Wann ist Bibelkritik?

Hiob
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

CoolLesterSmooth hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 14:07 ich sage damit nicht, dass die Liebe zu meiner Frau als eigene Entität in unserer Wirklichkeit existiert.
Das ist genau die Frage. - Geistlich gesehen ist Liebe zu Menschen Abbild einer Entität. - Aber schon wieder haben wir Sprachprobleme, da "Liebe" heute ganz anders als geistlich definiert wird. - Besonders deutlich wird dies in der Wendung "We make love" - aus geistlicher Sicht ein krachender Lacher.
CoolLesterSmooth hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 14:07 Wenn jemand sagt "Ich fühle, dass Cthulhu am Grund des Meeres langsam unruhig wird", dann kann die Empfindung selbt echt sein, aber es ist nur auf Basis des Gefühls doch komplett vermessen
Theoretisch richtig - sogar, modern gesehen, erkenntnis-theoretisch richtig. - Es zeigt, wie weit sich geistliche Grundlagen und heutiges Denken voneinander entfernt haben.
CoolLesterSmooth hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 14:07 Wenn es um Wahrheit ginge, müsste man sich aber damit befassen. Aber es geht ja mehr ums Wohlfühlen.
Eher umgekehrt. - Es geht um die Wahrheit und nicht um menschliche Systeme zur Definition von was auch immer. - Chic ist momentan zu sagen, dass es "Wahrheit" gar nicht gibt, sondern um Aussagen im Rahmen eines Systems. - Oder umgekehrt, dass man sagt, dass es viele Wahrheiten gäbe - das hört man inzwischen auch in der modernen Theologie.

Der kleinste gemeinsame Nenner könnte sein, dass man sich gegenseitig zugesteht, dass der jeweils andere in einer ganz anderen Wahrnehmungswelt unterwegs ist. - Wir haben wirklich einen Kulturbruch, gemessen an dem, was jahrhundertelang als Grundlage galt.
Spice hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 14:14 Ich sehe nicht, dass es sich im genannten Vers um das Jenseits handelt, sondern um die Vollendung des Menschen im Bilde Jesu Christ. Hier sollen wir die Wahrheit erkennen, damit wir überhaupt die Vollendung erreichen können.
Interessant UND aus meiner Sicht ein kapitaler Irrtum. - Andererseits aus säkular-dominierter Gegenwart, in der es um die Selbstverwirklichung im Dasein geht, sehr verständlich.

Das tradtionell mystische, metaphysische Denken wird heute eigentlich nur noch von einigen katholischen (und vielleicht auch anderen) Gruppierungen repräsentiert. - Ansonsten gilt von moderner Theologie bis agnostischen Kreisen, dass Gott letztlich eine Chiffre ist und ausschließlich das Dasein der Ort ist, an dem die Musik spielt. - Spätere Kulturwissenschaftler werden es als Kulturbruch konstatieren.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 15:57
Spice hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 14:14 Ich sehe nicht, dass es sich im genannten Vers um das Jenseits handelt, sondern um die Vollendung des Menschen im Bilde Jesu Christ. Hier sollen wir die Wahrheit erkennen, damit wir überhaupt die Vollendung erreichen können.
Interessant UND aus meiner Sicht ein kapitaler Irrtum. - Andererseits aus säkular-dominierter Gegenwart, in der es um die Selbstverwirklichung im Dasein geht, sehr verständlich.

