Bileam

Themen des alten Testaments
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ProfDrVonUndZu
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Re: Bileam

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Bileam hätte eigentlich ein Vermittler zwischen Israel und Moab sein können. Wieso fürchtete sich Balak vor Israel ? Dazu bestand eigentlich gar kein Grund. Er war von ökonomischen und wirtschaftlichen Sorgen getrieben und wäre sicherlich ein guter AFD Wähler oder Funktionär, die ja Flüchtlinge auch nur als überflüssige Fresser betrachten. Ob Bileam Balak hätte überzeugen können, darüber kann man nur spekulieren. Aber als Vermittler hätte er auch auf Israel zugehen müssen. Hat er das auch nur einmal getan ? Er hatte gar keinen direkten Kontakt mit Israel. Er hätte Israel wenigstens warnen können. Dann fing Israel an auf eigene Weise mit Moab zu sympathisieren, hurte mit den Frauen und opferte ihren Götzen. Das könnte eine Strategie Balaks gewesen sein, sich mit Israel gut zu stellen. Er versuchte Israel zu assimilieren und inkludieren. Eine ansich nachvollziehbare und noch keineswegs bösartige Taktik. Dennoch war es der falsche Weg für Israel, weil dadurch ihre Identität als Volk auf dem Spiel stand. Wenn man rein wirtschaftlich denkt, dürfte für Bileam nichts dabei gewesen sein. Aber ich traue Bileam etwas mehr zu. Er war eine erwählter Prophet und wusste von der Erwähltheit Israels. Demzufolge hätte er auch wissen müssen, dass es sich nicht in anderen Völkern auflösen soll und darf. Es war von ihm zu erwarten, dass er Israel warnt und über Balaks Sorgen und Absichten informiert. Israel wusste auch selber schon, dass sie sich nicht mit anderen Völkern gleich machen sollten, aber in der konkreten Gegenüberstellung mit der Realität und Andersheit anderer Völker vergisst oder übersieht man schon mal die Grenzen, wenn die Leute doch so nett, schmeichelnd und zuvorkommend sind.
Hiob
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Re: Bileam

Beitrag von Hiob »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 15:22 Er war eine erwählter Prophet und wusste von der Erwähltheit Israels.
Wieso denn DAS? - Es gab viele Völker - eines davon war Israel, zu dem Bileam nicht gehörte. - Diese Völker waren gegenüber anderen Völkeren freundschaftlich eingestellt oder nicht. - Und man ging auf sich gegeneinander los oder nicht. - Da war Israel nicht besser als andere Völker.

VOR seiner Erwähltheit war Bileam gegen Israel, danach auch. - Zwischendrin war er Instrument Jahwes, der in zu seinem Sprachrohr machte. - Es wird nicht ersichtlich, ob Bileam dabei El Shaddai oder Jahwe erkannt hat - aus meiner Sicht El Shaddai. - Das heißt: Bileam hat "den höchsten Gott" prohetisch erkannt, aber nicht unbedingt, dass es Jahwe hat. - Unabhängig davon: Da es Propheten nicht bewusst sein muss, was sie prophezeien, kann das alles nichts anderes als ein Trance-Akt gewesen sein - zum Teil ist das auf jeden Fall der Fall.
Rembremerding

Re: Bileam

Beitrag von Rembremerding »

