Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58
Das ist das, aus dem "verschiedenen Seinsformen (physikalische Größen wie Energie, Felder; abstrakte Objekte, Zahlen, “geistiges Eigentum”; pure Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten; Löcher, Schatten; …)" möglich sind.
Nimm mal das Beispiel
Wie immer: Beispiele übergehen das wesentliche; denn das Problem am Begriff “das Sein” ist ja gerade seine behauptete Universalität.
Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58
- Wir beide wissen, dass "rot" von einem anderen Lebewesen andersfarbig gesehen werden könnte. Die Quelle der Erscheinung "rot" ist also nicht "das Rote", sondern Wellen, die als solche keine Farbe haben. - "Rot" kommt also aus Wellen. - Umgekehrt: Aus Wellen kann zwar rot, grüne, ultra, infra kommen, aber kein Wurstsalat. - Das heißt: Es gibt einen Bezug zwischen einer konkreten Erscheinung zu einer konkreten Grundlage dazu - letztere ist (mutmaßlich) "Sein". - Möglicherweise gibt es dahinter noch etwas ganz anderes, was die Grundlage dessen ist, was ich hier "Sein" nenne - wir wissen es nicht.
Siehst du: schon wieder widersprichst du dir. Hier ist es die postulierte Ursache hinter der Erscheinung, nämlich die elektromagnetische Welle selbst. Im Absatz direkt darüber dagegen das, aus dem die elektromagnetische Welle möglich ist.
Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58Außerdem machst Du schon wieder denselben Fehler, wenn Du aus der methodischen Nicht-Auflösbarkeit des Seins Rückschlüsse aufs Sein schließt - als wäre relevant, was wir auflösen können und nicht.
Wenn man wüsste, dass “das Sein” auf etwas verweist, dann würde ich dir darin recht geben. Aber das ist halt die große Frage. Ich denke der Begriff “das Sein” ist inhaltsleer.
Argumente wurden genug gebracht. Wenn du keine Antwort weißt, lässt du einfach den Artikel weg, und behandelst “Sein” semantisch wie “
ein bestimmtes Sein”. Aber dass dieses bescheidene, kontext-gebunden “Sein” verständlich ist, wurde nie bestritten.
Beispiel:
Wikipedia: Meer hat geschrieben:Unter Meer (Niederdeutsch: die See) versteht man die miteinander verbundenen Gewässer der Erde, welche die Kontinente umgeben, auch „die Ozeane“. Wird diese marine Wassermasse als ein Gewässer verstanden, spricht man von dem Weltmeer.
Gleiche Begriffsverwirrung treibst du mit “das Sein”.
Nun wissen wir allerdings, was “das Meer” – universell, also im Sinne von “Weltmeer” – bedeutet. Aber “das Sein (an sich)” ist wohl inhaltsleer.
In der modernen Ontologie (ab 1600) wurden zwei Fragen behandelt: 1. Was existiert (z. B.: Zahlen, materielle Objekte, Geist, …)? Und 2. ist Existenz eine Eigenschaft (“Existenz ist kein Prädikat” – Kant) oder bedeutet es, dass Konzepte eine Instanz haben.
Wichtige, gute, interessante Fragen. Aber die grundlegendere Frage was “existieren” nun bedeutet, was seine Natur ist oder ob der Begriff
universell, also nicht kontext-gebunden, überhaupt einen Sinn macht, die wurde systematisch vermieden.
Und du setzt diese Tradition fort indem du genau diesen kritischen Punkt voraussetzt, also dass das Konzept “das Sein” schon einen Inhalt haben werde. Keine Frage in diese Richtung bist du direkt und fair angegangen.
Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58Alternative wäre "nichts". - Erkläre die Welt als "nichts".
Ja, das mag dir selbstverständlich vorkommen. Aber das Nichts oder Nicht-Sein hat in der westlichen Philosophie nie jemanden interessiert. Vorannahmen, denen du dir nicht bewusst bist.
Kitarō Nishida hat geschrieben:Ich denke, dass wir den Westen darin kennzeichnen können, dass er das Sein als Urgrund der Welt betrachtet hat, während der Osten das Nichts als ihren Grund auffasste.
Ich persönlich halte “Nichts” für ebenso relativ und kontext-gebunden wie “Sein”. Absolut und universell (“
das Nichts”, “
das Sein”) erscheinen mir beide Begriffe unverständlich.
Da wirst du nun wohl wieder sagen: “Es ist doch dem Sein egal, ob du es verstehen kannst!”. Aber damit verfehlst du den wesentlichen Punkt – “
das Sein” ist
unverständlich. Damit ist dein
ganzer Satz unverständlich. Du könntest auch sagen “Es ist doch dem Tikitukutaka egal, ob du es verstehen kannst”.
Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58Christlich wäre, dass sie beseelt ist, aber keinen ebenbildlichen Geist hat. - Ob er das gewusst hat, weiß ich nicht - eigentlich denke ich schon.
