Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
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Halman
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Re: Der geschichtliche Mohammed.

Beitrag von Halman »

Tyrion hat geschrieben:Naja, der Vergleich hinkt doch gewaltig.

Die Bibel redet ja ständig vom auserwählten Volk und alle anderen sind doch nur Abschaum. Abschaum, den man bekämpfen, töten, verbrennen, versklaven darf. Ich fasse es mal grob zusammen.
Wer nicht zu den 12 Stämmen gehört, hat keine Chance. Weißt du, wie schwierig es ist, zum Judentum zu konvertieren? Weißt du, wie schwer das damals war? Ging das überhaupt, wenn sie eine Griechin war, wie Markus schreibt?
In nachexilischer Zeit lebten viele Juden in der Diaspora, errichten Synagogen in Ländern des Mittelmeerraumes und sprachen Koinē (Altgriechisch). Daher wurde auch der Tanach (AT) ins altgriechische übersetzt und so hatten auch viele Heiden Berührung mit dem Judentum und ihren Schriften.
Horaz und Seneca berichten davon, dass viele Leute zu Proselyten wurden. Auch Josephus schrieb darüber, dass Griechen in Antiochia in Syrien sich den Juden anschlossen. Daher nehme ich mal an, wäre es für eine Griechin im ersten Jahrhundert möglich gewesen, Proselytin zu werden.

Salomo betete für die Proselyten bei der Tempeleinweihung gem. der Buchrolle der Könge folgende Worte:
Zitat aus 1Kö 8:41-43:
41 Und auch auf den Ausländer, der nicht von deinem Volk Israel ist, aber wegen deines Namens aus fernem Land kommt - 42 denn sie werden von deinem großen Namen hören und von deiner starken Hand und deinem ausgestreckten Arm -, wenn er nun kommt und betet zu diesem Haus hin, 43 dann höre du es im Himmel, der Stätte, wo du thronst, und handle nach allem, worum der Ausländer zu dir ruft, damit alle Völker der Erde deinen Namen erkennen, damit sie dich fürchten wie dein Volk Israel und damit sie erkennen, dass dein Name ausgerufen ist über diesem Haus, das ich gebaut habe!
Tyrion hat geschrieben:Nein, sie gehört zur "falschen Rasse". Ich nenne das schlicht Rasissmus.

Es geht nicht darum, wer die Leistung bezahlt. Es geht darum, wer es wert ist, dass man ihm hilft.
Von Anfang an ging es um alle Menschen. Das Fundament des ersten Testaments ist die Torah (Gründungsgeschehen) und die Grundlage der Torah ist die Genesis (Rückbindung zu Urgeschichten, Genialogien und Abraham-Narration). Es steht geschrieben:
Zitat aus Gen 22:18
18 und durch deine Nachkommen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast.
Paulus nimmt darauf gegenüber den Urchristen in Galatien bezug:
Zitat aus Gal 3:8:
8 Die Schrift aber hat es vorausgesehen, dass Gott die Heiden durch den Glauben gerecht macht. Darum verkündigte sie dem Abraham (1.Mose 12,3): »In dir sollen alle Heiden gesegnet werden.«
Dazu passt meiner Meinung nach der Ausruf der Engel in Luk 2:14:
14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Der abrahamitische Bund ist grundlegender als der mosaische, der auf den abrahamitischen folgte. Die Nachfahren Isaaks und Jakobs waren auserwählt worden. Ihnen wurde durch Moses verheißen:
Zitat aus Ex 19:6-6:
5 Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. 6 Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein. Das sind die Worte, die du den Israeliten sagen sollst.
Damit hatten die Israeliten ein Anrecht darauf, "ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk", sofern sie den Torah-Bund hielten.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
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Halman
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Re: Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Beitrag von Halman »

Tyrion hat geschrieben:Nachdem sie sich aber slebst demütigt, das Volk Israels als den Herren über sie, die niedere Hünding anerkennt, ja da ist er glücklich und zufrieden, der Jesus. Denn wie hätte sie sich zu einer Israelitin machen sollen, wenn sie die falsche Abstammung hatte?
Zu jener Zeit musste Jesus sie abweisen, denn gem. seinem Auftrag war er nur zu den "Schafen Israels" gesandt worden. Gem. Mat 5:17 war er gekommen, das Gesetz und die Propheten zu erfüllen.
Gem. Mat 5:18-19 "soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen" und weiter sagte Jesus: "wer sie aber tut und lehrt, dieser wird groß heißen im Reich der Himmel."
Daraus entnehme ich, dass Jesus daran gebunden war, alles vollkommen zu erfüllen. Hätte Jesus dies nicht vollkommen erfüllt, hätte er das Ziel verfehlt und Sünde im biblischen Sinne bedeutet, dass Ziel zu verfehlen. Jesus blieb aber gem. Hebr 4:15 "ohne Sünde" und erreichte sein Ziel.
Dies schloss offenbar die Möglichkeit barmherziger Ausnahmen ein, aber grundsätlich musste er sie erstmal abweisen. Denn Jesus musste auch Daniel erfüllen.
Nun wird es kompliziert, denn dazu müssen wir uns einer sehr schwierigen Passage, nämlich Dan 9:24-27, zuwenden. Gehen wir den Text Vers für Vers durch.
24 Siebzig Wochen* sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um das Verbrechen zum Abschluss zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen und die Schuld zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen und Vision und Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben.
*das sind Jahrwochen; d. h. Abschnitte zu je sieben Jahren

Im ersten Jahrhundert erwarteten die Juden den Messias, weil in dieser Zeit die prophezeiten Jahrwochen um waren. Genauer gesagt, gem. christlichem Verständnis waren 69 der 70 Jahrwochen im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa verstrichen, nämlich in dieser Zeit wurde Jesus gem. Luk 3.21-22 getauft und von Gott mit Heiligen Geist gesalbt (damit wurde Jesus zum Gesalbten, zum Messias oder Christus).

Um dies zu verstehen, lesen wir den nächsten Vers:
25 So sollst du denn erkennen und verstehen: Von dem Zeitpunkt an, als das Wort erging, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten, sind es sieben Wochen. Und 62 Wochen lang werden Platz und Stadtgraben wiederhergestellt und gebaut sein, und zwar in der Bedrängnis der Zeiten.
Sieben und 62 Jahrwochen sind 69 Jahrwochen, also 483 Jahre. Die Bedrängnis der Zeiten erfüllte sich durch die römische Bedrängnis.

Wenn nun im Folgvers von den 62 Wochen die Rede ist, wird vorausgesetzt, dass die sieben vorgehenden bereits verstrichen waren. Wir können also auch sinngemäß lesen" nach den 69 Jahrwochen bzw. 483 Jahren.
26 Und nach den 62 Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden und wird keine Hilfe finden. Und das Volk eines kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören, und sein Ende ist in einer Überflutung; und bis zum Ende ist Krieg, fest beschlossene Verwüstungen.
Wichtig hierbei ist, dass es sich auf die Zeit danach bezieht, also die siebzigste Jahrwoche und darüber hinaus.