Nein. Der "kapitale Irrtum" besteht darin, dass man die Erlösung ins Jenseits komplementiert hat, da es an personell verändernden Glauben fehlte (Heiligung).
Nicht das Jenseits erlöst, sondern der wahre Mensch. Aber nur wenn wir auch zum wahren Menschen werden.
Das tradtionell mystische, metaphysische Denken wird heute eigentlich nur noch von einigen katholischen (und vielleicht auch anderen) Gruppierungen repräsentiert. - Ansonsten gilt von moderner Theologie bis agnostischen Kreisen, dass Gott letztlich eine Chiffre ist und ausschließlich das Dasein der Ort ist, an dem die Musik spielt. - Spätere Kulturwissenschaftler werden es als Kulturbruch konstatieren.
Ja, weil man die Erlösung ins Jenseits verlegte, konnte die säkulare Welt erst recht nicht mehr den Geist ergreifen (wenn es schon nicht mal die "Gläubigen" getan haben), was man ihr nun von religiöser Seite zum Vorwurf macht!
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 16:17 Der "kapitale Irrtum" besteht darin, dass man die Erlösung ins Jenseits komplementiert hat
Ganz so ist es ja nicht. - Die Erlösung findet sehr wohl im Diesseits statt - aber trotzdem gilt "Dein Reich komme" (es ist also noch nicht da), weil das irdische Reich kein göttliches Reich ist.
Spice hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 16:17 Nicht das Jenseits erlöst, sondern der wahre Mensch.
Kennst Du einen?
Spice hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 16:17 Ja, weil man die Erlösung ins Jenseits verlegte, konnte die säkulare Welt erst recht nicht mehr den Geist ergreifen
Wenn eine Welt fundamental säkulkar gepolt ist, kann sie grundsätzlich nicht den Geist ergreifen.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von CoolLesterSmooth »

Hiob hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 15:57 Es geht um die Wahrheit
Ich habe wirklich enorme Schwierigkeiten, diese Aussage mit der Aussage in Einklang zu bringen, dass die Frage irrelevant sei, ob das, was man meint erfühlt zu haben auch wirklich das ist, was man erfühlt hat.
Ich kann doch nicht sagen, dass es mir um Wahrheit geht und gleichzeitig die Frage, ob das was ich denke wahr ist, beiseite schieben.
Spannungsmeter:
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

CoolLesterSmooth hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 17:27 Ich habe wirklich enorme Schwierigkeiten, diese Aussage mit der Aussage in Einklang zu bringen, dass die Frage irrelevant sei, ob das, was man meint erfühlt zu haben auch wirklich das ist, was man erfühlt hat.
Worauf beziehst Du Dich genau? --- Wie auch immer: Diese Frage ist nicht irrelevant, sondern die Antwort ist intersubjektiv unmöglich. - Das hängt u.a. mit den unterschiedlichen Verständnissen dessen ab, was "Wirklichkeit" ist. - Mir ist es an anderer Stelle nicht gelungen zu vermitteln, dass systemische Wirklichkeit und ontische Wirklichkeit zwei unterschiedliche Begriffe sind.

Außerdem wäre die Aussage auch nicht, dass emotional als sicher Gefühltes wahr sein muss - es gibt genug pathologische Fälle, in denen dies unwahrscheinlich erscheint. - Die Aussage wäre eher, dass geistliche Wahrheit (ein Begriff, der nur Sinn macht, wenn man damit ontische Wahrheit meint) nicht intersubjektiv nachweisbar sein kann - oder anders: Der Zugang zu geistlicher Wahrheit ist immer individuell. Und: Vermeintlich als solche gefühlte geistliche Wahrheiten können "vom anderen Geist" sein. - Dies ist der Grund, dass man in christlichen Umfeldern oft das Gebet zur "Unterscheidung der Geister" hört.

