Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Rund um Bibel und Glaube
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Lena
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Lena »

In meiner Bibel gibt es kein Daniel 24.

Wir dürfen darauf vertrauen, dass uns Gottes Geist, durch unser Leben führt.
Er in seinem Tempel - unserem Herzen sitzt und nicht der Antichrist.
Zippo
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Zippo »

Eine Frage noch hat geschrieben: Do 19. Okt 2023, 11:28 Hallo,

kennt jemand ein Schema in der Bibel, woran man erkennen kann, ob eine Textstelle "im übertragenen Sinne" oder materiell gemeint ist?
Der Herr Jesus war mal erstaunt, weil die Jünger an Brot dachten, obwohl er die Lehre meinte. Joh 8,43 Warum versteht ihr meine Sprache nicht, meinte er.
Da wäre die Übertragung Speise - Lehre, also Nahrung für den Geist.

Oder zu der Frau am Jakobsbrunnen sagt der Herr Jesus: Joh 4,10, daß er in der Lage wäre der Frau lebendiges Wasser zu geben.
Sie dachte an Wasser, um es zu trinken, der Herr dachte an den Heiligen Geist.

In Joh 6, 50 spricht er von sich, als dem lebendigen Brot, von Fleisch und Blut, daß seine Jünger essen und trinken sollten, um seine Zuhörer provokativ auf die Bedeutung seiner Worte für Geist und Seele hinzuweisen. Aber nur wenige haben es zu dem Zeitpunkt verstanden. Einige seiner Nachfolger haben sich dann verabschiedet.

Meintest du so etwas ? In dieser Hinsicht gibt es ja im NT sehr viel. Und man könnte sich das der Reihe nach mal ansehen. Z. Bsp. was Licht und Finsternis und Wasser und Brot usw. für den Geist bedeuten.
EFN

Eine bessere Bezeichnung als "materiell" fällt mir gerade nicht ein.
Ein simples (prominentes) Beispiel zur Verdeutlichung wie ich es meine:

Wenn der Antichrist kommen und sich in den Tempel setzen wird an Stelle von Gott. Daniel 24
Der Tempel kann auf den geistigen Tempel gedeutet werden, den der Herr Jesus durch seinen Tod und seine Auferstehung gebaut hat Joh 2,19. Das ist ein Tempel, der durch den Heiligen Geist aufgerichtet wird, der jeden Menschen, der von ihm erfüllt ist, zu einer Begegnungsstätte Gottes macht, und auch zu einem Priester, um den Menschen, je manch Begabung darin zu dienen. 1 Kor 3,16; 1 Petr 2,5

Wo steht Dan 24 ?
Ich kenne so einen Zusammenhang aus 2 Thess 2,4 Da steht, daß der Sohn der Bosheit sich in den Tempel Gottes setzt und behauptet er wäre Gott.
Mir war immer nicht ganz klar, ob es sich hierbei um den geistigen Tempel, also die Gemeinde Gottes handelt, in dem Satan sich auch auf immer raffiniertere Weise eingeschlichen hat oder ob es sich um einen physischen Tempel handelt, wie ihn die orthodoxen Juden ja ständig bauen wollen.
EFN

Kennt jemand ein halbwegs anwendbares Schema was nun geistlich oder materiell gemeint ist?
Zb. nach Büchern/Schreibern/Personen/ Alter und zeitliche Umstände des Textes?

Oder ist immer der Kontext akribisch zu recherchieren bzw. macht es dann die allgemeine Schrifterfahrung und Fähigkeit Zusammenhänge zu deuten, die ein Erkennen dahingehend ermöglicht?

Hat sich schonmmal jemand damit beschäftigt? Kennt jemand Autoren, die sich damit beschäftigt haben?
Ich glaube, die Schrifterfahrung macht es und das Wirken des Heiligen Geistes und plötzlich versteht man wieder was.
Z. Bsp. wurde mir irgendwann klar, daß die himmlische Stadt Jerusalem, die auch als Braut Jesu benannt wird, eine symbolhafte, bildhafte Beschreibung für die Menge der Erwählten ist, die einmal in der neuen Schöpfung sein werden.Off 21-22 Vorher hatte ich immer versucht, mir dabei eine reale Stadt vorzustellen.

