Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Philosophisches zum Nachdenken
Claymore
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 19:50In einer Weise, die Dich evt. überraschen würde, möglicherweise ja. - Der "wohlwollende Gott" ist als entscheidende Setzung schon wichtig, aber Du verstehst es nicht. - Ich habe jetzt x-mal versucht, einen argumentativen Einflugwinkel zu finden, der aus Deiner Warte bemerkbar ist. Es funktioniert nicht.
Projektion?

Mal als kleine Bemerkung am Rande: Descartes hat den wohlwollenden Gott nicht gesetzt, sondern einen Beweis für ihn geliefert. In dem Sinn hätte nicht mal Descartes selbst verstanden, was du hier als seine Philosophie verkaufst.
Hiob hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 19:50 Das ist die Basis, die man kapiert haben muss, um überhaupt einen Schritt weiter zu gehen.
Wenn was offensichtlicher Unsinn ist, gibt’s auch nix zu kapieren. Und dass dir der Forenhofnarr recht gibt, darauf würde ich mir nichts einbilden.

Eigentlich ist es doch soooo einfach:
Paul hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 16:11 alle, aber auch alle denksysteme beruhen auf ontologischen vorannahmen...es ist noch keineswegs bewiesen, dass naturgesetze immer und überall wirken...ich bin das lebende gegenbeispiel :devil:
Paul hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 18:33 erzähl...wollt schon immer mal wissen, wie es sich so anfühlt, alles zu wissen :mrgreen:
Es ist doch kein Problem, an eine unendliche Menge von Propositionen/Überzeugungen U1, U2, U3, … zu glauben. Es ist genauso wenig ein Problem, eine unendlich lange Rechtfertigungskette zu konstruieren, so dass jede Überzeugung aus einer anderen folgt: U1 ⇐ U2 ⇐ U3 ⇐ …

Voila, nix da “Vorannahmen”! Also ist das folgende Unsinn:
Paul hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 18:15 um überhaupt anfangen zu können, müssen wir etwas setzen, vorausetzen...gott, naturgesetze, steiner :lol:
Das Problem ist nur, dass hierdurch keine vernünftige Rechtfertigung erreicht wird.

Wenn ich an unendlich viele Überzeugungen glaube

“In meinem Zimmer sind mindestens n Elefanten” (für alle n > 1),

dann folgt logischerweise

“In meinem Zimmer sind mindestens 2 Elefanten”
aus
“In meinem Zimmer sind mindestens 3 Elefanten”
aus
“In meinem Zimmer sind mindestens 4 Elefanten”


d.h. die Überzeugungen sind alle logisch auf diese Art “gerechtfertigt”. Vorannahmen benötige ich nicht.

Nur erreicht dadurch natürlich

“In meinem Zimmer sind mindestens 2 Elefanten”

dennoch keine vernünftige Rechtfertigung.

Was ist also zu tun, wenn eine unendliche Rechtfertigungskette (Option A) zwar vom menschlichen Verstand konstruierbar, aber nicht vernünftig rechtfertigend ist?

Eine andere Möglichkeit wäre ein Zirkelschluss (B):

U1 ⇒ U2 ⇒ U3 ⇒ … ⇒ Un ⇒ U1

Dieser ist aber nach unserem normalen Verständnis von vernünftiger Rechtfertigung auch nicht akzeptabel.

Nun bleiben noch zwei Möglichkeiten übrig:

(C) Man startet mit einer Überzeugung U1, die unbegründet / ungerechtfertigt bleibt.

(D) Man startet mit einer Überzeugung U1, die zwar begründet / gerechtfertigt ist, aber nicht durch eine zugrundeliegende Überzeugung (Proposition). Sondern durch etwas anderes, z. B. Selbst-Evidenz.

Die klassische Lösung ist bekanntlich (D). Was du jedoch propagierst, ist ernsthaft (!!) Option (C). Und Paul ist der Unterschied zwischen (C) und (D) wohl gar nicht klar.

Diese Lösung ist aber die schlechteste von allen.

Falls (D) nicht akzeptabel ist: Modern ist, sich mit (B) anzufreunden. Auf jeden Fall wäre (B) hier (C) vorzuziehen: “Ich hab ein so tolles zirkuläres System aufgebaut, so beeindruckend, so schön, das ist mir Rechtfertigung genug!”