Wir müssen uns einfach damit abfinden, dass wir im Dasein in einem Strudel aus Irrtum und Wahrheit sind. - Wissenschaft hilft uns in solchen geistigen Fragen nicht, weil es ihre Möglichkeiten überschreitet.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 17:19
Spice hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 16:17 Der "kapitale Irrtum" besteht darin, dass man die Erlösung ins Jenseits komplementiert hat
Ganz so ist es ja nicht. - Die Erlösung findet sehr wohl im Diesseits statt - aber trotzdem gilt "Dein Reich komme"
Ja. Und es ist da in jedem echten Christen und wartet durch ihn auf seine Entfaltung.
(es ist also noch nicht da), weil das irdische Reich kein göttliches Reich ist.
Aber es soll sich hier auf Erden verwirklichen, wie es in der Bitte nämlich weiter heißt "Dein Wille geschehe - [wie er seit Ewigkeiten im Himmel geschieht] - so [von nun an] auf Erden"
Spice hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 16:17 Nicht das Jenseits erlöst, sondern der wahre Mensch.
Kennst Du einen?
Ist das konkrete Vorhandensein eines solchen Menschen das Kriterium für das, was sein soll? Wenn das Jenseits erlösen sollte, mein Gott, wozu dann den Aufwand von Predigten, Bibellesen (die keiner versteht) oder gar den Kreuzestod Jesu? - Dan braucht doch Gott einfach uns alle in den Himmel zu versetzen.
Und ins Jenseits gelangten doch die Menschen seit jeher. Das ist doch keine Erlösung!
Spice hat geschrieben: Mo 5. Okt 2020, 16:17 Ja, weil man die Erlösung ins Jenseits verlegte, konnte die säkulare Welt erst recht nicht mehr den Geist ergreifen
Wenn eine Welt fundamental säkulkar gepolt ist, kann sie grundsätzlich nicht den Geist ergreifen.
Man muss aber fragen, wie ist es dazu gekommen? Welchen Anteil haben daran Christen?
Einmal war es schließlich für die Menschen eine Selbstverständlichkeit, dass es Götter gab, die ganze Natur belebt empfunden wurde.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 07:54 Aber es soll sich hier auf Erden verwirklichen
Nicht im Diesseits. Das Diesseits ist und bleibt "Fürstentum der Welt"/"Reich des Fürsten" (vgl. Joh.). - Was Du meinst, könnte man auf eine nach-apokalyptische Ideal-Welt beziehen, die man leiblich oder wie ich, geist-leiblich, versteht.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 07:54 "Dein Wille geschehe - [wie er seit Ewigkeiten im Himmel geschieht] - so [von nun an] auf Erden"
Das verstehe ich anders - nämlich: "Dein Reich möge kommen" = die Ideal-Welt soll irgendwann kommen - und: "im Himmel wie auf Erden" = Das, was im Himmel gilt soll Fuß fassen auf der Erde. ---- Ich verstehe das als zwei unterschiedliche Gedanken.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 07:54 Wenn das Jenseits erlösen sollte, mein Gott, wozu dann den Aufwand von Predigten, Bibellesen (die keiner versteht) oder gar den Kreuzestod Jesu? - Dan braucht doch Gott einfach uns alle in den Himmel zu versetzen.
Ja. - Geht es nicht mehr darum, dass man bereits im Diesseits weiß, wohin die Reise hingeht? Also das Privileg der Gewissheit hat, dass irdisches Leid aufgehoben sein wird?

Ich verstehe Dich schon. - Wenn der geschundene Insasse eines nordkoreanischen Lagers, der noch nie etwas von Jesus gehört hat, plötzlich nach seinem Tode merkt, dass es erlöst weitergeht, geht das auch ohne "Predigten und Bibellesen". Aber es ist ein Unterschied, ob er diese geistliche Anbindung im Lager hat oder nicht. - "Frohbotschaft" ist natürlich fürs Diesseits gemeint.

Vielleicht vergessen wir manchmal, dass die letzen 70 Jahre bei uns in Frieden/Wohlstand und somit Platz für Selbstverwirklichungs-Attitüden vollkommen außergewöhnlich sind. Gleichzeitig ist verständlich, dass man dann und nur dann fragt, warum das Christentum nötig ist.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 07:54 Man muss aber fragen, wie ist es dazu gekommen? Welchen Anteil haben daran Christen?
Viel. - Die Stärke des Islam in Europa ist Folge einer Schwäche des Christentums. Materieller Reichtum de-spiritualisiert.

