Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

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Helmuth
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Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Helmuth »

Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 11:47 Ein Hebräer denkt wie ein Hebräer. Das meine ich. Viele Aussagen im NT versteht man gar nicht, wenn man nicht hebräisch und in deren Traditions- und Kulturkreis denkt.
Es ist schon was dran, aber die Grundlage des Denkens ist nicht die Sprache. Sonst könnte ein Jude und ein Deutscher nicht eines Sinnes werden, aber das Wort Gottes fordert uns gerade dazu auf. Warum auch nicht? Ein Jude lernt Deutsch und ein Österreicher Ivrit (hebräisch). Was sie aber eins macht ist der Geist und nicht die Sprache.

Aber es wird seinen Sinn haben, dass es gerade die Israeliten sind, die weltweit zerstreut wurden, und sie ihre kultutrelle Identität als ein Wirken Gottes nie aufgeben sollten, weil Gott sie auch für sich erwählt hat. Das würde dann bedeuten, dass wir in der Auferstehung alle Hebräisch lernen werden. Nun gut, ich habe damit schon heute angefangen. Wir werden es sehen. ;)
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Hiob
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Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Hiob »

Michael hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 10:17 "Die Erde aber war Irrsal und Wirrsal. Finsternis über Urwirbels Antlitz. Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser.“
Sorry, aber was für ein Schrott!
Das ist wörtlich "das Wort" übersetzt. :angel:
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 10:32 Aus der Erfahrung des Paulus, und der hatte davon so einige, ist die Metaebene oder das philosophische Verlassen des Wortes nichts, von was man sich höheren Erkenntnisgewinn erhoffen darf.
Gleichzeitig ist Paulus der intellektuellste von allen, der auf intellektuelle Weise genau das ausdrückt. - Will heißen: Paulus war spirituell ein "Mystiker", hat aber intellektuell/philosophisch erklärt, warum er es ist.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 10:32 Im Wort verhaftet zu sein gilt manchen tatsächlich bereits als Schimpfwort.
Wenn das Wort ein Eigenleben gegenüber dem (Heiligen) Geist führt, dann ist das in der Tat so.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 10:32 Hiob hat geschrieben: ↑
Mi 5. Aug 2020, 10:13
Natürlich nicht. - Aber Du bist schon wieder im NT. - Die Sichtweise des AT durch das NT ist nicht AT, sondern NT. - Mich interessiert aber hier das AT.

Da gibt es gar keinen Gegensatz.
Nicht unbedingt "Gegensatz", sondern einfach "etwas anderes". - Es geht doch hier darum, dass die AT-Leute anders gedacht und gefühlt haben, als wir es ihnen aus NT-Sicht im Nachhinein unterstellen.
Rembremerding hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 10:36 Will ich ihn aus dem christlichen Glauben heraus gerecht werden oder aus dem jüdischen (der mir nicht zusteht) oder gar nur in einer "Metaebene"?
Erst mal aus ihm selbst. - Was hat Bileam damals gedacht, gemeint, getan? - DANN kann man ihn aus Sicht des NT sehen. - Wobei diese Sicht nicht immer richtig sein muss - um es konkret auf Bielam zu beziehen: Bileam hat im AT am Ende einen "schlechten Ruf", weil er Israel vernichten will - aber das hat nichts mit dem Gehalt seines ersten großen Auftritts zu tun - da geht es um etwas ganz anderes. - Das NT nimmt nun den überlieferten "schlechten Ruf" auf und macht daraus eine Geschichte - OHNE Rücksicht auf den ersten großen Auftritt Bileams. - Man wird ihm also nicht gerecht, weil es gar nicht darum geht.
Rembremerding hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 10:36 Genügt es zu wissen, wie Bileam im AT aus seinem Umfeld heraus zu beurteilen ist, oder muss auch Gottes Beurteilung herangezogen werden?
So gesehen gibt es ZWEI Beurteilungen von Gott:
1) Bileam ist die Offenbarung, dass ein "Heide" so vom HG eingenommen sein kann, dass er für ihn offenbart.
2) Bileam ist ein Feind der Juden
1) und 2) finden zu völlig verschiedenen Zeiten statt. - Daraus ergibt sich die Gesamt-"Beurteilung" Gottes:
Derselbe Mensch kann ganz unterschiedlich geistlich unterwegs sein - abhängig davon, ob er vom HG eingenommen ist oder nicht. - Petrus beachtet nur Version 2, weil diese traditionell im Judentum verankert ist. - Das ist eine aus meiner Sicht wichtige geistliche Offenbarung.
Rembremerding hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 10:36 Dann wäre es besser das SEIN wie Paulus zu bewerten
Ja - aber das kann man sehr unterschiedlich verstehen. - Vielleicht wäre es tatsächlich besser, das Wort "ontisch" durch "phänomenisch" zu ersetzen. "Phänomenisch" heißt gleichzeitig "nicht wertend" und "nicht logisch begründend".
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Travis
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Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Travis »

Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:25 Gleichzeitig ist Paulus der intellektuellste von allen, der auf intellektuelle Weise genau das ausdrückt. - Will heißen: Paulus war spirituell ein "Mystiker", hat aber intellektuell/philosophisch erklärt, warum er es ist.
Und gerade ein Paulus war es, dem die Gebundenheit an das Wort so wichtig war. Dem das einfache Verständnis zu wichtig war, der jedoch Allen alles werden konnte (1Kor 9,22). An den Konrinthern kann man lernen was passiert, wenn man sich vom Wort löst.
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:25 Wenn das Wort ein Eigenleben gegenüber dem (Heiligen) Geist führt, dann ist das in der Tat so.
Da wird in Bezug auf die Bibel eben auch umgekehrt ein Schuh draus. Denn der Heilige Geist widerspricht dem Wort nicht.
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:25 Nicht unbedingt "Gegensatz", sondern einfach "etwas anderes". - Es geht doch hier darum, dass die AT-Leute anders gedacht und gefühlt haben, als wir es ihnen aus NT-Sicht im Nachhinein unterstellen.
Was Du den Leuten aus dem AT unterstellst, weiß ich tatsächlich nicht. Ich weiß jedoch, dass fast alle Personen der Evangelien Leute des AT sind und einige von ihnen in den Neuen Bund eintreten durften. Das NT zeigt auch deutlich, dass die Menschen die Jesus als den Messias ablehnten nicht einfach eine andere Ansicht hatten. Sie sind gescheitert und offenbarten damit ein grundsätzlich falsches Verständnis des AT. Jesus rückt dies an diversen Stellen zurecht und nicht nur das, Jesu Verständnis vom Sinai Gesetz ist das einzig richtige. Es gibt keinen Weg an dem Vorbei, was Jesus als Erfüllung des Gesetzes und der Propheten erreicht hat. Jesus gedanklich bei der Betrachtung des AT auszuklammern ist daher unsinnig. In diesem Zusammenhang sagte Jesus zu den Schriftgelehrten
Joh 5,39+40 hat geschrieben:39 Ihr sucht in den Schriften, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie sind's, die von mir zeugen; 40 aber ihr wollt nicht zu mir kommen, dass ihr das Leben hättet.
Welchen Grund sollte man also haben, Jesus bei der Auslegung des AT auszuklammern? Ein geistlicher Grund kann es nicht sein, denn ohne Jesus fehlt das Leben. Ein besseres Verständnis des AT bekommt man bei der Ausklammerung des "Schlüssels" jedenfalls nicht. Da wird man auch keine Schriftstelle finden, die etwas derartiges bezeugen würde und damit einen Gegensatz zu Jesu Worten aufbaute.
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Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Rembremerding »

Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:47 Jesus gedanklich bei der Betrachtung des AT auszuklammern ist daher unsinnig. In diesem Zusammenhang sagte Jesus zu den Schriftgelehrten
Joh 5,39+40 hat geschrieben:39 Ihr sucht in den Schriften, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie sind's, die von mir zeugen; 40 aber ihr wollt nicht zu mir kommen, dass ihr das Leben hättet.
In dieser Hinsicht weiß der Herr auch von guten Schriftgelehrten und es ist interessant, wodurch sie dadurch werden.
Da sagte er zu ihnen: Deswegen gleicht jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, einem Hausherrn, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt. (Mt 13:52 NEÜ)
Ein Schriftgelehrter wusste das AT zu rezitieren und auszulegen. Doch das allein genügt nicht, denn es tritt der Schatz hinzu, der dort verborgen liegt, das Himmelreich (Reich Gottes). Nicht das AT gibt ewiges Leben, das Reich Gottes, sondern jener, von dem es handelt.
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Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Hiob »

Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:47 gerade ein Paulus war es, dem die Gebundenheit an das Wort so wichtig war.
Das ist doch einvernehmlich!!! Das Problem ist, wie man die Gebundenheit ans Wort versteht!!!
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:47 Denn der Heilige Geist widerspricht dem Wort nicht.
Aber der HG sagt, WIE das Wort geistlich zu verstehen ist.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:47 Was Du den Leuten aus dem AT unterstellst, weiß ich tatsächlich nicht.
Ich "unterstelle" tatsächlich, dass sie sind, was sie sind, und NICHT Abkömmlinge späterer theologischer Abhandlungen sind.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:47 Das NT zeigt auch deutlich, dass die Menschen die Jesus als den Messias ablehnten nicht einfach eine andere Ansicht hatten.
Du meinst die Juden zur Zeit Christi - aber das sind doch nicht die SChreiber und Akteure der AT-Geschichts-Bücher, sondern ebenfalls Rückblicker - was ja normal ist - es geht nicht anders.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:47 Jesu Verständnis vom Sinai Gesetz ist das einzig richtige.
Aber man braucht ein geistliches Konzept/eine geistliche Grundlage, um sein Verständnis selber zu verstehen.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:47 Jesus gedanklich bei der Betrachtung des AT auszuklammern ist daher unsinnig.
Das war nie der Ansatz unserer Diskussion. - Wenn man die AT-Leute der Zeit, als die Bücher entstanden, geistlich als das verstehen möchte, was sie sind, ist das doch eine ganz andere Sache als deren Interpretation viele Jahrhunderte später.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 14:47 Welchen Grund sollte man also haben, Jesus bei der Auslegung des AT auszuklammern?
Nach wie vor KEINEN. - Man muss nur verstehen, dass die geistliche Welt des AT zur Zeit der Schriftlegung Jesus noch nicht kannte, also aus sich selber erklärbar sein muss.
Rembremerding hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 15:55 Ein Schriftgelehrter wusste das AT zu rezitieren und auszulegen. Doch das allein genügt nicht, denn es tritt der Schatz hinzu, der dort verborgen liegt
Das aber erst ab Jesus. - Nochmals: Es ist ein Unterschied, ob man das AT authentisch aus sich selbst versteht oder in Vogelschau aus Sicht des NT. - Das ist kein entweder-oder, sondern ein sowohl-als auch.

Konkret: Bspw. zu sagen, Abraham und David seien charakterstarke Menschen gewesen, WEIL sie im Rückblick eine große heilstgeschichtliche Rolle aus neutestamentarischer Sicht haben, geht nicht. - Das muss und kann man anders lösen.
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Travis
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Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Travis »

Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 16:24 Das ist doch einvernehmlich!!! Das Problem ist, wie man die Gebundenheit ans Wort versteht!!!
Nach meiner Erfahrung entstehen die Probleme erst dann, wenn man diese Gebundenheit in Frage stellt. Auch ohne Ausrufezeichen.
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 16:24 Aber der HG sagt, WIE das Wort geistlich zu verstehen ist.
Nur in Rückbindung zu dem Wort selbst, im Kontext der Aussage und dann im Kontext der ganzen Schrift. Basis ist immer der eigentliche Wortsinn, ohne ihn zu erweitern. Gerade im AT liegt das was Gott sagen will in dem was er historisch getan hat und tut. Die Geschichte Israels ist also das Zeugnis eines in Zeit und Geschichte handelnden Gottes. Ich komme später noch dazu.
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 16:24 Ich "unterstelle" tatsächlich, dass sie sind, was sie sind, und NICHT Abkömmlinge späterer theologischer Abhandlungen sind
Dazu passen dann jedoch eine Vielzahl Deiner Gedanken nicht. Denn Israel war tasächlich in Kultur und Tradition weit abgeschotteter als dies in früheren Jahren der HKM unterstellt wurde. Außerdem ist im AT wie auch im NT, wie ich weiter unten erwähnte, Wahrheit und Wirklichkeit untrennbar miteinander verbunden. Großartiger philisophische Konzepte haben da keinen Platz und waren auch im Israel der neueren Zeit immer auf Randgruppen beschränkt.

Nehmen wir nur das Bundesereignis am Sinai. JHWH leitet mit der Befreiung aus Ägypten ein, weil dies ein konkretes und historisches Ereignis war, welches der Großteil des Volkes leibhaftigt miterlebt hat. Auf diese Weise belegt JHWH ständig, dass er seines Namens würdig handelt. Er ist, der er ist und er wird sein, der er sein wird. Im Hebräischen klingt da die meßbare Glaubwürdigkeit Gottes deutlich mit und im Laufe der Geschichte Israels ist es genau dieses "Seht her, habe ich mein Wort gehalten?", welches einen Gegensatz zum treulosen Verhalten Israels darstellt.

Wer würde auf die Idee kommen, JHWH würde seinen Bund auf Taten basieren lassen, die er nicht getan hat? Und tatsächlich wird ihm genau das unterstellt. Philosophische Luftnummern auf die man sich nicht stützen kann, wenn es brenzlig wird. Und es wurde brenzlig in der Geschichte Israels und JHWH stand zu seinem Bund.
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 16:24 Du meinst die Juden zur Zeit Christi - aber das sind doch nicht die SChreiber und Akteure der AT-Geschichts-Bücher, sondern ebenfalls Rückblicker - was ja normal ist - es geht nicht anders.
Zunächst sind dort nur AT Leute. Wie sollte es auch anders sein, es gab ja noch keinen Neuen Bund. Eine Trennung von AT und NT ist künstlich, besonders was die handelnden Personen angeht.
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 16:24 Aber man braucht ein geistliches Konzept/eine geistliche Grundlage, um sein Verständnis selber zu verstehen.
So man dieses Konzept nicht von Jesus und den Apostel selber bekommt, läuft man schief. Sie geben den Rahmen vor.
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 16:24 Das war nie der Ansatz unserer Diskussion. - Wenn man die AT-Leute der Zeit, als die Bücher entstanden, geistlich als das verstehen möchte, was sie sind, ist das doch eine ganz andere Sache als deren Interpretation viele Jahrhunderte später.
Der Punkt ist, dass Jesus das AT nicht interpretiert. Er sagt, wie es gemeint war und was genau passiert ist. Punkt. Jesus ist das Wort Gottes, er bietet keine weitere Interpretation an. Die AT Leute begriffen irgendwann, dass das was sie erleben auf etwas oder jemanden hinausläuft, dessen Zeit sie im Laufe ihres irdischen Lebens nicht sehen würden. Sie suchten nach Antworten und verstanden, dass das Handeln JHWHs eschatologisch auf eine Vollendung hinauslaufen würde, sahen jedoch, dass die Zeit noch nicht gekommen war (1Petrus 1,10-12). Heilsgeschichte.
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 16:24 Man muss nur verstehen, dass die geistliche Welt des AT zur Zeit der Schriftlegung Jesus noch nicht kannte, also aus sich selber erklärbar sein muss.
Das stimmt nur bedingt und ich traue Dir zu, dass Du das wusstest. Weshalb schränkst Du nicht ein?
Hiob hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 16:24 Konkret: Bspw. zu sagen, Abraham und David seien charakterstarke Menschen gewesen, WEIL sie im Rückblick eine große heilstgeschichtliche Rolle aus neutestamentarischer Sicht haben, geht nicht. - Das muss und kann man anders lösen.
Gerade bei den genannten Personen stimmt das nicht. Wusstest Du, oder? Hilft es was, wenn ich die Bibelstellen nenne, die Deine Aussage widerlegen? Oder kennst Du sie bereits und legst sie auf einen abstrahieren philosophischen Weg anders aus? Bislang reagiertest Du auf Bibelstellen halt nicht, weil Du ihrem Wortsinn nicht folgst. Daher frage ich und daher kam weiter unten auch meine Befürchtung, dass es für Deine Bibelauslegung im Grunde egal ist, was geschrieben steht. Falls meine letzten Aussagen despektierlich waren, bitte ich um Entschuldigung.
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Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Hiob »

Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Nach meiner Erfahrung entstehen die Probleme erst dann, wenn man diese Gebundenheit in Frage stellt.
tut doch keiner unter den Diskutanten hier.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Basis ist immer der eigentliche Wortsinn, ohne ihn zu erweitern.
Schwierige Aussage. Ein wahrscheinlich einvernehmliches Beispiel sind die Gleichnisse. - Gleichnisse MUSS man in ihren Sinn hinein erweitern. --- Das gilt auch für anderes-.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Die Geschichte Israels ist also das Zeugnis eines in Zeit und Geschichte handelnden Gottes.
So allgemein formuliert ja. - Aber nicht alles historisch Anmutende muss historisch so geschehen sein - das fängt bei der genesis an.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Nehmen wir nur das Bundesereignis am Sinai. JHWH leitet mit der Befreiung aus Ägypten ein, weil dies ein konkretes und historisches Ereignis war, welches der Großteil des Volkes leibhaftigt miterlebt hat.
Gut möglich. - Aber das kann man doch sehr wohl aus dem AT heraus verstehen - dazu bedarf es doch nicht eines NT-Framings.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 So man dieses Konzept nicht von Jesus und den Apostel selber bekommt, läuft man schief.
Du argumentierst einen entscheidenden Schritt zu spät: Es geht vorher darum, dass solches Konzept von Jesus sehr unterschiedlich verstanden werden kann. - Nimm nur mal Themen wie "Trinität". - Der Vatikan wäre erbost, würde man ihm unterstellen, es habe dieses Konzept nicht von Jesus bekommen.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Er sagt, wie es gemeint war und was genau passiert ist. Punkt.
Er sagt, wie er es als Vollender des AT versteht und wie es aus NT-Sicht gemeint ist. - Aber das hat doch GAR nichts mit der Frage zu tun, wie SChreiber der AT-Bücher geistlich getickt haben - die haben doch nicht an Jesus gedacht.

