Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Philosophisches zum Nachdenken
Claymore
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Mi 16. Mär 2022, 22:55 Es gäbe also nichts, aus dem diese Realität ist. - Woher kommt dann das Ich, ohne das der Ausdruck "psychologisch gesehen" keinen Sinn machen würde?
Solche Retorsionsargumente mag ich nicht, da sie uns nie zeigen, wo der Fehler nun genau steckt.

JackSparrow’s Konstruktion wo die “Welt die Schöpfung des Gehirns” ist, jedoch das Gehirn Teil eben dieser Welt, ist tatsächlich problematisch. Aber er stellt es halt auch als zirkuläre Kausalverbindung dar, was ich eben gerade nicht tue.

Ich meine, dass unser Ich für uns (i. S. der reinen Selbstreferenz) erst mal auch nur pragmatisch, psychologisch real ist. Ich stelle nicht die Behauptung auf, dass da eine Substanz “Ich” existiert. Das kann man glauben, und ich glaube es auch, aber es gibt keine Garantie (Anatta).

Tatsächlich kommen wir zu einem wenistens etwas substantielleren Ich, das mehr ist als nur der augenblickliche, flüchtige Bewusstseinsmoment, nur dann, wenn wir die Außenwelt nicht gänzlich als Produkt von uns selbst betrachten.
Kommt es aus sich selbst? Zieht es sich selbst in die Realität wie sich Münchhausen selber an den Haaren aus dem Supf zieht?
Derartiges kannst du dich auch bei Gott fragen: “Woher kommt Gott?”. Antwort: “Gott ist ein notwendig existentes Wesen” – aber “was” legt seine notwendige Existenz denn fest? Zieht Gott sich selbst aus dem Sumpf?

Die traditionelle Konzeption Gottes ist für uns doch ganz unbegreiflich: Ein Wesen, dessen Essenz die Existenz ist.

Nur willst du lieber bei diesem Punkt mit dem Denken aufhören. Die Atheisten dagegen tun es vielleicht bei der Materie (“das Physikalische”), oder schlicht bei der Welt.

Natürlich begreift der durchschnittliche Atheist die Welt nicht als Mysterium. Aber wenn er es täte: welches Argument bewiese die Überlegenheit des Mysteriums “Gott” über das Mysterium “Welt”?

Im Endeffekt hängen wir doch alle über dem Nichts, salopp formuliert. So sehr du dir auch, wirklich obsessiv, ein festes Fundament wünschst, an dem du alles festnageln kannst.

Also bin ich da lieber offen und transparent und versuche nicht irgendwelche Dinge zu versprechen, die ich niemals einlösen kann.
Hiob hat geschrieben: Mi 16. Mär 2022, 22:55Ich bin ziemlich sicher, dass Kant dies NICHT ontologisch meint, sondern als "für uns sind äußere Gegenstände nichts als bloß Erscheinungen" (= "das, was wir als blaues Haus wahrnehmen, kann für einen Lurch ein grünes Haus sein").
Klar – du bist dir immer “ziemlich sicher”. Aber warum? Bzgl. irgendwelcher konkreten Belege oder Zitate sieht es ziemlich düster aus.

Am Ende sind das doch alles nur die alten Geschichten von Descartes: “das Qualitative ist subjektiv”.

