Frau und Mann im AT

Themen des alten Testaments
Hiob
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von Hiob »

CoolLesterSmooth hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 01:41 vermutlich war es doch ein Vorteil, wenn sie erwählt wurden, oder nicht?

Das kommt wohl darauf an, wie scharf man darauf ist, sich in ein Verhältnis der regelmäßigen Vergewaltigung zu begeben. Hier liegt schon wieder ein leichter Hauch der Romantisierung in der Luft, da wollen wir doch bitte nicht vergessen, wovon wir hier eigentlich sprechen.
Das galt dann für israelitische Ehefrauen genauso. - Es ist immer schwierig, aus heutiger Sicht damaliges zu beurteilen - meinem Gefühl nach haben Frauen damals ganz anders empfunden, als dies heute üblich ist - nämlich: "Ich Ehefrau - Besitz des Mannes - gut so". --- Deine Aussage gewinnt dann an Gewicht, wenn man unterstellte, dass Sklaven-Frauen schlechter behandelt wurden als israelitische Frauen - das muss nicht so sein. - Zumal die Übersetzung lautet "wenn der Mann sich in die FRau VERLIEBT" - es heißt also nicht: "Wenn der Mann ein Schnäppchen machen will" (Du weißt, wie ich es meine).
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Travis
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von Travis »

Hiob hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 15:10 Interessant - diesen Blickwinkel hatte ich noch nicht.
Gott ging mit seinem Volk schon immer recht anachronistisch um. Liest man sich allein das Lob der tüchtigen Frau durch ahnt man, dass wir diese Sicht bis heute weitgehend nicht erreicht haben. Es wäre uns für den Prozess der Gleichberechtigung viel erspart geblieben...
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CoolLesterSmooth
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von CoolLesterSmooth »

Hiob hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 15:14 Deine Aussage gewinnt dann an Gewicht, wenn man unterstellte, dass Sklaven-Frauen schlechter behandelt wurden als israelitische Frauen - das muss nicht so sein.
Im Einzelfall muss das nicht sein, im Schnitt ist es aber durchaus denkbar, denn bei einer freien israelitischen Frau hat man immer noch den Brautvater, der durch das Nichtgeben seiner Zustimmung im schlimmsten Fall verhindern kann, dass seine Tocher in den Händen irgendeines Gestörten landet. Eine Kriegsgefangene hat keinen derartigen Schutz und davon abgesehen, darf man nicht vergessen, dass ihre Ehe bereits mit einem Moment der Erniedrigung - dem Abscheren der Haare - beginnt.
Jetzt darf man natürlich auch nicht vergessen, dass bei der Zustimmung des Brautvaters der Transaktionsaspekt des ganzen Vorgangs im Vordergrund steht, da ein Brautpreis zu zahlen ist, um das Recht zu erwerben, die Frau heiraten zu dürfen. Auch hier gibt es bei der Kriegsgefangenen keinen Hinweis auf ein vergleichbare Voraussetzung.
D.h. das Ehelichen von Kriegsgefangenen war ein perfektes Mittel für die Männer, denen kein klar denkender Vater seine Tochter anvertrauen würde und/oder deren Familie keinen adäquaten Brautpreis aufbringen konnte. Dass im Text nicht explizit von Schnäppchen gesprochen wird, ist richtig. Zu denken, dass es in der Realität nicht genau darauf hinauslief, ist hingegen naiv.
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von Hiob »

CoolLesterSmooth hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 18:19 D.h. das Ehelichen von Kriegsgefangenen war ein perfektes Mittel für die Männer, denen kein klar denkender Vater seine Tochter anvertrauen würde und/oder deren Familie keinen adäquaten Brautpreis aufbringen konnte. Dass im Text nicht explizit von Schnäppchen gesprochen wird, ist richtig. Zu denken, dass es in der Realität nicht genau darauf hinauslief, ist hingegen naiv.
Misstrauisch gesehen ist das richtig - und realistisch kann es in der Tat sein. - Nur passt das nicht zum Text, der ja von "Verlieben" spricht - das hieße nach Deiner Version ja, dass der Text geschönt ist.