Hiob hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 14:42 Da stimmt aus meiner Sicht immer noch was nicht. --- Wenn ich schlafwandele, mich ins Auto setze und Dich umfahre: Bin ich dann dafür VERANTWORTLICH?
Das ist lediglich eine konstruierte Situationen. Wer sich seiner Taten bewusst, ist dafür verantwortlich. War etwa Bileam bewusstlos, wurde er unter Drogen gesetzt?
Ich konnte zwar nichts dafür...
Wer beurteilt das? Man selber? Kommt man zu diesem Ergebnis, nachdem man sich rechtfertigt?
Eben - und Bileam wurde kurz berufen und dann sozusagen wieder "ab-berufen", weil es seine heilsgeschichtliche Rolle war.
Auch Bileam war keine Marionette Gottes. Man darf diese Geschichte nicht zu abstrakt beurteilen, quasi als Chiffre irgendeines heilsgeschichtlichen Vorgangs. Es ist die konkrete Geschichte eines Menschen, der, wie Saul Ja zu Gott sagen kann und dieses Ja zurückzieht, oder immer wieder bestätigt, wie Maria. So wird aus einer heilsgeschichtlichen Rolle, die man lediglich ausfüllt, eine Person der Heilsgeschichte, die einen erfüllt.
Wäre Bileam vorher ein Jude gewesen, würde von einem anderen Geist "berufen" und zu dessen Sprachrohr, würde er ebenfalls danach wieder derselbe wie vorher sein.
Es ist immer derselbe Geist. Und dieser Geist beruft nicht nur, sondern verändert auch, wenn man es zulässt. Ruth hat es zugelassen, Rahab ebenso. Die eine mehr aus Gottes- und Nächstenliebe, die andere mehr aus Gottesfurcht.
Es kann doch nicht sein, dass Bileam I ein SChurke ist und Bileam II ein Held - beide tun dasselbe. - Da komme ich nicht durch.
Judas, er geht mit dem Herrn, heilt und treibt Dämonen aus. Aber der Herr ist aus der Sicht von Judas am Ende nicht sein Erlöser.
Saul, der Gesalbte. Ein schöner Mensch, der, wie der reiche Jüngling nicht dem Ruf Gottes folgen wollte.
Samson, der "Nasiräer". Ein Kämpfer von Gott für die Israeliten. Aber er hielt seine Versprechen nicht.
Die ganze Bibel ist durchzogen von Gestalten, welche die besten Voraussetzungen hatten, aber dennoch scheiterten, weil sie sich nicht im Herzen für Gott entscheiden konnten. Sie waren Helden und später Schurken.
Und dann jene Menschen, denen man eigentlich nichts zutrauen würde: Einen Attentäter, wie Simon der Zelot, eine Hure, Johannes, der eine ganze Stadt vernichten wollte, sie alle wurden sanftmütig und demütig, fanden Frieden. Denn, durch den Hl. Geist, der in ihnen wirkte, ließen sie sich auch verändern.

Servus :wave:
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ProfDrVonUndZu
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Re: Bileam

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Hiob hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:01Wieso denn DAS?
Weil Gott zu ihm sprach und ihm Weisungen gab. Das lässt sich ja jetzt nicht weg diskutieren. im Text ist von Elohim und Jahwe die Rede.
Ob er vorher oder nachher gegen Israel war, ist ja keine Rechtfertigung dafür, dass er trotz seiner Offenbarungen dennoch so teilnahmslos war. Vielleicht hatte er eine eher zurückhaltende und unterwürfige Persönlichkeit und man sollte nicht zu viel von ihm erwarten, aber er war nun mal in Verbindung mit Gott und da sticht seine Teilnahmslosigkeit einfach direkt ins Auge. Für ihn war die Sache nach dem Gespräch mit Balak einfach abgehakt. Ich halte diese Vorgehensweise für verkehrt und sie ist die Basis für die insgesamt schlechte Darstellung Bileams in der Bibel.
Hiob
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Re: Bileam

Beitrag von Hiob »

Rembremerding hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:15 Wer sich seiner Taten bewusst, ist dafür verantwortlich. War etwa Bileam bewusstlos, wurde er unter Drogen gesetzt?
"Bewusst" ist eigentlich das, was ich mit "erkennend" meine. Genau das ist der Punkt.