Das soll NICHT heißen, dass man Wohlstand abschaffen muss, um gute geistliche Menschen zu kriegen. - Umgekehrt: Geistliche Substanz muss stark genug sein, um auch in Zeiten des Wohlstands das Vergängliche des Materiellen zu erkennen. Das ist in weiten Teilen gescheitert.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 09:23
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 07:54 Aber es soll sich hier auf Erden verwirklichen
Nicht im Diesseits. Das Diesseits ist und bleibt "Fürstentum der Welt"/"Reich des Fürsten" (vgl. Joh.). - Was Du meinst, könnte man auf eine nach-apokalyptische Ideal-Welt beziehen, die man leiblich oder wie ich, geist-leiblich, versteht.
Ich war bisher immer der Auffassung, dass die Erde das Diesseits ist.
Das "Fürstentum der Welt" ist also per göttlicher Festschreibung ein Reich des Materialismus und Egoismus?
Es sind doch die Menschen, die die Illusion des Materiellen nicht durchschauen und deshalb die Welt zu einem solchen Herrschaftsgebiet machen!
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 07:54 "Dein Wille geschehe - [wie er seit Ewigkeiten im Himmel geschieht] - so [von nun an] auf Erden"
Das verstehe ich anders - nämlich: "Dein Reich möge kommen" = die Ideal-Welt soll irgendwann kommen - und: "im Himmel wie auf Erden" = Das, was im Himmel gilt soll Fuß fassen auf der Erde. ---- Ich verstehe das als zwei unterschiedliche Gedanken.
Wie soll denn eine Idealwelt kommen und hier auf Erden Fuß fassen, wenn die einzigen Lebewesen, die Ideale verwirklichen können, nämlich wir Menschen, das nicht tun?
Ja, Gott will, dass das Himmelreich auf Erden erscheine. Aber für die meisten Christen ist das Vaterunser nur Geplapper!
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 07:54 Wenn das Jenseits erlösen sollte, mein Gott, wozu dann den Aufwand von Predigten, Bibellesen (die keiner versteht) oder gar den Kreuzestod Jesu? - Dan braucht doch Gott einfach uns alle in den Himmel zu versetzen.
Ja. - Geht es nicht mehr darum, dass man bereits im Diesseits weiß, wohin die Reise hingeht? Also das Privileg der Gewissheit hat, dass irdisches Leid aufgehoben sein wird?

Ich verstehe Dich schon. - Wenn der geschundene Insasse eines nordkoreanischen Lagers, der noch nie etwas von Jesus gehört hat, plötzlich nach seinem Tode merkt, dass es erlöst weitergeht, geht das auch ohne "Predigten und Bibellesen". Aber es ist ein Unterschied, ob er diese geistliche Anbindung im Lager hat oder nicht. - "Frohbotschaft" ist natürlich fürs Diesseits gemeint.
Wenn also tatsächlich das Evangelium nichts anderes als Vertröstung auf ein besseres Jenseits sein sollte, bleibt immer noch die Frage ungelöst, weshalb dann Jesus am Kreuz sterben musste?
Und wozu wollen wir dann Nichtchristen, die ganz gut mit dem irdischen Leben zurechtkommen unbedingt bekehren? - Sie kommen doch dann genauso wie wir, in den Himmel?
Aber wird nicht auch von einer Hölle gesprochen?
Und weshalb sollten dann nur diejenigen, die sich jetzt mit einem besseren Jenseits trösten, aufgrund dieses Glaubens auch tatsächlich in ein solches kommen?
Scheint es nicht eher so zu sein, dass sich der Aufenthalt im Jenseits aus der tatsächlichen Verfassung des Individuums ergibt? - Alles andere macht doch keinen Sinn!
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 07:54 Man muss aber fragen, wie ist es dazu gekommen? Welchen Anteil haben daran Christen?
Viel. - Die Stärke des Islam in Europa ist Folge einer Schwäche des Christentums. Materieller Reichtum de-spiritualisiert.

