usw, usw. ---- Ich gehe deshalb auf dieses Thema ein, weil unsere ZEit sehr dazu neigt, bei speziellen Themen Geschichtsklitterung zu betreiben - rituelle Empörungs-Pose steht gerne über geschichtlicher Redlichkeit.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 19:15 es wird immer Menschen geben, in jeder Diktatur und jedem Ismus, die sich nicht vereinnahmen lassen
Das sage ich ja: Es gab sie damals und es gibt sie heute - aber halt wenige.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 19:15 Dein System des sauberen und damit moralisch unbescholtenen Heidegger, das funktioniert so nicht
Das ist gar nicht mein Anliegen. Wer ist schon unbescholten? - Mir geht es um die Klitterung.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 14. Jul 2021, 19:15 Heidegger war das, was man schon damals unter einem Nazi verstand und auch heute noch versteht.
Heute eher als damals. - Damals war er eher ein Lavierer, der gleichzeitig versucht hat, mitzuschwimmen und dabei seine eigene Richtung zu verfolgen. Da kommt man nie sauber raus.
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