Hiob hat geschrieben: ↑Fr 6. Jan 2023, 00:34Eine Kreisfläche ist authentisch zu einer Kugel, obwohl beide unterschiedliche Dimensionen haben. Ein Dreieck oder viereckig ist NICHT authentisch zu einer Kugel. Sicherlich kann man solche Beispiele zu einem allgemeinen Lehrsatz umformulieren, habe ich aber noch nicht gemacht, weil mir die Sache selbst reicht.
Und mir reicht das halt nicht. Denn den allgemeinen Lehrsatz haben die Philosophen auch nach zwei Millennia Nachdenken nicht gefunden.
Was der Begriff "Wahrheit" bedeuten soll (streng zu trennen von der Frage, was wahr ist), bleibt nach der Korrespondenztheorie unverständlich.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 6. Jan 2023, 00:34
Soll das der christlichen Philosophie entsprechen? Dort ist es eigentlich genau umgekehrt: Übereinstimmung der Überzeugungen mit den Dingen. Also die Überzeugungen haben übereinzustimmen und nicht die Dinge. - Avicenna Version ist »ein Satz ist wahr, wenn er mit der Wirklichkeit übereinstimmt«. - Ontisch richtig. SChwierig wird es, wenn man beansprucht, dass die Überzeugung entscheidet, OB etwas wahr ist.
"Veritas est adaequatio rei et intellectus" ist wörtliches Zitat von Thomas von Aquin. "Wahrheit ist Übereinstimmung des Dings und des Verstands". Also kommen Überzeugungen streng genommen nicht mal vor.
Das ist ziemlich eindeutig christliche Philosophie.
Es ist jedoch falsch, den Satz von Thomas so zu interpretieren, als ob sich die Dinge generell nach dem Verstand richten sollen.
Denn Übereinstimmung ist eine symmetrische Relation. Aus "x stimmt überein mit y" folgt "y stimmt überein mit x", und umgekehrt.
Korrekt ist, dass Thomas es offen lässt,
was sich nach
was richten soll. So schreibt er in der Summa:
"denn ein Haus gilt als wahr, wenn es das Abbild der Form im Geiste des Architekten ausdrückt".
Keiner sagt mehr "ein wahres Haus", aber völlig ungewöhnlich ist so ein Sprachgebrauch nicht. "Ein wahrer Gentleman" ist ein Mann, der mit der Idee eines Gentlemans in unserem Verstand übereinstimmt.
Was ist aber mit all dem außerhalb der menschlichen Sphäre? Der ganzen Natur? In diesem Fall sind die Dinge wahr, wenn sie dem
göttlichen Intellekt entsprechen, d. h. seinem Schöpfungsplan.
Wahrheit im Sinne der Übereinstimmung mit dem menschlichen Verstand wird bei natürlichen Dingen dagegen nur erreicht, wenn sich der menschliche Verstand an die Dinge anpasst und nicht umgekehrt.
Im Spätmittelalter setzte sich dann diese letztere Bedeutung durch (Wilhelm von Ockham).
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 6. Jan 2023, 00:34
Da hast Du etwas grandios missverstanden. - Erstens hat dies nichts mit "wollen" zu tun. Zweitens bedarf man für pragmatische Dinge wie Giftgasangriffe und Hühneraugen keine ontologischen Modelle.
Ich denke, dass es hier ums wollen geht. Man
will einfach behaupten, was einem gefällt, und dabei respektiert werden ohne sich mit Kritik auseinandersetzen zu müssen.
Dazu ist völlig unklar wo "pragmatische Dinge" aufhören und wo sie anfangen.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 6. Jan 2023, 00:34HÄ? Doch gerade NICHT!! - Der moderne Mensch denkt methodisch und modellhaft - was keine Kritik sein soll. Aber das hat doch nichts mit "absolut" zu tun.
Nein. Die Gesellschaft zerfällt nach GRÖBSTER Einteilung in drei Gruppen:
- Wissenschaftsgläubige
- "woke" Personen
- Querdenker (ein "e"!)
Gruppe 1 denkt modellhaft. Gruppe 2 nur teilweise und setzt auf sozialen Konstruktivismus. Gruppe 3 ist auf dem "ontisch"-Trip.
