Das abrahamitische Erbe - 2017

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
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fin
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von fin »

Hallo Joerg,
das ist ja eine kleine Überraschung - darf ich fragen, wie du auf diesen Thread aufmerksam wurdest? Ich bin deinen Links gefolgt und finde das Blog-Projekt: "Ein Christ liest den Koran", bzw. deinen Ansatz, der das abrahamitische Erbe zu harmonisieren sucht, sehr interessant. Allerdings möchte ich gleich zu Beginn ein paar Dinge zu deinen einleitenden Sätze hier im Thread bemerken ...
JoergBelden hat geschrieben: Ich erlaube mir, (mit Verweis auf meinen Blog) ein paar Grundthesen Deiner Einschätzung entgegenzustellen. Für uns Christen ist Gott ein Gott, an den Juden, Christen und Muslime gemeinsam glauben.
Ich fände es redlicher, wenn du für dich selber sprichst, denn deine Ansicht entspricht nicht der allgemeinen christlichen Sichtweise.
JoergBelden hat geschrieben:Er leitet die Menschen recht, indem er sich ihnen auf verschiedene Weise offenbart: Die Schriften legen Zeugnis von dieser Offenbarung ab
Ich meine, daß die unterschiedlichen Offenbarungen und zugehörige Schriften des abrahamitischen Gottes genau das Gegenteil bewirkt und aufgezeigt haben und die jeweiligen Differenzen für den Menschen eine große Zerreißprobe darstellen, da sich die jeweiligen Inhalte (Forderungen) eben nicht harmonisieren lassen, sondern geradezu in Konflikte treiben.
JoergBelden hat geschrieben: Natürliche und Offenbarungstheologie schließen einander nicht aus, wie Du es andeutest, sondern können durchaus reflektiert einander ergänzen.
Das mag für die natürliche Theologie gelten, aber sicher nicht für die abrahamitische Gotteslehre, deren Schriften jeweils Exklusivität und Gehorsam beanspruchen.

Bild
https://f2.blick.ch/img/incoming/origs5 ... 074107.jpg
JoergBelden hat geschrieben:
Jörg P. Belden
Ein Christ liest den Koran | Weblog
http://www.christ-koran.de
Zutreffender wäre vermutlich "Ein Katholik liest den Koran" :thumbup:

Herzlich Willkommen,
Grüße f.
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fin
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von fin »

-- Das abrahamitische Erbe --
Ska'ara hat geschrieben: Ausgangspunkt ist beim Gläubigen: es gibt Gott. Gott ist damit der Schöpfer und niemals böse. Ein bösartiger Gott hätte weder uns geschaffen noch könnte er existieren. Also ist die Bibel so zu verstehen, dass sie einem guten Gott gerecht wird. Es geht nicht darum, sich so manches schön zu reden, sondern zu verstehen: warum und ob es so in der Bibel steht.
Tyrion hat geschrieben: Oder: die Bibel beschreibt folglich nicht Gott. Auch das ist eine Option. Und wie kann man eine Schrift, in der explizit steht, dass Gott zornig wird, dass er mordet, dass er vernichtet, dass er grausam ist, so verstehen, dass sie einem guten Gott gerecht wird? Sie wird es ja eben nicht. Das ist ja das Problem.
Euer Diskurs zeigt die grundsätzliche Problematik (Irrsinn) der abrahamitischen Religionsgestalt auf, die eine enorme Zerreißprobe für den Menschen darstellt, da sie den/die Gläubigen dissoziiert.

Der gutgläubige Mensch hofft und klammert sich an das Gute und projiziert es - wie selbstverständlich - auf eine überirdische Größe, die sie als Gott versteht, wobei sich das jeweilige Verständnis auf Offenbarungen/Schriftzeugnisse bezieht, die Gedankengänge, Bekenntnisse und Handlungen abverlangen, welche die natürliche Gestalt des 'Guten' verletzen und zu unterwerfen trachten.

Die Rechtfertigung für die abrahamitischen Handlanger ist stets der absolute Anspruch ihrer göttlichen Schrift ...

