Hallo Travis,
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09
Man mag vom RKI halten was man will, aber es ist nunmal in der aktuellen Schlüsselposition. Fakt ist, dass Fakten fehlen... und zwar nicht nur jede Menge sondern im epischen Ausmaß. Das weiß auch das RKI. Allerdings wird das nur selten kommuniziert.
Wenn das RKI in seinen Pressekonferenzen davon spricht, wie es die derzeitige Situation „einschätzt“, dann bedeutet das gemäß dem üblichen Begriffsverständnis von „schätzen“, dass da Informationen fehlen, so dass man von „wissen“ reden könnte. Solange ich mich erinnern kann, wurde auf den Seiten des RKI zu COVID-19 in den Hinweisen für das Gesundheitswesen auf die
Empfehlungen der KRINKO aus dem Jahr 2015 verwiesen. Wichtig zu wissen ist der Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion. Der Rest ist dann darin ersichtlich. Wer lesen kann ist halt klar im Vorteil.
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09Ich bin nicht sicher ob den Bürgern klar ist, dass niemand die tatsächliche Anzahl der Infizierten kennt und Aussagen zur Letalitätsrate nicht mehr als recht unsichere Hypothesen sind.
Dafür, dass erst Ende letzten Jahres der erste bekannte Fall einer COVID-19-Infektion auftrat, finde ich es eher beeindruckend, dass bereits zielgerichtet nach diesem Erreger gesucht werden kann. Auch wenn es bereits hohe Testkapazitäten in den Laboren dafür gibt, so sind diese aber nicht so hoch, dass damit flächendeckend sinnvoll getestet werden könnte. Das RKI weist z.B. auch daraufhin, dass ein naso- bzw. oropharyngealer Abstrich selbst bei einem an COVID-19 Erkrankten nicht unbedingt positiv ausfallen muss - beispielsweise dann, wenn COVID-19 bereits in der Lunge wäre. Die Testungen machen trotzdem in vielen Situationen Sinn, aber eher selten, wenn es Laien erwarten würden.
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09Selbiges gilt für die Frage, wie viele Corona-Positive überhaupt krank werden? Es ist ja ein Unterschied, ob 10% der Positiven Symtome haben oder 80, 90+%.
Ein Anhaltspunkt liefert die Geschichte des Kreuzfahrtschiffes Princess Diamond, da auf diesem Schiff umfangreich getestet wurde:
https://www.eurosurveillance.org/conten ... 10.2000180. Dort hatten ca 18 % der Leute einen asymptomatischen Verlauf.
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09Ein Positiver der nicht hustet oder herumsabbert, steckt niemanden an.
Das stimmt sicherlich nicht. Um es mit den Worten von Al zu sagen: solche Behauptungen sind schon geradezu kriminell da sie zu grob fahrlässigen Körperverletzungen (mit Todesfolge) führen können.
Basierend auf realen Daten wurde geschätzt, dass eine relevante Infektiosität bereits zwei Tage vor Symptombeginn vorhanden ist und die höchste Infektiosität am Tag vor dem Symptombeginn liegt (69). Das Ende der infektiösen Periode ist momentan nicht sicher anzugeben.
Quelle:
RKI
Am Ende dieses Artikels werden z.B. über 90 wissenschaftliche Veröffentlichungen aufgeführt, auf denen diese Arbeit basiert. Nur um mal zu verdeutlichen, dass es nicht nur um die Meinungen von den Mitarbeitern des RKI geht, sondern diese eben auch ihre Quellen benennen, so dass im Prinzip jeder nachvollziehen kann, was die Grundlagen für deren Aussagen sind.
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09Oduktionen wurden vom RKI übrigens ausdrücklich NICHT empfohlen. Zumindest anfänglich nicht. Ich bin froh, dass sich der Verband der Pathologen der Empfehlung des RKI von Anfang an nicht angeschlossen hat, sonst hätte Herr Püschel seine Ergebnisse wohl nie vorstellen können.
Die Angabe der Todesursache bei multimorbiden Personen ist sowieso ein Thema für sich. Mir sind keine relevanten Ergebnisse dieser Obduktionen für die Behandlung von infizierten Fällen bekannt. Wenn Pathologen sich dem Risiko einer Infektion aussetzen wollen, dann ist das deren Entscheidung und kann durchaus auch wissenschaftlich interessant sein. Allerdings sind mit den Empfehlungen des RKI zum Beispiel oft auch berufsgenossenschaftliche Ansprüche verbunden - das bedeutet, dass wer sich gemäß dem RKI verhält und dann geht etwas schief, Ansprüche haben könnte. Primär ist die Aufgabe des RKI der Schutz der Bevölkerung und derjenigen, die berufsbedingt mit Infektionskrankheiten in Kontakt kommen. Eine Empfehlung zur Obduktion erfordert also auch Erwägungen zum Nutzen und den Ausschluss von Risiken für die Durchführenden. Letzteres ist bei schlechter Datenlage nicht sinnvoll möglich - also ich verstehe, warum das RKI zunächst keine Obduktionen empfohlen hat.