Alles ist besser als unbegründete Setzung. Sogar Option (A)!
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 19:50Eine Vorannahme ist, dass das Vermutete nicht Produkt der Res Cogitans ist, sondern eigene Entität neben der Res cogitans, die von der Res cogitans authentisch wahrgenommen werden kann. - Diese Vorannahme ist NÖTIG, bevor man überhaupt mit Naturwissenschaft anfängt. (Natürlich denkt da ein Wissenschaftler, der nichts als Wissenschaftler ist, nicht drüber nach - aber hier geht es doch um philosophische Grundlagen der Wissenschaft).
Warum ist diese “Vorannahme” (?!) nötig? In welcher Form würde einen Solipsismus (oder auch nur Skepsis in diese Richtung) denn konkret von einer wissenschaftlichen Karriere abhalten?
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

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:lol:

das einzig selbstevidente bin ich...das ist nun mal so :mrgreen:
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 20:36 Descartes hat den wohlwollenden Gott nicht gesetzt, sondern einen Beweis für ihn geliefert.
Da hat er einen Zirkel-Beweis gemacht, also in Wirklichkeit gesetzt.
Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 20:36 Wenn was offensichtlicher Unsinn ist, gibt’s auch nix zu kapieren.
WENN es so ist, hast Du recht. --- Ehrlich: Als im anderen Forum erstmals über dieses Thema gesprochen wurde, ging ich davon aus, dass es um ein Ins-Gedächtnis-Rufen eines gemeinsamen Nenners ginge. Inzwischen weiß ich, dass es diesen gemeinsamen Nenner nicht gibt. Dies hatte einen Vorteil: Ich habe dadurch verstanden, warum die heute vorherrschende Auffassung zu Fragen wie Ontologie, etc. so ist, wie sie ist. - Alles hat also sein Gutes (auch wenn die Erkenntnis eine schlechte ist).
Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 20:36 Es ist doch kein Problem, an eine unendliche Menge von Propositionen/Überzeugungen U1, U2, U3, … zu glauben. Es ist genauso wenig ein Problem, eine unendlich lange Rechtfertigungskette zu konstruieren, so dass jede Überzeugung aus einer anderen folgt: U1 ⇐ U2 ⇐ U3 ⇐ …

Voila, nix da “Vorannahmen”!
Genau das SIND doch Vorannahmen. :o
Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 20:36 Alles ist besser als unbegründete Setzung. Sogar Option (A)!
Ontisch denken und inner-systemisch denken sind zwei Paar Stiefel. - Und vor allem: Alle Deine Beispiele fangen da an, wo die Cogito-versus-"außerhalb davon"-Frage längst geklärt ist. Du fängst also mit frühestens Schritt 2 an.
Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 21:02 In welcher Form würde einen Solipsismus (oder auch nur Skepsis in diese Richtung) denn konkret von einer wissenschaftlichen Karriere abhalten?
Einen Wissenschaftler, die nichts als Wissenschaftler ist, würde dies in der Tat NICHT abhalten. Aber jemanden, der erst mit Wissenschaft anfangen will, nachdem deren ontologischen Grundlagen geklärt sind, wäre es wichtig.

Wobei dies der Punkt ist, an dem man wieder mal daran erinnern muss, dass "ontologisch sensu traditionell = metaphysisch" geradezu das Gegenteil von "ontologisch sensu naturalistisch" ist. Hier hat also der Neusprech-Teufel zugeschlagen, der wie üblich viel Verwirrung gebracht hat.

Um wieder mal auf den Thread-Titel zurückzukommen:
Das metaphysische alias ontologische sensu traditionelle Verständnis von Cogito lässt es nicht zu, dass KI jemals qualitativ menschlich sein kann. (Deswegen sind wir doch überhaupt auf Descartes gekommen)
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 23:40
Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 20:36 Descartes hat den wohlwollenden Gott nicht gesetzt, sondern einen Beweis für ihn geliefert.
Da hat er einen Zirkel-Beweis gemacht, also in Wirklichkeit gesetzt.
Ein normaler Mensch würde dann einfach sagen, dass Descartes mit dem, was er vor hatte, gescheitert ist. Fertig.

