Corona hat geschrieben: ↑So 24. Jul 2022, 20:52
ok, sehe ich auch so. Hast du einen Gedanke,, warum das so ist?
Das liegt zunächst an der Einstellung des Bibellesers. Verbreitet ist die Wortgläubigkeit, das heißt, es muss wortwörtlich geschrieben stehen, nur dann könne es wahr sein. Das wird besonders bei Reizbegriffen wie das der Reinkarnation so gesehen, weil sie vermeintlich mit dem Christlichen in Konkurrenz tritt.
Übrigens ist es mir niemals nachgewiesen worden, warum ich nur die Bibel zu Rate ziehen dürfe, wie es die Schar der "Bibelgläubigen" als Dogma so vorgibt.
Ich habe als freier Mensch auch keinerlei Probleme, andere Überlieferungen wie Apokryphen, Sagen und Legenden zu Hilfe zu nehmen; ich habe oft erlebt, dass sie Biblisches notwendig ergänzen.
Ist es nur der physische Teil? Verstehst du darunter den animalischen unkontrollierten Aspekten des Menschen?
Die treffenden Worte zu finden, ist nicht leicht, ich versuche es:
Genauer gesagt handelt es sich um den fleischlichen Körper, der durch die Schwere entstanden ist. Der Körper und die Welt, in der er lebt, ist mit der Schwere auch sinnlich geworden, während die Leichtigkeit des Übersinnlichen, in der der Mensch im Paradies noch lebte, mit den sinnlichen Organen nicht erkannt werden kann. Mit dieser Fleischlichkeit hängen auch die Naturtriebe zusammen.
Der Mensch entwickelt sich (zunächst) in vier Entwicklungsstufen, kurz: irdisch, pflanzlich, tierisch, menschlich. Oder mit anderen Worten: Leiblichkeit, Lebendigkeit, Gefühl und Bewusstheit, das Ich bzw. die Bewusstheit seiner selbst.
Jede höhere Stufe hat auch das, was die vorherige hat, deshalb hat die Pflanze zwar eine Leiblichkeit, aber keine Empfindung. Der Paradiesesmensch war innerhalb seiner Entwicklung noch ein pflanzliches Wesen, worunter man sich aber nicht Pflanzen und auch nicht Menschen vorstellen darf, wie sie heute sind.
Wenn doch der Schöpfer alles geschaffen hat, so hat er doch auch die Regeln zur Reinkarnation festgelegt. Ist auch eine logische Schlussfolgerung. Dann gibt es sicher die Möglichkeit, zu bestimmen, wer,wann, was.
Der Unterschied ist auch hier die eigene Haltung, die man zu den Dingen einnimmt, dazu ein Beispiel: Es wird oft gesagt, der Mensch sei aus dem Paradies herausgeworfen worden. Das klingt nach einem beleidigten Gott, der auf Rache sinnt, weil dessen Regeln nicht eingehalten worden sind. In der Anthroposophie allerdings sieht man das Vorgehen Gottes zum Wohle der Entwicklung des Menschen, der Mensch musste also zu seinem Wohle das Paradies verlassen.
Deshalb ist natürlich auch die Reinkarnation zum Wohle des Menschen sinnvollen und logischen Regeln unterworfen.
Was passiert, wenn ein Mensch, die irdischen Begierden vor dem Tod nicht auslebt?
Diese Frage hast du zwar speziell an Spice gerichtet, doch hier meine Antwort: Der Mensch reibt sich im Laufe seiner Inkarnationen an seinen natürlichen, niederen Begierden durch Schicksal, Karma, Krankheit, Leid und Tod, er wird sie nach und nach in höhere Begierden veredeln, siehe dazu Rudolf Steiner, die Begierde nicht abtöten zu sollen, sondern sie erhöhend auf das überpersönliche Geistige zu richten:
„ … Es handelt sich also vor allem darum, daß höhere Interessen geweckt werden. Solche Interessen ergreifen den Menschen schon. Er braucht seine Gefühle gar nicht herabzudämpfen, sondern er wendet sie dann auf das höhere göttliche Werden an, auf die großen Weltentatsachen. Wenn wir unsere Gefühle darauf hinlenken, verlieren wir zwar das Interesse für die brutale Seite des Lebens, aber unsere Gefühle werden dadurch nicht abgestumpft, sondern sie werden reich, und die ganze Natur des Menschen entzündet sich daran. Hat ein Mensch viel übrig für einen guten Schweinebraten, so geht es nicht darum, sein Gefühl für den Schweinebraten zu ertöten, sondern dieses Gefühl umzuwandeln. …
Dieselben Gefühle, die der eine für die Symphonie des Mahles hat, verwendet ein anderer für eine wirkliche Symphonie. Predigen Sie die Überwindung der Begierde und Aktivität, dann predigen Sie das Unpersönliche. Zeigen Sie aber den Weg, der dazu führt die Begierde auf das Geistige zurichten, dann verweisen Sie auf das Überpersönliche. Und dieses Überpersönliche muß das Ziel der theosophischen Bewegung sein.
Zitat: Rudolf Steiner, Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft, Die drei Aspekte des Persönlichen, Berlin, 12, Juni 1907, S. 334f