Der gutgläubige Mensch (abrahamitischer Tradition) befindet sich also in einem Dilemma, das er in der Regel dadurch aufzulösen sucht, indem er die Schriften (auf das Gute hin) zu harmonisieren sucht. Das jeweilige Wort wird dann selbst relativiert, stranguliert und passend zurechtgestutzt bis es 'Amen' sagt :roll:

Daß die Kinder Abrahams nicht schon längst bemerkt haben, daß da etwas nicht stimmen kann, mit ihrem abrahamitischen Erbe, das entlarvt eine grundsätzliche menschliche Schwäche, die seit jeher von Mächten und Machthabern ausgenutzt wurde/wird: 'dividere et impera'
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Magdalena61
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von Magdalena61 »

fin hat geschrieben:
JoergBelden hat geschrieben: Ich erlaube mir, (mit Verweis auf meinen Blog) ein paar Grundthesen Deiner Einschätzung entgegenzustellen. Für uns Christen ist Gott ein Gott, an den Juden, Christen und Muslime gemeinsam glauben.
Ich fände es redlicher, wenn du für dich selber sprichst, denn deine Ansicht entspricht nicht der allgemeinen christlichen Sichtweise.
.... sprach der entschiedene Wahl- Atheist.

Doch, die Ansicht Joergs setzt sich immer mehr durch, Pharisäer- Ghettos ausgenommen; aber die WC erkennen vielleicht auch irgendwann, dass JHWH größer ist als ihre Erbsenzählerei.

Den "bibeltreuen" Erbsenzählern möchte ich ausdrücklich NICHT böse Absichten unterstellen. Der Grund für ihre Angst, einen falschen Gottesdienst zu leben und die Suche nach Halt in ihrer selbstgemachten kleinen, überschaubaren Welt ist wohl mehr in ihrer Persönlichkeitsstruktur verankert denn in einer vermeintlichen Begrenztheit Gottes.

Auf der Seite der Muslime ist es übrigens ebenso. Wer keinen Über- und deshalb keinen Durchblick hat, muß sich an die Interpretationen halten, die ihm beigebracht wurden. Er ist geistlich nicht mündig, sondern ein Befehlsempfänger.
JoergBelden hat geschrieben:Er leitet die Menschen recht, indem er sich ihnen auf verschiedene Weise offenbart: Die Schriften legen Zeugnis von dieser Offenbarung ab
Ich meine, daß die unterschiedlichen Offenbarungen und zugehörige Schriften des abrahamitischen Gottes genau das Gegenteil bewirkt und aufgezeigt haben und die jeweiligen Differenzen für den Menschen eine große Zerreißprobe darstellen, da sich die jeweiligen Inhalte (Forderungen) eben nicht harmonisieren lassen, sondern geradezu in Konflikte treiben.
Das betrifft die Erbsenzähler, die ihre Schrift nicht richtig lesen können oder wollen.

Die Bibel beispielsweise lässt auch Nicht- Juden und Nichtchristen Raum für Gnade, nämlich aufgrund ihrer Werke Röm. 2; Das Gesetz Gottes ist "in ihr Herz geschrieben". Und der Koran ist ebenfalls großzügiger als auf Krawall gebürstete "Gläubige" es wahrhaben wollen.
Zutreffender wäre vermutlich "Ein Katholik liest den Koran" :thumbup:
Sind Katholiken keine Christen?

Deine Aussage trifft nicht zu. Auch in der evangelischen Fraktion gibt es sehr viele Gläubige- entschiedene Jesusfans- die es ablehnen, den Glauben der Mitglieder anderer Religionen herabzusetzen und aufgrund voneinander differierender Gottesbilder Kriege anzuzetteln.

Glaubenskriege haben immer mit Hochmut zu tun. Geistlicher Stolz führt aber nicht in den Himmel, sondern geradewegs in das schreckliche Gericht eines ZORNIGEN Gottes. Und das zu RECHT. (Von wegen: Gott mordet, ist eifersüchtig, zornig... )
LG
God bless you all for what you all have done for me.
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fin
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von fin »

-- Was zeichnet das stärkere Geschlecht aus: Projektionen der eigenen Schwäche oder redliche Argumente? --
Magdalena61 hat geschrieben:Das betrifft die Erbsenzähler, die ihre Schrift nicht richtig lesen können oder wollen.


