CoolLesterSmooth hat geschrieben:Ich würde nicht voraussetzen, dass man von einem physikalischen Wesen ausgehen muss, um auf das Problem zu stoßen. "Komplex" ist, so wie es gemeinhin verwendet wird, an sich ja schon eine recht willkürliche Einordnung, es gibt - wie so oft - keine objektive Grenze, ab wann etwas komplex ist. Worauf das Argument, das ich hier kritisiere, aufgebaut ist, ist der Unglaube darüber, dass etwas für uns derart Beeindruckendes ohne Beteiligung einer bewusst lenkenden Entität existieren kann, egal ob diese Beteiligung nun direktes Eingreifen und Erschaffen in einem (vorher erschaffenen) System ist oder z.B. Erschaffen eines Systems so, dass sich 'das Beeindruckende' dort irgendwann herausbilden wird.
Ja, mit "komplex" ist hier sicher nicht "beeindruckend chaotisch komplex" gemeint, sondern eben "beeindruckend zweckmäßig komplex".
Wenn man dementsprechend sagt, dass die Welt die wir beobachten zwingend von einer schöpferischer Intelligenz geschaffen sein muss, weil jede alternative Erklärung, die keine schöpferische Intelligenz voraussetzt zu abwegig erscheint, dann stelle ich mir die Frage warum dieser Vorbehalt nicht auch mit Blick auf die schöpferische Intelligenz selbst vorgebracht wird. Warum gibt es für ein geistiges Wesen, das ist, aber nie wurde und Kraft seines Geistes eine physikalische Realität aus dem Nichts erzeugen kann plötzlich keinen vergleichbaren Erklärungsbedarf mehr? Warum wird beim Universum und den Dingen darin gesagt, never ever kann das ohne lenkende Hand entstanden sein, aber bei der lenkenden Hand, deren zugeschriebene Eigenschaften noch viel mehr mind-boggling sind, heißt es einfach, naja, isso, so etwas kann ohne Probleme einfach existieren, warum fragst du überhaupt? Dort undenkbar, hier easy. MMn eine ein bisschen willkürliche Zuordnung.
Das hängt von der Perspektive und Einstellung ab, für wie problematisch ein geistiges Wesen eingeschätzt wird. Es mag dir unglaublich vorkommen, anderen nicht.
Ich wollte nur festhalten, dass ein geistiges Wesen auf einer fundamental anderen Ebene liegt - im Gegensatz zu einem komplexen physikalischen Wesen (hier handelt es sich rein logisch um das äquivalente und die "Erklärung" ist für
jeden genau so komplex, wie das, was erklärt werden soll).
Die Vorstellung, dass ein geistiges Wesen einfach ist, kommt höchstwahrscheinlich daher, dass uns unserer eigener Geist aus der Innenperspektive betrachtet einfach und geeint vorkommt. Das ist natürlich ein Fehlschluss cartesischer "Psychologie", aber nach gefühlt 1000000 Posts in denen ich versuchte das Hiob zu erklären (ego cogito, ergo sum), will ich das nicht nochmal aufwärmen.
Wobei man hier zwei verschiedene Formen von "letzter erkennbarer Endpunkt" hat, denn Gott wird ja gerne eben nicht als lediglich der letzte erkennbare Endpunkt angeführt sondern als der ultimativ letzte, bzw anders herum als der uncaused cause von dem alles ausgeht.
Ja, das stimmt. Nichts neues.
Sozusagen der Ausdruck der Überheblichkeit, zu denken, wir hätten erkannt, was der ultimative Endpunkt ist. Wir verstehen ihn nicht unbedingt vollumfänglich, aber wissen zumindest was es ist.
Gott nicht irgendein mächtiges Geistwesen (wie Zeus), sondern das eine Wesen, dessen Essenz die Existenz ist (und damit der ultimative Endpunkt).
Das habe ich explizit betont: da kann einen das Argument von Paley grundsätzlich nicht hinführen.
Wir können Gottes Essenz nicht begreifen. Könnten wir es, würde uns
a priori klar werden, dass er existieren muss.
Ich sehe darin keinen "Ausdruck der Überheblichkeit". Es ist vielleicht vergleichbar mit mathematischen Objekten, die nicht konstruierbar sind, aber deren Existenz wir beweisen können.
Da sehe ich auf der anderen Seite mehr Offenheit zu sagen, okay, wir können bestimmte Dinge mit den Naturgesetzen erklären, aber wir können nicht erklären warum die Naturgesetze genau so sind, wie sie sind und wir werdens wahrscheinlich auch nie herausfinden, weil unsere Hypothesen dazu aus unserer Situation heraus nicht überprüfbar sind.
Aus meiner Erfahrung sind Atheisten fast immer Materialisten - d. h. implizit werden schon "letzte Erklärungen" aufgestellt. Was auch immer kommen mag, es wird doch als physikalisch, absichtslos und zweckbefreit konzipiert.
Sozusagen ein als "der tatsächlich letzte" angenommener Endpunkt auf der einen Seite und ein aufgrund von Limitationen als "der letzte erkennbare aber nicht zwangläufig ultimativ letzte" akzeptierter Endpunkt, auf der anderen.
Das kann so wirken. Aber heutzutage werden populären Debatten über natürliche Theologie
- entweder auf diesen einen Bestsellers aus dem 18. Jh. reduziert, dessen Autor - bei allem Respekt - wahrlich nicht zu den größten Geistern der Geschichte zählt,
- oder auf Karikaturen großer Philosophen, da man meint man könnte ihre Argumente aus dem Kontext ihrer Philosophie losgelöst verstehen.