Claymore hat geschrieben: ↑Sa 10. Dez 2022, 14:56
[...]
Ich glaube dagegen, dass wir Menschen in unserem Konzept der Addition die mathematische Funktion x + y voll erfassen und daher auch tatsächlich addieren, wenn wir meinen zu addieren. Also nicht nur irgendeinen unbestimmten Prozess ausführen.
Denn wenn wir nicht einmal das könnten, wie könnten wir jemals Beweise wie Cantor's zweites Diagonalargument durchführen, und wie könnten diese jemals eine Beweiskraft haben?
Die bescheidene Addition kommt da schließlich auch schon vor. Denn Cantor muss für seinen Beweis verstehen, dass sich alle reellen Zahlen in der Form _/2 + _/4 + _/8 + _/16 + _/32 + ... darstellen lassen; und, dass die für den Widerspruch konstruierte Reihe existieren und ebenso eine reelle Zahl darstellen muss.
Vielen Dank für deine Ausführungen, die ich übrigens - wenn ich sie korrekt verstanden habe - uneingeschränkt teile. Ich versuche deine Überlegungen so kurz wie möglich zusammenzufassen (und du kannst mich dann immer noch korrigieren, wenn ich falsch liege).
Deine Ausführungen über analoge und digitale Computer, das Problem von x+y, Cantors Beweis und die reellen Zahlen sollen zu folgender These führen:
Menschen verfügen über (immaterielle, intellektuelle?, kognitive? bzw. geistige?) Fähigkeiten, über die weder analoge Maschinen, noch digitale Computer, noch nicht-menschliche Tiere verfügen. Diese Fähigkeiten sind dem Menschen substanziell als (seelische?) "Form" (seines Menschseins inklusive seines Körpers?) eigen. Tiere haben de facto diese "Form" nicht und Maschinen/Computer(-programme) können sie aus prinzipiellen Gründen ebenfalls nicht haben.
Wenn das eine korrekte Zusammenfassung deiner Auffassung ist, dann stimme ich ihr zu.
Beispiel: Ich denke nicht, dass Schach-computer(-programme) tatsächlich Schachspielen. Ich denke, sie simulieren (als von Menschen erdachte und gebaute Maschinen bzw. programmierte Programme) menschliches Schachspielen lediglich, und Menschen tun etwas anderes, wenn sie Schachspielen als das, was Schachcomputer tun, wenn sie Schachspielen (nicht zuletzt auch, weil Menschen gewinnen wollen, Schachcomputer aber nicht). Dass die Simulationen des Schachspielens in Computern bzw. durch deren Programme mittlerweile besser dieses Spiel beherrschen als die besten menschlichen Schachspieler ist nur ein scheinbarer Widerspruch, denn die technische Hardware kann für diese Aufgabe optimiert werden, die menschliche Biomasse Gehirn aber bislang nicht). Der Hauptunterschied besteht darin, dass Menschen
wissen, was sie tun, wenn sie Schachspielen, während Computer nicht wissen, was sie tun, wenn sie Schachspielen.
Menschen
begreifen, was sie tun, wenn sie Additionen
lösen, Taschenrechner wissen nicht, was sie tun, wenn sie Additionen
ausführen. Deshalb
lösen Taschenrechner auch keine matematischen Operationen, sondern führen sie nur aus und selbst die besten Großrechner können nur sehr sehr eingeschränkt mathematische
Beweise führen!
Claymore hat geschrieben: ↑Sa 10. Dez 2022, 14:56
Die Seele ist die "Form" des Körpers, d. h. das fundamentale Prinzip, welches die Materie des Körpers zum Körper macht. Natürlich wird die Existenz einer solchen Form von der modernen Philosophie weitgehend geleugnet, ja Formen werden generell geleugnet - aber selbst ultra-reduktionistisch betrachtet kommt man nicht um den Begriff der Form herum, denn man muss doch zumindest die unterschiedlichen Typen an Elementarteilchen auseinanderhalten.
Also ich kann mit dem guten alten aristotelischen Begriff der "Form" durchaus etwas anfangen. Ich denke grundsätzlich ebenfalls, dass man nicht so einfach auf ihn verzichten kann. Allerdings denke ich auch, dass der Begriff der "Form" nicht metaphysisch überstrapaziert werden sollte. Das bedeutet, man muss sich im Einzelfall genau anschauen, wie er verwendet wird.
Claymore hat geschrieben: ↑Sa 10. Dez 2022, 14:56
Immateriell bedeutet, dass sie nicht unter den Imperfektionen der materiellen Objekte leidet, und damit unsterblich ist. Nach dem obigen Argument führt die menschliche Seele immaterielle Operationen aus, was sie meiner Ansicht nach von der tierischen Seele unterscheidet.
An dieser Stelle interessiert mich, welche Eigenschaften diese immaterielle Seele, die nicht unter den Imperfektionen materieller Objekte leidet, haben soll? Und warum die Seele deshalb UNSTERBLICH wird
Ich persönlich glaube z.B., dass unser physisches Gehirn ständig "immaterielle Operationen" ausführt, wodurch es permanent (immaterielle) Gedanken, Vorstellungen und qualitative Empfindungen (= Qualia) hervorbringt.
Wichtig! Ich glaube dezidiert nicht, dass die physikalischen und neuronalen Prozesse im Gehirn IDENTISCH ("=") sind mit den Inhalten von Gedanken, visualisierten Vorstellungen oder qualitativen Empfindungen, die wir haben!
Claymore hat geschrieben: ↑Sa 10. Dez 2022, 14:56
Ich hänge also nicht dem Cartesischen Substanzdualismus an, wo man annimmt, dass die Seele als unabhängige, immaterielle Substanz
neben dem Körper existiert. Dieser ist zwar mit einem mechanistischen Weltbild kompatibel und bildet die Grundlage für die Naturwissenschaft ("qualitative Eigenschaften unter den Teppich kehren") aber er leidet doch unter so enorm vielen, schweren Problemen, dass er für mich völlig unplausibel ist.
Ich bin mir im Augenblick noch nicht ganz im Klaren, ob du bei deinem doch recht unbedarften Übergang zu einer (ganzen) menschlichen Seele
aufgrund gewisser Eigenschaften, die Menschen als Menschen haben, nicht doch zwingend bei einem solchen Dualismus landest?!
Claymore hat geschrieben: ↑Sa 10. Dez 2022, 14:56Das war natürlich extrem polemisch ...
Da kannst du aber einen drauf lassen!
Natürlich frage ich hochnotpeinlich nach, was eine immaterielle Seelensubstanz so alles körperliche kann, obwohl sie per definitionem keinen Körper hat. Steiner musste sich wegen solcher Nachfragen den ganzen Astralkörperquatsch ausdenken und sozusagen einen Körper zum eigentlichen Körper dazuerfinden. Halt so, wie Platons Iddenwelt eigentlich nur eine Verdoppelung der Welt darstellt, - um die ganzen theoretischen Probleme zu kaschieren, die man sich durch seine bizarren Annahmen eingehandelt hat.
Claymore hat geschrieben: ↑Sa 10. Dez 2022, 14:56
und nicht alles ist wirklich so problematisch wie du es darstellst. Aber das Interaktionsproblem, also wie die Seele als angeblich ontologisch fundamental unterschiedliche Substanz kausal auf Materie wirken kann - ist der Klassiker schlechthin. Die Tierseelen genauso.
Genau deshalb ist diese Seelen-Konzeption auch nicht zielführend. Sie bereit erheblich zu viele philosophische Probleme.