Im übrigen: Meine Argumentation geht ausdrücklich NICHT dahin, eine Kontinuität zwischen AT und NT in Frage zu stellen, sondern sie ausdrücklich zu unterstreichen. - Nur muss man diese Kontinuität nicht dadurch erzwingen, dass man das AT aus NT-Sicht styled bzw. heilsgeschichtlich im Nachhinein klärt (das tut man aus NT-Gründen sowieso), sondern man kann diese Kontinuität auch darin sehen, dass das AT selbst einen Weg zum NT hinweist - also es aus eigener Kraft tut.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Die AT Leute begriffen irgendwann, dass das was sie erleben auf etwas oder jemanden hinausläuft, dessen Zeit sie im Laufe ihres irdischen Lebens nicht sehen würden. Sie suchten nach Antworten und verstanden, dass das Handeln JHWHs eschatologisch auf eine Vollendung hinauslaufen würde
"Das Volk" wusste das sicherlich kaum, aber die Propheten und einige Textverfasser schon. - Man sieht dies bspw. an den Scheol-Beschreibungen, die nicht als "Hölle", sondern als Wartestand beschrieben werden.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Hiob hat geschrieben: ↑
Mi 5. Aug 2020, 16:24
Man muss nur verstehen, dass die geistliche Welt des AT zur Zeit der Schriftlegung Jesus noch nicht kannte, also aus sich selber erklärbar sein muss.

Das stimmt nur bedingt und ich traue Dir zu, dass Du das wusstest. Weshalb schränkst Du nicht ein?
Ja - es gab Seher wie etwa Jeremia, die das sahen.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Hiob hat geschrieben: ↑
Mi 5. Aug 2020, 16:24
Konkret: Bspw. zu sagen, Abraham und David seien charakterstarke Menschen gewesen, WEIL sie im Rückblick eine große heilstgeschichtliche Rolle aus neutestamentarischer Sicht haben, geht nicht. - Das muss und kann man anders lösen.

Gerade bei den genannten Personen stimmt das nicht. Wusstest Du, oder?
So einfach ist es nicht. - Man muss hier strikt zwischen charakterlichen/persönlichen Eigenschaften und heilsgeschichtlichen Eigenschaften trennen. - Wir können gerne einen Thread machen, in dem wir bspw. über Abraham und David sprechen - da gibt es viele Bibel-Stellen, die beiden keine vorteilhaften charakterlichen/persönlichen Eigenschaften zuteilen.

Das macht sogar Sinn: Denn damit wird gerade gezeigt, dass Gott für seine heilsgeschichtlichen Missionen eben NICHT die Starken, sondern die Schwachen auswählt. - Ich finde es schade, dass diese Offenbarung gerne verschüttet wird, indem man nach dem Motto vorgeht: "Abraham/David/etc. haben eine große heilsgeschichtliche Bedeutung - ALSO müssen sie überdurchschnittliche Charaktere gewesen sein". - Genau das ist ein Beispiel dafür, wie man rückwirkend zurecht-interpretiert.

Und das müsste nicht sein - die Kontinutiät zwischen AT und NT ist nach meiner Ansicht mit meinem Ansatz geistlich tiefer verankert.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Daher frage ich und daher kam weiter unten auch meine Befürchtung, dass es für Deine Bibelauslegung im Grunde egal ist, was geschrieben steht.
Im konkreten Beispiel meine ich genau das Gegenteil: Ich klittere nicht Bibelaussagen, um sie einem fragwürdigen Verständnis DES MENSCHEN unterzuordnen.
Travis hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 17:11 Falls meine letzten Aussagen despektierlich waren, bitte ich um Entschuldigung.
Das musst Du nicht. - Es ist gerade etwas intensiv, weil wir hier wirklich an einem wichtigen Ding dran sind, bei dem meinerseits an eingefahrenen exegetischen Mustern gerüttelt wird. - Das muss Dir nahe gehen. ---- Aber sei sicher: Unterm Strich sprechen wir vom EINEN Gott, der in AT und NT wirken - aber ich verbinde das alles auf einer anderen, wie ich meine: tieferen, Ebene.

Sorry: Ich merke gerade, dass das der falsche Thread für "AT - NT" ist. - Andererseits: "Hebräisch-griechisch" und "AT-NT" gehört eigentlich zusammen - man kann es kaum trennen. - Die Sache mit Abraham/David wäre wieder mehr das Thema "hebräisch-griechisch". - Ich schlage vor, dass wir hier einfach so weitermachen, weil es eigentlich nicht OT ist.
Rembremerding

Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Rembremerding »

Manchmal ist es nicht die Interpretation, die sich an jüdische oder hellenistische Philosophie erinnern muss, es kann auch der Adressat des Textes eine der beiden Denk- und Lebensweisen darin widerspiegeln.