Frage ans Plenum: Gibt es in der Bibel sonstige Stellen, in denen ein Unterschied zwischen inner-israelitischen Ehen und Sklaven-Ehen aufgezeigt wird? Dass bspw. die israelitische Frau besser als die Sklaven-Frau behandelt wurde? - Mir fällt spontan die Hagar-Geschichte ein, die Abraham ja sehr gut behandelt, bevor er sie in die Wüste schickt.
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von CoolLesterSmooth »

Hiob hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 19:03 Nur passt das nicht zum Text, der ja von "Verlieben" spricht - das hieße nach Deiner Version ja, dass der Text geschönt ist.
Wenn sich ein Thema durch die Eheregelungen des alten Testaments zieht, dann, dass es nicht um Liebe, sondern um Erhaltung geht. Die Frau dient dem Mann dazu seine eigene Blutslinie weiterzuführen. Deswegen die Versessenheit auf Jungfräulichkeit. Deswegen die Regelung, dass Männer mehrere Frauen haben dürfen, Frauen aber nicht mehrere Männer. Deswegen die Regelung, dass die Frau vom Mann aus der Ehe entlassen werden konnte, wenn sie ihm 'missfällt' (passender Code für "schenkt ihm keinen Nachwuchs", was typisch biblisch immer Schuld der Frau ist), die Frau von sich aus aber die Ehe nicht verlassen kann. Deswegen die Regelung, dass eine Frau, wenn ihr Mann kinderlos stirbt nicht außerhalb der Familie heiraten darf, sondern den Bruder heiraten soll und das erste Kind soll den Namen des verstorbenen Mannes weiterführen. Interessant sind da auch die Vorgaben was passieren soll, wenn der Bruder keine Lust darauf hat. Da werden dann direkt die Ältesten dazugeholt und der Bruder wird beschämt, weil er "das Haus seines Bruders nicht bauen will".
Aber wenn ein Mann seine Frau aus der Ehe schickt, zuckt keiner mit der Wimper, da werden nicht die Ältesten gestört und sollte die Frau anschließend einen anderen heiraten, kann sie nie wieder mit ihrem ersten Mann zusammenkommen, da sie nun als "verunreinigt" gilt. Ginge es um Liebe, wäre das erneute Zusammenfinden nach Trennung etwas Positives, aber um Liebe geht's eben nicht.
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von Hiob »

CoolLesterSmooth hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 20:21 Wenn sich ein Thema durch die Eheregelungen des alten Testaments zieht, dann, dass es nicht um Liebe, sondern um Erhaltung geht. Die Frau dient dem Mann dazu seine eigene Blutslinie weiterzuführen.
Schon klar. - Aber warum steht dann hier "Liebe"? - Schlechte Übersetzung?
CoolLesterSmooth hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 20:21 Ginge es um Liebe, wäre das erneute Zusammenfinden nach Trennung etwas Positives, aber um Liebe geht's eben nicht.
Alles bekannt - und man kann das alles wirklich so sehen, wie Du es sagst.

Ich will auf was anderes raus:
Wenn hier etwas steht, was mit "Liebe"/"verliebt" übersetzt wird: Was hat das mit dem zu tun, was im NT über "Liebe" steht?

Dass es damals ums Überleben ging, das man nicht mit Aktien, sondern nur mit eigenen Kindern sichern konnte, ist vollkommen richtig. - Das erklärt auch, warum ein Mann mehrere Frauen haben konnte: Männer starben oft im Krieg - und wenn man vorher noch ein paar Kinder zeugt, geht das nur mit mehreren Frauen. - Da stehen 9 Minuten vs. 9 Monate. - Das war der volkswirtschaftliche Gedanke.

Die Frage ist: Was hat eine Frau verstanden, wenn von "Liebe" die Rede war? - Liebe im romantischen Sinn oder "Ich bin stolz, dass ein Mann mich nimmt?". --- Heute wäre diese Frage unzulässig - aber DAMALS!!
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Oleander
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von Oleander »

Hiob hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 20:39 Heute wäre diese Frage unzulässig - aber DAMALS!!
Damals hatten die Frauen natürlich keinerlei Emotionen, da wurde nur pragmatisch gedacht. :roll:

Frauen (vor allem die "schönen") dienten lediglich dazu, das des Mannes Schwänzchen schneller in der Höhe ist, um Kinder zu zeugen.
War die Tat vollbracht, wurde die Maid in die Küche geschickt und zum putzen und der Mann ging mit seinen Kumpels Bier saufen und Schach spielen ...
8-)
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Oleander
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von Oleander »