Gruß Thomas
2 Kor 13,14 Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.
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Abischai
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Abischai »

Helmuth hat geschrieben: Fr 20. Okt 2023, 07:51 Dann zitert man (im Extremfall) als "es steht geschrieben" sogar das Wort des Teufels als Wort Gottes. Und woher kennen wir denn diese Taktik?
Das ist ja ein wesentlicher Aspekt. Was Judas zu den Priestern gesagt hat, war nicht das Wort Gottes, aber es steht im Wort Gottes, d.h. Gott hat dafür gesorgt, daß diese Aussagen nicht verdunkelt oder vergessen werden, sondern daß sie schön als Beweismittel erhalten bleiben. Diese Aussagen sind also sozusagen Eigentum Gottes und damit auch uns zugänglich, sodaß wir die als belastende Aussagen verwenden können, ohne Judas oder dem Teufel damit "unrecht" zu tun, wir reden also nichts über jene, was die gar nicht gesagt und getan hätten.
Daß meint, daß auch die Aussage "sollte Gott wirklich gesagt haben..." in diesem Sinne in der Evidenzkiste Gottes versieglet und bewahrt bleiben, damit der Teufel sich hernach nicht rausreden kann: "das habe ich ja gar nicht gesagt!" oder so.

Alles was Gott schriftlich festgehalten wissen wollte steht in der Schrift, von mir aus nennen wir das nicht "Gottes Wort", sondern "Gottes Wille", was aber auf das Gleichen hinausläuft und nur eine oberflächliche Begrifflichkeit tangiert.

Sinnvoll Textkritik ist ja nicht schlimm, sondern verbessert die Sammlung vielleicht wirklich. Aber wir gehen erst mal von dem aus, was relativ frühe Christen als ihr Lebenswerk (was zu respektieren ist) geleistet haben, unter Entbehrungen und Kampf, Einheit über die Bedeutung einezlenr Schriftbestandteile zu erlangen. Das ist grundsätzlich hoch zu loben, und wir heute leben in dieser Tradition, die aber auch durch Gott selbst verifiziert ist, denn hier müssen wir mal sehen wozu Gott sich gestellt hat, das sind alle ernsthaften ÜS der lezten Jh.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]
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Abischai
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Abischai »

Lena hat geschrieben: Fr 20. Okt 2023, 12:33 In meiner Bibel gibt es kein Daniel 24.
Wer sagte das?
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Abischai
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Abischai »

Eine Frage noch hat geschrieben: Fr 20. Okt 2023, 09:54 Ist hier mit Kontext aber der unmittelbare Kontext oder die ganze Schrift gemeint
Die Gesamtaussage der Schrift, wie es gemeint ist, was dem Geist der Schrift entspricht.
Und ganz nahe ist natürlich auch das Umfeld des jeweiligen Textes gemeint.

Z.B. bei Hiob ist es wichtig zu wissen, wann ungefähr er gelebt hat. Wenn das nicht lange nach der Flut war (Sem z.B. starb 500a nach der Flut, da war Abram 55a alt, etwa in der Zeit lebte auch Hiob), sind die beschriebenen Naturphänomene und Tiere noch zeitgenössisch. Lose Verbände der Chaldäer gab es in der Zeit der Babel-Reiche nicht mehr, die wahren Bestandteil Babels geworden. Abrham zog noch aus "Chaldäa" fort, Ur, die damalige Hauptstadt war seine "Kinderstube" gewesen.

Manchmal stehen in der Schrift augenscheinliche Anachronismen, wie z.B. daß David das Haupt Golitahs nach Jerusalem brachte. Diese Aussage ist ein geistliches Geheimnis, denn ich glaube nicht, daß David einen weiten Weg gelaufen ist, um die tatsächliche Jebusiterfestung aufzusuchen, um dort den Kopf eines Philisters abzulegen. Darin ist kein Sinn zu erkennen, wirklich nicht. Daher scheint das ein Bild für irgendetwas zu sein, was sich uns (noch) nicht erschießt. Ich habe lange darüber nachgedacht, bin noch nicht drauf gekommen.

Luther hat bei der ÜS des Römerbriefes lange gebraucht, bis ihm dann die Erleuchtung kam, daß alle Stellen der Schrift die Gnade Gottes zum vornehmen Inhalt haben, im Zweifelsfall also den Aspekt der Gnade beinhalten müssen.

Er hat also auch die Gesamtaussage der Schrift im Blick gehabt und daher manchen schweren ÜS-Fehler nicht begangen, der nahegelöegen hätte.
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Eine Frage noch
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Eine Frage noch »

Lena hat geschrieben: Fr 20. Okt 2023, 12:33 In meiner Bibel gibt es kein Daniel 24.

