Oskar Lafontaine: Parteiaustritt

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Magdalena61
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Oskar Lafontaine: Parteiaustritt

Beitrag von Magdalena61 »

Hier ist sein Statement dazu
Quelle: oskar-lafontaine.de
Erklärung zum Austritt aus der Partei Die Linke

Heute bin ich aus der Partei Die Linke ausgetreten. Hier meine Erklärung:

Die Linke wurde gegründet, um den Sozialabbau und die Lohndrückerei der Agenda 2010 rückgängig zu machen. Außerdem sollte nach der Beteiligung Deutschlands am völkerrechtswidrigen Jugoslawienkrieg und am Krieg in Afghanistan eine neue Kraft entstehen, die sich wieder konsequent für Frieden und Abrüstung und die Beachtung des Völkerrechts einsetzt.

Normal- und Geringverdiener oder auch Rentner fühlen sich von der Partei nicht mehr vertreten

Mit einer an diesen Zielen ausgerichteten Politik erreichten wir bei der Bundestagswahl 2009 11,9 Prozent und zogen in die Bürgerschaften Bremens und Hamburgs sowie in die Landtage von Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und im Saarland ein. Spätestens 2015 allerdings begann die damalige Parteiführung der Linken, den politischen Kurs zu verändern. Im Zuge dessen wandelte sich die Linke allmählich zu einer Partei, die ähnliche Ziele verfolgt und sich um dasselbe Wählermilieu bemüht wie die Grünen. In der Folge wandten sich viele Arbeitnehmer und Rentner ab, gingen zurück zur SPD, wurden Nichtwähler oder stimmten aus Protest für die AfD oder sonstige Parteien. Bei der letzten Bundestagswahl wählten gerade noch 5 Prozent der Arbeiter die Linke.

Nach dem sozialen Profil sollen auch die die friedenspolitischen Grundsätze abgeräumt werden

Es ist nicht mehr zu übersehen: Normal- und Geringverdiener oder auch Rentner fühlen sich von der Partei nicht mehr vertreten. Nach dem sozialen Profil sollen jetzt auch noch die friedenspolitischen Grundsätze der Linken abgeräumt werden. Der völkerrechtswidrige Krieg gegen die Ukraine wird dabei zum Anlass genommen. Am Morgen der Sondersitzung des Bundestags, auf der Kanzler Scholz sein gigantisches Aufrüstungsprogramm verkündete, plädierten der außenpolitische Sprecher der Fraktion, Gregor Gysi, die Parteivorsitzende Hennig-Welsow und andere Fraktionsmitglieder dafür, dem Antrag der Regierung zuzustimmen, der sich für steigende Rüstungsausgaben und umfassende Waffenlieferungen an die Ukraine aussprach. Sie konnten sich damit zum Glück nicht durchsetzen. Unmittelbar danach wurde aus dem Parteivorstand heraus öffentlich angekündigt, dass diejenigen, die für den sozialen und friedenspolitischen Gründungskonsens der Linken stehen, namentlich auch ich, aus der Partei gedrängt oder ausgeschlossen werden sollen. Passend dazu hat mir die Bundesschiedskommission mitgeteilt, dass das gegen mich laufende Parteiausschlussverfahren ausgerechnet an die Berliner Landesschiedskommission abgegeben und von ihr entschieden werden soll.

Im Saarland ließ Bundespartei zu, dass ein Betrugssystem installiert wurde
Die schleichende Änderung des politischen Profils der Linken ist die Ursache der vielen Wahlniederlagen. Im Saarland ließ die Bundespartei seit Jahren zu, dass ein Betrugssystem installiert wurde, bei dem auf der Grundlage manipulierter Mitgliederlisten Bundestags- und Landtagsmandate vergeben werden. Ein normales Parteimitglied, das nicht in das Betrugssystem eingebunden ist, hat keine Chance, ein Mandat zu erhalten. Ich habe einst die SPD verlassen, weil sie zu einer Partei geworden war, die im Gegensatz zur Tradition der Sozialdemokratie Willy Brandts Niedriglöhne förderte, Renten und soziale Leistungen kürzte und die Beteiligung der Bundeswehr an völkerrechtswidrigen Kriegen unterstützte. Ich wollte, dass es im politischen Spektrum eine linke Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit gibt, deshalb habe ich die Partei Die Linke mitgegründet. Die heutige Linke hat diesen Anspruch aufgegeben.

Einer Partei, in der die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner und eine auf Völkerrecht und Frieden orientierte Außenpolitik nicht mehr im Mittelpunkt stehen und die zudem das im Saarland etablierte Betrugssystem unterstützt, will ich nicht mehr angehören.
:thumbup:
Von der Sorte Lafontaine bräuchten wir mehr. Politiker, die authentisch sind und es bleiben, die ihre Ideale nicht verleugnen.

Ob seine Frau dann auch austritt?

