Paulus erklärt es doch in den Kapiteln 3 bis 6 des Römer-Briefes sehr ausführlich: die Rechtfertigung vor Gott kommt aus dem Glauben, nicht aus Werken. „Um von Gott anerkannt zu werden“, braucht es den Glauben. Gesetze und Gebote helfen dabei um letztlich zu erkennen, was Sünde ist.
Paulus widerspricht aber auch dem Gedanken, dass die neu gewonnene Freiheit (von der Sünde) nun als Rechtfertigung eines beliebigen Handelns dienen könne. In Römer 7,6 spricht er dann nämlich vom Dienst im „Wesen des Buchstabens“ im Gegensatz zum Dienst im „Wesen des Geistes“. Bei Letzterem genügt es nicht, dass es kein konkretes Gesetz gibt, dass das verbietet, was man gerne tun möchte. Beim Wesen des Geistes ist etwas nicht deswegen gut und richtig, weil es nicht verboten ist. Zum Dienst im „Wesen des Geistes“ sind die Gläubigen aber durchaus aufgerufen, zum Beispiel durch Prüfen wie der Wille Gottes wohl aussieht (Römer 12,2) und das dann zu tun.
Vorstellbar ist es aber, dass in konkreten Spezialfällen eine Treue zu einem Gesetz nicht einer Treue zu Gott entspricht - etwas was auch zu einigen Problemen Jesu mit den Pharisäern und Schriftgelehrten führte wie z.B. Heilungen am Sabbat. In vielen Fällen wird das Handeln eines Gläubigen also durchaus den Gesetzen entsprechen, aber eben nicht bedingungslos um den Gesetzen zu entsprechen, da das Ziel der Treue nicht das Gesetz selbst ist, sondern Gott. Es nützt also nicht viel die Frage nach „Buchstaben“ zu wiederholen, da der Gläubige dem Geist und nicht dem Buchstaben dient.
Interessant ist aber Deine Frage noch in Bezug auf das erste Apostelkonzil in Jerusalem, wo den neubekehrten Heiden aufgetragen wird, kein Götzenopferfleisch zu essen, sich Blut und Ersticktem zu enthalten und Unzucht zu vermeiden. Im Korintherbrief sieht es Paulus dann schon entspannter, was das Essen von Götzenopferfleisch angeht. Warum werden also genau diese vier Regeln genannt und nicht beispielsweise auch Mord und Ehebruch? Wenn es beispielsweise bei diesem Apostelkonzil primär um die Vermeidung eines Bruches zwischen Judenchristen und Heidenchristen ging, dann hätten diese vier Regeln für heutige Christen höchstens eine nachgeordnete Rolle, da das Problem heute nicht mehr in dieser Form besteht. Dann wäre aber die Frage wie eine Einheit der Christen erreicht werden könne, da dies dann ja der eigentliche Wille Gottes gewesen wäre? Oder soll jede Konfession bis zum Sanktnimmerleinstag auf ihren Alleinstellungsmerkmalen bestehen?
Und zur „richtigen Übersetzung“ - das verhält sich meiner Meinung nach so ähnlich wie mit den christlichen Konfessionen: da gibt es bessere und schlechtere, aber weder kann eine Konfession einen Glauben bewirken, der vor Gott rechtfertigt, noch dies zuverlässig verhindern. Bibelstellen werden eben auch gemäß den Überzeugungen der Übersetzer übersetzt, was bei den Übersetzungen dazu führen dürfte, dass die Übersetzer auch ein großes Ganzes im Hinterkopf haben und einzelne Bibelstellen dann damit in Einklang bringen wollen. In früheren Zeiten könnten z.B. auch etwaige Dogmen eine größere Rolle gespielt haben, falls die Übersetzer nicht gerade gleichgültig gegenüber einer Hinrichtung auf einem Scheiterhaufen waren.
LG,
Daniel.