Solche Retorsionsargumente mag ich nicht, da sie uns nie zeigen, wo der Fehler nun genau steckt.
JackSparrow’s Konstruktion wo die “Welt die Schöpfung des Gehirns” ist, jedoch das Gehirn Teil eben dieser Welt, ist tatsächlich problematisch. Aber er stellt es halt auch als zirkuläre Kausalverbindung dar, was ich eben gerade nicht tue.
Ich meine, dass unser Ich für uns (i. S. der reinen Selbstreferenz) erst mal auch nur pragmatisch, psychologisch real ist. Ich stelle nicht die Behauptung auf, dass da eine Substanz “Ich” existiert. Das kann man glauben, und ich glaube es auch, aber es gibt keine Garantie (Anatta).
Tatsächlich kommen wir zu einem wenistens etwas substantielleren Ich, das mehr ist als nur der augenblickliche, flüchtige Bewusstseinsmoment, nur dann, wenn wir die Außenwelt nicht gänzlich als Produkt von uns selbst betrachten.
Derartiges kannst du dich auch bei Gott fragen: “Woher kommt Gott?”. Antwort: “Gott ist ein notwendig existentes Wesen” – aber “was” legt seine notwendige Existenz denn fest? Zieht Gott sich selbst aus dem Sumpf?Kommt es aus sich selbst? Zieht es sich selbst in die Realität wie sich Münchhausen selber an den Haaren aus dem Supf zieht?
Die traditionelle Konzeption Gottes ist für uns doch ganz unbegreiflich: Ein Wesen, dessen Essenz die Existenz ist.
Nur willst du lieber bei diesem Punkt mit dem Denken aufhören. Die Atheisten dagegen tun es vielleicht bei der Materie (“das Physikalische”), oder schlicht bei der Welt.
Natürlich begreift der durchschnittliche Atheist die Welt nicht als Mysterium. Aber wenn er es täte: welches Argument bewiese die Überlegenheit des Mysteriums “Gott” über das Mysterium “Welt”?
Im Endeffekt hängen wir doch alle über dem Nichts, salopp formuliert. So sehr du dir auch, wirklich obsessiv, ein festes Fundament wünschst, an dem du alles festnageln kannst.
Also bin ich da lieber offen und transparent und versuche nicht irgendwelche Dinge zu versprechen, die ich niemals einlösen kann.
Klar – du bist dir immer “ziemlich sicher”. Aber warum? Bzgl. irgendwelcher konkreten Belege oder Zitate sieht es ziemlich düster aus.
Am Ende sind das doch alles nur die alten Geschichten von Descartes: “das Qualitative ist subjektiv”.
Wo bleibt denn da die Neuerung, die kopernikanische Wende der Philosophie?
Warum denkst du denn, er würde gerne ohne das “Ding an sich” auskommen?
Natürlich. Das habe ich doch nie bestritten. Ich sage nur, dass es nichts “dazwischen” gibt, zwischen Erscheinung und Ding-an-sich (zumindest nach der klassischen Interpretation). Und selbst wenn doch: res extensae passen bei Kant überhaupt nicht rein.- Wenn es sein postuliertes "Ding an sich" gäbe, wäre es doch Wirklichkeit/Realität - oder nicht? - Irgendwas passt da nicht.
Das wäre dann nur seine persönliche kopernikanische Wende – nein.
Kant bezieht sich doch auf die Philosophie im Allgemeinen:
Immanuel Kant: “Kritik der reinen Vernunft” hat geschrieben:Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten; aber alle Versuche, über sie a priori etwas durch Begriffe auszumachen, […], gingen unter dieser Voraussetzung zu nichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, dass wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntnis richten
Es ist tautologisch wahr, dass man Worte immer so um-definieren kann, dass jeder Satz stimmt. Irgendwie muss doch aber wenigstens grob die neue, bereinigte Bedeutung mit der alten, landläufigen etwas zu tun haben, nicht?
Warum “oder”?Diese Definition wäre eine andere als "Welt" im christlichen oder ontologischen Sinne. - Dito "Vernunft": Anthropozentrische oder universale Größe?
Mir ist momentan nicht klar, ob sich Kant mehr als Philosoph oder mehr als Erkenntnis-Theoretiker verstanden hat.
Ich bin weit weg von deinen eigenartigen Gedankenkonstrukten.