Jedenfalls hat er es selbst nicht geglaubt.
Nochmal: warum glaubst du, landete Descartes auf dem Index?
Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58Das wäre ein theologischer Streit. Augustinus würde vermutlich sagen: "Wenn der Mensch kommt, dass Anatta wahr ist, beweist er damit, dass es falsch ist, weil sein Ich dasjenige ist, was feststellt, dass Anatta wahr ist". --- Wir können Descartes' Aussage auch reduzieren: "Ich bin" ist die einzige Aussage, bei der Subjekt und Objekt zusammenfallen".
Der Mensch stellt es fest. Dass es sein Ich feststellt ist eben die große Frage. Wobei natürlich “Ich” genauso viel Bedeutungsschattierungen wie “Sein” zulässt. Jedenfalls muss es hier weiter gefasst werden als eine bloße Selbstreferenz. So ein “Ich”
hat auch Alexa. Und der Dalai Lama, Tenzin Gyatso, spricht auch von “ich”, wenn er sich auf Tenzin Gyatso bezieht (obwohl er an Anatta glaubt). Auch phänomenales Bewusstsein streitet kein Buddhist ab. Deswegen habe ich auch immer von einem ”substantiellem Ich” gesprochen: ein Wesenskern, auf dem die personelle Identität basiert.
IMHO ist die Anatta-Lehre nicht widerlegbar. Ich stimme ja dem
Ergebnis des Cogito zu, aber halte es für kein schlüssiges Argument. Ob Menschen ein substantielles Ich besitzen ist Glaubenssache.
Ich
glaube, dass die Anatta-Lehre falsch ist. Aber ich bin so ehrlich zuzugeben, dass es sich dabei nur um einen Glauben handelt. Während du mit dem “unwiderlegbaren” Cogito anrückst.
Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58"Res extensae" sind Folge einer logischen Betrachtung, die alternativlos ist. Genauso wie die Aussage "Man kann sich nicht selber an Haaren aus dem Sumpf ziehen" alternativlos ist.
Res extensae sind doch nur eine künstliche Konstruktion Descartes’s: Die Behauptung, die Welt würde aus Objekten bestehen, an denen allein die quantitativen Eigenschaften real sind. Warum ist das bitte alternativlos? Ich glaube daran keine Minute.
Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58
Definiere "Ich". - Christlich ist "Ich" geistlich definiert - heute neigt man dazu, auch KI als "Ich" zu definieren. Es kann gut sein, dass in 50 Jahren ein interaktiver Kühlschrank oder Sexpuppen Persönlichkeitsrechte erhalten.
Wenn es starke KI geben würde, dann ist doch egal, ob sie als Kühlschrank oder Sexpuppe daherkommt. Wie oberflächlich kann man sein? Starke KI gibt es nun aber (noch) nicht. Und ich würde annehmen, dass sie auf materieller Basis überhaupt nicht möglich ist (aber das ist ein anderes Thema).
Bei Tieren stellt sich allerdings die Frage, ob sie über phänomenales Bewusstsein verfügen, d. h. tatsächlich nicht nur reagieren können (wie vielleicht sehr einfaches Leben, z. B. eine Venusfliegenfalle) sondern auch
erleben können. Mehr hat uns als Menschen nicht zu interessieren. Und das ist unabhängig von Intellekt, oder substantiellem Ich.
Descartes hat Tieren genau das abgesprochen, weil er meinte phänomenales Bewusstsein = Seele = substantielles Ich.
Nun sind wir uns einig, dass bspw. Hunde sehr "menschlich" sein können. - Anhänglichkeit, Treue, Trauer, etc. - Und man kann "Ich" so definieren, dass Hunde ein Ich haben. - Insofern war meine Aussage beschränkt auf "christlich definiertes Ich". --- Unabhängig davon frage ich mich schon, wie man Anhänglichkeit, Treue, Trauer eines Hundes qualifizieren soll. - Damit ist die Frage verbunden: Was ist ein Lebewesen, das nicht geistlich ist, also nicht selbst-reflexions-fähig ist, UND trotzdem alle Zeichen hat für Anhänglichkeit, Treue, Trauer, SChmerz, etc. - Ich bin da selber noch nicht durch.
Du bleibst ja auch in der cartesischen Philosophie gefangen. Du brauchst ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen und ziehst das eben aus dem Ich, welches Descartes unglückseligerweise mit dem phänomenalen Bewusstsein gleichsetzte. Das ist die Zwickmühle des Cartesianismus.
Hiob hat geschrieben: ↑Sa 8. Jan 2022, 19:58 Warum "degradiert"? "De-gradieren" impliziert, dass etwas höher "gradiert" "ist" - aber genau das ist doch die Frage.
Glaubst du denn, dass die Natur rein mechanistisch funktioniert, wie ein großes Uhrwerk? Glaubst du, dass Tiere Automaten sind? Glaubst du, dass Emotionen weniger wert sind als die Vernunft?