Wir dürfen darauf vertrauen, dass uns Gottes Geist, durch unser Leben führt.
Er in seinem Tempel - unserem Herzen sitzt und nicht der Antichrist.
Entschuldige: 2. Thes, 2,4
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Oleander
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Oleander »

Abischai hat geschrieben: Fr 20. Okt 2023, 14:03
Lena hat geschrieben: Fr 20. Okt 2023, 12:33 In meiner Bibel gibt es kein Daniel 24.
Wer sagte das?
Es gibt bei "Daniel" nur 12 Kapitel.
Hast du ein Kapitel 24 in deiner Bibel? :)
Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung.
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Abischai
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Abischai »

Wurde gerade aufgeklährt...
Eine Frage noch hat geschrieben: Fr 20. Okt 2023, 14:13 Entschuldige: 2. Thes, 2,4
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Galahad
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Galahad »

Eine Frage noch hat geschrieben: Do 19. Okt 2023, 11:28 […] kennt jemand ein Schema in der Bibel, woran man erkennen kann, ob eine Textstelle "im übertragenen Sinne" oder materiell gemeint ist?
So ein Schema kann es nicht geben, weil die Grundfrage schon nicht biblisch ist. Die Bibel fragt nicht, ob etwas entweder "irdisch" oder "himmlisch" zu denken ist.

Nimm als Beispiel den ersten Vers der Bibel: "Im Anfang schuf Gott Himmelerde" - Ist das "nur" "geistlich" gemeint?

Sicherlich ist es eine konkrete, materielle Tatsache: mit der Schöpfung von Himmelerde wurde die Zeit als solche gleich mitgeschaffen.

In der Offenbarung lesen wir: "Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott der HERR, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige." Offb 1, 8

Und Paulus schreibt über Jesus: "Denn durch ihn ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Obrigkeiten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen." Kol 1, 16

Und dadurch erkennen wir: "Im Anfang schuf Gott…" ist das gleiche wie "durch ihn ist alles geschaffen"

Das heißt "Im Anfang" meint hier sicherlich zeitlich "ganz als erstes" aber eben auch "durch Jesus"

Nur hinsichtlich des Themas dieses Threads: ist denn diese Tatsache, daß in Jesus alles erschaffen wurde etwa nicht "irdisch"? Ist das "nur" geistlich?

Du siehst, alleine die "irdischen" Tatsachen einer Bibelstelle sind schon mehrschichtig…

Jetzt kommen wir zu dem "übertragenem Sinne" dieser Bibelstelle.

Der ganze Schöpfungsbericht ist - im übertragenem Sinne - eben auch der erste Evangeliumsbericht.

Das heißt hier fängt Gott direkt an uns seine Denkmuster zu vermitteln. Er nennt dies auch das himmlische Muster:

– die dem Abbild und Schatten der himmlischen Dinge dienen, wie Mose eine göttliche Weisung empfing, als er im Begriff war, das Zelt aufzurichten; denn »Sieh ⟨zu⟩«, spricht er, »dass du alles nach dem Muster machst, das dir auf dem Berge gezeigt worden ist!«. – Heb 8, 5

Und dies ist das, was du (vermutlich) eigentlich suchst. Das himmlische Muster.

Nun, dies ist die Bibel.

Und es geht gleich los mit Vers 1:

Durch Jesus ist alles gemacht. Es gibt Zeit und es gibt eine Schöpfung mit zwei Hauptbestandteilen: Himmel und Erde. Und diese Zweigeteiltheit zieht sich als erster Aspekt des himmlischen Musters durch alles: Gott/Schöpfung, Himmel/Erde, Geist/Körper

Und das ist ja nur ein Vers, also jetzt bitte nicht alles auf einen Vers reduzieren, das funktioniert natürlich auch wieder nicht.

Und nach diesem himmlischen Muster, welches wir der Bibel entnehmen können, sollen wir die Bibel lesen.

Jetzt steht natürlich noch die Frage im Raum, weshalb überhaupt so eine Überlegung angestellt werden soll?

Biblisch ist das ganz sicher nicht, danach zu fragen.

Biblisch ist, wie gehabt, jede Bibelstelle immer voll von mehreren Bedeutungen, manchen "materiell" und manchen im übertragenem Sinne.

Wieso dann solche Fragen?

Es gibt da Ereignisse in der Vergangenheit, die das aufgebracht haben.