Wenden wir uns der siebzigsten Jahrwoche zu.
27 Und stark machen wird er einen Bund für die Vielen, eine Woche lang; und zur Hälfte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen. Und auf dem Flügel von Gräueln kommt ein Verwüster, bis fest beschlossene Vernichtung über den Verwüster ausgegossen wird.
In seiner Endzeitrede nahm Jesus gem. Mat 24:15 darauf bezug. Der Teil mit den "Verwüster" bezieht sich auf den jüdischen Krieg (66-73 n. Chr.; 70 n. Chr. Vernichtung von Jerusalem und dem Tempel).
In dieser Jahrwoche (29 bis 36 n. Chr.) erhielt Jesus einen Bund für die Juden aufrecht und lud sie gem. der mosaischen Verheißung ein, mit ihm teilzuhaben an dem "Königreich von Priestern" (dem Himmelreich). Darum die Aufforderung in Mk 1:15 und an anderen Stellen.
Nach 3½ Jahren wurde Jesus gekreuzigt, also zur Hälfte der Jahrwoche. Damit opferte er sich als Märtyrer gewissermaßen als "Lamm Gottes". So verkündet es Hebr 9:24-26:
24 Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heiligtum, das mit Händen gemacht und ein Abbild des wahren Heiligtums ist, sondern in den Himmel selbst, um jetzt zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns; 25 auch nicht, um sich oftmals zu opfern, wie der Hohepriester alle Jahre mit fremdem Blut in das Heiligtum geht; 26 sonst hätte er oft leiden müssen vom Anfang der Welt an. Nun aber, am Ende der Zeiten, ist er ein für alle Mal erschienen, um durch sein eigenes Opfer die Sünde aufzuheben.
Am Ende er danielschen Zeiten, der Jahrwochen, beendete Jesus aus christlicher Sicht die Schlachtopfer. (Im Judentum endeten sie übrigens im Jahre 70 n. Chr. mit der Zerstörung des Tempels.)
In den ersten 3½ Jahren (nach diesem Bibelverständnis) galt die urchristliche Mission den Juden und Samarithern, bis Petrus zu Kornelius und seiner Hausgemeinschaft gesandt wurde.
Nach christlichem Verständnis begann Jesus im Jahre 33 n. Chr. als König über seine "Schafe" zu herrschen, denn zu Pfingsten 33 n. Chr. war es für Petrus eine Realität, dass Jesus zur Rechten Gottes erhöht wurde und von dort aus den Heiligen Geist seines VATERS auf seine Jünger ausgoss:
Zitat aus Petri Pfingspredigt (Apg 2:33):
33 Nachdem er nun zur Rechten Gottes erhöht worden ist und den verheissenen heiligen Geist vom Vater in Empfang genommen hat, hat er das ausgegossen, was ihr da seht und hört.
Damit waren die etwa 120 Jünger im Obersaal in Jerusalem die Ersten, welche von Jesus mit Heiigen Geist gesalbt wurden und zwar für ein königliches Priestertum; damit waren sie nun Glieder im Israel Gottes und wurden in das Reich des Sohnes seiner Liebe versetzt.
Ab dem Jahre 36 wurden erstmal Heiden ins Himmelreich berufen.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
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Halman
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Re: Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Beitrag von Halman »

Tyrion hat geschrieben:Anders diese Frau - sie erkennt an, dass sie im Vergleich zu ihren Herren wertlos ist, nur eine Hündin, die auf Brotkrumen hofft. Und wie gesagt: daraufhin(!) nimmt Jesus sie als Beispiel für die richtige Einstellung.
Eigentlich hätte Jesus die Syro-Phönizierin abweisen müssen, doch er machte bei ihr eine Ausnahme.

Wir lesen Jesu Worte gem. der Interpretation deutscher Bibelübersetzungen, die an dieser Stelle den Sinn verzerrt. Hinzu kommt, dass wir sie mit den Augen des modernen Rezipienen lesen.
Die Syro-Phönizierin gehörte hingegen dem spätantiken Kulturkreis an und hörte Jesu Worte im Original. Schauen wir uns die Exegese an:
Zitat aus 4. Übersetzungsvergleich:
Folgt man nun dieser Übersetzung und der sich daraus ergebenden Interpretation, würde Jesus die heidnische Frau vor seinen Jüngern und Gastgebern, welche mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls Heiden waren, wüst beschimpfen und demütigen. Diese Überlegung erscheint sehr abwegig und ist bei wörtlicher Übersetzung der Passage auch nicht vertretbar. Denn Jesus bezeichnet die Frau in seiner Metapher nicht als Hund, sondern als Hündlein und meint damit nicht die streunenden Straßenhunde, welche in der damaligen Zeit auf Grund ihrer Lebensweise als „äußerst verachtenswert angesehen“[20]wurden, sondern den geschätzten Haushund.

Nach dieser Interpretation „würde Jesus die Heiden nicht wie seine jüdischen Zeitgenossen als Hunde, sondern als Hündlein bezeichnen und würde ihnen verheißen, daß er sie nach Erfüllung seiner Sendung an die Juden auch speisen werde (prwton vgl. Röm 1,16)“[21].

Das bedeutet, dass Jesus der Heidin zwar von vornherein klar macht, dass sie nicht zum erwählten Volk gehört, zu dem er gesandt wurde, doch seine Metapher impliziert, dass er sie nicht völlig abweist, sondern ihr nur die Rangordnung vor Augen führt.

Diese Interpretation ist jedoch nur bei einer wortgetreuen Übersetzung der Passage möglich und würde auf Grundlage der Luther-Bibel nicht herauskommen.
Jesus gebrauchte gem. dem altgriechischen Text also nicht den abwertenden Begriff o kuwn (der Hund), im Sinne eines verachteten Straßenhundes,, sondern to kunarion (das Hündchen), im Sinne eines geschätzten kleinen Haushundes, welche nach den Juden ebenfalls vom Tisch des Herrn gespeist werden (s. bitte Rö 1:16).
Tyrion hat geschrieben:Ich kann mir das nicht schönreden. Ich würde es ja nichtmal Jesus in die Schuhe schieben. Die Geschichte stimmt vermutlich nicht einmal, ist nur ein Gleichnis, von Matthaeus ausgeschmückt (bei Markus steht es etwas anders...). Es zeigt aber die Geisteshaltung der Autoren - und es zeigt mir, dass man den Texten der Bibel mit Vorsicht begegnen sollte.
Insbesondere den Texten von Bibelübersetzungen.
Tyrion hat geschrieben:Auch wenn deine Deutung richtig ist, ist die Geschichte verwirrend und kann so, wie ich es tue, interpretiert werden. Keine gut formulierte Geschichte, finde ich.
Dies liegt zum einen daran, dass diese Narration aus dem antiken Kulturkreis stammt, zum anderen daran, dass sie verwirrend übersetzt wurde.
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Magdalena61
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Re: Der geschichtliche Mohammed.

Beitrag von Magdalena61 »

Tyrion hat geschrieben:Naja, der Vergleich hinkt doch gewaltig.

Die Bibel redet ja ständig vom auserwählten Volk und alle anderen sind doch nur Abschaum. Abschaum, den man bekämpfen, töten, verbrennen, versklaven darf. Ich fasse es mal grob zusammen.
Wer nicht zu den 12 Stämmen gehört, hat keine Chance.
Das klingt ja nun doch SEHR rassistisch. Auf die Bibel kannst du dich damit aber nicht berufen-- die lehrt etwas anderes.
Zum Beispiel hier: 3. Mose 19,34.

In 3. Mose 23,22 findet man ein Gesetz, die "Fremdlinge" betreffend, und hier wurde es angewendet: Rut 2

Rut war eine Moabiterin! Völlig unmöglich eigentlich für einen reinrassigen Israeliten, sich mit ihr zu verbinden-- aber: Es ging. Ohne Probleme. Weil sie mit dem jüdischen Glauben sympathisierte. Boas hätte sie nicht heiraten müssen.

