Eben jene unterschiedlichen Ausprägungen machen es, zumindest meiner Ansicht nach, schwer "evengelikal" klar zu definieren. Damit würde ich persönlich mit dieser Bezeichnung auch nicht einfach herumwerfen wollen.Andreas hat geschrieben: ↑Fr 4. Okt 2019, 13:25So wie es eigentlich überall immer traditionsbewusste konservativere Gruppen und liberalere Gruppen innerhalb einer Glaubensgemeinschaft gibt, ist es auch bei den Evangelikalen. Erstaunlicherweise kommen wohl die liberalsten christlichen Ideen aus der Evangelikalen Szene, was auch kein Wunder ist, weil dort der fundamentalistische Druck auf die Mitglieder mit am höchsten ist, und viele sehr darunter leiden. Not macht erfinderisch.
Stimmt, wenn man unter einem fundamentalistischen Glauben leidet und ausbricht, kann es ins genaue Gegenteil gehen. Ich denke, es gibt, egal wo man aufgrund von gefühltem und/oder tatsächlich vorhandenem Druck aussteigt, 3 Möglichkeiten, sich weiter zu orientieren. Abweichungen innerhalb sind natürlich da, ich versuche nur grob zu umreißen.
1. man distanziert sich von jeglichem christlichen Glauben. Das erscheint die optimale und umfänglichste Art der Freiheit zu sein. Da ich noch immer im Austausch mit Ehemaligen bin, weiß ich, dass das sehr häufig passiert. Vorallem, wenn man im jeweiligen Glauben aufgewachsen ist und nach Jahren feststellen muss, dass man um Kindheit und Jugend betrogen und mit vielen Lehren und Hoffnungen angelogen wurde.
2. man geht einen christlichen Glaubensweg, wählt die Variante, die unter Christen als konservativ gesehen wird, weil man es gewohnt ist, und/oder (und das nehme ich für mich in Anspruch) weil man die bekannten Lehren intensiv bearbeitet hat, und bei denen, die nicht zu den Irrlehren der verlassenen Gemeinschaft gehören, festgestellt hat, dass man ihnen nach eigenem Bibelverständnis und Gewissen zustimmen kann.
3. man wählt einen Glaubensweg, der darin besteht, sich einer liberalen Richtung anzuschließen.
Der Marktplatz ist bunt und groß, und ein jeder entscheidet nach seinen persönlichen Erfahrungen, Auffassung, Erkenntnis. Ein unschätzbarer Vorteil, wenn man sich frei entscheiden konnte, wo man sich anschließen möchte, besteht darin, dass ich eine einmal getroffene Entscheidung für eine Glaubensgemeinschaft nicht den Rest meines Lebens beibehalten muss
Widerspruch. Ich habe es über viele Jahre gelernt, bin aber glücklicherweise nicht hinein geboren worden. Aber ich weiß, was du meinst und dieser Satz hat einen ganz großen Klick in meinem Kopf ausgelöst. Ich weiß gar nicht, warum mir das noch nie selbst in den Sinn gekommen ist. Was aus Sicht eines liberalen Christen eine unerträgliche Einschränkung ist, ist für mich Freiheit.Na ja, "gelernt ist gelernt", und was man schon in frühester Kindheit gelernt hat, sitzt tief.
Das finde ich jetzt ziemlich befremdlich. Somit bleibt ja gänzlich überhaupt keine gemeinsame Basis unter liberalen und konservativen Christen ? Ich dachte immer, dass Christen eine gemeinsame Basis haben, in der Einheit besteht. Oh je, da lag ich wohl ziemlich daneben.Liberale Christen sehen im Grunde alle fünf Punkte anders...