Zwischen ALL diesen Gruppen knallt es heftig. Auch zwischen Gruppe 1 und 2. Siehe das
Drama zwischen Christiane Nüsslein-Volhard (Nobelpreisträgerin, Biologin) und Sven Lehmann (Queer-Beauftragter der Bundesregierung).
Traurig, aber in Gruppe 3 tummeln sich auch viele extrem ÜBLE Gestalten, womöglich sogar die meisten. Ergo: Korrespondenztheorie + moderner Mensch = toxische Mischung.
Versuch eines hinführenden, aber nicht perfekten Vergleichs: Der wissenschaftliche Modell-Zugang verhält sich zu ontologischem Verstehen wie die euklidische Mathematik zur relativistischen Mathematik. Ontologisches Verstehen bedarf einer Dimension, die in der von Dir gepredigten Welt nicht nötig ist. Oder anders gesagt: Unbesehen vermute ich, dass Deine Aussagen im Rahmen des von Dir angelegten Horizonts richtig sind. Noch anders: Wer letztlich materialistisch denkt (das tut man auch dann, wenn man von Geist und Qualia spricht, solange man nicht metaphysisch geerdet ist), braucht nicht über ontische Fragen nachzudenken.
K. A. was "metaphysisch geerdet" bedeuten soll. Ich glaube an eine immaterielle, unsterbliche Seele. Also nein, ich denke nicht materialistisch.
Zu dem Vergleich: Bei nicht-euklidischer Geometrie liegt echte Substanz zum Verstehen vor. "Ontologisches Verstehen" ist dagegen leer, da wir keinen Zugang zur ontischen Wirklichkeit (gemäß deiner Definition) haben. Daher ist das nur ein Manöver um behaupten zu dürfen, was man will, und Kritik kategorisch zurückweisen zu können.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 6. Jan 2023, 00:34Dazu braucht man das Wort "Wahrheit" nicht. Das ist gerade so, als würde ich eine Wurst aus dem Kühlschrank-Gott holen. Das Wort Gott braucht man beim Kühlschrank nicht.
"Nutzwert" war zu allen Zeiten eine intuitive Bedeutung des vielschichtigen Wortes "Wahrheit". Ich erkläre sie nur zur einzigen. "Gott" und "Kühlschrank" hatten dagegen nie was miteinander zu tun.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 6. Jan 2023, 00:34
Ist bei Dir Geist ein Produkt der Materie oder ist bei Dir Materie ein Produkt des Geistes? - Die Antwort entscheidet, wo Du im Verhältnis zu geistlicher Philosophie stehst.
Meine Antwort ist: Materie ist Produkt des (göttlichen) Geistes.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 6. Jan 2023, 00:34Erstmal der Kern. Verhält sich der Vulkan anders, wenn jemand hinguckt? Gibt es ihn nur, weil jemand hinguckt?
Empirisch gesehen gibt es den Vulkan auch wenn niemand hinguckt. Nimm einen Vulkan, stell eine Kamera auf, die ihn aufzeichnet. Entferne dich und alle anderen Menschen aus dem Gebiet. Am Ende schau dir die Aufzeichnung an und du stellst fest: der Vulkan stand völlig unbeeindruckt da und verhielt sich nicht anders als sonst.
Und wenn auf einem fremden Planeten eine Entität zuhause ist, die zwar aussieht wie ein Vulkan aber auf Anwesenheit von bewussten Lebewesen reagiert oder dann erst auftaucht, würden wir diese Entität sicher nicht "Vulkan" nennen. Das entspricht nicht unserem Konzept von Vulkan.
Klar, darauf wolltest du mit deiner Frage nicht hinaus. Aber auf was denn dann? Was würde es bedeuten, dass auch das Filmmaterial erst auftaucht, wenn wir draufschauen?
Du entlehnst Begrifflichkeiten, die du in der Sinnenwelt erlernt hast, und wendest sie in Analogie auf das an, was die Sinnenwelt transzendiert. Aber für sowas braucht man sehr hohe Präzision, die du selber nicht aufbringen willst.
Alles 1000 × bekannt ... und 100% unproduktiv! Ist hier auch off-topic von daher brechen wir lieber ab, um wieder zum Thread-Thema, der Seele, zurückzuwechseln.