Salomo hat es dann ja wohl auf die Spitze getrieben mit seinen um die 300 heidnischen Ehefrauen, für deren Götter er auch noch Häuser bauen ließ.

Klar, die Israeliten sollten sich (eigentlich) nicht mit den Heidenvölkern vermischen- woran sie sich nicht immer hielten. Diese Anweisung war notwendig, um die geistliche und kulturelle Identität des Volkes zu bewahren.

Dass Israel im Auftrag JHWHs fremde Völker vertreiben (die Wertmaßstäbe/ das Gericht JHWHs durchzusetzen) und teilweise ausrotten sollte-- das liest man bei der Eroberung Kanaans. Darüber hatten wir erst einen Thread; in welchem wir das Thema etwas gründlicher betrachteten.
https://4religion.org/viewtopic.php?f=9&t=3879
So etwas geht nicht in fünf Minuten.
Weißt du, wie schwierig es ist, zum Judentum zu konvertieren? Weißt du, wie schwer das damals war?
Es war möglich. Sympathisant zu sein hätte auch schon gereicht. Selbst die Frau von Abraham hatte eine ägyptische Sklavin, die nicht zwangsbekehrt wurde. Und wenn Sarah nicht auf diese eifersüchtig gewesen wäre, dann wäre Hagar mit Abrahams erstem Sohn Ismael sicherlich im Herrschaftsbereich des Vaters ihres Kindes wohnen geblieben.

Jesus hat niemanden abgewiesen, der zu Ihm kam, oder weißt du etwas anderes? :)

Wenn Er denjenigen, die etwas von Ihm woll(t)en, auf den Zahn fühlt(e), um ihre Gesinnung zu prüfen, dann ist (war) das sein gutes Recht.
Nein, sie gehört zur "falschen Rasse". Ich nenne das schlicht Rasissmus.
Von wegen Rassismus: Der wird in die Bibel hineingelesen von Menschen, die eine Rechtfertigung suchen für ihre persönliche Ablehnung des Glaubens oder für---- ihren Haß auf Gott.

Bei dem Hauptmann hat Jesus nicht gezickt. Es gab Juden, die FÜR den römischen Soldaten eintraten: Lk. 7, 4-5

Mit der Frau in Samarien hat Er auch nett geredet Joh. 4,18. Samarien praktizierte Synkretismus.


Sein Motto ist Joh. 3,16. Dafür ist Er ans Kreuz gegangen.

Jesus als Rassisten zu bezeichnen ist heftig. Er hatte doch selbst ein Problem mit der frommen Elite seines Volkes, für die Er nicht "heilig" genug war. Für sie war Er ein Freund der Sünder, ein Prasser und Schlemmer, ein falscher Prophet, der das Volk verführt. Joh. 7, 47-52.
Es geht nicht darum, wer die Leistung bezahlt. Es geht darum, wer es wert ist, dass man ihm hilft.
Hat Jesus der Frau geholfen oder hat Er nicht? Ein Helfer muß sich nicht zum Trottel machen lassen. Dann schätzt man sein Engagement und den Wert seiner Person auch höher ein.

Leider war (ist) Jesus oftmals zu gutmütig: Zehn Aussätzige wurden geheilt, nur einer von ihnen kam zurück, um zu danken. Da waren also neun Leistungsempfänger, die nur so lange an Jesus interessiert waren, bis sie das bekommen hatten, was sie wollten. Und nur einer von denen dachte nicht ausschließlich profitorientiert. Ausgerechnet ein "Fremdling" (Ausländer) war das. Lk. 17
Nachdem sie sich aber selbst demütigt, das Volk Israels als den Herren über sie, die niedere Hünding anerkennt,
Die richtige Übersetzung wäre "Hündchen", also abgemildert. Hunde zählen zu den "unreinen" Tieren. Heiden galten aufgrund ihrer Lebensweise / Ernährungsgewohnheiten in den Augen der Israeliten ebenfalls als "unrein". Was rein ist und was unrein, das darf Gott noch selbst entscheiden? :)

Es spricht für die Bittstellerin, dass sie die Sichtweise JHWHs nicht in Frage stellte.
Die kananäische Frau hatte eventuell griechische Wurzeln. Wenn sie am jüdischen Glauben interessiert gewesen wäre, dann hätte sie ja schon längst konvertieren können.
Sorry, aber das klingt für mich extrem zynisch - da sie niemals hätte konvertieren können. Pech, wenn man zu einer minderwertigen Rasse gehört.
Stimmt doch nicht. Sie hätte sich, wie so viele andere auch, zu den Juden halten und nach deren Regeln leben können.
Wikipedia
Findest du auch im Buch Josua - wer sich Josua freiwillig unterworfen hätte und sich in die Sklaverei / Knechtschaft unter die Knute der Israeliten begeben hätte, der wäre ja verschont geblieben. Die Städte, die ausgerottet wurden, waren also mit selbst schuld. Falsche Rasse, falsche Religion und dann nichtmal freiwillig versklavt werden wollen.
Die Sache hatte eine Vorgeschichte.
https://4religion.org/viewtopic.php?p=218424#p218424
https://4religion.org/viewtopic.php?p=218629#p218629

Es ist viel zu lesen, aber es ist ja auch ein schwieriges und umfangreiches Thema.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
Tyrion
Beiträge: 836
Registriert: Mo 21. Nov 2016, 00:24

Re: Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Beitrag von Tyrion »

Lieber Halman, liebe Magdalena61,

erstmal danke für eure ausführlichen Erklärungen! Da habe ich einiges, um in aller Ruhe darüber nachzudenken. Für mich ist zwar auch "Hündchen" als Ausdruck für ein Haustier, mit dem man verglichen wird, nicht gerade nett, aber die Bibel bedient sich ja oft einer symbolhaften Sprache.
Das klingt ja nun doch SEHR rassistisch. Auf die Bibel kannst du dich damit aber nicht berufen-- die lehrt etwas anderes.
Zum Beispiel hier: 3. Mose 19,34.
Ja, das ist ja eines der Probleme der Bibel - sie widerspricht sich ständig und immer wieder. Wäre dem nicht so, gäbe es viel weniger BIbeldiskussionen, Auslegungsversuche etc. Liest man die Bibel durch, so bekommt man schon das Gefühl, dass der Ägypter an sich böse ist... Oder die Kaananiter... die Vorgeschichte, nun...
Ein Hausbesetzer, der ein fremdes Nest belegt und, vielleicht, weil er lange genug da und dreist genug ist, von dir zum Eigentümer erklärt wird. :mrgreen: Obwohl im Grundbuch was anderes steht.
Naja, was soll das heißen? In Bayern waren die Kelten - sie wurden verdrängt. Wenn nun ein keltischer Gott sagt, dass die Kelten das Anrecht hätten, zurückzukehren von ihrem Exil im westlichsten Britannien und dieser Gott einen Bann auf alle Völker ihres ehemaligen Landes gelegt hätte?

