Johncom hat geschrieben: ↑Sa 30. Sep 2023, 22:56
Was der Fall ist, und ich habe gerade bei Reuters nachgeschaut, das was vornehmlich berichtet wird, ist immer nur, was man wissen "soll". Weglassen ist ja auch lügen.
Wenn es sich um eine wichtige Sache handelt, ja.
Also wenn die Volksabstimmungen in der Ost-Ukraine friedlich verlaufen, wenn Kiew sie durch Beschuß stört, braucht nicht mal die CIA Informanten, oder?
Da müsste man erstmal herausfinden, was die absolut unverzerrte Wahrheit überhaupt ist, ne? Natürlich zitiert Reuters die Klagen der dortigen pro-russischen Behörden über Beeinträchtigung der Referenden durch ukrainischen Beschuss, siehe
hier. Es ist schließlich Krieg dort und daher unverantwortlich die Bevölkerung für dieses Schauspiel antreten zu lassen.
OK, vielleicht meinst Du nicht deutlich genug, oder Du findest die Skepsis von Reuters nicht angebracht, oder, oder, oder...
Aber das geht in Richtung Framing bzw. Spin, was merklich subtiler und durch den Hostile-Media-Effekt schwer objektivierbar ist. Bei polarisierenden Themen vermuten sogar beim
gleichen Artikel beide Seiten eine negative Bias gegen ihren Standpunkt.
Johncom hat geschrieben: ↑Sa 30. Sep 2023, 22:56Das Snowden-Buch las ich auch. Ich finde, er wollte nur sein eigenes Paket aufmachen, keine weiteren Aufreger. Und er hatte die zweithöchste Geheimhaltungsstufe, in jeder gibt es das "need to know" Prinzip.
Es kommt doch nicht darauf an, was er lesen
durfte, sondern was er lesen
konnte.
Der entscheidende Bericht über die anlasslose Massenüberwachung, der für ihn die Sache ins Rollen brachte, hatte ECI, stand also über der höchsten
offiziellen Geheimhaltungstufe. Als Systemadministrator hatte er jedoch
de facto Zugriff darauf, obwohl er nur Top-Secret-Freigabe hatte.
I. Ü. wenn du dir tatsächlich extreme Manipulationen anschaust, wie z. B. die Beschreibung des Helikopter-Angriffs im Irak 12/7/2007 (Collateral Murder) von David Finkel der Washington Post, seine Loblieder auf "die guten Soldaten" obwohl er die Wahrheit kannte, dann hat das nichts mit super-super-super-Geheimhaltung zu tun, sondern mit Finkels persönlichen Überzeugungen und seinem nicht existierenden Berufsethos.
Zwei Reuters-Journalisten wurden dabei getötet und Reuters hat versucht über ein FOIA-Gesuch herauszufinden, was los war, aber wurde vom Militär belogen. Das ist, was wir jetzt wissen. Also kann man ihnen nur zu großen Respekt oder Naivität vorwerfen, wenn man es negativ ausdrücken will.
So wie du es darstellst, müsste man denken, dass Reuters das Video besessen hätte oder gezeigt worden wäre, aber sie dann bewusst gelogen hätten.
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Julian Assange meint in
Cypherpunks, dass in westlichen Gesellschaften die Manipulation nur raffinierter betrieben wird als in China oder Russland. Die Vorstellung ist in diesem Forum auch sehr populär.
Naja, teilweise wirken die westlichen Manipulationen schon wieder stümperhaft - wie Chelsea Manning beschreibt, lag das Video von
Collateral Murder ungesichert auf einem Netzlaufwerk. Deswegen wissen wir schließlich von sowas.
Westliche Manipulation ist aber subtiler im Sinne weniger brutaler Mittel. Ich denke jedoch, das liegt daran, dass der zu überbrückende Unterschied zwischen dem gezeichneten Bild und der Realität deutlich geringer ist als in den Autokratien.
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Nochmal in abstrakter Form ...
Für das Argument willen, charakterisiere hier die alternativen Medien (extrem) unrealistisch positiv, indem ich mal gnädigerweise all sowas wie Compact, KenFM, Journalistenwatch etc. ausblende.
Sagen wir, die Realität wäre 25 % Grau vs. 75 % Grau:
██████████.
- Die Gruppe A hält die Sache für eine Angelegenheit schwarz vs. weiß ██████████. Das ist die offizielle, etablierte Meinung, der Mainstream.
- Gruppe B lehnt das jedoch ab, empört sich über mangelnde Differenzierung, und glaubt, die Sache wäre 50 % Grau vs. 50 % Grau ██████████
Die Rollen könnten natürlich auch verteilt sein, und der Mainstream die Message "50 % Grau vs. 50 % Grau" propagieren.
Was ist jetzt schlimmer? Auf den ersten Blick ist beides gleich schlimm, da es eine gleich starke Abweichung von der Realität darstellt. Ich finde aber B sogar noch problematischer.
Das Problem an Gruppe B ist: Sie war ja dem "offiziellen Narrativ" ausgesetzt und hätte es besser machen können. Das wurde zwar nicht reflexhaft übernommen, aber was an seine Stelle getreten ist, ist leider genauso problematisch.
Und wer erst einmal dachte, es selber besser zu wissen als die breite Masse, der ist fast nie mehr zu korrigieren. Eine Korrektur hierbei wäre eine solche narzisstische Kränkung, dass sie nur der Weise akzeptieren kann.
Man könnte noch argumentieren: Aber Gruppe B hat sich wenigstens von der Elite befreit!
In der Realität sind es meist nur andere Eliten. Nur weil sie im Ausland sitzen oder kleinere unzufriedene Faktionen darstellen, macht sie das nicht besser.