Oleander hat geschrieben: ↑Do 22. Sep 2022, 12:20
Jesus bat um Vergebung für...
... exakt für die römischen Soldaten, die ihrer Obrigkeit unterstanden und den Befehl hatten, die Kreuzigung durchzuführen. Das wird aus Lk. 23,34 ersichtlich: "[Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!]
Und sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum."
Stephanus bat ebenso für seine Peiniger um Vergebung...
Unabhängig davon, ob der Vater dies vergeben wird oder nicht.
Das sagte er, nachdem er den Himmel offen gesehen hatte.
Apg. 7
Vom durchschnittlichen Gläubigen, der durch fremde Bosheit schwer verletzt wurde und dem keine Vision zuteil wurde, kann man das nicht verlangen. Da ist Unrecht geschehen, und Schuld muss bereinigt werden... wo, bitte, werden wir in der Bibel aufgefordert,
uneinsichtigen Tätern zu vergeben? Wo und wann und warum soll man vergeben, wenn ein Halsstarriger keinerlei Reue zeigt?
Ich kann für einen Bruder, der sündigt, bitten, das soll ich sogar. Wenn es sich nicht um "Sünde zum Tod" handelt. Davon, dass ich ihm vergeben soll oder muss, steht da nichts.
1. Joh. 5,16
Das ist eine völlig falsche Vergebungslehre. Ich würde sie sogar eine Irrlehre nennen. Denn diese, in vielen Gemeinden und christlichen Kreisen geforderte und praktizierte "Vergebungskultur" relativiert das
Ausmaß des Verderbens, welches mit der Sünde einhergeht. Sie verführt ungefestigte und auf zwei Seiten schwankende Gläubige dazu, die Sünde nicht mehr in ihrer tödlichen, endgültigen Ernsthaftigkeit wahrzunehmen. Und deshalb erlauben sie sich immer wieder Sünde in ihrem Leben und meinen, bei Gott damit unter Berufung auf das Evangelium durchzukommen - das war wohl schon
zu Korinth der Fall gewesen.
Oder hier:
Gal. 5, 7-8
Paulus: "Nee, Freunde, SO geht's NICHT."
Die übliche Reaktion auf Grenzüberschreitungen im christlichen Lager besteht darin, vom Geschädigten pauschal "Vergebung" zu fordern. Man erwartet von ihm, keinen Widerstand zu leisten,
seinen Schmerz zu verdrängen,
Unrecht; Ungerechtigkeit zu tolerieren und tapfer gegen die Verletzung anzukämpfen.
Nein, sorry, das ist Zeitgeist, das ist das Zeugnis der Schlange, eine Lehre, die, vom geistlichen Standpunkt aus gesehen, weder Tätern noch Opfern gerecht wird. Und dem Willen Gottes schon gar nicht.
Es geht um die Haltung des Einzelnen, ob er , egal was passierte, in der Lage ist (auch ganz Schlimmes) zu vergeben - auch ohne dass der andere um Vergebung bat.
Er kann (für sich selbst) vergeben, er muss es aber nicht.
Ich hab von einzelnen Juden, die vom Holocaust betroffen waren, gelesen, dass sie die Gräueltaten für sich vergeben konnten.
Selbstschutz.
Ein willentlich beibehaltener Groll und ein Sinnen auf Rache und Vergeltung ohne die geringste Aussicht auf Genugtuung sind erstens für das Seelenleben eines Jüngers nicht erwünscht, und zweitens schaden sie dem Verletzten wahrscheinlich mehr als dem Täter, der sich an die Opfer seiner Sünde vielleicht gar nicht mehr erinnern kann.
Deshalb:
Röm. 12,9 beherzigen und anwenden. Wenn ich einen berechtigten Anspruch auf Gerechtigkeit auf meinen Gott übertrage, dann wird dieser der Sache nachgehen und gerecht richten.
Er will, dass
alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen und wird in den meisten Fällen darum bemüht sein, das Herz eines Übertreters zu erreichen, damit dieser Buße tut und umkehrt. Deshalb sind erlittene Ungerechtigkeit und die Folgen derselben, die das Opfer möglicherweise lebenslänglich tragen muss, bei Gott am besten aufgehoben.
Man muss diese dann aber wirklich loslassen und Gott die
volle Verfügungsgewalt in der Sache einräumen. Gott ist nicht unser persönlicher Racheengel.
Wenn er in Röm. 12 anbietet, als Anwalt derjenigen tätig zu werden, die durch fremde Sünde verletzt und geschädigt wurden, dann wäre es ja einfach nur dumm und unklug, dieses Angebot auszuschlagen.
LG