Man kann nicht den Menschen, die ca. 400 Jahre nach der "Besetzung" des Landes dort leben, vorwerfen, dort zu leben. Dann hätten wir hier in Europa überall(!) Mord und Totschlag. Und die Haltung, sie hätten es alle verdient - nein, sorry. Das war hier zwar nur am Rande das Thema, denn das AT ist für mich wirklich sowas von übel. Das Buch Josua kann ich mir nicht schönreden und will es nicht, denn dann müsste ich meine Menschlichkeit aufgeben.
Von wegen Rassismus: Der wird in die Bibel hineingelesen von Menschen, die eine Rechtfertigung suchen für ihre persönliche Ablehnung des Glaubens oder für---- ihren Haß auf Gott.
Ich hasse Gott nicht - ich glaube nur nicht an ihn. Ich verabscheue allerdings das Bild, das sich die Menschen im AT von Gott gemacht haben. Dieser Gott wäre mir zu primitiv, zu grausam, zu sadistisch. Würde ich mich durchringen, an einen allmächtigen Gott zu glauben, dann wäre er frei von Zorn, denn er würde über diesem primitiven Gefühl stehen. Er hätte es nicht nötig, Sippenhaft zu wollen, er würde nicht andere Menschen niedriger machen, weil er ein Volk daraus erhöht (und wofür, weshalb?).

Warum sollte ich Jahwe hassen? Ich lehne nur dieses in meinen Augen primitve Gottesbild entschieden ab. Und sollte es einen Gott geben, so würde ich inständig hoffen, dass es kein Gott ist, der diesem ähnelt.
Jesus als Rassisten zu bezeichnen ist heftig. Er hatte doch selbst ein Problem mit der frommen Elite seines Volkes, für die Er nicht "heilig" genug war.
Ich habe auch nicht gesagt, dass Jesus als geschichtliche Person rassistisch oder besonders rassistisch war. Ich sprach von der Geisteshaltung des Autors (Matthaeus). Ich gebe aber zu, dass diese Geschicht über ihn für mich sehr negativ rüberkam. Insbesondere wegen des ersten Ablehnens mit Bezug auf ihre Abstammung. Wenn die Abstammung, also die Rasse, als Grund genannt wird, dann hat das für mich ein G'schmäckle. Halmans Erklärung dazu lasse ich mir wie gesagt in aller Ruhe durch den Kopf gehen.
Leider war (ist) Jesus oftmals zu gutmütig: Zehn Aussätzige wurden geheilt, nur einer von ihnen kam zurück, um zu danken. Da waren also neun Leistungsempfänger, die nur so lange an Jesus interessiert waren, bis sie das bekommen hatten, was sie wollten. Und nur einer von denen dachte nicht ausschließlich profitorientiert. Ausgerechnet ein "Fremdling" (Ausländer) war das.
Ich gehe mal davon aus, dass du das nicht wortwörtlich glaubst... Hätte jemand real eine tödliche, (damals) unheilbare Krankheit und würde von einer Person geheilt werden, glaubst du im Ernst, dass die Geheilten dann einfach ihres Weges gehen und nicht einmal Danke sagen würden? Und dass ausgerechnet (warum ausgerechnet) ein Ausländer dankbar ist, soll das nicht denjenigen, die angesprochen werden sollen, nicht zeigen "schaut mal, wenn selbst so einer, der nicht von edlem Blute ist... wie könnt ihr dann...". Ich nenne das Rethorik.

Gut, ich habe auch früher die Bibel nie wortwörtlich genommen, dafür ist sie zu offensichtlich in Gleichnissen und Veranschaulichungen geschrieben. Deshalb habe ich auch nie geglaubt, dass die Geschichte über "das Hündlein" real so war, sondern auch als symbolische Geschichte interpretiert. Zumal sie in zwei Evangelien unterschiedlich zu lesen ist.

Wenn es damals ging, zum Judentum zu konvertieren oder sich dazu zu assoziieren, o.k., dann nehme ich das natürlich zurück. Trotzdem ist für mich ein Mensch, der nicht zum Judentum gehört, genauso viel wert wie ein Mensch, der dazu gehört. Dass alle anderen Religionen "total böse" beschrieben werden, ist ja klar, wenn ich mit der Schrift die eigene als "ganz toll" darstellen will. In vielen Religionen wurden (leider) Menschen geopfert. Letzten Endes leider auch im Christentum (Fehlernte - verbrenne eine Hexe und es wird besser), wenn auch in getarnter Form. Die keltischen Bräuche waren teils auch heftig. Deshalb waren aber nicht alle Kelten übel. Und wenn in Kanaan Menschen geopfert wurden, dann ist nicht jeder Bewohner so übel, so böse, dass er ausgerottet gehört.

Nein, diese unbarmherzige Einstellung Andersdenkeneden und Andersgläubigen gegenüber finde ich abschreckend. Dass zeitgleich völlig gegenlautende Sätze in der BIbel zu finden sind, macht das für mich nicht wirklich besser.

Ich betrachte die Bibel aber auch von außen, da ich nichts davon glaube, was darin steht. Gut, abgesehen von (teils diffusen) historischen Begebenheiten. Natürlich fallen mir da problematische Passagen stärker auf, als jemandem, der fest an einen "guten" Gott trotz des Textes glaubt.

Genauso fallen mit die sozialdarwinistischen Züge der Satanischen Bibel von LaVey sicher stärker auf, als dies einem Satanisten auffallen würden (ich habe sie die letzten Tage mal durchgelesen - jedenfalls soweit, bis die darin enthaltenen, in meinen Augen kindischen Rituale thematisiert werden).
Mit der Frau in Samarien hat Er auch nett geredet Joh. 4,18. Samarien praktizierte Synkretismus.
Was ist daran so schlimm, wenn in Samrien Synkretismus praktiziert wird? Ich bin für Religionsfreiheit. Und das macht aus einem Menschen doch nicht eien schlechten Menschen. Samariter werden in der Bibel auch nicht gerade positiv beschrieben. Eher wieder als Mahung: wenn "sogar" ein Samariter hilfsbereit ist... (das ist nicht nett gegenüber den anderen Samaritern). Und dass Jesus zu einer Samariterin freundlich war, sollte eigentlich nicht erwähnenswert sein - wobei ich es in dem Kontext natürlich verstehe. Ich habe ein Beispiel von Rassismus vorgeworfen und du zeigst, dass er ja auch mit Samaritern Umgang pflegte und da freundlich war. Sie war ja verdutzt, dass er überhaupt mit ihr redete und Wasser forderte (gebeten hat er sie nicht).

Das Buch wurde aber auch von Juden für Juden geschrieben. Und wenn so indirekt Kritik an dem damals herrschenden Rassismus geübt wurde (ich gehe davon aus, dass damals die meisten Ethnien sich als besonders gegenüber den anderen ansahen, insofern ist das ja normal gewesen), ist das ja positiv (an der Bibel).

Und dass die Story über das Hündchen wie gesagt auch entsprechend positiv gewertet werden kann, ist interessant.

Liebe Grüße,
Tyrion
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Re: Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Beitrag von Halman »

Tyrion hat geschrieben:Für mich ist zwar auch "Hündchen" als Ausdruck für ein Haustier, mit dem man verglichen wird, nicht gerade nett, aber die Bibel bedient sich ja oft einer symbolhaften Sprache.
Ja. Hinzu kommt, dass sich die Begebenheit im soziokulturellen Kontext des antiken Kulturkreises zutrug. Die Syrophönizierin griff ja Jesu Parabel auf, worauf er ihrer Bitte entsprach.
Tyrion hat geschrieben:
Das klingt ja nun doch SEHR rassistisch. Auf die Bibel kannst du dich damit aber nicht berufen-- die lehrt etwas anderes.
Zum Beispiel hier: 3. Mose 19,34.
Ja, das ist ja eines der Probleme der Bibel - sie widerspricht sich ständig und immer wieder. Wäre dem nicht so, gäbe es viel weniger BIbeldiskussionen, Auslegungsversuche etc. Liest man die Bibel durch, so bekommt man schon das Gefühl, dass der Ägypter an sich böse ist... Oder die Kaananiter... die Vorgeschichte, nun...
Israel war ein relativ kleines Volk, welches von mächtigen Völkern umgeben war, durch die es bedroht wurde.

