Sunbeam hat geschrieben: ↑Do 17. Dez 2020, 19:48
Denn nach dem nun auch der Herr Kardinal Rainer Woelki wegen Vertuschungsvorwürfen im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht
Zunächst mal - das ist ein anderes Thema als "Dreifaltigkeit" - vielleicht veranlasst Du mal, dass dieses Thema hier einen eigenen Thread bekommt.
Was ist "Öffentlichkeit"? - Wenn ich nun mal streng säkular argumentieren würde, was eigentlich in einer säkular interessierten Gesellschaft "das Mittel der Wahl" sein müsste, reden wir hier zum weit überwiegenden Teil von juristisch verjährten Fällen. Man ging ja bis ins Jahr 1945 (!) zurück, um dann so um die 2000 Fälle zu thematisieren. -- Mit anderen Worten: Die "Öffentlichkeit", um die es hier geht, ist keine juristisch relevante Öffentlichkeit ("Im Namen des Volkes"), sondern eine rein mediale Gesellschaft. - Das sollte mal gesagt sein.
Nun sind wir uns wahrscheinlich einig, dass von diesen roundabout 2000 Fällen jeder einzelne Fall einer zu viel ist. Verschärfend kommt hier dazu, dass Täter und Opfer in einem besonderen Vertrauensverhältnis stehen - man nennt das "asymmetrisches Verhältnis" (juristisch ist dies strafverschärfend). - Nichtsdestoweniger sind dies Einzelfälle - in der säkularen Gesellschaft sind die Zahlen prozentual in derselben Größenordnung. - Dies kommt in der üblichen unkritischen Berichterstattung nicht vor - vielmehr wird der Eindruck erweckt, dies sei ein speziell katholisch-geistliches Problem. - Mich erinnert das an Anwürfe vom Trump-Umfeld, die Demokraten würden in Washington in Kellern Kinder halten, von deren Blut sie sich ernähren würden (mehr als ein Drittel des Volkes scheint das ernsthaft zu glauben).
Sunbeam hat geschrieben: ↑Do 17. Dez 2020, 19:48
Woelki hatte eingeräumt, 2015 Missbrauchsvorwürfe gegen einen mittlerweile verstorbenen Priester nicht nach Rom weitergemeldet zu haben.
So habe ich es ebenfalls gehört. - 2015 scheint der Beschuldigte noch gelebt zu haben, aber hochbetagt und debil in einem Altersheim gehaust zu haben - er konnte also gar nicht befragt werden. - Und wie gesagt: Das war (meines Wissens) ein verjährter Fall - da gab es keine Verpflichtung der säkularen Gesellschaft gegenüber. --- Wenn jetzt der Vatikan kirchen-rechtlich sagt "Hey Woelki, das war eine Anweisung, da hast Du nichts zu interpretieren" geht das uns als Säkulare nichts an". - Denn "Im Namen des Volks" ist alles erledigt (bzw. hat sich wg. Verjährung selber erledigt).
Sunbeam hat geschrieben: ↑Do 17. Dez 2020, 19:48
Denn es vergeht doch praktisch kein Tag in dem nicht neue Fälle des Missbrauchs und der ungeheuerlichsten Vertuschungen an den Tag kommen, das kannst du wieder abwiegeln, aber es wird dir nur soweit nützen, bis der nächste Vertuschungs oder Missbrauch-Skandal fällig ist.
Erneut: Auch Bischöfe sind in Deutschland nur dem Gesetz verpflichtet - sie dürfen also nicht gegenüber dem Gericht vertuschen. Wenn sie gegenüber der Gesellschaft den Deckel zulassen, mag das kritisierungs-würdig sein, ist aber deren Entscheidung - sind nicht verpflichtet.
Nein - neue Skandale werden vermutlich nur noch sehr wenige kommen. - Seit mindestens 5 Jahren gibt es für Geistliche einen derart strengen Verhaltenskodex, dass sie nicht mal mehr einem Kind die Schuhe zubinden (dürfen). - Auch von seelsorgerischen Umarmungen wird meines Wissens dringend abgeraten, obwohl diese eigentlich manchmal schon wichtig wären. - Da wird innerhalb der Geistlichkeit ziemlich viel diskutiert.
Sunbeam hat geschrieben: ↑Do 17. Dez 2020, 19:48
alles nur "Kirchenhetze" wie der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Zollitsch damals besinnungslos geiferte
Das war gar nicht so sehr "besinnungslos" - die aggressive Grundstimmung gegenüber der RKK hat es bereits vor dem Missbrauchsskandal gegeben. - Zollitsch hat damals zurückgezogen, weil anscheinend innerhalb der Kirche eine insgesamte Appeasement-Mentalität der Gesellschaft gegenüber überwiegt ("Ja nicht provozieren"/"Sich diplomatisch ausdrücken"/etc.) --- das finde ich übrigens falsch.
Sunbeam hat geschrieben: ↑Do 17. Dez 2020, 19:48
Der zurückgetretene Sprecher des Betroffenenbeirats des Erzbistums, Patrick Bauer, zeigte sich gegenüber dem „Stadt-Anzeiger“ „maßlos enttäuscht“ von den Geschehnissen in Köln.
Das entspricht seiner Funktion.
Sunbeam hat geschrieben: ↑Do 17. Dez 2020, 19:48
Die katholische Kirche kann doch die unzähligen Missbräuche gar nicht in aller Konsequenz und Ehrlichkeit "aufarbeiten" weil ihnen dann, zumindest in Europa, ihre eigener Laden um die Ohren fliegt, nicht?
Bestimmt nicht. - Erstens kann es kaum noch schlimmer werden, zweitens ist der Missbrauchsskandal nicht der Auslöser einer Kirchenkrise, sondern ein Nutznießer. Das heißt: Hätte es nicht schon davor die geistliche Kirchenkrise (= Ent-Geistlichung/Säkularisierung der Gesellschaft) gegeben, wäre der Missbrauchsskandal schon längst gegessen. Insofern hat die Kirchenkrise vorher wenigstens den positiven Effekt, dass die Kirche seit einiger Zeit mehr als sensibilisiert ist, was das Thema Missbrauch angeht.
Aber um die Ohren fliegt da gar nichts. - Die RKK ist Weltkirche, egal ob mit oder ohne Europa - und wenn Covid-19 die Durchschlagskraft der Pest (gehabt) hätte, wäre auch Europa wieder im Boot. --- Glaub mir: Um ihre Existenz macht sich die RKK wirklich keine Sorgen.
Sunbeam hat geschrieben: ↑Do 17. Dez 2020, 19:53
Euch Katholiken mag der wilde Sturmwind andere Scheitel kämmen, aber ansonsten seid ihr nicht besser, auch nicht schlechter, als jeder andere Christ welcher Konfession auch immer.
Davon abgesehen, dass ich nicht Mitglied der RKK bin, entscheidet sich "gut" und "schlecht" immer nur im Einzelnen. - Ich kenne katholische Geistliche, die JEDEN Menschen guten Willens als "katolikos" bezeichnen (Das heißt: Auch ein Evangelikaler guten Willens ist "katolikos").
Das führt natürlich dazu, dass sich der Katholizismus als "Original" versteht, von dem alles, was sich abspaltet, NICHT Original ist. - Aber das bekümmert die Priester in der seelsorgerischen Arbeit überhaupt nicht. - Nebenbei: Ich höre von Priestern, dass sie Eucharistie sozusagen zur Erholung machen - die Hauptsache und der Stress des Tages sei es, geistlich zusammengebrochene Menschen wieder aufzurichten. Und davon gäbe es immer mehr, sagt man.