Materialismus bahnte sich in Europa seinen Weg lange vor dem Islam. Weshalb war denn das Christentum schwach und ist seit dem Mittelalter noch schwächer geworden?
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Ich war bisher immer der Auffassung, dass die Erde das Diesseits ist.
:lol: - Das ist sie auch - aber wenn in der Bibel von "neue Erde" die Rede ist, ist das nicht das Diesseits in unserem Sinne.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Das "Fürstentum der Welt" ist also per göttlicher Festschreibung ein Reich des Materialismus und Egoismus?
Überm Daumen ja. -
Joh. 14,30
Ich werde nicht mehr viel mit euch reden; denn es kommt der Fürst dieser Welt, und hat nichts an mir. 31Aber auf daß die Welt erkenne <sic!>, daß ich den Vater liebe und ich also tue, wie mir der Vater geboten hat: stehet auf und lasset uns von hinnen gehen.
Joh. 12,31
Jetzt geht das Gericht über die Welt; nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden.
Das Diesseits ist also dann vorbei, wenn das Gericht kommt, bei dem der Fürst rausfliegt. - Bis dahin ist er der Chef.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Es sind doch die Menschen, die die Illusion des Materiellen nicht durchschauen und deshalb die Welt zu einem solchen Herrschaftsgebiet machen!
Klar - das könnten sie aber nicht ohne den Einfluss des "anderen Geistes". - Dem ebenbildlichen Wesen entspricht dies nicht.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Wenn also tatsächlich das Evangelium nichts anderes als Vertröstung auf ein besseres Jenseits sein sollte, bleibt immer noch die Frage ungelöst, weshalb dann Jesus am Kreuz sterben musste?
Zur Lösung dieser Frage habe ich sehr lange gebraucht und die Antwort wäre lange - trotzdem versuche ich es mal ganz kurz und möglicherweise unverständlich:
Die Trennung von Gott und Mensch erfolgt durch die Entdeckung des eigenen Eigen-Bewusstseins durch den Menschen ("Baum der Erkenntnis") - seitdem gibt es zwei Orientierungs-Größen für den Menschen, nämlich Gott und Mensch. Indikator für diese Trennung ist Leid.

Andererseits ist dieses Eigen-Bewusstsein nötig, damit der Mensch Gott nicht nur bewusstlos, sondern auch eigen-bewusst erkennen (wollen) kann, was Gott will. - Jesu Kreuzestod ist im Grunde Gottes Kreuzestod, der zur Lösung dieser Aporie selber ans Kreuz geht (deshalb bin ich Trinitarier). - Am Kreuz wird zweierlei überwunden:
* Der Eigen-Wille, weil er in Gottes Wille aufgehoben wird (= das FREIE "Dein Wille geschehe"),
* das Leid, weil in ihm die Wiedervereinigung des Menschen mit Gott vollendet wird.

Dies kann kein Mensch schaffen, weil kein Mensch sein Eigen-Bewusstsein/seinen Eigen-Willen ohne Rest in Gottes Willen aufheben kann - das kann nur Gott im Menschen = Jesus.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Und wozu wollen wir dann Nichtchristen, die ganz gut mit dem irdischen Leben zurechtkommen unbedingt bekehren? - Sie kommen doch dann genauso wie wir, in den Himmel?
"Bekehren" heißt "im Diesseits bewusst machen".
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Aber wird nicht auch von einer Hölle gesprochen?
Hölle ist äonisch gemeint. - Hier sind wir an dem Punkt, ob im 2. Feuer DIE Bösen oder DAS Böse vernichtet wird. - Aus meiner Sicht "DAS Böse".
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Und weshalb sollten dann nur diejenigen, die sich jetzt mit einem besseren Jenseits trösten, aufgrund dieses Glaubens auch tatsächlich in ein solches kommen?
Das entspricht ja nicht meiner Auffassung.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Scheint es nicht eher so zu sein, dass sich der Aufenthalt im Jenseits aus der tatsächlichen Verfassung des Individuums ergibt? - Alles andere macht doch keinen Sinn!
Doch. - Dein Argument ist schon wieder menschen-orientiert: "Bringe ich Dich in die Verfassung x und Du wirst Lohn y erhalten". - "Ebenbildlich" heißt aber, dass JEDER Mensch im Wesen gleich ist - siehe auch: Verlorener Sohn.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Materialismus bahnte sich in Europa seinen Weg lange vor dem Islam.
Ja. - Aber es ist ein Unterschied, ob man gegen eigene Überzeugungen verstößt ("Ich weiß, dass Töten Sünde ist, aber ich kille jetzt Spice, damit an seinen Geldbeutel komme") oder ob man "böses" Tun für "gut" hält ("Es ist gut, Spice zu killen, weil er einen fetten Geldbeutel dabei hat"). - Unsere Gesellschaft neigt zu letzterem - oder anders: Unsere Gesellschaft bricht nur deshalb nicht auseinander, weil es Gesetze und Polizei gibt, die GEsetze überwachen - aber es sind zunehmend keine geistlichen inneren Gründe mehr ("Es gehört sich nicht"/"Es ist Sünde").