In der Joseph-Geschichte wird Ägypten übrigens von Gott durch Joseph gesegnet.
Tyrion hat geschrieben:Man kann nicht den Menschen, die ca. 400 Jahre nach der "Besetzung" des Landes dort leben, vorwerfen, dort zu leben. Dann hätten wir hier in Europa überall(!) Mord und Totschlag. Und die Haltung, sie hätten es alle verdient - nein, sorry. Das war hier zwar nur am Rande das Thema, denn das AT ist für mich wirklich sowas von übel. Das Buch Josua kann ich mir nicht schönreden und will es nicht, denn dann müsste ich meine Menschlichkeit aufgeben.
Das Buch Josua setzt nahtlos die Mosetorá fort, gemeinsam bilden sie den Hexateuch. Historisch sind die darin geschilderten Ereeignisse, wie die Landname Kanaans, schwer greifbar.
Die Kanaaniter und ihr Polytheismus standen für "Moralvorstellungen", die von den Hebräern zutiefst zurückgewiesen wurden. Es ging hier meiner bescheidenen Meinung nach um Abgrenzung und Identität.
Tyrion hat geschrieben:Gut, ich habe auch früher die Bibel nie wortwörtlich genommen, dafür ist sie zu offensichtlich in Gleichnissen und Veranschaulichungen geschrieben. Deshalb habe ich auch nie geglaubt, dass die Geschichte über "das Hündlein" real so war, sondern auch als symbolische Geschichte interpretiert. Zumal sie in zwei Evangelien unterschiedlich zu lesen ist.
Schauen wir uns dies mal an:
Zitat aus Markus 7,24-30:
24 Und er stand auf und ging von dort in das Gebiet von Tyrus. Und er ging in ein Haus und wollte es niemanden wissen lassen und konnte doch nicht verborgen bleiben; 25 sondern alsbald hörte eine Frau von ihm, deren Töchterlein einen unreinen Geist hatte. Und sie kam und fiel nieder zu seinen Füßen – 26 die Frau war aber eine Griechin aus Syrophönizien – und bat ihn, dass er den Dämon aus ihrer Tochter austreibe. 27 Jesus aber sprach zu ihr: Lass zuvor die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, dass man den Kindern das Brot nehme und werfe es vor die Hunde*. 28 Sie antwortete aber und sprach zu ihm: Herr, aber doch essen die Hunde* unter dem Tisch von den Brosamen der Kinder. 29 Und er sprach zu ihr: Um dieses Wortes willen geh hin, der Dämon ist aus deiner Tochter ausgefahren. 30 Und sie ging hin in ihr Haus und fand das Kind auf dem Bett liegen, und der Dämon war ausgefahren.
*to kunarion (das Hündlein, geschätzter Haushund), nicht o kuwn (der Hund, "im Orient ein starkes Schimpfwort"²)
²S. Exegese zu Mk 7,24-30

Die jeweilige "Sondergut" habe ich blau hervorgehoben, also Details, die nur von einem der beiden Evangelisten berichtet werden.
Die "Spannungen" habe ich rot makiert.
Zitat aus Matthäus 15,21-28:
21 Und Jesus ging weg von dort und entwich in die Gegend von Tyrus und Sidon. 22 Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie: Ach, Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt. 23 Er aber antwortete ihr kein Wort. Da traten seine Jünger zu ihm, baten ihn und sprachen: Lass sie doch gehen, denn sie schreit uns nach. 24 Er antwortete aber und sprach: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. 25 Sie aber kam und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! 26 Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde*. 27 Sie sprach: Ja, Herr; aber doch essen die Hunde* von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28 Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde.
Schauen wir uns die erste "Spannung an. Handelt es sich nun um eine "Griechin aus Syrophönizien" oder um eine "kanaanäische Frau"?
Phönizien gehörte zur römischen Provinz Syrien und die Einwohner stammten von den Kanaanäern ab. Dies führte meines Wissens dazu, dass man später unter „Kanaan“ hauptsächlich Phönizien verstand.
Markus schrieb für die Heidenchristen im hellenistischen Kulturraum und vermutlich auch für die Gemeinde in Rom. Matthäus schrieb für die Judenchristen und und betont die jüdische Perspektive. Dies mag der Grund sein, warum er die Frau als Chananáia bezeichnet, also als "kanaanäische Frau".
Möglicherweise war die Syrophönizierin (Συροφοινίκισσα) griechischer Abstammung, oder aber der Ausdruck Ελληνίς (Hellenin, „Griechin“) macht sie als „Heidin“ kenntlich.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
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Halman
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Re: Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Beitrag von Halman »

Im Internet habe ich eine recht ausführliche Erörterung zu dieser Narration gefunden: Als Jesus auf den Hund kam – Gedanken zur Begegnung zwischen der kanaanäische Frau und Jesus (Mt 15,21-28 und Mk 7,24-30)
Im 34. Abatz (gezählt ab dem 1 Abs. nach den Bibelzitaten) steht:
Matthäus und Markus haben dieser Frau und ihrem buchstäblichen Mutterwitz ein Denkmal gesetzt, um bei ihren misstrauischen judenchristlichen Lesern das Verständnis für die Heidenmission zu wecken. Dass nicht nur Juden, sondern auch Heiden "Miterben der Gnade" werden sollten, war eine der großen Undenkbarkeiten der Zeit der ersten Christen, die es zu überwinden galt. Aus den Hündlein als Hausgenossen, auf die sich die Frau beruft, macht Paulus, der Heidenapostel und Anwalt der nichtjüdischen Christen, dann die Hausgenossen im Sinne von Mitbürgern und Gottes geliebten Kindern (Eph 2,19; 5,1)
Im 46. Abatz folgert der Autor:
Gott spricht ihm die Antwort ausgerechnet aus dem Mund der Frau zu! "Weil du das gesagt hast" ...
Vielleich betete Jesus still, als er schwieg und suchte eine Antwort von seinem himmlischen Vater und es könnte durchaus sein, dass Jesus in den Worten der Syrophönizierin die Antwort Gottes erkannte und daher sagte: "Weil du das gesagt hast ..."

Bemerkenswert hierbei ist, dass diese Perikope im Markusevangelium genau zwischen den Brotvermehrungen in den Kapitel 6 und 8 erzählt wird. In der ersten Brotvermehrmehrung bleiben zwölf Körbe übrig, was die zwölf Stämme Israels symbolisiert. Die Begebenheit trug sich nahe dem See Genezareth zu, also in Galiläa und betraft somit Juden.

Im Link Israel zur Zeit Jesu befindet sich eine Landkarte. Nördlich am See Genezareth liegt Bethsaida (s. Mk 6:45), viel weiter nördlich (im heutigen Libanon) liegen die Städte Sidon und Tyrus in Phönizien. Südöstlich liegt Dekapolis.

Bei der zweiten Wundererzählung bleiben sieben Körbe übrig. Die Sieben symbolisiert die Vollständigkeit (die Woche mit den sechs Werktagen wird erst durch den Sabbat vollkommen). Diese Brotvermehrung kam eine gemischte Gruppe von 4000 Leuten zugute, darunter auch Leute aus den hellenistischen Städten der Dekapolis.