Als Beispiel:
Es hat einen tiefen Sinn, warum der Evangelist Lukas eine Feldrede beschreibt, Matthäus das Geschehen als Bergpredigt. Beide Texte richten sich nach Erzählungsart und Ort an den jeweiligen kulturellen Kontext der vom Evangelisten angesprochenen Adressaten.
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Helmuth
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Re: Jüdische vs. hellenistische Philosophie in Bibelinterpretation

Beitrag von Helmuth »

Rembremerding hat geschrieben: Mi 5. Aug 2020, 20:05 Es hat einen tiefen Sinn, warum der Evangelist Lukas eine Feldrede beschreibt, Matthäus das Geschehen als Bergpredigt. Beide Texte richten sich nach Erzählungsart und Ort an den jeweiligen kulturellen Kontext der vom Evangelisten angesprochenen Adressaten.
Oder der tiefere Sinn ist schlicht die persönliche Art der Berichterstattung und man erforscht das Motiv. Das Motiv ist entscheidend ob der HG an der Niederschrift auch beteilgt war.

Lukas gibt sein Motiv einleitend an indem er möglichst der Reihe nach alles anordnet und nur das niederschreibt, was er auch gesehen und gehört hat und von dessen Zuverlässigkeit er überzeugt ist. Damit erweist er sich neben professioneller Berichterstattung auch als ausgezeichneter Historiker, dem Fakten wichtiger als Theologie sind. Man findet bei ihm keine Auslegung.

Dagegen ist Matthaus bereits zu sehr theologischer Art, dem Historizität nicht wichtig genug ist und er bereits auslegt und so teils auch falsch auslegt. Dabei reiht er die Berichte fiktiv aneinander, weil er sie als einheitliche Lehrthemen abgefasst sehen will. Das wäre an sich noch nicht tragisch, aber mehrere Bezüge zum AT sich dabei auch falsch.

Ich sehe Lukas insgesamt daher glaubwürdiger. Ich sehe nicht ein die Berichterstattung an Tradition und Theologie anzupassen, sie muss in erster Linie objektiv wahr sein. Darum ist auch Markus wegen seiner Schlichtheit mehr glaubhaft, weil er ohne Auslegung nüchtern darstellt was ohnehin auch andere bezeugen. Mk gilt als ältestes Dokument.

Kaum nachzuvollziehen ist die eigentliche Entstehung, weil wir nicht wissen was an Mt und Mk Original ist und was erst später eingeflossen ist bzw. redaktionell bearbeitet wurde, weil bestimmte theologsche Haltungen das wollten. Es gibt zur Entstehung nur Theorien und keine Quellenbelege. So muss innerbiblisch nach möglichster Übereinstimmung gesucht werden. Dazu gibt es das Mehrzeugen-Prinzip.

D.h. wenn wir heute Mt. lesen, dann lesen wir stellenweise bereits eine Interpretation und nicht das tatsächliche historische Geschehen bzgl. Jesu Biographie. Hier kam es entweder aus Angst vor hellenistischen Einfluss zum Versuch einer theologischen Korrektur oder aber ist der Bericht schlicht theologisch so gewollt abgefasst worden.

Interessanterweise ist Lukas ein Grieche, also er ist nicht einmal Hellenist sondern vermutlich waschechter Grieche und der einzige Autor der gesamten Bibel als ein Heide. So hatte er m.E. gar keinen Hang seine Berichte theologisch einzufärben. Er interpretierte nicht, er berichtete und darum ziehe ich ihn bei theologischen Themen grundsätzlich vor, weil seine autobiographische Beteiligung dazu sogar der korrektere Weg ist für die Wahrheit Zeugnis abzulegen.
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