"Ontisch/ontologisch" wird in der Tat sehr unterschiedlich, gar entgegengesetzt definiert. Dem einen kann das Ontische nur metaphysisch sein, der andere sieht es als Merkmal des Naturalismus - also das pure Gegenteil.
Ich bleibe nach wie vor bei der Definition "Ontisch ist das, was der Fall ist, egal ob es der Mensch merkt oder nicht".
1+1 = 2 ist eine systemische Aussage, also eine Aussage auf Basis der Axiome der Mathematik. Ich weiß gar nicht, ob es Sinn macht, dies ins Ontische zu transponieren. Persönlich glaube (sic!) ich, dass die Mathematik Ontisches formal korrekt abbilden kann. Ob "muss", weiß ich nicht. Lass "das, was der Fall ist" (übrigens wörtlich und nicht wittgensteinisch gemeint) doch einfach offen, wenn es eh keiner beantworten kann.
Naturwissenschaft sowieso und Mathematik in Teilen sind Instrumente des Welt-Verstehens. "Verstehen" heißt dabei, dass eine Erkenntnis funktioniert ("bewährt ist" im Sinne der Naturwissenschaft). Das aber hat nichts mit "ontisch" zu tun.
Das Ontische ist das von der Wahrnehmung Unabhängige und deshalb unwissbar. Ungeachtet dessen kann man den Korridor öffnen, in dem das Wort "ontisch" Sinn macht. Wissenschaftliche Ergebnisse prinzipiell als Tatsachen zu bezeichnen, denen man das Attribut "ontisch" aufdrückt, ist Wort-Gewerfe an der Substanz vorbei.
Richtig. "Elizabeth II. existiert in dem, was wir in der Zeit mit "2021" fixieren". Das tut sie 2023 nicht, aber nicht, weil sie sich verändert hat, sondern weil ihre Existenz im Zeitgefüge im Jahr 2023 nicht mehr vorhanden ist. Dies hat mit der Frage "Wer ist Elisabeth II., mehr noch Elisabeth Windsor, WIRKLICH?" nichts zu tun. Dies gilt genauso für die Frage "Wer IST Caesar, Napoléon, etc.?"
Anthropozentrisch ist es dann, wenn man es als Niederlage empfindet, dass dieses Paradoxon nicht gelöst werden kann. Natürlich ist es NICHT der SChluss von menschlichem Denken zum Sein, sondern der Schluss der Vorstellung, man habe solches Denken methodisch in der Hand. Das menschliche Denken muss hier erkennen, dass der SChwanz (das menschliche Denken) nicht mit dem Hund (das, was ist) wedeln kann, sondern umgekehrt der Hund mit dem SChwanz wedelt. Eine wertvolle Erkenntnis.
Nein - das pure Gegenteil ist der Fall. Das Christentum ist theozentrisch, was das Gegenteil von anthropozentrisch ist. Bei Kant kann man rumdiskutieren, ob sein Interesse für die MENSCHLICHE Vernunft den Begriff "Antzhropozentrismus" rechtfertigt - für meinen Teil finde ich einen solchen Gedankengang flach.
Der Humanismus ist in der Tat anthropozentrischer als etwa die Mystik - lies mal den Briefwechsel zwischen Luther und Erasmus, in dem Luther seinem Freund diesbezüglich die Leviten liest.Claymore hat geschrieben: ↑So 4. Jun 2023, 00:57 Wie gesagt, der Humanismus der Renaissance zeichnete sich u. A. dadurch aus, dass man sich nicht mehr für metaphysische Spekulationen interessierte und optimistisch war bzgl. der Erkenntnisfähigkeit des Menschen. Also eigentlich genau das, was du "anthropozentrisch" nennst - von daher besteht sehr wohl ein Zusammenhang.