Was "Drogen" angeht: Wie beurteilst Du diesbezüglich SUBJEKTIV, also aus Sicht der Betroffenen?
Num. 11,25f
Sobald der Geist auf ihnen ruhte, gerieten sie in prophetische Verzückung <Buber: „Geistbraus“>. … Zwei Männer aber … standen in der Liste, waren aber nicht zum Offenbarungszelt hinausgegangen. Sie gerieten im Lager in prophetische Verzückung.
Rembremerding hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:15 Es ist die konkrete Geschichte eines Menschen, der, wie Saul Ja zu Gott sagen kann und dieses Ja zurückzieht, oder immer wieder bestätigt, wie Maria.
Weiß Bileam eigentlich, dass das El Shaddai der Gott Israels ist? - Ist das, was er als Prophet unter dem Einfluss des HG sagt, durch ihn <Bileam> eigentlich mit seinem alten Glauben abgeglichen - oder ist seine eigentliche Persönlichkeit von vorher einfach weggesperrt?
Rembremerding hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:15 Man darf diese Geschichte nicht zu abstrakt beurteilen, quasi als Chiffre irgendeines heilsgeschichtlichen Vorgangs.
Dazu neige ich, weil mir dies die einzige Möglichkeit zu sein scheint, die Geschichte sauber zu interpretieren, ohne jemandem unrecht zu tun.
Rembremerding hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:15 Es ist immer derselbe Geist. Und dieser Geist beruft nicht nur, sondern verändert auch, wenn man es zulässt. Ruth hat es zugelassen, Rahab ebenso.
Bei Ruth ist es ein ausgewiesen bewusster Akt. - Rahab beurteile ich ganz anders. Denn die Dirne Rahab bleibt samt Familie als einzige aufgrund ihrer Kooperation mit Israel verschont. – Bemerkenswert ist, dass Rahab für Verrat belohnt wird – denn Rahab liefert ihr eigenes Volk einem anderen Volk aus. – Sie tut es nicht aus spirituellen Gründen, sondern aus purer, menschlicher Parteinahme für die israeltischen Kundschafter (vgl. 2,4ff). Trotzdem lebt ihre Familie „bis heute mitten in Israel“, was der Bibelverfasser wohl nicht erwähnen würde, ginge es ihm nicht um die Botschaft, dass Israel die schützt, die ihm nützen.
Rembremerding hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:15 Die ganze Bibel ist durchzogen von Gestalten, welche die besten Voraussetzungen hatten, aber dennoch scheiterten, weil sie sich nicht im Herzen für Gott entscheiden konnten.
Da ziehe ich die heilsgeschichtliche Bedeutung der Beurteilung der Person vor.
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ProfDrVonUndZu
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Re: Bileam

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Angeblich hat Bileam Israel sogar gesegnet. Aber wie soll das gehen, wenn er zuvor und auch danach überhaupt nichts für sie getan hat ? Von schönen Worten und Glückwünschen allein hat keiner was. Wenn er Israel schon segnet, müssen die schönen Worte auch irgendwie handfest untermauert sein.

Ich erinnere da an Worte aus dem Jakobusbrief.
Jakobus 2,15 Wenn aber ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und der täglichen Nahrung entbehrt,
16 und jemand unter euch spricht zu ihnen: Gehet hin in Frieden, wärmet euch und sättiget euch! ihr gebet ihnen aber nicht die Notdurft des Leibes, was nützt es?
17 Also ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, an sich selbst tot.
Hiob
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Re: Bileam

Beitrag von Hiob »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:25 im Text ist von Elohim und Jahwe die Rede.
Das ist für mich noch offen. - In der ziemlich sprach-nahen Buber-Übersetzung steht immer nur "ER" und nie "JAHWE". - Es wird nie klar, ob Bileam kapiert, WER der Höchste ist, für den er prophezeit.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:25 Ob er vorher oder nachher gegen Israel war, ist ja keine Rechtfertigung dafür, dass er trotz seiner Offenbarungen dennoch so teilnahmslos war.
Auch hier - s.o. an Rem: Wo steht geschrieben, dass in Bileams Bewusstsein jemals seine eigentliche (frühere) Persönlichkeit mit seine Propheten-Funktion abgeglichen wurde?
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:25 da sticht seine Teilnahmslosigkeit einfach direkt ins Auge.
Eben - das ist mir ebenfalls aufgefallen. - Gerade deshalb stelle ich vorherige Frage.
Hiob
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Re: Bileam

Beitrag von Hiob »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:33 Angeblich hat Bileam Israel sogar gesegnet.
Weil das Teil seiner prophetischen Funktion war. - Der Geist war für eine Zeit über ihn gekommen und ließ ihn Dinge tun, die mit seiner eigentlichen Persönlichkeit nichts zu tun hatten.
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ProfDrVonUndZu
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Re: Bileam