Wo bleibt denn da die Neuerung, die kopernikanische Wende der Philosophie?
Hiob hat geschrieben: Mi 16. Mär 2022, 22:55 Ontologisch gemeint wäre dies sehr angreifbar. Kant klänge dann wie ein pessimistischer Descartes und ein Vorläufer von SChopenhauer. - Warum aber dann das "Ding an sich", ohne das Kant nicht auskommen kann, obwohl er es gerne würde?
Warum denkst du denn, er würde gerne ohne das “Ding an sich” auskommen?
- Wenn es sein postuliertes "Ding an sich" gäbe, wäre es doch Wirklichkeit/Realität - oder nicht? - Irgendwas passt da nicht.
Natürlich. Das habe ich doch nie bestritten. Ich sage nur, dass es nichts “dazwischen” gibt, zwischen Erscheinung und Ding-an-sich (zumindest nach der klassischen Interpretation). Und selbst wenn doch: res extensae passen bei Kant überhaupt nicht rein.
Hiob hat geschrieben: Mi 16. Mär 2022, 22:55Dass Kant vor seiner Wende gemeint haben könnte, dass Dinge der Welt absoluten Charakter haben, in dem sie jeder Wahrnehmende gleich wahrnimmt. Das ist eine Vermutung - ich weiß es nicht.
Das wäre dann nur seine persönliche kopernikanische Wende – nein.

Kant bezieht sich doch auf die Philosophie im Allgemeinen:
Immanuel Kant: “Kritik der reinen Vernunft” hat geschrieben:Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten; aber alle Versuche, über sie a priori etwas durch Begriffe auszumachen, […], gingen unter dieser Voraussetzung zu nichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, dass wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntnis richten
Hiob hat geschrieben: Mi 16. Mär 2022, 22:55Da wäre Definitionsarbeit nötig. - Wenn die "Welt" der menschlichen Vernunft folgt, muss man "Welt" so definieren, dass dieser Satz stimmig ist.
Es ist tautologisch wahr, dass man Worte immer so um-definieren kann, dass jeder Satz stimmt. Irgendwie muss doch aber wenigstens grob die neue, bereinigte Bedeutung mit der alten, landläufigen etwas zu tun haben, nicht?
Diese Definition wäre eine andere als "Welt" im christlichen oder ontologischen Sinne. - Dito "Vernunft": Anthropozentrische oder universale Größe?

Mir ist momentan nicht klar, ob sich Kant mehr als Philosoph oder mehr als Erkenntnis-Theoretiker verstanden hat.
Warum “oder”?
Hiob hat geschrieben: Mi 16. Mär 2022, 22:55Das klingt für mich eher danach, dass Du ganz weit weg vom Kern der Existenz bist.
Ich bin weit weg von deinen eigenartigen Gedankenkonstrukten.
Also nochmal: "Sein ist das, was auch ohne unseren Filter IST". - Wo ist da was unklar?
Was soll denn “IST” bedeuten? Selbst wenn man sich auf diese Filter-Geschichte einlässt: was “IST” bedeuten soll, hätten wir doch immer nur unter dem Einfluss dieses Filters erfahren und könnten es auch nur so verstehen. Aber niemals im “absoluten Sinne”, worauf du doch abzielst.

I. Ü. müsste man “ist” auch auf uns oder den Filter selbst beziehen. Ist der Filter denn kein Sein?

Deine Definition ist also nicht nur unvollständig, sondern sogar inkonsistent.
Hiob hat geschrieben: Mi 16. Mär 2022, 22:55Es wird mir wieder mal klar, was einer unserer Professoren mal sagte: "Auch Kant-Kenner interpretieren Kant gelegentlich komplett unterschiedlich" (das Problem hatten wir ja schon bei Descartes). ---- Wenn man Descartes- oder Kant-Spezialisten zugesteht, dass sie WIRKLICH Spezialisten sind, UND sie komplett unterschiedlich interpretieren, dann ist das doch ein Hinweis, dass dies etwas mit der jeweiligen eigenen Formatierung zu tun hat, nicht wahr?
Divergierende Interpretationen gibt es bei jedem Philosophen. Und erst recht bei Kant, da er vage und kryptisch ist.

Aber das heißt nicht, dass jede Interpretation korrekt ist.

Bei Kant muss offensichtlich jede Interpretation der Tatsache Rechnung tragen, dass er seinen Ansatz als “kopernikanische Wende der Philosophie” ansah: als etwas radikal von traditioneller Philosophie verschiedenes.