Liebe Magdalena, dein letzter Beitrag könnte wohl eine bessere Parabel nicht sein, denn sie führt uns den/deinen Widerspruch klar vor Augen, da die Schrift besagt ...
33 Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens. Wie in allen Gemeinden der Heiligen 34 sollen die Frauen schweigen in den Gemeindeversammlungen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. 35 Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen. Es steht einer Frau schlecht an, in der Gemeindeversammlung zu reden. 36 Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? (1. Kor, 14:33-36)
Spoiler: anzeigen
:D
Tyrion
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von Tyrion »

Magdalena61 hat geschrieben:Geistlicher Stolz führt aber nicht in den Himmel, sondern geradewegs in das schreckliche Gericht eines ZORNIGEN Gottes. Und das zu RECHT. (Von wegen: Gott mordet, ist eifersüchtig, zornig... )
LG
Muss ich das jetzt verstehen? Ein zorniger Gott, der nicht zornig ist. Was denn nun?

Und ja, für mich bleibt das Töten von Säuglingen Mord. Für dich ist es gerecht, wenn die Eltern böse waren. Dass du dich dann aber selbst gegen Abtreibung aussprichst, muss man nicht verstehen? Ach, warum frage ich? Wenn Gott die Abttreibung vornimmt oder befiehlt, ist es ja gerecht und völlig o.k., wie konnte ich das vergessen.

Also, verstehe ich dich richtig:

Wenn Gott Säuglingen den Kopf an einer Mauer zerschmettert, so ist das Liebe und kein Mord. Wenn ein Mensch das im Auftrag Gottes macht, ist es auch kein Mord. Und wenn Gott zornig ist, ist er nicht zornig, sondern er ist zurecht zornig und daher nicht zornig?

(manchmal finde ich die Gedankengänge von Jahweisten sehr schräg)
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fin
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von fin »

Tyrion hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben: (Von wegen: Gott mordet, ist eifersüchtig, zornig...)
Muss ich das jetzt verstehen? Ein zorniger Gott, der nicht zornig ist. Was denn nun? (...)
(manchmal finde ich die Gedankengänge von Jahweisten sehr schräg)
In der Psychologie spricht man von Dissoziation, bzw. von dissoziativen Störungen
(die zb. durch Doppelbindungen ausgelöst werden können).

Die Unerveinbarkeit der abrahamitischen Schriften treiben die Gläubigen in Erklärungsnot, was in der Folge immer wieder zu verrückten Stellungnahmen (Übersprungshandlungen) führt.

Die Differenzen innerhalb der abrahamitischen Religionen lassen sich nur dann redlich besprechen, wenn die jeweiligen Gesprächspartner noch über einen inneren Wahrheitssinn verfügen, den sie ehren und achten ...

Dieses eigene Gewissen wurde aber in der Regel durch jeweilige Schriften (Brauchtum) korrumpiert und/oder ersetzt. Man folgt einer fremden Autorität, einer übergeordneten Macht - darum spricht man in der Psychologie auch von Doppelbindungen (zb. Ebene: Kind/Eltern/Bezugspersonen und Mißbrauch). Das scheint mir ein sehr großes Problem zu sein.

Im Grunde genommen hat Magdalena es ja selbst ausgesprochen, (wenn auch als Projektion):
Magdalena61 hat geschrieben: Wer keinen Über- und deshalb keinen Durchblick hat, muß sich an die Interpretationen halten, die ihm beigebracht wurden. Er ist geistlich nicht mündig, sondern ein Befehlsempfänger.
Fin
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sven23
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von sven23 »

fin hat geschrieben: Es war der Beginn einer großen Bewegung. Die Christenheit nabelte sich vom Katholizismus und der römischen Kurie ab.
Na ja, sagen wir ein Teil nabelte sich ab. Die RKK macht immer noch den größten Teil innerhalb des Christentums aus.

fin hat geschrieben: Man könnte sich die Frage stellen, ob die Zeit für einen zweiten Luther gekommen ist, .....
Die RKK könnte sicher einen Reformator gebrauchen, aber einen zweiten Antisemiten weniger. Da hat einer gereicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
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fin
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von fin »

sven23 hat geschrieben:
fin hat geschrieben: Es war der Beginn einer großen Bewegung. Die Christenheit nabelte sich vom Katholizismus und der römischen Kurie ab.
Na ja, sagen wir ein Teil nabelte sich ab. Die RKK macht immer noch den größten Teil innerhalb des Christentums aus.


