Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Sondern von richtigen Prämissen, aus denen man das richtige schließt. Dagegen wirst Du wohl hoffentlich nichts einzuwenden haben, oder?
Formal ok. Nur: Wer entscheidet, welche Prämissen die richtigen sind?
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Diese zentralen Passagen hast Du ignoriert, und Du kommst weiter mit Argumenten, die dadurch längst widerlegt waren.
Da musst Du bereit sein, eine Liga höher einzusteigen. Was Du machst, ist folgendes: Du zitierst Philosophen und Theologen aus unterschiedlichen Zeiten und versuchst daraus, Gemeinsamkeiten und Widersprüche oder Entwicklungen festzustellen. Ist ok. Wenn man sich hier vertieft, wird man bei jedem Widersprüche finden oder zeigen können, dass irgend etwas überrholt ist. Philosophie-geschichtlich, also wissenschaftlich ist dies das Mittel der Wahl.
Aber es ist es nicht, wenn man fragt: Was will eigentlich ein Thomas oder wer auch immer ausdrücken und welche Mittel stehen ihm zu seiner Zeit zur Verfügung? Oder noch eine Stufe höher: Was würde ein Genie vom Range eines Thomas von Aquin sagen, wenn er unter heutigen Bedingungen geboren würde? Wie würde er also dieselbe geistige Substanz unter neuen Bedingungen verbal umsetzen? In der RKK gibt es dazu die Disziplin der Kerygmatik, also "das aktuell ihre Adressaten treffende […] Wort".
Ist dies Wissenschaft? Mindestens im heutigen strengen Begriffssinn eindeutig nein. Aber der Theologie geht es nicht um Wissenschaft, sondern um Vermittlung geistiger Inhalte, die immer gleich sind, aber immer (je nach Zeit und Ort) angepasst ausgedrückt werden - und natürlich auch nicht perfekt ausgedrückt werden oder gar aktiv fehlerhaft.
Insofern kann mit Deinem Approach nichts anfangen. Was bringt es nachzuweisen, dass eine im 13. Jh. formulierte Lehre nach bestimmten Lehrmodellen in Jahrhunderten danach überholt sein kann, wo man sich an den Fingern einer Hand ausrechnen kann, dass die in späteren Jahrhunderten aktuelle Lehrform/Philosophie irgendwann genauso überholt sein wird? Wissenschaft ist bei solchen Fragestellungen hilfreich, aber vom Anspruch her überfordert.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
es ist nicht und war nie als "geistiges Verständnis" der Natur gedacht, sondern schlicht als allgemeingültiges Verständnis, das jedermann durch die Vernunft zugänglich ist.
Wie könnte ein geistiges/geistliches Verständnis der Natur NICHT allgemeingültig sein wollen? Die nächste Frage: Was versteht man unter "Vernunft"? Man kann diese ä-modern verstehen, man kann sie aber auch als Ausdruck dessen verstehen, was man christlich "ebenbildlich" nennt (Du erinnerst Dich an die Etymologie des Wortes "con-scientia"). Diese Vernunft wäre potentiell in jedem Menschen angelegt - ob sie aktiviert wird, steht auf einem anderen Blatt. Auch der 3-Satz in der Mathematik ist nicht jedem durch die Vernunft zugänglich, weil die menschliche Fähigkeit dazu, diese zu aktivieren oder aktiviert zu bekommen nicht immer da ist.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Was hat sich von der aristotelisch-thomistischen Metaphysik denn gehalten, auf der das Naturrecht basiert? Offensichtlich nicht viel. Und Dir scheint das komplett egal zu sein, was wirklich erstaunlich ist.
Um hier wirklich auf hohem Niveau zu antworten, müsste ich mich (wqie Du auch) ein halbes Jahr zurückziehen, und all das im Originaltext (in guter Übersetzung) reinziehen. Aber selbst damit wären Fragen nicht beantwortet wie: Wodurch verstehst Du eigentlich das thomistische Weltbild (incl. des Begriffs Naturrecht) überholt? Diese Frage ist wichtig, da ein anthropozentrisches Verständnis des Naturrechts etwas ganz anderes ist als ein theozentrisches.