Genau das verfehlt deine Interpretation komplett, wo du Kant nur in der Nachfolge Descartes’ (von der er sich tatsächlich vehement distanziert) verstehst.
Hiob hat geschrieben: Mi 16. Mär 2022, 22:55Eben - und genau das ist ein Rückschritt.
Nur weil du hier meine Aussage ungültig verallgemeinerst.
- Kant hat am Ende seines Lebens (ich meine 1797) so was Ähnliches gesagt wie "Ich musste die Vernunft an ihr Ende bringen, um Platz für den Glauben zu haben".
Das ist verfälscht wiedergegeben und aus dem Kontext gerissen:
Immanuel Kant: “Kritik der reinen Vernunft” hat geschrieben:Ich kann also Gott, Freiheit und Unsterblichkeit zum Behuf des notwendigen praktischen Gebrauchs meiner Vernunft nicht einmal annehmen, wenn ich nicht der spekulativen Vernunft zugleich ihre Anmaßung überschwänglicher Einsichten benehme, weil sie sich, um zu diesen zu gelangen, solcher Grundsätze bedienen muss, die, indem sie in der Tat bloß auf Gegenstände möglicher Erfahrung reichen, wenn sie gleichwohl auf das angewandt werden, was nicht ein Gegenstand der Erfahrung sein kann, wirklich dieses jederzeit in Erscheinung verwandeln, und so alle praktische Erweiterung der reinen Vernunft für unmöglich erklären. Ich musste also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen, und der Dogmatismus der Metaphysik, d. i. das Vorurteil, in ihr ohne Kritik der reinen Vernunft fortzukommen, ist die wahre Quelle alles der Moralität widerstreitenden Unglaubens, der jederzeit gar sehr dogmatisch ist.
Der Weg zur Erkenntnis, dass nicht alles über menschliche Vernunft erfassbar ist, geht also entweder komplett nicht-reflektierend über geistlichen Instinkt oder - bei Kant - über menschliche Reflexion bis zum Ende, um als Schlussstein zu erkennen: "Es gibt Dinge, die mit meiner menschlichen Vernunft nicht erfassbar sind".

Die Quanten-Physiker haben das inzwischen ebenfalls erkannt - sieht Feymans Satz: "Wer behauptet, die Quantenphysik verstanden zu haben, hat sie nicht verstanden".
Es ging nur darum, dass Vernunft-Postulate vernünftig sein müssen (ein noch bescheideneres Kriterium als das ist wohl kaum möglich).

Bei all dem, was auf anderem Wege erfahren wird – z. B. empirisch im Falle der Quantenphysik – ist es natürlich irrelevant, ob wir es mit unserem Menschenverstand begreifen können.

Das ist das Problem an deiner Philosophie des “Ontischen”: es ist ein reines Vernunft-Postulat, das aber unvernünftig ist.
Philippus
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Philippus »

Jungejunge, alle Achtung, hier treffen sich wohl die Profi-Philosophen, oder?
Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen...... kommt die digitale Technik vom Teufel?......

Ich würde sagen, es ist wie bei Adam und Eva, der Mensch hat seine kindliche Unschuld im Garten Eden verloren.
Statt dessen erkundet er den Mars, jetzt schon mit Hilfe der Digitaltechnik, bereitet Offenbarung Kapitel 13 vor, wo man ohne ein bestimmtes (offensichtlich wohl digitales) Zeichen weder kaufen noch verkaufen kann (heute technisch längst möglich....)
Aber Digitaltechnik rettet auch Leben und hilft in der Gesundheitsmedizin Krankheiten zu erkennen und zu heilen.
Claymore
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Claymore »