Ferner fällt mir auf, dass Jesu mit seinen Jüngern den weiten Weg nach Phönizien ging. Laut Markus erhoffte sich Jesus in der Abgelegenheit ein wenig Ruhe.
Etwa ein Jahr zuvor kamen u.a. auch Leute aus dieser Gegend zu Jesus, um von ihm geheilt zu werden (s. Mk 3:7-10). Vielleicht revangierte er sich für diesen Glauben mit einem Besuch in ihrer Gegend.
Tyrion hat geschrieben:Wenn es damals ging, zum Judentum zu konvertieren oder sich dazu zu assoziieren, o.k., dann nehme ich das natürlich zurück. Trotzdem ist für mich ein Mensch, der nicht zum Judentum gehört, genauso viel wert wie ein Mensch, der dazu gehört. Dass alle anderen Religionen "total böse" beschrieben werden, ist ja klar, wenn ich mit der Schrift die eigene als "ganz toll" darstellen will. In vielen Religionen wurden (leider) Menschen geopfert. Letzten Endes leider auch im Christentum (Fehlernte - verbrenne eine Hexe und es wird besser), wenn auch in getarnter Form. Die keltischen Bräuche waren teils auch heftig. Deshalb waren aber nicht alle Kelten übel. Und wenn in Kanaan Menschen geopfert wurden, dann ist nicht jeder Bewohner so übel, so böse, dass er ausgerottet gehört.
So wie ausgerechnet Rahab und die Gibeoniter. (Die josuanische Narration ist historisch schwer greifbar.)

Letztenendes öffente Jesus die Tür für die Heidenmission. Das Heil sollte aus den Juden kommen - für alle Menschen des Wohlgefallens.
Tyrion hat geschrieben:Nein, diese unbarmherzige Einstellung Andersdenkeneden und Andersgläubigen gegenüber finde ich abschreckend. Dass zeitgleich völlig gegenlautende Sätze in der BIbel zu finden sind, macht das für mich nicht wirklich besser.
Die Bibel hat keine "glatte Oberfläche", wie ein künstliches Werk, sondern ist eine lebendige Anthologie und daher voller "Spannungen", mit "Brüchen" und "Umbrüchen". Der Schlüssel für die Heidenmission kann als "Umbruch" gedeutet werden.
Diesbezüglich verweise ich auf meinem Beitrag vom Fr 1. Apr 2016, 00:08. Dort zitierte ich den Exegeten Zenger zur "polyphonen Sinphonie" der Bibel.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
Tyrion
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Re: Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Beitrag von Tyrion »

Die Bibel hat keine "glatte Oberfläche", wie ein künstliches Werk, sondern ist eine lebendige Anthologie und daher voller "Spannungen", mit "Brüchen" und "Umbrüchen". Der Schlüssel für die Heidenmission kann als "Umbruch" gedeutet werden.
Zeigt nicht gerade das, dass die Bibel von Menschen geschrieben wurden und nicht von einem Gott?
Matthäus und Markus haben dieser Frau und ihrem buchstäblichen Mutterwitz ein Denkmal gesetzt, um bei ihren misstrauischen judenchristlichen Lesern das Verständnis für die Heidenmission zu wecken.
Erkennt man hier nicht das Werk der beiden Autoren? (in den anderen Evangelien fehlt die Geschichte ja sogar ganz)

Dass gerade die Israeliten über sich selber (AT) geschrieben haben, dass sie das auserwählte Volk seien, ist ja auch klar. Jedes Volk sah sich als etwas Besseren an. Interessant wäre es gewesen, wenn das AT nicht von Israeliten aufgeschrieben worden wäre und andere Menschen von einem auserwählten Volk, das aus der Gefangenschaft (falls das so überhaupt stimmt) befreit worden ist. Wenn man das selbst von sich behauptet, wird es dadurch nicht unbedingt glaubwürdig.
Das Heil sollte aus den Juden kommen - für alle Menschen des Wohlgefallens.
Behaupteten damals die Juden. Hm...


Die Geschichte mit dem Hündlein - wenn sie nur so passen kann, ohne dass Jesus "gesündigt" hätte (wobei ich Hilfe für einen Menschen anzubieten nicht als Sünde empfinden kann), dann wirkt auch das für mich sehr konstruiert. Die Idee, sogar Heiden (die vorher meist bekämpft und getötet wurden) die eigene, für gut empfundene Religion anbieten zu dürfen, war sicher ein großer Schritt, wenn vorher eher das Bekriegen und sich Abgrenzen im Vordergrund stand.
Es war dann im Endeffekt ein neuer Gedanke, der damals nur sehr vorsichtig formuliert in Form dieser "Geschichte" so transportiert werden konnte, weil es sonst zu ungeheuerlich gewesen wäre, sich mit Heiden abzugeben?! Auch das klingt dann sehr wie "nur für die damalige Zeit für die damaligen Empfänger geschrieben". Das macht es für mich natürlich nicht plausibler, dass das dann doch Gottes eigenes Wort sei, welcher die Evangelisten nur als Medium verwendet hat. Das klingt für mich mehr danach, dass alles passend zusammengereimt wurde.

Aber Jesus kommt in der Geschichte so erklärt wirklich nicht so schlecht rüber. Warum er nach Matthaeus erst gar nicht reagiert haben soll, könnte uns vermutlich nur der Verfasser selbst erklären.

Noch kurz zu Zenger:
Die Polyphonie des Ersten Testaments ist von seinen "Arrangeuren" gewollt.
Den Satz kann ich noch nachvollziehen. Und das klingt für mich wieder "von den Menschen" - denn er würde Gott ja nicht im Plural sehen. Es ist also eine Geschichtensammlung - Geschichten von der Liebe und dem Totschlag, von Lebensfreude und Menschenverachtung, von Segen über alle Völker und zugleich Genozid. (Für mich eher eine gwollte Kakophonie, denn in den blutgien Teilen erkenne ich mehr MIss- als Wohlklang).
Daß und wie die Töne, Motive und Melodien, ja sogar die einzelnen Sätze dieser polyphonen Sinphonie miteinander streiten und sich gegenseitig ins Wort fallen, sich ergänzen und bestätigen, sich wiedersprechen - das ist kein Makel und keine Unvollkommenheit dieses Opus, sondern seine intendierte Klanggestalt, die man hören und von der man sich geradezu berauschen lassen muß, wenn man sie als Kunstwerk, aber auch als Gotteszeugnis erleben will.
Als Gotteszeugnis kann ich das absolut nicht erkennen. Als Kunstwerk schon eher, auch wenn ich es von zweifelhaftem Wert ansehe.

Was dann folgt (von Zenger) kann ich absolut nicht nachvollziehen.
Die Differenzen müssen auch gelten gelassen werden.
Und auch das verstehe ich nicht. Wozu?

Wenn Christen an Jesus glauben und der einen neuen Bund begründet hat und die alten Regeln über Bord warf, warum soll man jetzt die Unterschiede zwischen den alten Geschichten, in denen sich ein vermeintlich schwaches Volk als der absolute Kriegsheld (und Kriegsverbrecher) aufspielt (vermutlich war es ja gar nicht so - es klingt nur besser, wenn man alle schlagen kann, um so zu erklären, wie möchtig der eigene Gott ist - klassisches menschengemachtes Gottesbild). gelten lassen. Das hieße, doch nicht Jesu Worte (die ihm nachgesagt werden) völlig annehmen, sondern immer ide unrühmliche Vergangenheit mitschleppen. Also "trotz Jesus".