Was soll denn “IST” bedeuten? Selbst wenn man sich auf diese Filter-Geschichte einlässt: was “IST” bedeuten soll, hätten wir doch immer nur unter dem Einfluss dieses Filters erfahren und könnten es auch nur so verstehen. Aber niemals im “absoluten Sinne”, worauf du doch abzielst.Also nochmal: "Sein ist das, was auch ohne unseren Filter IST". - Wo ist da was unklar?
I. Ü. müsste man “ist” auch auf uns oder den Filter selbst beziehen. Ist der Filter denn kein Sein?
Deine Definition ist also nicht nur unvollständig, sondern sogar inkonsistent.
Divergierende Interpretationen gibt es bei jedem Philosophen. Und erst recht bei Kant, da er vage und kryptisch ist.Hiob hat geschrieben: ↑Mi 16. Mär 2022, 22:55Es wird mir wieder mal klar, was einer unserer Professoren mal sagte: "Auch Kant-Kenner interpretieren Kant gelegentlich komplett unterschiedlich" (das Problem hatten wir ja schon bei Descartes). ---- Wenn man Descartes- oder Kant-Spezialisten zugesteht, dass sie WIRKLICH Spezialisten sind, UND sie komplett unterschiedlich interpretieren, dann ist das doch ein Hinweis, dass dies etwas mit der jeweiligen eigenen Formatierung zu tun hat, nicht wahr?
Aber das heißt nicht, dass jede Interpretation korrekt ist.
Bei Kant muss offensichtlich jede Interpretation der Tatsache Rechnung tragen, dass er seinen Ansatz als “kopernikanische Wende der Philosophie” ansah: als etwas radikal von traditioneller Philosophie verschiedenes.
Genau das verfehlt deine Interpretation komplett, wo du Kant nur in der Nachfolge Descartes’ (von der er sich tatsächlich vehement distanziert) verstehst.
Nur weil du hier meine Aussage ungültig verallgemeinerst.
Das ist verfälscht wiedergegeben und aus dem Kontext gerissen:- Kant hat am Ende seines Lebens (ich meine 1797) so was Ähnliches gesagt wie "Ich musste die Vernunft an ihr Ende bringen, um Platz für den Glauben zu haben".
Immanuel Kant: “Kritik der reinen Vernunft” hat geschrieben:Ich kann also Gott, Freiheit und Unsterblichkeit zum Behuf des notwendigen praktischen Gebrauchs meiner Vernunft nicht einmal annehmen, wenn ich nicht der spekulativen Vernunft zugleich ihre Anmaßung überschwänglicher Einsichten benehme, weil sie sich, um zu diesen zu gelangen, solcher Grundsätze bedienen muss, die, indem sie in der Tat bloß auf Gegenstände möglicher Erfahrung reichen, wenn sie gleichwohl auf das angewandt werden, was nicht ein Gegenstand der Erfahrung sein kann, wirklich dieses jederzeit in Erscheinung verwandeln, und so alle praktische Erweiterung der reinen Vernunft für unmöglich erklären. Ich musste also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen, und der Dogmatismus der Metaphysik, d. i. das Vorurteil, in ihr ohne Kritik der reinen Vernunft fortzukommen, ist die wahre Quelle alles der Moralität widerstreitenden Unglaubens, der jederzeit gar sehr dogmatisch ist.
Es ging nur darum, dass Vernunft-Postulate vernünftig sein müssen (ein noch bescheideneres Kriterium als das ist wohl kaum möglich).Der Weg zur Erkenntnis, dass nicht alles über menschliche Vernunft erfassbar ist, geht also entweder komplett nicht-reflektierend über geistlichen Instinkt oder - bei Kant - über menschliche Reflexion bis zum Ende, um als Schlussstein zu erkennen: "Es gibt Dinge, die mit meiner menschlichen Vernunft nicht erfassbar sind".
Die Quanten-Physiker haben das inzwischen ebenfalls erkannt - sieht Feymans Satz: "Wer behauptet, die Quantenphysik verstanden zu haben, hat sie nicht verstanden".
Bei all dem, was auf anderem Wege erfahren wird – z. B. empirisch im Falle der Quantenphysik – ist es natürlich irrelevant, ob wir es mit unserem Menschenverstand begreifen können.
Das ist das Problem an deiner Philosophie des “Ontischen”: es ist ein reines Vernunft-Postulat, das aber unvernünftig ist.