Hiob hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 01:08 ....Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen" (1.Mose 2,24) (Mann ist Anhängsel der Frau). --- Spürt Ihr das auch?
Ich spür da gar nichts, außer daß du dich mal wieder auf dem Wort "anhängen" aufhängst, Nix Neues... ;)

Der Mann ist erwachsen geworden und nun will er mit (s)einer Frau eine eigene Familie gründen, sein eigenes Heim aufbauen.
Er ist im biblischem Sinne das "Haupt"der Familie und wie sollt er ohne Frau Kinder zeugen.
Bei mir wars halt so, daß ich das eigene Heim schon hatte, und Mann von den Eltern auszog und zu mir.
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CoolLesterSmooth
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von CoolLesterSmooth »

Hiob hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 20:39 Schon klar. - Aber warum steht dann hier "Liebe"? - Schlechte Übersetzung?
Ob es eine schlechte Übersetzung ist, kann ich ohne die passenden Sprachkenntnisse nicht selbst beantworten, aber ich habe mir gerade mal bei biblehub die englischen Übersetzungen von Deut 21:11 angesehen und von den 25 gelisteten (die natürlich nicht alle unabhängig voneinander entstanden sind) verwendet nur eine einzige das Wort 'love' (Douay-Rheims Bible).
Prinzipiell würde ich das Thema Liebe ja nicht komplett aus antiken Ehen streichen (daher schrieb ich dass es bei den Eheregelungen keine Rolle gespielt hat), aber Liebe war nicht der Grund warum man geheiratet hat, sondern das hat sich im Idealfall im Anschluss entwickelt. Die Väter machen's aus, die Kinder müssen heiraten, kann es dann sein, dass das Paar mit der Zeit echte Zuneigung und Liebe füreinander entwickelt? Klar, bei den meisten Ehen ist das absolut denkbar, ich denke, es war sogar die Norm, weil diese Form der Ehe so etabliert war, dass das mind set der Beteiligten schon darauf hingerichtet war, dass die Beziehung so zustande kommt, wie auch sonst.

Ich denke aber, bei den etwas irreguläreren Ehen, also wenn z.B. Vergewaltigte ihren Peiniger heiraten mussten oder eben wenn Kriegsgefangene geheiratet wurden, ist das anders, da der Mann hier für die Frau mit Schmerz verbunden ist. Im Fall der Vergewaltigten ist er ist der, der sie geschändet hat, der sie entehrt hat, der sie in den Augen der Gesellschaft entwertet hat. Im Fall der Kriegsgefangenen ist er im besten Fall passiver Teil der Gruppe, deren Mitglieder ihre Heimat zerstört, ihre Familie getötet (sie soll ja zunächst mal um ihre Eltern trauern) und sie verschleppt haben, im schlimmsten Fall ist er selbst mordend in ihr Haus eingedrungen und hat sich gedacht 'Och, die ist eigentlich ganz hübsch'. Kann man bei solchen Ehen wirklich davon ausgehen, dass sich eine Beziehung, die auf einem Fundament aus physischer und psychischer Gewalt aufgebaut ist, sich zu etwas entwickelt, dass man als Liebe bezeichnen kann? Ich denke nicht und daher würde ich deinen Einwand, dass meine Bezeichnung 'Verhältnis der regelmäßigen Vergewaltigung' ja dann auch für israelitische Ehefrauen gelten würde, nur teilweise unterschreiben würde, dafür sehe ich hier einen zu starken qualitativen Unterschied darin, wie die Ehen zustande gekommen sind.
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Travis
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Re: Frau und Mann im AT in EINER Szene

Beitrag von Travis »

Oleander hat geschrieben: Sa 30. Nov 2019, 02:15 Ich spür da gar nichts, außer daß du dich mal wieder auf dem Wort "anhängen" aufhängst, Nix Neues... ;)
Der Begriff ist tatsächlich faszinierend. Mit ihm kann man zum Beispiel gut erklären, weshalb man nicht so häufig den Partner wechseln sollte. Dazu muss man sich allerdings mit Alt-Hebräisch beschäftigen.

Buber übersetzte übrigens so:
Gen 2,24 hat geschrieben:24 Darum läßt ein Mann seinen Vater und seine Mutter und haftet seinem Weibe an, und sie werden zu Einem Fleisch.
und zeigt damit bereits, in welche Richtung der Begriff geht.
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