Verstehe ich nicht...

Die Kanaaniter-Geschichte kann ich jetzt aber zugegebenermaßen auch in einem anderen Licht deuten. Schmeichelhaft ist diese deutung aber auch nicht für die damalige Gesellschaft - aber Jesus kommt für mich so nicht mehr so schlecht davon.

Das ambivalente Gottesbild ist aber wirklich interessant. Gott ist gut, mehr oder weniger pazifistisch, predigt Friedfertigkeit und ist zugleich rachsüchtig, böse, ein Massenmörder und macht Fehler, teils große Fehler (und lässt die dann an seiner Schöpfung aus, wie ein trotziges Kind, das Pflanzen köpft). Und das gleichzeitig.

Mein Glaube war damals nur an Jesus - und die Geschichten, wie Gott war, waren für mich durch Jesus widerlegt, falsifiziert. Ich konnte die beiden Hälften nie zusammenbekommen. Gott konnte so nicht sein (für mich in meinem früheren Glauben).
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Halman
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Re: Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Beitrag von Halman »

Tyrion hat geschrieben:
Die Bibel hat keine "glatte Oberfläche", wie ein künstliches Werk, sondern ist eine lebendige Anthologie und daher voller "Spannungen", mit "Brüchen" und "Umbrüchen". Der Schlüssel für die Heidenmission kann als "Umbruch" gedeutet werden.
Zeigt nicht gerade das, dass die Bibel von Menschen geschrieben wurden und nicht von einem Gott?
In der Bibel spiegeln sich eindeutig die soziokulturrellen Prägungen der altertümlichen und antiken orientalen Kulturkreise.

Wenn es heißt, dass die Bibel "Gottes Wort" ist, so sollte man sich dies nicht im Sinne einer Verbalinspiration vorstellen, wie es Muslime im Bezug auf den Koran glauben. Die Bibel ist Gottes Wort in Menschen Schrift, d.h. sie wurde von Menschen geschrieben und formuliert, die unter dem Segen Gottes standen.
Wenn dies so stimmt, dann wäre der biblische Urtext Gottes "geistgehauchtest" Wort in menschlicher Schrift. Leider liegt kein Fragment (gescheige denn eine komplette Handschrift) einers biblischen Urtextes vor. Was wir haben, ist ein handschriftlicher Grundtexbestand von Tausenden von Abschriften. Dabei schlichen sich natürlich auch Fehler ein. Daher ist auch die Textkritik von so großer Bedeutung.
Die Schlachter-Übersetzung und die King James Bibel orientieren sich beim AT an den mittelalterlichen hebräischen Text der Masoreten (MT) aus dem 11. Jahrhundert (die Texttradition reicht zurück ins 8. bis 10. Jahrhundert) und beim NT an dem griechischen Textus-Receptus (TR) aus dem frühen 16. Jahrhundert (die Texttradition reicht zurück ins 11. bis 15. Jahrhundert). Daran orientierte sich auch Luther.
Diese traditionellen Bibelübersetzungen weisen Unterschiede zu textkritischen Bibelübersetzungen, wie der Elberfelder-, der Zürcher-, der Menge-Bibel, die Einheitsübersetzung und die Gute Nachricht auf, welche beim NT auf den textkritischen Nestle-Aland-Text basieren. Bei diesen Bibelausgaben besteht meiner Meinung nach eine größere Nähe zum biblischen Urtext.
Tyrion hat geschrieben:
Matthäus und Markus haben dieser Frau und ihrem buchstäblichen Mutterwitz ein Denkmal gesetzt, um bei ihren misstrauischen judenchristlichen Lesern das Verständnis für die Heidenmission zu wecken.
Erkennt man hier nicht das Werk der beiden Autoren? (in den anderen Evangelien fehlt die Geschichte ja sogar ganz)
Lukas richtete sein Evangelium an seinen Freund Theophilus. Im Prolog schrieb er:
1 Da es nun schon viele unternommen haben, Bericht zu geben von den Geschichten, die sich unter uns erfüllt haben, 2 wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes gewesen sind, 3 habe auch ich's für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, 4 auf dass du den sicheren Grund der Lehre erfährst, in der du unterrichtet bist.
Der lukaische Text ist also ein eigentständiger, der zwar viele synoptische Parallelen zu den anderen Synoptikern aufweist, aber auch lukaisches Sondergut.
Jeder Evangelist hatte eine Zielgruppe im Sinn, jeder verfolgte eine Absicht, mit der er sein Evangelium verfasste. Matthäus richtete sich vornehmlich an Judenchristen und stellte Jesus als König vor, Markus an Heiden und verkündete Jesus als Knecht und legte den Fokus auf Jesu Handlungen.
Lukas richtete es über Theophilus ebenfalls an Heiden und verfasste sein Evangelium wie ein Historiker. Entweder fehlte ihm das Wissen über die Perikope der Syrophönizierin, oder sie erschien ihm für seine Absicht nicht relevant.

Jeder Evangelist setzte andere Schwerpunkte, keiner von ihnen verfolgte die Absicht ALLES zu berichten. Im Thread Das Markusevangelium aus historischer Sicht hatte ich einen Vortrag (14 min., 58 sek.) von Prof. C. P. Thiede reingestellt. In meinem Beitrag vom Fr 8. Apr 2016, 13:17 befindet sich der zweite Vortrag (9 min., 36 sek.). Der Zeitaufwand betägt insgesamt 24 Minuten und 34 Sekunden.

Die Evangelien sind insofern Gottes Wort, als dass sie sich im Kern auf das apostolische Zeugnis über Jesus Christus stützen, welcher als Sohn Gottes Gott auf Erden repräsentierte.
Wenn Jesu Worte und Handlungen etwas mit Gott zu tun haben, dann hätte ein glaubhaftes Zeugnis über Jesus auch etwas mit Gott zu tun. Und ob man das biblische Zeugnis für glaubhaft hält ist sicher Glaubenssache.
Zur Überlieferung der Evangelien hatte ich in meinen Beiträgen vom Do 12. Nov 2015, 00:47 und Do 12. Nov 2015, 17:00 etwas geschrieben.

Das Johannesevangelium ist ein Besonderheit, da es ein recht später Text ist, mit nur wenigen Parallelen zu den Synoptikern.
Tyrion hat geschrieben:Dass gerade die Israeliten über sich selber (AT) geschrieben haben, dass sie das auserwählte Volk seien, ist ja auch klar. Jedes Volk sah sich als etwas Besseren an. Interessant wäre es gewesen, wenn das AT nicht von Israeliten aufgeschrieben worden wäre und andere Menschen von einem auserwählten Volk, das aus der Gefangenschaft (falls das so überhaupt stimmt) befreit worden ist. Wenn man das selbst von sich behauptet, wird es dadurch nicht unbedingt glaubwürdig.
Im Unterschied zu anderen altertümlichen Völkern berichteten die Juden auch offen über ihre Fehler, sogar von Königen. Spricht dies nicht für Ehrlichkeit?
Tyrion hat geschrieben:
Das Heil sollte aus den Juden kommen - für alle Menschen des Wohlgefallens.
Behaupteten damals die Juden. Hm...
Dies sagte gem. Johannes Jesus zur Samariterin: "... das Heil kommt von den Juden..