So - jetzt rudere ich etwas zurück: In Europa ist es irgendfwo zwischendrin, während uns die USA hier "voraus" ist.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 12:10
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Ich war bisher immer der Auffassung, dass die Erde das Diesseits ist.
:lol: - Das ist sie auch - aber wenn in der Bibel von "neue Erde" die Rede ist, ist das nicht das Diesseits in unserem Sinne.
Wozu sollen wir dann schon seit 2000 Jahren beten, "Dein Reich komme. Dein Wille geschehe" ? - Da ist wohl gemeint, dass UNSER Leben im Hier & Jetzt das Reich herbeiführt.
Oder meinst Du Gott ist so vergesslich, dass wir ihn daran erinnern müssen, was er tun will?
Meinst Du allen Ernstes es bestehe kein notwendiger Zusammenhang zwischen unserem gegenwärtigen Leben und der zukünftigen Erde?
Da bist Du ja wie die Zeugen Jehovas! - Bei denen gibt es auch nirgends einen Zusammenhang.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Das "Fürstentum der Welt" ist also per göttlicher Festschreibung ein Reich des Materialismus und Egoismus?
Überm Daumen ja. -
Das ist schon sonderbar: Da will Gott das Gute und lässt den "Teufel" gewähren... Aber wenn man genauer hinschaut ist alles Böse allein aus dem Menschen erklärlich.
Aber solange das Christentum auf diesem Niveau agiert, wird der "Fürst der Welt" noch lange herrschen.
Joh. 14,30
Ich werde nicht mehr viel mit euch reden; denn es kommt der Fürst dieser Welt, und hat nichts an mir. 31Aber auf daß die Welt erkenne <sic!>, daß ich den Vater liebe und ich also tue, wie mir der Vater geboten hat: stehet auf und lasset uns von hinnen gehen.
Joh. 12,31
Jetzt geht das Gericht über die Welt; nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden.
Das Diesseits ist also dann vorbei, wenn das Gericht kommt, bei dem der Fürst rausfliegt. - Bis dahin ist er der Chef.
Es heißt "Jetzt ergeht das Gericht über die Welt" und das ist vollkommen logisch. Denn mit Jesu Auferstehung ist der Tod ein für allemal besiegt und damit die Herrschaft des Irrtums entmachtet.
Wenn wir das für uns persönlich glauben, dann wird die Auferstehungskraft in uns lebendig, die uns immer mehr von allem Leid und schließlich vom individuellen Tod befreit,
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Es sind doch die Menschen, die die Illusion des Materiellen nicht durchschauen und deshalb die Welt zu einem solchen Herrschaftsgebiet machen!
Klar - das könnten sie aber nicht ohne den Einfluss des "anderen Geistes". - Dem ebenbildlichen Wesen entspricht dies nicht.
Was meinst Du mit "anderem Geist" ?
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Wenn also tatsächlich das Evangelium nichts anderes als Vertröstung auf ein besseres Jenseits sein sollte, bleibt immer noch die Frage ungelöst, weshalb dann Jesus am Kreuz sterben musste?
Zur Lösung dieser Frage habe ich sehr lange gebraucht und die Antwort wäre lange - trotzdem versuche ich es mal ganz kurz und möglicherweise unverständlich:
Die Trennung von Gott und Mensch erfolgt durch die Entdeckung des eigenen Eigen-Bewusstseins durch den Menschen ("Baum der Erkenntnis") - seitdem gibt es zwei Orientierungs-Größen für den Menschen, nämlich Gott und Mensch. Indikator für diese Trennung ist Leid.