Du dagegen gehst her und bastelst dir eine Descartes-Karikatur zusammen: “Descartes setzt glaubensmäßig den wohlwollenden Gott”. Obwohl in seinen Werken nichts auf diese Intention schließen lässt.
Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 20:36 Wenn was offensichtlicher Unsinn ist, gibt’s auch nix zu kapieren.
WENN es so ist, hast Du recht. --- Ehrlich: Als im anderen Forum erstmals über dieses Thema gesprochen wurde, ging ich davon aus, dass es um ein Ins-Gedächtnis-Rufen eines gemeinsamen Nenners ginge. Inzwischen weiß ich, dass es diesen gemeinsamen Nenner nicht gibt. Dies hatte einen Vorteil: Ich habe dadurch verstanden, warum die heute vorherrschende Auffassung zu Fragen wie Ontologie, etc. so ist, wie sie ist. - Alles hat also sein Gutes (auch wenn die Erkenntnis eine schlechte ist).
Ab wann beginnt dein “heute”? Nach dem Neolithikum?

Diese Zeit von “wir wollen glaubensmäßig setzen”, wenn es sie je gab, war doch schon bei den Vorsokratikern vorbei. Schon da war es peinlich, wenn ein Philosoph damit anfing.

Du kannst ja gerne mal in der Philosophiegeschichte kramen ob du nur einen einzigen Philosophen findest, der “glaubensmäßig setzen” propagierte.
Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 20:36 Es ist doch kein Problem, an eine unendliche Menge von Propositionen/Überzeugungen U1, U2, U3, … zu glauben. Es ist genauso wenig ein Problem, eine unendlich lange Rechtfertigungskette zu konstruieren, so dass jede Überzeugung aus einer anderen folgt: U1 ⇐ U2 ⇐ U3 ⇐ …

Voila, nix da “Vorannahmen”!
Genau das SIND doch Vorannahmen. :o
Natürlich nicht.

Wenn U1 durch U2 begründet ist, dann ist U1 ja sicherlich keine “Vorannahme” (argh). Das ist doch die Idee bei deiner Begriffsbildung “Vorannahme”: Eine Annahme, die selbst nicht mehr begründet wird.

Das gleiche gilt für U2, das durch U3 begründet wird: U2 ist keine Vorannahme. Und für U3, das durch U4 begründet wird: U3 ist keine Vorannahme. Usw.
Claymore hat geschrieben: So 18. Jul 2021, 20:36 Alles ist besser als unbegründete Setzung. Sogar Option (A)!
Ontisch denken und inner-systemisch denken sind zwei Paar Stiefel.
K.A. was da “inner-systemisch” ist. Das ist allgemeine Struktur von epistemischer Begründung. Sehr viel grundlegender geht es nicht mehr.

“Ontisch denken” scheint ein Tarnbegriff für “anything goes” aka “glaubensmäßiges setzen” zu sein, ja?
- Und vor allem: Alle Deine Beispiele fangen da an, wo die Cogito-versus-"außerhalb davon"-Frage längst geklärt ist. Du fängst also mit frühestens Schritt 2 an.
  1. Es ist nur ein Beispiel, nicht mehrere.
  2. Die eigentliche Argumentation hängt nicht von dem Beispiel ab, sie ist völlig allgemein formuliert. Und ist auch unabhängig von der “Cogito-versus-außerhalb davon-Frage” (sie ist fundamentaler als das). Denk dir das Beispiel mit den Elefanten einfach weg, wenn es dich so stört.
  3. Es ist bezeichnend, dass du mal wieder rein gar nichts substantielles dazu antworten kannst. Nur peripheres rumgenörgle.
  4. Es geht primär um den Unterschied zwischen (C) und (D). Das unterscheidet klassischen erkenntnistheoretischen Fundamentalismus von “wir spielen Philosoph” à la Hiob.
Einen Wissenschaftler, die nichts als Wissenschaftler ist, würde dies in der Tat NICHT abhalten. Aber jemanden, der erst mit Wissenschaft anfangen will, nachdem deren ontologischen Grundlagen geklärt sind, wäre es wichtig.
Eine Klärung gibt’s aber in deiner Welt nicht. Nur glaubensmäßiges Setzen.
Wobei dies der Punkt ist, an dem man wieder mal daran erinnern muss, dass "ontologisch sensu traditionell = metaphysisch" geradezu das Gegenteil von "ontologisch sensu naturalistisch" ist. Hier hat also der Neusprech-Teufel zugeschlagen, der wie üblich viel Verwirrung gebracht hat.
Das größere Problem ist hier, dass von dir “ontologische Vorannahmen” = “unbegründete, glaubensmäßige Setzungen” gespusht wird.
Um wieder mal auf den Thread-Titel zurückzukommen:
Das metaphysische alias ontologische sensu traditionelle Verständnis von Cogito lässt es nicht zu, dass KI jemals qualitativ menschlich sein kann. (Deswegen sind wir doch überhaupt auf Descartes gekommen)
Der Thread wurde als OT abgespalten, falls du es noch nicht gemerkt hast.
Hiob
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Ein normaler Mensch würde dann einfach sagen, dass Descartes mit dem, was er vor hatte, gescheitert ist. Fertig.
Aber es gibt Aussagen von ihm, die aufgeklärter sind als vieles, was man heute vornehmlich meint. - Es ist doch ein Fehler zu sagen: "Hier sind nachweisbare Fehler, also ist der Rest ebenfalls nichts wert". - Das ist zwar modern gedacht, aber seit wann wäre dies ein Qualitätsmerkmal?
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Du dagegen gehst her und bastelst dir eine Descartes-Karikatur zusammen: “Descartes setzt glaubensmäßig den wohlwollenden Gott”.
Das tut er doch. Er fabriziert hier einen klassischen Zirkelschluss: "Gott ist das Höchste und weil das Höchste nicht böse sein kann, ist Gott wohlwollend - q.e.d.". Natürlich ein Fake-q.e.d.