Als in ihrer historischen (nicht geistlichen) Bedeutung herrausragend kann ich drei Bewegungen ausmachen.

Auf die zeitlich letzte der drei wurde schon durch Abischai eingegangen: der Modernismus bzw. die theologische Reaktion auf den Modernismus.

Was ist mit Modernismus gemeint, für unsere Zwecke hier? Gott wird ausgeklammert. Wir kennen das alle, wie leben alle in der postmodernen Welt. Man ist gesellschaftlich Verpflichtet, automatisch erstmal immer so zu tun als ob es Gott nicht gäbe.

Wir haben sicherlich auch alle Erfahrungen gemacht mit faulen Kompromissen seitens der Gläubigen. Z.B. passend zum Thema hier: ja, die Schöpfungstage sind ja keine 24h-Stunden Tage sondern nur Symbole für lange Zeitalter

… das ganze als Anbiederungsversuch an Evolutionisten und andere Phantasten.

Hauptsache Gott wird irgendwie ausgeklammert. Ich denke du weißt was ich meine…

So, wann fing das an? Das fing ja irgendwann mal an. Das war so in etwa im 18. Jahrhundert, daß das allmählich salonfähig wurde.

Das ergab dann im Westen eine Gesellschaft, die sich als christlich bezeichnet aber gleichzeitig modernistisch sein will.

Und die Theologen an den Universitäten haben dann angefangen, die modernistischen Theologien zu entwickeln. Wonach man dann halt "modern" sein kann und gleichzeitig "heute noch sowas glauben" kann usw. – ihr kennt die billigen Sprüche alle …

Naja, heute ist es ja auch nicht mehr so, daß man das christliche Deckmäntelchen noch tragen möchte…

Zum Thema: da wurden dann viele Bibelstellen als "symbolisch gemeint" deklariert, damit man sich deren Aussagekraft entledigen kann. Und daher dann natürlich die Frage: kann das sein, das sei jetzt nur symbolisch?

Und "nur" heißt natürlich dann immer: "nicht echt".

Ach so.

Ja, ach so.

Also eine Bewegung wäre die Universitäts-Theologie, die eine modernistische Christenheit versucht zu erdenken. Oder so.

Dann, etwa zu gleichen Zeit, die zweite Bewegung, für die das wichtig ist: der Zionismus.

Zionismus heißt, die sogenannte Judenfrage wird geklärt, indem man in Palästina ein Land für die Juden aufbaut. Es ist schon wichtig da zu unterscheiden, denn nicht alle Juden waren und sind für einen jüdischen Staat in Nahost.

Und nicht alle Zionisten sind Juden. Viele Christen und andere haben durchaus zionistische Ansichten geäußert…

Nun, um dem Zionismus zu Aufwind zu verhelfen, haben zionistisch gesonnene Großindustrielle eine neue theologische Richtung gesponsort: den Dispensationalismus.

Ursprünglich hatte Nelson Darby, der Begründer der Brüderbewegung damit angefangen. Dieser hatte vom Kirchenvater Augustinus das Konzept der "Haushaltungen Gottes" übernommen. Haushaltung == Dispensation, daher der Name der Bewegung…

Und dieses System der Haushaltungen, welches eben nicht das himmlische Muster ist, lässt sich super für den Zionismus einspannen. Und so sahen sich die verschiedenen Brüder-Prediger plötzlich einer großartigen Angebotspalette aus der Großindustrie gegenüber, welches sie gerne annahmen…

Zum Thema: um "Dispensationalismus" überhaupt ausdrücken zu können, muß man dauernd zwischen "irdischen" und "himmlischen" Aussagen in der Bibel hin- und herreden. Deswegen ist das für Dispensationalisten immer sehr wichtig, "rauszufinden", ob eine Bibelstelle nun entweder "nur geistlich" oder "nur irdisch" gemeint ist.

Und wenn man da eine Stelle vermeintlich unzulänglicherweise "nur Symbolisch" meint auslegen zu müssen, wird da manchmal auch von "vergeistlichen" gesprochen.

Womit wir bei der dritten Bewegung wären…

…der Theologie schlechthin: Kirchenvater Augustinus. Der hatte nämlich so ungefähr alles erstmal "vergeistlicht"…

Und zwar ging es damals um den Untergang des römischen Reiches und den Danielprophetien.