Der Verfall der Partei Die Linke in den letzten Jahren sowie die Radikalisierung in mancher Hinsicht waren leider nicht zu übersehen. Der Absturz bei den letzten Bundestagswahlen war meiner Meinung nach eine direkte Folge der Änderung der Ausrichtung und des Führungpersonals-- ich denke, auch der unangemessene Umgang der Partei mit Lafontaine und Wagenknecht kostete viele, wenn mal nicht die meisten der verlorenen Wählerstimmen.

Oskar Lafontaine ist einer der letzten Politiker der alten Schule.
Möge der HERR die beiden segnen, ihn und seine Frau... und vielleicht finden sie, was ihnen noch fehlt; oder kann mir jemand sagen, ob die beiden gläubig sind? Wenn es so wäre, dann ist das bei mir noch nicht angekommen.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
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ProfDrVonUndZu
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Re: Oskar Lafontaine: Parteiaustritt

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Wer meint, dass die Linke Leute wie Lafontaine nicht (mehr) braucht, der hat sie doch nicht alle. Die Linke wurde erfolgreich unterwandert von den Lifestylern, die Wagenknecht in ihrem letzten Buch kritisiert hat. Ich hab mich auch immer gewundert, wieso Leute wie Lederer und Ramelow als Linke in ihren Ämtern sind. Ramelow gibt sich nicht nur als Linker, sondern auch als Christ. In beidem ist er für mich die Unglaubwürdigkeit in Person.
R.F.
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Re: Oskar Lafontaine: Parteiaustritt

Beitrag von R.F. »

Magdalena61 hat geschrieben: Do 17. Mär 2022, 13:23 - - -
Von der Sorte Lafontaine bräuchten wir mehr. Politiker, die authentisch sind und es bleiben, die ihre Ideale nicht verleugnen.
Und woran liegt’s, dass die gebildeten und weitblickenden Deutschen dem Oskar Lafontaine, dessen Meinung ich immer geschätzt habe und noch immer schätze, nicht ihre Stimme gegeben haben?
Die ablehnende Haltung der Westdeutschen ist andererseits zum Teil verständlich. Ein Mercedes oder ein Porsche ist halt schon attraktiver als ein Trabi. Auch in anderen Bereichen ist das amerikanisch geprägte Leben anziehender.
Magdalena61 hat geschrieben: Do 17. Mär 2022, 13:23 Oskar Lafontaine ist einer der letzten Politiker der alten Schule.
Möge der HERR die beiden segnen, ihn und seine Frau... und vielleicht finden sie, was ihnen noch fehlt; oder kann mir jemand sagen, ob die beiden gläubig sind? Wenn es so wäre, dann ist das bei mir noch nicht angekommen.
- - -
Oskar wurde katholisch erzogen, hat sich meines Wissens nie negativ über das Christentum geäußert. Hie und nahm er Bezug auf die Sicht des jeweiligen Papstes.
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Magdalena61
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Re: Oskar Lafontaine: Parteiaustritt

Beitrag von Magdalena61 »

Der ist doch nur von Merkels Gnaden im Amt.

Sahra Wagenknecht mögen sie auch nicht.
Wagenknecht-Gegner nehmen Parteiausschluss ins Visier

Sie "distanzieren" sich von ihren beiden besten Zugpferden.

Ersatzweise besetzen sie Schlüsselpositionen mit ehrgeizigen Leuten-- man sieht ja, wie gut diese bei den Wählern ankommen.

Früher einmal, als "links" noch "links" war und nicht SED und so weiter, erklärten mir gutmeinende Verwandte, ich solle besser die politische Blickrichtung ändern. Da war ich vielleicht 17 oder 18.
"Völker hört die Signale" fand nicht so den Beifall bei meinen Verwandten. Sie haben es aber sehr freundlich geäußert. Den Text der Internationalen würde ich nicht vollständig unterschreiben, hätte es auch damals nicht getan, denn kriegerische Auseinandersetzungen, Gewalt gegen politischer Gegner, lehne ich als indiskutabel ab.
Mich sprach die Empörung über geltendes UNrecht an. Und die Power von Melodie und Rhythmus.

Die Geradlinigkeit des Ehepaars Lafontaine/Wagenknecht imponiert mir.

Es ist auch gut, dass sie sich immer wieder kritisch in der Öffentlichkeit äußern. Aber-- niemand, der etwas bewirken könnte, steht hinter ihnen. Ihr Engagement verpufft ohne Wirkung, so sieht es aus.
LG
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Travis
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Re: Oskar Lafontaine: Parteiaustritt

Beitrag von Travis »

Magdalena61 hat geschrieben: Do 17. Mär 2022, 16:16 Sie "distanzieren" sich von ihren beiden besten Zugpferden.
Aber nur, wenn alles was Herr Lafontaine in dieser Härte behauptet auch zutrifft und er nicht einseitig berichtet oder Dinge unzutreffend wiedergibt.

Gerade was das "Betrugssystem" im Saarland betrifft, habe ich bereits andere Infos bekommen. Dort scheint es bereits länger Probleme zu geben, die allerdings Herrn Lafontaine betreffen und kein etwaiges "Betrugssystem".
- Foren Concierge -
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