Philippus hat geschrieben: Sa 19. Mär 2022, 22:39 Jungejunge, alle Achtung, hier treffen sich wohl die Profi-Philosophen, oder?
Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen...... kommt die digitale Technik vom Teufel?......
Der Thread ist über Descartes und wurde von “Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?” abgespalten.
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

hegel hat mit seiner philosophie marx möglich gemacht

kant hat für einen völkerbund plädiert

insofern ist das keine frage mehr...oder doch :lol: :lol: :lol:
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

it's not easy be(e)in' green

es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

das huhn ist im auftrag des herren unterwegs 8-)
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

womöglich wiederhole ich mich, wir bosnier können das sehr gut :mrgreen:

menschen sind es, die technik für alles verantwortlich machen
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Spice
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Spice »

Paul hat geschrieben: So 20. Mär 2022, 12:57 hegel hat mit seiner philosophie marx möglich gemacht
Aber nur indem Marx meinte, die Philosophie vom Kopf auf die Füße stellen zu müssen. Er hat also alles verdreht!
Jack Sparrow
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Jack Sparrow »

Hiob hat geschrieben:Wenn Du auch das Verrennen in Irrtümern als Weg zur Wahrheit verstehst, hast Du recht.
Folgt man dem Falsifikationsprinzip, dann kann es ohne Irrtümer weder eine Wissenschaft noch eine Erkenntnis der Wahrheit geben.

Claymore hat geschrieben: Sa 19. Mär 2022, 21:43Streng genommen ist “was wir ‘die Welt’ nennen ist das, was unser Gehirn konstruiert” selbst-widersprüchlich. Denn das Gehirn ist offensichtlich genauso Teil der Welt, und es wird sich wohl nicht selbst konstruieren
Wieso nicht? Unser Körper ist derjenige Teil der Welt, mit dem wir uns selbst identifizieren, und genau wie der Rest der Welt muss dieser dann ebenfalls auf irgendeine zweckmäßige Weise konstruiert werden.

Die weniger zweckmäßige Alternative wäre ein infiniter Regress, und der ist höchstens für Philosophen von Bedeutung, wenn sie damit ihren Lebensunterhalt zu finanzieren wünschen.
Für mich hören sich deine Einlassungen wie eine materialistische Version der cartesischen Philosophie an.
Statt wie Descartes ein denkendes Organ innerhalb eines denkenden Organs zu postulieren, könnte man auch einfach eines von beiden streichen. Man wäre dann zwar immer noch genauso materialistisch wie Descartes, hätte aber zumindest eine Hypothese weniger, auf die man sich stützen muss.

Paul hat geschrieben:...epiphänomene haben keine kausale wirkung auf das zugrundeliegende substrat
Gerade deshalb nannte ich es Epiphänomen.

Spice hat geschrieben:Es wächst allerdings nur das Wissen, dass einer naturwissenschaftlichen Betrachtungsart zugänglich ist.
Eine Religion ist keine Betrachtungsart und ein Dogma ist kein Wissen, das sich vermehren ließe.
Aber nur indem Marx meinte, die Philosophie vom Kopf auf die Füße stellen zu müssen. Er hat also alles verdreht!
Hegel hat alles verdreht, weil er sich - genau wie Kant - nicht vom Christentum lösen konnte und es in den Religionen eben allgemein üblich ist, den Kopf mit den Füßen zu verwechseln.
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

Jack Sparrow hat geschrieben: Mo 21. Mär 2022, 19:20 Wieso nicht? Unser Körper ist derjenige Teil der Welt, mit dem wir uns selbst identifizieren
soso...unser körper identifiziert sich also mit sich selbst...wer aber sind denn dann wir...der andere teil :lol:

meinetwegen können wir den topic jetzt schließen, es sei den, wir machen mit popper weiter :mrgreen:
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Paul hat geschrieben: Mo 21. Mär 2022, 19:39 meinetwegen können wir den topic jetzt schließen, es sei den, wir machen mit popper weiter
Willst Du poppern?
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Paul
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Paul »

popper ist so weit mir bekannt einer, der wert auf konsistenz legt...ich untersuche nur zwerge :mrgreen:
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