Trotzdem bleibt die Hauptaussage bestehen: "Die Res extensae sind Entitäten, wenn ich 'Gott ist wohlwollend" setze" (was er ja im Grunde tut).
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Ab wann beginnt dein “heute”? Nach dem Neolithikum?
Seit etwa 3 Generationen.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Du kannst ja gerne mal in der Philosophiegeschichte kramen ob du nur einen einzigen Philosophen findest, der “glaubensmäßig setzen” propagierte.
Das wäre reine Fleißarbeit. Spontan fällt mir Kant ein mit seinem "Ding an sich" sowie seiner Aussage, dass er Vernunft an ihre Grenzen getrieben habe, um Platz für den Glauben zu haben. Kant hat gewusst, dass seine Untersuchung der Vernunft auf etwas beruht, was jenseits davon ist - siehe auch seine Aussagen zur Mystik.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Natürlich nicht.

Wenn U1 durch U2 begründet ist, dann ist U1 ja sicherlich keine “Vorannahme”
OK - mein Fehler. - Mein Einwand ist ein anderer: Du sprichst von inner-systemischen Folgerichtigkeiten. - Die Frage wäre hier, was U2 ist: Eine Aussage ohne weitere Begründung?
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 K.A. was da “inner-systemisch” ist.
Da ist bspw. ein nicht-falsifiziertes Naturgesetz, das im Rahmen des Systems "Physik" untersucht wird. - Da ist ein Begriff wie "Trinität", die innerhalb des Systems "Theologie" untersucht wird. - Da ist ein BEgriff "Bibel", die innerhalb des Systems "historisch-kritische Wissenschaft" untersucht wird. - Da ist ein Begriff "Bibel", die innerhalb des Systems "Mystik" untersucht wird. - Da ist eine Zahlen-Darstellung, die innerhalb des Systems "Mathematik" untersucht wird. - Etc.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 “Ontisch denken” scheint ein Tarnbegriff für “anything goes” aka “glaubensmäßiges setzen” zu sein, ja?
Überhaupt nicht. Deine Frage zeigt, wie weit wir voneinander weg sind.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Das unterscheidet klassischen erkenntnistheoretischen Fundamentalismus von “wir spielen Philosoph” à la Hiob.
Diejenigen Erkenntnis-Theorien, die ich ein bisschen kenne, sind system-immanent wertvoll, lösen aber keine ontologischen Probleme.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Eine Klärung gibt’s aber in deiner Welt nicht. Nur glaubensmäßiges Setzen.
Das IST die Klärung. - Zu erkennen, dass kein System ohne nicht-falsifizierbare Setzungen auskommen muss, ist ein bedeutender Schritt. - Im Praktischen sieht man dies bei der grassierenden Wissenschafts-Gläubigkeit, die gottseidank im Rahmen der Corona-Krise etwas von echten Wissenschaftlern entzaubert wurde.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Das größere Problem ist hier, dass von dir “ontologische Vorannahmen” = “unbegründete, glaubensmäßige Setzungen” gespusht wird.
Überhaupt nicht. - Nach der Setzung geht es doch erst los mit dem "Hermeneutischen Zirkel". Wenn dieser nach kurzer Zeit hohl dreht, fällt dies auf die Qualität der Setzung zurück. Wobei: Auch falsche Setzungen können hermeneutisch gut entwickelbar sein. Das Problem liegt hier eher darin, dass Menschen dazu neigen, Ergebnisse EINES Systems in ein anderes zu übertragen - Stichwort: Kategorie-Fehler. Findet man oft.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Der Thread wurde als OT abgespalten, falls du es noch nicht gemerkt hast.
Kein Grund, diese Diskussion nicht auf das Thema "KI" zu übertragen.
Zuletzt geändert von Hiob am Mo 19. Jul 2021, 12:55, insgesamt 2-mal geändert.
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