Dir wird das geläufig sein, du zitierst ja Daniel im OP…

Es gab die Prophetie, durch Daniel zu uns gebracht, dass auf das damals über Jerusalem herrschende chaldäische Weltreich noch drei weitere Reiche folgen würden, bis das Gottesreich errichtet werden würde. Diese Reiche wurden Nebukadnezzar als Statur und einen die Statur zertrümmenden, kometenartigen Stein in einem Traum gezeigt, der dann von Daniel ausgedeutet wurde.

Nun, zu Augustinus Zeiten war man voller froher Erwartung der Dinge, die da kommen würden, denn man war christlich gesonnen und man kannte das Buch Daniel und man erkannte sich selber in den Prophetien, denn das römische Reich war faktische Aktualität. D.h., es konnte sich nur noch um wenige Jahre handeln, bis das römische Reich in das Gottesreich überginge.

Das war damals der Zeitgeist.

Aber anstatt Jesus auf einem weißen Pferd kamen die Goten.

Und Vandalen, und Atilla und die Hunnen.

Trotz dem einen oder anderem militärischen Erfolg (laut meinem Avatar war ich ja dabei :D ) ging das Reich aber unter…

…und das Mittelalter begann.

Tja, und was war jetzt mit Daniel und so?

Da hatte der Augustinus seinen Auftritt in der Weltgeschichte.

Er schrieb.

Er schrieb viel und erfolgreich.

Sein Bestseller "Vom Gottesstaat" blieb bis zum Jahre 1701 das meistverkaufte Buch. Also über tausend Jahre auf der Liste ganz oben, ein unvergleichlicher Erfolg.

In diesem Buch (und dem Rest der Reihe) erklärt uns Augustinus, daß die "Endzeit" und das "Tausendjährige Reich" und all das eben "rein geistlich" zu sehen sei.

Das war die Grundlage für das Glaubensleben, die Theologie und die Politik im Mittelalter.

Und dieses geistige Fundament des christlichen Abendlandes brauchte eben ab und an mal so eine ganze genaue Entscheidung ob jetzt eine Bibelstelle nur geistlich oder nur symbolisch oder nur irdisch oder nur allegorisch gemeint sei.

Auch heute noch glauben die meisten Christen, sowohl sie von neuem geboren sein mögen, im Verständnis der biblischen Schriften im Grundkonzept her an Augustinus. Nicht nur die Dispensationalisten, sondern die anderen auch.

Fast alle.

Und das beinahe unglaubliche daran: die meisten, ohne es zu wissen. (Manche schon.)

Und deshalb denke ich, die Frage im OP kam irgendwo auf, weil jemand da die Bibel gebrauchen will um entweder augustinische, zionistische oder modernistische Politik zu machen.
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Galahad
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Re: Gibt es ein Schema geistlich/materiell

Beitrag von Galahad »

Eine Frage noch hat geschrieben: Do 19. Okt 2023, 11:28 Ein simples (prominentes) Beispiel zur Verdeutlichung wie ich es meine:

Wenn der Antichrist kommen und sich in den Tempel setzen wird an Stelle von Gott. 2. Thes, 2,4
Ich weiß jetzt nicht, welche Übersetzung du verwendest, aber in der Bibel steht da nicht "Antichrist".

Hier ist die Elberfelder von 1905:
"3 Lasset euch niemand verführen in keinerlei Weise; denn er kommt nicht, es sei denn, daß zuvor der Abfall komme und offenbart werde der Mensch der Sünde, das Kind des Verderbens, 4 der da ist der Widersacher und sich überhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, also daß er sich setzt in den Tempel Gottes als ein Gott und gibt sich aus, er sei Gott."

Also von Antichrist steht da nichts.

:arrow: Meines Erachtens läge ein guter Anfang sich nicht verführen zu lassen darin, daß man sich um vernünftige Übersetzungen bemüht. Aber das ist ja nur meine Meinung… :mrgreen:

Im Urtext (also dem inspirierten Text) steht wortwörtlich:

…der Mensch der Gesetzlosigkeit, der Sohn der Zerstörung, der sich entgegensetzt und sich überhebt…

mit anderen Worten: das Wort Antichrist steht da nicht.

Und sollte da auch nicht reinphantasiert werden.

Würde mich schon interessieren, welche Übersetzung das war…
Lena hat geschrieben: Fr 20. Okt 2023, 12:33 Wir dürfen darauf vertrauen, dass uns Gottes Geist, durch unser Leben führt.
Er in seinem Tempel - unserem Herzen sitzt und nicht der Antichrist.
Ja, so ist es.
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