Das stimmt, der röm. Klerus setzte alle Hebel in Bewegung, um seine Vormachtstellung nicht zu verlieren - recht erfolgreich, wie man sieht. Der letzte Höhepunkt scheint die Krönung eines Jesuiten zum Papst gewesen zu sein.
sven23 hat geschrieben:
fin hat geschrieben: Man könnte sich die Frage stellen, ob die Zeit für einen zweiten Luther gekommen ist, .....
Die RKK könnte sicher einen Reformator gebrauchen, aber einen zweiten Antisemiten weniger. Da hat einer gereicht.
Luther war kein Antisemit, sondern Antijudaist.

Er nahm die Juden zunächst in Schutz, sprach sich aber im Laufe der Zeit immer deutlicher gegen die jüdische Lehre und das Judentum aus. Hier ist also eine Entwicklung zu beobachten, die sicherlich mit seiner lebenslangen Forschung jüdischer Gebräuche und Schriften zusammenhängt, schließlich sprach er Hebräisch und konnte Originale einsehen und studieren, zb. die Ausgaben des Talmud. Er erkannte scheinbar, daß sich jüdischer Glauben und Praxis nicht mit der Nachfolge Christi vereinbaren lassen.

Bild
https://thechosenites.files.wordpress.c ... ippur1.jpg

Der eigentliche Antisemitismus geht übrigens von den Juden selbst aus
- siehe Jüdischer Antisemitismus.

Ich glaube allerdings, daß das gesamte abrahamitische Erbe zur Disposition steht!?!
Der Katholizismus zeigt nur die Spitze einer Mißbrauchskultur.
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Pluto
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von Pluto »

fin hat geschrieben:Luther war kein Antisemit, sondern Antijudaist.
Worin besteht der faktische Unterschied?
fin hat geschrieben:Er nahm die Juden zunächst in Schutz, sprach sich aber im Laufe der Zeit immer deutlicher gegen die jüdische Lehre und das Judentum aus. Hier ist also eine Entwicklung zu beobachten, die sicherlich mit seiner lebenslangen Forschung jüdischer Gebräuche und Schriften zusammenhängt, schließlich sprach er Hebräisch und konnte Originale einsehen und studieren, zb. die Ausgaben des Talmud. Er erkannte scheinbar, daß sich jüdischer Glauben und Praxis nicht mit der Nachfolge Christi vereinbaren lassen.
Erst dachte Luther, er könne die Juden für seinen Kurs bewegen.
Doch als er merkte, dass sie an ihrem eigenen Glauben festhielten, besann er sich auf das NT, was die Juden eindeutig zu Feinden des Christentums macht.
So wurde aus Luther ein überzeugter Antisemit.
Übrigens, die Pogromnacht 1938, an Luthers Geburtstag (9. Nov.) war eine direkte Folge seines antijudäischen Glaubens.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
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fin
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Re: Das abrahamitische Erbe - 2017

Beitrag von fin »

fin hat geschrieben:So wurde aus Luther ein überzeugter Antisemit Antijudaist.


Richtige Differenzierung ist wichtig, denn es bringt die Sache auf den Punkt.

Der Antijudaismus und dessen Urpsrünge werden durch Allgemeinbegriffe verdunkelt. Die originären Bezüge finden keine Beachtung, solange sie nicht angesprochen werden. Es ging Luther nicht um Beduinen (um mal ein Beispiel zu nennen), sondern er brandmarkte das Judentum! Warum tat er das? Diese Fragen führen wirklich weiter ...
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