es wird keine starke ki geben...zumindest nicht, so lange ich lebe...aber auch danach nicht :lol:
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 12:18
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 01:14 Ein normaler Mensch würde dann einfach sagen, dass Descartes mit dem, was er vor hatte, gescheitert ist. Fertig.
Aber es gibt Aussagen von ihm, die aufgeklärter sind als vieles, was man heute vornehmlich meint.
Mag sein. Jedoch sehe ich “aufgeklärt” nicht als was positives. In der Aufklärung ging es mMn um die Lösung des Problems: Wie können wir zimperlich und sensibel sein ohne uns von Gewalt und Brutalität zu trennen?

Siehe Descartes und seine Degradierung von Tierpersonen zu Automaten.
- Es ist doch ein Fehler zu sagen: "Hier sind nachweisbare Fehler, also ist der Rest ebenfalls nichts wert". - Das ist zwar modern gedacht, aber seit wann wäre dies ein Qualitätsmerkmal??
Hat ja auch niemand so gesagt.
Das tut er doch. Er fabriziert hier einen klassischen Zirkelschluss: "Gott ist das Höchste und weil das Höchste nicht böse sein kann, ist Gott wohlwollend - q.e.d.". Natürlich ein Fake-q.e.d.
Ich sehe darin keinen Zirkelschluss. Den würde ich woanders verorten: Da wo er die Existenz Gottes überhaupt erst versucht zu beweisen.
Trotzdem bleibt die Hauptaussage bestehen: "Die Res extensae sind Entitäten, wenn ich 'Gott ist wohlwollend" setze" (was er ja im Grunde tut).
Naja, glaubensmäßig setzen braucht Intention, Vorsatz. Und der fehlt hier, weil Descartes annahm, er hätte einen Beweis geliefert. “Descartes setzte unbeabsichtigt Gott als wohlwollend” ist unsinnig, nicht?

Ist wie mit “lügen”. Man kann unbeabsichtigt (aus Unkenntnis) etwas falsches behaupten. Aber nicht lügen – das braucht Vorsatz.
Das wäre reine Fleißarbeit.
Wäre allerdings nicht schlecht. Denn das andere, das kennt jeder.

“Wir halten diese Wahrheiten für selbst-evident [self-evident], dass alle Menschen gleich erschaffen worden, …” steht in der Unabhängigkeitserklärung der USA.

Und nicht: “Wir wollen folgendes glaubensmäßig setzen: dass alle Menschen gleich erschaffen worden, …”
Spontan fällt mir Kant ein mit seinem "Ding an sich"
“Was die Dinge an sich sein mögen, weiß ich nicht, und brauche es auch nicht zu wissen, weil mir doch niemals ein Ding anders als in der Erscheinung vorkommen kann.” – Kant
sowie seiner Aussage, dass er Vernunft an ihre Grenzen getrieben habe, um Platz für den Glauben zu haben.
“Das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen” hat er tatsächlich gesagt. Allerdings handelte es sich da um religiösen Glauben und nicht um:
Hiob hat geschrieben: Do 15. Jul 2021, 21:13 Er SETZT etwas glaubensmäßig und baut darauf seine Philosophie auf.
Außerdem hat er noch einen Gottesbeweis über die praktische Vernunft geliefert.
OK - mein Fehler. - Mein Einwand ist ein anderer: Du sprichst von inner-systemischen Folgerichtigkeiten.
Warum kann diese Folgerichtigkeiten nicht allgemein verstanden werden?
- Die Frage wäre hier, was U2 ist: Eine Aussage ohne weitere Begründung?
U2 wird durch U3 begründet. U3 durch U4, U4 durch U5, usw.