Andererseits ist dieses Eigen-Bewusstsein nötig, damit der Mensch Gott nicht nur bewusstlos, sondern auch eigen-bewusst erkennen (wollen) kann, was Gott will.
Geht es Gott um Gott, also die Stillung "seiner" Bedürfnisse oder um uns?
- Jesu Kreuzestod ist im Grunde Gottes Kreuzestod, der zur Lösung dieser Aporie selber ans Kreuz geht (deshalb bin ich Trinitarier). - Am Kreuz wird zweierlei überwunden:
* Der Eigen-Wille, weil er in Gottes Wille aufgehoben wird (= das FREIE "Dein Wille geschehe"),
* das Leid, weil in ihm die Wiedervereinigung des Menschen mit Gott vollendet wird.
Welcher Eigenwille wurde überwunden? - Jesu Eigenwille?
Die Menschen sind jetzt eigenwilliger als je zuvor, und das Leid besteht auch noch, und wird weiterhin bestehen, wenn sich der Mensch nicht ändert.

Dies kann kein Mensch schaffen, weil kein Mensch sein Eigen-Bewusstsein/seinen Eigen-Willen ohne Rest in Gottes Willen aufheben kann - das kann nur Gott im Menschen = Jesus.
Nur im Bewusstsein, dass mich - da ich ewig bin - nichts vernichten kann, kann ich alles "fleischliche" Wesen aufgeben. Wer das nicht tut, bleibt im Leid.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Und wozu wollen wir dann Nichtchristen, die ganz gut mit dem irdischen Leben zurechtkommen unbedingt bekehren? - Sie kommen doch dann genauso wie wir, in den Himmel?
"Bekehren" heißt "im Diesseits bewusst machen".
Muss doch aber nicht sein, wenn man auch so gut zurechtkommt.
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Aber wird nicht auch von einer Hölle gesprochen?
Hölle ist äonisch gemeint. - Hier sind wir an dem Punkt, ob im 2. Feuer DIE Bösen oder DAS Böse vernichtet wird. - Aus meiner Sicht "DAS Böse".
Und wenn die Menschen böse bleiben?
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Und weshalb sollten dann nur diejenigen, die sich jetzt mit einem besseren Jenseits trösten, aufgrund dieses Glaubens auch tatsächlich in ein solches kommen?
Das entspricht ja nicht meiner Auffassung.
Wenn es so einfach ist, dass alle in den Himmel kommen, muss man doch kein bohei darum machen..
Spice hat geschrieben: Di 6. Okt 2020, 10:17 Scheint es nicht eher so zu sein, dass sich der Aufenthalt im Jenseits aus der tatsächlichen Verfassung des Individuums ergibt? - Alles andere macht doch keinen Sinn!
Doch. - Dein Argument ist schon wieder menschen-orientiert: "Bringe ich Dich in die Verfassung x und Du wirst Lohn y erhalten". - "Ebenbildlich" heißt aber, dass JEDER Mensch im Wesen gleich ist - siehe auch: Verlorener Sohn.
Der verlorene Sohn gibt seine alte verfassung auf und nimmt freiwillig die wahre an.
Es geht darum, dass wir uns konkret und zwar von Grund auf ändern, sonst wird`s nichts mit dem Himmelreich.
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