Damit stimmte auch Paulus gem. Rö 11:11-16 überein.
Nun-ja, aus Jes 2:3-4 können doch alle Völker etwas lernen.
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Halman
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Re: Gewaltpotenzial in Heiligen Schriften

Beitrag von Halman »

Tyrion hat geschrieben:Die Geschichte mit dem Hündlein - wenn sie nur so passen kann, ohne dass Jesus "gesündigt" hätte (wobei ich Hilfe für einen Menschen anzubieten nicht als Sünde empfinden kann), dann wirkt auch das für mich sehr konstruiert. Die Idee, sogar Heiden (die vorher meist bekämpft und getötet wurden) die eigene, für gut empfundene Religion anbieten zu dürfen, war sicher ein großer Schritt, wenn vorher eher das Bekriegen und sich Abgrenzen im Vordergrund stand.
Es war dann im Endeffekt ein neuer Gedanke, der damals nur sehr vorsichtig formuliert in Form dieser "Geschichte" so transportiert werden konnte, weil es sonst zu ungeheuerlich gewesen wäre, sich mit Heiden abzugeben?! Auch das klingt dann sehr wie "nur für die damalige Zeit für die damaligen Empfänger geschrieben". Das macht es für mich natürlich nicht plausibler, dass das dann doch Gottes eigenes Wort sei, welcher die Evangelisten nur als Medium verwendet hat. Das klingt für mich mehr danach, dass alles passend zusammengereimt wurde.
Hilfe für einen Menschen und Gutes zu wirken ist natürlich keine Sünde. Doch den Juden war von den Schirften her die 70. Jahrwoche von Daniel zugesagt worden. Die Missionszeit Jesu umfasste die erste Hälfte dieser Woche. Die Juden hatten in dieser Zeit als "Erste" die Gelegenheit am Himmelreich Gottes als königliche Priesterschaft teilzuhaben.
Zudem befand sich Jesus mit seinem Jüngern auf heidnischen Gebiet und wollte sich offenbar zurückziehen, um mal nicht von hunderten Menschen umgeben zu sein, wie in Galiläa. Der Schrift nach war die Zeit noch nicht gekommen, den Heiden das Evangelium zu verkünden. Hätte Jesus die Schrift "pharisäisch" ausgelegt, hätte er die Syrophönizierin eigentlich wegschicken müssen. Doch dies hätte dem Geist der Schriften widersprochen, also machte er hier eine Ausnahme von der Regel.
Meiner Meinung nach ist die Geschichte authentisch, gerade weil sie so befremdlich erscheint. Sie lies sich nicht künstlich geglättet, sondern aus dem Leben gegriffen.
Tyrion hat geschrieben:Aber Jesus kommt in der Geschichte so erklärt wirklich nicht so schlecht rüber.
Freut mich.
Tyrion hat geschrieben:Warum er nach Matthaeus erst gar nicht reagiert haben soll, könnte uns vermutlich nur der Verfasser selbst erklären.
Ja, da hast Du recht.
Tyrion hat geschrieben:Noch kurz zu Zenger:
Die Polyphonie des Ersten Testaments ist von seinen "Arrangeuren" gewollt.
Den Satz kann ich noch nachvollziehen. Und das klingt für mich wieder "von den Menschen" - denn er würde Gott ja nicht im Plural sehen. Es ist also eine Geschichtensammlung - Geschichten von der Liebe und dem Totschlag, von Lebensfreude und Menschenverachtung, von Segen über alle Völker und zugleich Genozid. (Für mich eher eine gwollte Kakophonie, denn in den blutgien Teilen erkenne ich mehr MIss- als Wohlklang).
Diese Teile stehen ja nicht isoliert.
Tyrion hat geschrieben:
Daß und wie die Töne, Motive und Melodien, ja sogar die einzelnen Sätze dieser polyphonen Sinphonie miteinander streiten und sich gegenseitig ins Wort fallen, sich ergänzen und bestätigen, sich wiedersprechen - das ist kein Makel und keine Unvollkommenheit dieses Opus, sondern seine intendierte Klanggestalt, die man hören und von der man sich geradezu berauschen lassen muß, wenn man sie als Kunstwerk, aber auch als Gotteszeugnis erleben will.
Als Gotteszeugnis kann ich das absolut nicht erkennen. Als Kunstwerk schon eher, auch wenn ich es von zweifelhaftem Wert ansehe.
Laut Zenger ist die Bibel keine systematische Einheit, hat aber einen dramatischen Zusammenhang. Und dieser Zusammenhang mündet in Jesus Christus.
Die matthäische Bergpredigt (und der Paralleltext, die lukaischen Feldrede) können als Auslegungen der Torah und der Propheten gedeutet werden. Als Kern hob Jesus die Goldene Regel hervor.
Tyrion hat geschrieben:Was dann folgt (von Zenger) kann ich absolut nicht nachvollziehen.
Die Differenzen müssen auch gelten gelassen werden.
Und auch das verstehe ich nicht. Wozu?

Wenn Christen an Jesus glauben und der einen neuen Bund begründet hat und die alten Regeln über Bord warf, warum soll man jetzt die Unterschiede zwischen den alten Geschichten, in denen sich ein vermeintlich schwaches Volk als der absolute Kriegsheld (und Kriegsverbrecher) aufspielt (vermutlich war es ja gar nicht so - es klingt nur besser, wenn man alle schlagen kann, um so zu erklären, wie möchtig der eigene Gott ist - klassisches menschengemachtes Gottesbild). gelten lassen. Das hieße, doch nicht Jesu Worte (die ihm nachgesagt werden) völlig annehmen, sondern immer ide unrühmliche Vergangenheit mitschleppen. Also "trotz Jesus".

Verstehe ich nicht...
Prof. Erich Zenger arragnierte sich für den jüdisch-christlichen Dialog und setzte sich dafür ein, dass die jüdische Rezeption des Tanach (AT) gleichberechtigt neben der christlichen gelten gelassen werden muss. Dies hat natürlich nicht nur theologische, sondern auch historische Gründe.
Daher lehnte er die Karfreitagsbitte von Papst Benedikt XVI ab. Mehr zu Zengers Verhältnis zum Judentum kannst Du seinem Freiburger Rundbrief und der verlinkten Seite im Buch Gottes Name(n): Zum Gedenken an Erich Zenger entnehmen.
Tyrion hat geschrieben:Die Kanaaniter-Geschichte kann ich jetzt aber zugegebenermaßen auch in einem anderen Licht deuten. Schmeichelhaft ist diese deutung aber auch nicht für die damalige Gesellschaft - aber Jesus kommt für mich so nicht mehr so schlecht davon.
Die damalige Gesellschaft wird für ihre Fremdenfeindlichkeit ja durchaus im NT kritisiert. Denke nur an Jesu Gespräch mit der Samariterin oder sein Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
Tyrion hat geschrieben:Das ambivalente Gottesbild ist aber wirklich interessant. Gott ist gut, mehr oder weniger pazifistisch, predigt Friedfertigkeit und ist zugleich rachsüchtig, böse, ein Massenmörder und macht Fehler, teils große Fehler (und lässt die dann an seiner Schöpfung aus, wie ein trotziges Kind, das Pflanzen köpft). Und das gleichzeitig.
An dieser Stelle verweise ich mal auf die Erklärung eines alten Freundes von mir, der ein paar Semester Theologie studiert hat.
Tyrion hat geschrieben:Mein Glaube war damals nur an Jesus - und die Geschichten, wie Gott war, waren für mich durch Jesus widerlegt, falsifiziert. Ich konnte die beiden Hälften nie zusammenbekommen. Gott konnte so nicht sein (für mich in meinem früheren Glauben).
Das kann ich verstehen.

Danke für Deine umfangreiche Antwort.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
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