Nein, in dieser Frage gibt es heute einen weitgehenden Konsens. Anders war die Situation im Nachkriegsdeutschland, als Verdrängung noch oberste Bürgerpflicht war. Die meisten wußten oder ahnten mehr, als sie später - auch sich selbst gegenüber - eingestehen wollten. Die große Lebenslüge der Deutschen, wie ein Historiker treffend schreibt.closs hat geschrieben:Und trotzdem kommen unterschiedliche Historiker bei gleicher Quellenlage zu unterschiedlichsten ERgebnissen.sven23 hat geschrieben:Ganz so beliebig ist es nun auch wieder nicht.
Man muss kein großer Geist sein, um zu ahnen, dass die Bücherverbrennungen 1933 der Auftakt zu einem totalitäten Staat waren. Die wenigsten hatten Probleme damit. Zuerst werden Bücher verbrannt, dann die Menschen. Auch da hätte man aus der Kirchengeschichte lernen können.closs hat geschrieben:Das war wohl so ab 1936 rum - vorher hatten viele noch Hoffnung, dass nicht so heiß gegessen wird wie gekocht. - Trotzdem: Wenn die Leute damals genauso waren wie heute, war es NICHT für viele ersichtlich. - Ein großer Geist wie Thomas Mann hat es schon 1933 erkannt - aber das ist die Ausnahme.sven23 hat geschrieben:Es geht weniger um die Zeit 39-45, in der jeder mit dem eigenen Überleben beschäftigt war, sondern um die Zeit davor, als sich für jeden ersichtlich abzeichnete, wohin die Reise gehen sollte.
Weil Menschen sich gerne Autoritäten unterordnen, die ihnen Verantwortung für ihre eigenes Handeln abnehmen. Parallelen zum religiösen Fundamentalismus sind nicht zufällig. Vielleicht war Deutschland hier auch durch die preussische Tradtion des Obrigkeitsstaates besonders gefährdet.closs hat geschrieben:Moment: Das Milgram-Experiment zeigt, dass der Mensch kultur-übergreifend zum Mörder wird, wenn man es richtig anstellt. - In anderem Gewand wäre das Milgram-Experiment auch heute noch "erfolgreich".sven23 hat geschrieben:Das Milgram Experiment hat doch gerade gezeigt, dass man Autoritäten misstrauen soll.
Übrigens: mit einem Mindestmass an wissenschaftlichem Verständnis hätte man auch drauf kommen können, dass man selbst das Versuchskaninchen ist. Aber an diesem Verständnis hapert es bis heute. (siehe Studien zur Homöopathie)
Du vermischst wieder alles zu einem Einheitsbrei. Es ist ein großer Unterschied, ob der heutige Mainstream das Grundgesetz ist, oder ob der Mainstream war, sich einer korrupten und verbrecherischen Nazibande auf Gedeih und Verderb blind anzuvertrauen.closs hat geschrieben:Richtig - und bei demokratischen Mainstream-Gesellschaften. - Vergiß nicht: Sowohl Hitler als auch Trump wurden demokratisch gewählt.sven23 hat geschrieben:Das Erfolgsrezept von Diktaturen liegt ja u. a. daran, dass sie anbieten, die eigene Verantwortung an höhere Autoritäten bzw. Führer abgeben zu können. Ein ähnliches Schema findet sich beim religiösen Fundamentalismus.
Dieses "mehr" bestand aus kollektiver Verdrängung und ziemlich skrupelloser Übernahme alter Nazigrößen in den neuen Staat.closs hat geschrieben: Deshalb wäre es wichtig, sich auf WIRKLICHE Aufklärung einzulassen - und das ist sicherlich NICHT zu haben in einer bewusstlosen Mainstream-Gesellschaft aus programmatischen Individualisten. - Da gehört mehr dazu..
Dieses "mehr" wurde relativ gut nach WK II geleistet -
Genau, 2000 Jahre Gehirnwäsche durch Bibel und Kirche hatten in puncto Anitjudaismus ganze Arbeit geleistet. Jetzt konnte man die Früchte "ernten".closs hat geschrieben:Das "umgesiedelt" haben wirklich viele geglaubt - den Holocaust konnte sich der normale Mensch auch damals nicht vorstellen. - Und dass solche "Umsiedlungen" nicht zum Vorteil der Betroffenen waren, war auch klar - und da spielen jetzt traditionelle antisemitische Strömungen hinein, dass man dies nicht empörend fand.sven23 hat geschrieben:Zumdindest wurde kollektiv gewußt, dass immer mehr Menschen aus der Gesellschaft verschwanden und dass sie nicht in einem Ferienlage waren. Natürlich kann man sich das hinterher immer schön reden, der Selbstbetrug ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft.