Konkret waren ihre Worte die folgenden:
Während das Publikum einmal herzlich darüber gelacht hat, ging danach eine Welle der Empörung und Entrüstung durch die deutsche Medien- und Politiklandschaft. Ob man den Witz lustig findet oder nicht ist eine Sache, aber ihr wird nun öffentlich von vielen Journalisten und Politikern vorgeworfen, dass sie damit Schwule, Lesben und Intersexuelle diskriminiere und ihr Witz von Sexismus und Rassismus geprägt sei. Der Grünen-Politiker Sven Lehmann hat ihr prompt einen zweiseitigen offenen Brief geschrieben, in dem er ihr vorwirft:„Guckt euch doch mal die Männer von heute an. Wer war denn von euch vor kurzem mal in Berlin, da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen. Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür – dazwischen – ist diese Toilette.“
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Gegen Ende fordert eine öffentliche Entschuldigung von ihr.„Erstens: Ihre Äußerungen zeugen von Unkenntnis in der Sache. Zweitens: Ihre Äußerungen sind diskriminierend und verächtlich machend.“
[...]
"Sie als Vorsitzende der CDU Deutschlands hätten die Möglichkeit und die Verpflichtung, für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft einzutreten. Eine Gesellschaft, in der jeder Mensch sicher und frei leben kann. Sie haben sich für einen anderen Weg entschieden. Ihre Äußerungen empfinde nicht nur ich, sondern sehr viele Menschen als herablassend, diskriminierend und verächtlicht machend."
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Ich muss ehrlich sagen: ich kann diese Aufregung überhaupt nicht nachvollziehen. Ob man jetzt persönlich neben Mann und Frau noch weitere Geschlechter anerkennt oder ob man eine gesonderte Toilette für Homosexuelle notwendig findet ist dabei gar nicht mal wichtig, das ist ein eigenes Thema für sich. Aber hier wird einfach nur ein m.E. harmloser Witz über eine gesellschaftliche Gruppe gemacht. Ist das nicht der Sinn von Karnevals- bzw. Faschingsreden? Dass man sich selbst, seine Gesellschaft, seine Politiker und auch einzelne Gesellschaftsgruppen mal scherzhaft aufs Korn nimmt? Was ist aus der Narrenfreiheit und der freien Meinungsäußerung geworden? Natürlich sollte man auch an Karneval keine diskriminidernden oder "verächtlich machenden" Sprüche reißen, aber das sehe ich bei diesem Witz nicht im Ansatz gegeben.
Ich teile da die Meinung von CDU-Politikerin Julia Klöckner. Wenn man über alle gesellschaftlichen Gruppen Witze machen darf, nur über eine bestimmte nicht, ist das nicht umgekehrte Diskriminierung bzw. Rassismus?
Ich finde das besonders insofern schizophren, als dass doch vor 3 Jahren Jahn Böhmermann sein Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Erdogan im Fernsehen vorgetragen hat, in welchem er diesen offen als Ziegenficker beleidigte, mehr als einmal mit seinen Formulierungen deutlich unter die Gürtellinie schlug, ihn als dumm, schwul, verlaust und pervers bezeichnete uvm. (Hier der Text zum nachlesen). Und ich erinnere mich noch gut daran, wie sich damals sofort namenhafte Politiker und Medienvertreter für ihn in die Schusslinie geworfen haben. Nachdem Erdogan ihn verklagte, hieß es sofort, man müsse Solidarität mit Böhmermann zeigen, das Gedicht laufe unter der Kunst- und Satirefreiheit, es sei ein schmerzhafter Kampf für die Redefreiheit und vieles mehr. Der Bundesregierung wurde vorgeworfen, sie müsse Böhmermann schützen, etc..
Ich finde ein solches Gedicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen untragbar und das hat auch nichts damit zu tun, was man über Erdogan und seine Politik denkt. Ein derart wüster, verbaler Angriff auf eine Person, sei es nun der türkische Präsident oder Hans Müller aus dem Schachclub, geht überhaupt nicht und hat auch nichts mit Kunstfreiheit zu tun.
(Übrigens am Rande: das Oberlandesgericht Hamburg sieht den Sachverhalt genau so und hat Böhmermann verboten, 18 der 24 Verse vorzutragen, da diese "dem Angriff auf die persönliche Würde" dienten. Böhmermann zieht damit nun vor den Bundesgerichtshof.)
Und nun stelle man das mal gegenüber - auf der einen Seite ein Gedicht, bei dem ein Staatsoberhaupt eines anderen Landes aufs übelste beleidigt wird, auf der anderen Seite ein flapsiger, nicht ehrverletzender Kommentar in einer Karnevals-Rede über eine gesellschaftliche Randgruppe. Und dann führe man sich nochmal vor Augen, dass die Beleidigung als Ziegenficker doch als Satire geschützt und von der Bundesregierung gegen das beleidigte Staatsoberhaupt verteidigt werden muss. Aber gleichzeitig wird ein ironischer Kommentar über eine dritte Toilette für Männer, die nicht wissen, ob sie im Stehen oder im Sitzen pinkeln sollen, als diskriminierend und verächtlich zerrissen und AKK wird dargestellt, als hätte sie höchstpersönlich zum Kreuzzug gegen die LGBT-Gemeinschaft aufgerufen. Wenn es gegen ein politisches Feinbild in Form von Erdogan geht, ist alles erlaubt, wenn es um die Genderdebatte geht darf man aber nicht mal über Toiletten witzeln?
Ich suche nun jemanden, der mir
1. dieses schizophrene Weltbild erklärt und
2. mich darüber aufklärt, was genau nun an AKKs Witz so schlimm ist.
Kann mir jemand von euch helfen?
LG