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09 Auf Anfrage erklärte das RKI übrigens, dass ALLE Toten die Corona-Positiv seien zu den Corona-Toten gezählt werden. Gibt es dafür eine nachvollziehbare Begründung, außer das man ohne Oduktion die Todesursache oft gar nicht feststellen kann? Eine gewisse Überforderung des RKI ist nicht zu verübeln und erkennbar, zumal längst nicht alle kompetenten Menschen im RKI arbeiten.
Da bist Du meiner Meinung nach zu schnell mit Deinen Vermutungen zum RKI. Die Bezeichnung SARS kommt zwar aus dem Englischen, kann aber gut ins Deutsche übersetzt werden: schweres akutes respiratorisches Syndrom - also das, wozu es beim schweren Verlauf kommt. In Röntgen- bzw. CT-Aufnahmen des Thorax, wie sie dann üblicherweise durchgeführt werden, kann ein Radiologe typische Veränderungen einer interstitiellen Pneumonie erkennen. In Blutgasanalysen zeigt sich dann beispielsweise ein zunehmend schlechter Gasaustausch der Lungen, was zu einem Abfall der Sauerstoffsättigung und einem Anstieg der Kohlendioxidsättigung führt. Das ist dann meistens der Moment, wo derjenige beatmet werden sollte. Außerdem wird auch beschrieben, dass neben der Lunge auch Leber, Herz, Niere, Dünndarm und Hoden geschädigt werden können (
Quelle). Der Mangel an Sauerstoff schädigt sukzessive die Organe und nimmt ihnen die Leistungsfähigkeit bis der Körper nicht mehr in der Lage ist diese kritische Situation zu kompensieren. An welcher Stelle da das Fass dann überläuft finde ich unerheblich. Die Vorgehensweise, dass positiv getestete Infektionstote einfach der Infektionskrankheit als Ursache zugerechnet werden, ist üblich und auch meiner Ansicht nach nicht wirklich zu beanstanden.
Ein Mal las ich davon, dass in Bergamo sich die Anzahl der Toten im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum von ca 100 auf ca 500 während Corona gesteigert hatte. Italienische Behörden gingen aber dort von deutlich weniger als 400 Corona-Toten aus ... es könnte also auch umgekehrt sein, nämlich die Sterblichkeit durch dieses Corona-Virus höher sein als bisher gedacht.
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09 Die aktuellen Maßnahmen gegen das Virus sind nicht nachhaltig.
Naja, Maßnahmen wie soziale Distanzierung basieren auf den Erfahrungen mit der spanischen Grippe. Was erwartest Du denn stattdessen was „nachhaltiger„ wäre?
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09Auf Dauer richtet man damit ein Land zugrunde, selbst Deutschland. Außerdem deutet einiges darauf hin, dass die Maßnahmen nicht nur überzogen sondern teilweise auch gar nicht zielführend sind.
Ich habe keine konkreten Ideen von Dir gelesen was die Regierung machen sollte als COVID-19 losging. Dass Distanzierung, Isolation und Quarantäne die Ausbreitung der Pandemie deutlich verzögern ist völlig logisch. Jetzt im Nachhinein wirkt es vielleicht überzogen, aber jetzt nach der Lockerung der Maßnahmen gepaart mit der gnadenlose Dummheit vieler ignoranter Leute gehen die meisten Leute aus dem Gesundheitswesen, die ich kenne, davon aus, dass eine richtig unangenehme Welle von COVID-19-Erkrankungen erst so richtig losgehen wird. Das glaube ich übrigens auch.
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09 Das RKI und die Politik wollten "auf Nummer sicher gehen". Das ist ihnen positiv anzurechnen.
Das finde ich auch.
Travis hat geschrieben: ↑Mi 29. Apr 2020, 12:09Ich finde es daher mutig, dass es Virologen gibt, die sich den Ansichten des RKI und der Politik entgegenstellen. Es scheint notwendig zu sein. Sie riskieren ihre Existenz, aber sie sind zu kompetent und angesehen, um sie per se in die Verschwörungsecke stellen zu können.
Diejenigen riskieren primär mal das Leben anderer Leute (so wie z.B. auch Du mit obiger Aussage) ... und sie sind es auch nicht selbst, die die Folgen ihrer Äußerungen im Fall eines Irrtums tragen müssen. Wissenschaftliche Erkenntnisse brauchen nun mal Zeit, weswegen ich nur wiederholen kann, dass ich es sehr sinnvoll finde so gehörig auf die Bremse zu treten. Vielleicht bin ich einfach noch zu jung um die Bilder von Kühlkontainern für Leichen in Norditalien und New York schon vergessen zu haben. Bisher hatten wir in Deutschland meiner Meinung nach einfach auch sehr viel Glück, dass es Andere zuerst so hart erwischt hat und nicht uns selbst. Aber die Dummen werden schon noch dafür sorgen, dass diese Pandemie in Deutschland nochmal eine gute Chance zur Katstrophe bekommt.
Grüße,
Daniel.