Es ging hier darum, dass wir durchaus an unendlich viele Überzeugungen glauben können. Und unendliche Begründungsketten konstruieren können. Darin liegt nicht das Problem.
Da ist bspw. ein nicht-falsifiziertes Naturgesetz, das im Rahmen des Systems "Physik" untersucht wird. - Da ist ein Begriff wie "Trinität", die innerhalb des Systems "Theologie" untersucht wird. - Da ist ein BEgriff "Bibel", die innerhalb des Systems "historisch-kritische Wissenschaft" untersucht wird. - Da ist ein Begriff "Bibel", die innerhalb des Systems "Mystik" untersucht wird. - Da ist eine Zahlen-Darstellung, die innerhalb des Systems "Mathematik" untersucht wird. - Etc.
D.h. du möchtest die intellektuellen Beschäftigungen der Menschheit als … Spiele ansehen? Und eine inner-systemische Wahrheit kommt dabei heraus, wenn man sich an die Spielregeln gehalten hat?

D. h. wenn der Astrologe das Horoskop korrekt erstellt oder der Physiker mit korrekten Messergebnisse korrekt rechnet, dann gelangen sie zu inner-systemischen Wahrheiten.

Ja, das ist verständlich, dass dir diese Vorstellung gefällt. Eine Welt, in der sich jeder sein Spiel ausdenken darf – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Und all diese Spiele sind vom “Wahrheitsgehalt” (so weit wir ihn erkennen können) gleichberechtigt. Denn alle beruhen ja bloß auf “glaubensmäßigen Setzungen”!

Und irgendwelche nervigen Kritiker kann man schnell vor die Tür setzen: “Wenn euch die Regeln nicht gefallen, dann sucht euch halt ein anderes Spiel!”
Überhaupt nicht. Deine Frage zeigt, wie weit wir voneinander weg sind.
Was ist ontisches denken denn dann? Der Begriff ist ja einigermaßen kurios.
Diejenigen Erkenntnis-Theorien, die ich ein bisschen kenne, sind system-immanent wertvoll, lösen aber keine ontologischen Probleme.
“system-immanent”? Welches System ist damit gemeint? Geheimsprache?
Das IST die Klärung. - Zu erkennen, dass kein System ohne nicht-falsifizierbare Setzungen auskommen muss, ist ein bedeutender Schritt.
Das ist keine Erkenntnis, sondern einfach nur falsch. Neo ist auch aus der Matrix aufgewacht.
- Im Praktischen sieht man dies bei der grassierenden Wissenschafts-Gläubigkeit, die gottseidank im Rahmen der Corona-Krise etwas von echten Wissenschaftlern entzaubert wurde.
D.h. die Wissenschafts-Gläubigkeit grassiert deshalb, weil die Menschen deine Erkenntnis nicht erreicht haben?
Überhaupt nicht. - Nach der Setzung geht es doch erst los mit dem "Hermeneutischen Zirkel". Wenn dieser nach kurzer Zeit hohl dreht, fällt dies auf die Qualität der Setzung zurück. Wobei: Auch falsche Setzungen können hermeneutisch gut entwickelbar sein. Das Problem liegt hier eher darin, dass Menschen dazu neigen, Ergebnisse EINES Systems in ein anderes zu übertragen - Stichwort: Kategorie-Fehler. Findet man oft.
Das ist ja eine interessante Variante des hermeneutischen Zirkels. Normalerweise geht’s da bloß um Interpretation von Kulturprodukten: Kreisen zwischen Einzelelementen und dem Ganzen.

Aber vielleicht machst du mal so eine Drehung vor an einem Beispiel? Am besten was naturwissenschaftliches. Wie sieht der hermeneutische Zirkel bei der Theorie der Plattentektonik aus? Was ist da “hermeneutisch entwickelbar”?
Hiob
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 Siehe Descartes und seine Degradierung von Tierpersonen zu Automaten.
Sein richtiger Gedanke war, geistliches Bewusstsein und tierische Existenz kategorial zu trennen. Falsch war die Art seiner Schlussfolgerung. - Übrigens: Tiere sind auch heute keine "Personen" im geistlichen Verständnis von "Person". - Im modernen Neusprech geht es natürlich - da kann irgendwann wahrscheinlich sogar ein sprechender Kühlschrank "Person" sein. - Sprache als Verwirrspiel.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 Ich sehe darin keinen Zirkelschluss. Den würde ich woanders verorten: Da wo er die Existenz Gottes überhaupt erst versucht zu beweisen.
Keine Einwände - Du argumentierst halt von einer anderen Position des Zirkels aus.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 Naja, glaubensmäßig setzen braucht Intention, Vorsatz.
Nein - viele Setzungen sind vollkommen unbewusst, automatisch, gewohnt. - Man hört bspw. gelegentlich von naturalistischer Seite, dass der Naturalismus keine Voraus-Setzungen habe - oder die Wissenschaft. Da ist keine Intention oder Vorsatz - man meint, dass es einfach so sei. - Das war bei Descartes nicht viel anders.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 “Wir halten diese Wahrheiten für selbst-evident [self-evident], dass alle Menschen gleich erschaffen worden, …” steht in der Unabhängigkeitserklärung der USA.