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Hiob hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:36 Eben - das ist mir ebenfalls aufgefallen. - Gerade deshalb stelle ich vorherige Frage.
Dazu muss berücksichtigt werden, dass Bileam in der Gegend des Euphrat wohnte. Er erfuhr erst durch Balak von Israel. Es gab für ihn zuvor keinen Anlass auf Israel zugehen zu müssen. Die Gerüchte drangen nicht bis zu ihm vor und auch Gott hielt es nicht für nötig, ihm davon zu berichten.
Hiob hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:36 Weil das Teil seiner prophetischen Funktion war.
Leere Worte auszusprechen war nicht Teil seiner prophetischen Funktion. Wenn er den Auftrag zum Segnen hatte, muss auch dazu beitragen. Gesegnet wird nicht indem man sagt "ich segne dich". Segen ist kein performativer Akt. In der christlichen Liturgie ist er natürlich dazu verkommen, als hohle frömmelnde Phrase und gewissensberuhigender Abschiedsgruß, aber in der Bibel ist Segen immer mit Begleiterscheinungen verbunden. Wenn Väter ihre Söhne segnen, geben sie ihnen ihr Erbe mit. nicht nur ein paar gut meinende Worte.
Rembremerding

Re: Bileam

Beitrag von Rembremerding »

Hiob hat geschrieben: Do 21. Nov 2019, 16:32 "Bewusst" ist eigentlich das, was ich mit "erkennend" meine. Genau das ist der Punkt.
Kann aber nicht sein, denn ist man sich etwas bewusst, ist das nicht gleichbedeutend mit Erkenntnis.
Was "Drogen" angeht: Wie beurteilst Du diesbezüglich SUBJEKTIV, also aus Sicht der Betroffenen?
Drogen zu nehmen ist kein göttlicher Auftrag. Und vom hl. Geist durchbraust zu sein, hat nichts mit Drogen zu tun. Hier ist die Unterscheidung der Geister wichtig: Der Hl. Geist nimmt das Talent und die Persönlichkeit und erhöht sie, zwingt aber nicht. Der Hl. Geist spielt die Melodie, das Instrument gibt sie wieder. Petrus wurde zwar von den Umstehenden nach Pfingsten als betrunken tituliert, aber seine Worte im Hl. Geist zeigten große Nüchternheit.
Weiß Bileam eigentlich, dass das El Shaddai der Gott Israels ist? -
Wäre das von Belang? Er sieht das Wirken dieses Gottes und dass er für Israel einsteht.
Ist das, was er als Prophet unter dem Einfluss des HG sagt, durch ihn <Bileam> eigentlich mit seinem alten Glauben abgeglichen - oder ist seine eigentliche Persönlichkeit von vorher einfach weggesperrt?
Welchen Glauben unterstellen wir Bileam? Glaubt er an einen Gott? Ist es ein zorniger Gott oder zu besänftigende Götter, die man mit Zauberei dienstbar macht?
Man unterstellt Bileam als sein Anwalt vieles, von dem man im Grunde nichts weiß. Man kann nur sein Handeln beurteilen und das Urteil aus dem NT.
Dazu neige ich, weil mir dies die einzige Möglichkeit zu sein scheint, die Geschichte sauber zu interpretieren, ohne jemandem unrecht zu tun.
Wie geschrieben. Es ist nicht an uns andere oder uns selbst ständig zu rechtfertigen. Man vertraue da besser der größeren Gerechtigkeit Gottes, dem Urteil des NT und der Rechtfertigung seines Sohnes.
Rahab beurteile ich ganz anders.
Mit ein paar gutem Gedanken. Verzeihe mir, dass ich nicht darauf eingehe, wegen OT.
Da ziehe ich die heilsgeschichtliche Bedeutung der Beurteilung der Person vor.
Es scheint Gott wichtig, dass sein Heilsplan durch Menschen geschieht, die als Person agieren, mit all ihren Stärken und Schwächen. Die göttliche Person wurde selbst Mensch in Person. Eine unpersönliche heilsgeschichtliche Bedeutung wäre lediglich Philosophie, Mythos, Überlieferung, Legende. Es ist also sowohl die Person, als auch der durch sie dargestellte heilsgeschichtliche Vorgang bedeutend, beides ergänzt sich.
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