ProfDrVonUndZu hat geschrieben: ↑Fr 24. Jul 2020, 20:39
Die Übersetzungen nennen es scheinbar willkürlich mal verstocken, mal verhärten. Im Hebräischen sind das im Wesentlichen zwei verschiedene Wörter, die aber ziemlich bedeutungsähnlich in dem Kontext sind. Eigentlich noch ein drittes, aber das kommt nur zweimal in dem Kontext vor.
Von keine Chance kann jedenfalls keine Rede sein. Zuerst hat der Pharao sich selber verstockt
1) Ja - Buber übersetzt es mal mit "hart von Nacken" oder mit "störrisches Volk" oder "ihre Nacken versteiften".
2) Was hat das mit der Frage zu tun, ob jemand eine Chance hat oder nicht?
Immer wieder: Wenn man die Bibel phänomenisch liest und nicht interpretiert, kommt man nach meiner Auffassung der hebräischen Intention näher. - Im Grunde sagst Du so was wie:
1) Es sind IHRE Nacken, die versteifen, also ist es ihre Sache
2) Wenn es ihre Sache ist, können sie es auch ändern
3) Wenn sie es nicht ändern, nutzen sie eine Chance nicht
4) Ist das so, haben sie sich dagegen entschieden, ihre Nacken zu "ent-steifen".
5) Also sind sie daran schuld.
MEINE Herangehensweise ist phänomenisch (man könnte es auch "ontisch" nennen) - im Sinne von "Was-steht-da? Punkt". - Insofern lese ich "Sie-sind-hart-von-Nacken". Punkt. ----- Jetzt kann man fragen, warum? Gesamt-kanonisch ergibt sich für mich - ebenfalls phänomenisch: "Ihnen-hat-der Herr-NICHT-Weisheit-ins-Herz-gegeben" (in Anlehnung an Ex. 36,2). - Das ist natürlich ebenfalls eine Interpretation, aber immer noch distanziert und ohne Urteil:
"Wenn jemandem von Gott Weisheit nicht ins Herz gegeben ist, versteift sich der Nacken". - Dann ist es halt so. - Es ist wie ein Naturgesetz: "Wenn der Apfel vom Baum fällt, macht es Plumps".
Diese Denkweise ist in unserem Denken heute weit weg, weil wir immer zu einem Urteil glauben kommen zu müssen: "Aha - der Apfelbaum wurde nicht gegossen. - Wem gehört er denn? - Ah - also ist der Besitzer dran schuld". - Nein - die Bibel beschreibt geistliche Naturgesetze.
Nebenbei: Mir scheint, dass in dem hier aufgezeigten Unterschied der Rezeption der Unterschied zwischen griechischer ("Deine") und hebräischer ("meine") Rezeption zu sein scheint. Das habe ich von Buber gelernt. - Das Problem: Wenn man nicht die hebräischen Urschriften, sondern die Septuaginta oder gar Vulgata zur Grundlage hat, verschwinden diese Unterschiede. - Und ich würde viel dafür geben, wenn Paulus seine Briefe auf hebräisch geschrieben hätte - ich behelfe mich damit, dass ich versuche, sein Griechisch (bzw. dessen deutsche Übersetzung) in ein hebräisches Denken rückzuübersetzen. - So was ähnliches scheint mir die Messianische NT-Übersetzung ebenfalls zu tun.
Das ist jetzt OT geworden - aber es war mir ein BEdürfnis, auf ein Grundproblem hinzuweisen, dass im Grunde in jedem Thread virulent ist.
Nebenbei: Wenn Gott sagt "Die Rache ist mein", heißt dies dementsprechend "Überlasst das mir und hört mit Euren Menschen-Deutungen auf".