Und nicht: “Wir wollen folgendes glaubensmäßig setzen: dass alle Menschen gleich erschaffen worden, …”
Das ist doch dasselbe. - "Self-evident" ist doch ein wunderbares Wort für "nicht-falsifizierbare Setzung/Vorannahme".
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 “Was die Dinge an sich sein mögen, weiß ich nicht, und brauche es auch nicht zu wissen, weil mir doch niemals ein Ding anders als in der Erscheinung vorkommen kann.” – Kant
„Das Sein kommt auf der Ebene des Seienden ohne ein Seiendes nicht vor.“ (Heidegger) - Oder nimm das biblische "Jahwe", das verbunden ist mit "Ihr Menschen könnt Euch kein Bild von mir machen". - Will heißen: Wir nehmen immer nur über die Bande der Wahrnehmung wahr, egal ob man von "Erscheinung" oder von "Offenbarung" spricht.

Umgekehrt: "Das Sein ist die Voraussetzung für das Seiende“ (Heidegger). - Das heißt: Die kantsche Erscheinung und die biblische Offenbarung ist nicht möglich ohne "Ding an sich" oder "Gott". - Genau diese Differenz zwischen Original und Erscheinung ist Thema bei Descartes.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 “Das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen” hat er tatsächlich gesagt. Allerdings handelte es sich da um religiösen Glauben und nicht um:
Hiob hat geschrieben: ↑Do 15. Jul 2021, 21:13
Er SETZT etwas glaubensmäßig und baut darauf seine Philosophie auf.
Was ist "religiös"? Eigentlich jegliches Geistliche. - Entscheidend ist, dass er seiner Philosophie etwas Geistliches vorschaltet, was für ihn genau so weit weg ist wie das Chaos dem Zeus.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 U2 wird durch U3 begründet. U3 durch U4, U4 durch U5, usw.
Davon abgesehen, dass Mathematik aus meiner Sicht die unanfechtbarste Geisteswissenschaft ist, gibt es auch dort Axiome, ohne deren Gesetzhaftigkeit solche Aussagen nicht möglich sind.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 Warum kann diese Folgerichtigkeiten nicht allgemein verstanden werden?
Bei Mathematik am ehesten.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 D. h. wenn der Astrologe das Horoskop korrekt erstellt oder der Physiker mit korrekten Messergebnisse korrekt rechnet, dann gelangen sie zu inner-systemischen Wahrheiten.
Ganz recht. Wobei es bei den Naturwissenschaften allerdings etwas gibt, was es woanders NICHT gibt, nämlich die systemisch unabhängige experimentelle Überprüfung. Bei Geistes- und Sozialwissenschaften gibt es dieses Korrektiv normalerweise nicht.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 a, das ist verständlich, dass dir diese Vorstellung gefällt. Eine Welt, in der sich jeder sein Spiel ausdenken darf
Lass mich da außen vor - das wurde von anderen erfunden. - Im übrigen sind Methodiken wahrlich nichts Anrüchiges, nur ist deren Übereinstimmung mit Wirklichkeit nicht notwendigerweise "self-evident", was gerade heute oft verkannt wird. Man verwechselt gerne System-/Modell-Wahrheiten mit Wirklichkeit.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 Was ist ontisches denken denn dann? Der Begriff ist ja einigermaßen kurios.
Ontisches Denken hat letztlich nur eine Erkenntnis: Dass das, was ist, etwas anderes ist als die Erscheinung/Offenbarung/menschliche Wahrnehmung. Das heißt NICHT, dass letzteres mit dem Sein in Widerspruch stehe müsse (es ist im Gegenteil darauf angelegt - schon wieder Descartes - , zu ihm authentisch zu sein). Aber es gibt einen kategorialen Unterschied zwischen "Ding an sich" und dessen "Erscheinung", "Sein" und "Seiendem", "Gott" und "Offenbarung", "Natur-Sein" und "naturwissenschaftlicher Reflexion desselben". - Wenn man dies erkannt hat, braucht man ontisch nicht weiter zu denken - voll ausreichend.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 “system-immanent”? Welches System ist damit gemeint? Geheimsprache?
Das Wenige, was ich von Erkenntnis-Theorien kenne, läuft meistens auf Basis der Setzung "naturwissenschaftliches Ergebnis = Wirklichkeits-Sein". Man macht also ein "=-Zeichen" zwischen zwei Kategorien (Kategorie-Fehler!). - Dies macht die ganze Sache zu einem (EINEM) System von mehreren.

Es gibt in der Theologie inzwischen die Strömung, dass die Bibel nur historisch-kritisch als wahr verstanden werden können. Dies macht die ganze Sache zu einem (EINEM) System von mehreren. - Es gab sogar eine erschreckend erfolgreiche Anstrengung, das Wort "ontologisch" von metaphysisch auf naturalistisch zu hieven, also den ursprünglichen Wortsinn komplett auf den Kopf zu stellen. Daraus, wie bei den anderen Beispielen auch, entstehen systemisch-immanente Schlussfolgerungen, die in sich logisch zutreffend sind. Aber die Grundlage dafür wird halt nicht hinterfragt, weil man - s.o. - nicht ontisch denkt.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 Das ist keine Erkenntnis, sondern einfach nur falsch.
Dann zeige dies mal bei den obengenannten Beispielen. - Welche dieser Beispiele ist ohne nicht-falsifizierbare Setzung?
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 die Wissenschafts-Gläubigkeit grassiert deshalb, weil die Menschen deine Erkenntnis nicht erreicht haben?
Nein, sondern weil Wissenschaft medial meistens falsch vermittelt wird.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 Normalerweise geht’s da bloß um Interpretation von Kulturprodukten: Kreisen zwischen Einzelelementen und dem Ganzen.
Das mag EIN Segment sein - der Begriff "Hermeneutik" ist arg heterogen definiert. - Mein Ansatz baut überm Daumen auf F. Ast - F. Schlegel - Hegel - Heidegger Gadamer --- da geht es um weit mehr als um irgendeine rhetorische Lehrstunde. - Es gibt "Hermeneutik" übrigens auch als theologische Disziplin.

In "Bibelwissenschaft" werden drei Arten der Hermeneutik unterschieden:
1. Hermeneutik als Methode der Textauslegung. Hierbei geht es um ein Regelwerk für die Textinterpretation, wobei als Text traditionsgemäß die Bibel Gegenstand der Auslegung ist, aber ebenso Rechtstexte oder belletristische Literatur.
2. Hermeneutik als methodologische Grundlagenreflexion, insbesondere der Geisteswissenschaften. Im Gegenüber zu den Naturwissenschaften befasst sich Hermeneutik mit den Regeln und Methoden der Verstehenswissenschaften (so besonders Dilthey, 1957), ihrem Wahrheitsanspruch und wissenschaftlichen Status.
3. Hermeneutik als universelle Interpretationsphilosophie. In bewusster Ausweitung zu 2. hat Gadamer (Gadamer, 1990) im Anschluss an Heidegger die Hermeneutik als Meta-Disziplin zur Deutung von Sein und Welt elaboriert, weshalb man dann auch von „Lebenswelt-Hermeneutik“ beziehungsweise „Existenz-Hermeneutik“ sprechen kann.
Dein Verständnis scheint sich an 1. und 2. zu orientieren, meines an 3.
Claymore hat geschrieben: Mo 19. Jul 2021, 21:05 Wie sieht der hermeneutische Zirkel bei der Theorie der Plattentektonik aus? Was ist da “hermeneutisch entwickelbar”?
Für Naturwissenschaft verwendet man diesen Begriff meines Wissens selten (man hört, dass er bei der Quantenmechanik einen stärkere Rolle spielt, weil man da oft nicht experimentell bestätigen kann). Die Methodik der Naturwissenschaften ist spätestens seit Popper so gefestigt, dass es in der Regel darüber hinaus keiner hermeneutischen Methodik bedarf.
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

in der logik gibt es ausserdem noch den unvollständigkeitssatz von gödel :wave:
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

it's not easy be(e)in' green

es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

das huhn ist im auftrag des herren unterwegs 8-)
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