Oder anders: Selbstverständlich wurde das thomistische Bild xmal ersetzt durch andere Verständnisbilder von Natur, Vernunft, etc. Aber "ersetzen" heißt doch nicht "widerlegen". Im Grunde wäre hier wieder mal zum Verständnis Hegel fällig in seinem Entwurf zum Begriff "Aufhebung".
Das hier eben Gesagte ist der Grund, warum mich Manöver um die Frage, auf welche Weise und ob das thomistische System aus welcher Perspektive als ersetzt oder überwunden oder sonstwas ist, relativ wenig interessieren. Philosophiegeschichtlich ist das sehr wohl interessant, aber nur bedingt geistig.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Kann man die Voraussetzungen prinzipiell begründen, oder widerlegen?
Vermutlich kann man alle Voraussetzungen begründen, die nicht in sich widersprüchlich sind ("Ich setze voraus, dass alle Kreise viereckig sind"). Der Punkt ist, von welcher Warte man begründet. Man kann metaphysisches Denken genauso gut begründen wie naturalistisches Denken, selbst wenn beide Denkarten gegeneinander widersprüchlich sind. Letztlich sind wir hier wieder bei der Feststellung, dass der Urgrund jeder Denkweise entweder intellektueller Entwurf ist (Man spielt alle möglichen denkbaren Fälle durch, ohne mit ihnen glaubensmäßig verbunden zu sein) oder eben Glaube ist ("Ich glaube, dass die naturwissenschaftlich abgebildete Welt die höchste Form der Realität bezeichnet"). Deshalb ist es doch so wichtig zu klären, auf welcher Basis man miteinander spricht.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Das ist angesichts der empirischen Erkenntnisse Newtons nicht mehr der Fall.
Selbst das ist streng genommen falsch. Denn substantiell ist es vollkommen egal, ob man "die Bewegung" der Welt über Gott erklärt ("Gott bewegt sozusagen mit eigenen Händen die Welt") oder über Naturgesetze, die (bspw. aus christlicher Sicht) logischerweise von Gott sind. Da beißt sich die Maus in den Schwanz.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Kann man die Voraussetzungen prinzipiell weder begründen noch widerlegen, dann sind sie nur willkürliche und dogmatische Glaubenssätze
Beides. Man kann prinzipiell begründen UND es ist dogmatisch, weil man ja die Voraussetzung der Begründung setzt - Bsp: Ich setze, dass die Welt eine rein physikalische Veranstaltung ist (Dogma) UND kann dies folgendermaßen begründen.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Weil Überzeugungen nicht bloß irgendwelche psychologischen Symptome sind, die man so hat, sondern unsere Beziehung zur Realität widerspiegeln.
Psychologisch stimmt das vielleicht, aber das wars auch schon. Das ist zu wenig.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Du kannst nicht mal sagen "Ich glaube zwar, dass Homosexualität moralisch verwerflich ist, aber tatsächlich ist Homosexualität nicht moralisch verwerflich" — das ist in-sich widersprüchlich.
Stimmt. Kommt sowas vor?
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Ich gestehe Dir zu, dass diese Idee, dass wir mit verschiedenen Systemen im Kopf rumlaufen und problemlos widersprüchliche Meinungen in uns vereinen sollten, wirklich extrem grotesk und insofern wenigstens nicht inhaltsleer ist.
Das ist die VORAUSSETZUNG für intellektuell anspruchsvolle Diskussionen. Im Vatikan gibt es dazu die Einrichtung des "Advocatus Diaboli", bei dem ein Theologe ausgesucht wird, dessen Aufgabe es ist, alle möglichen Gegenargumente zu einer Behauptung zu suchen. Im Grunde eine Vorstufe des Falsifikationsprinzips, welches in den Naturwissenschaften wahrlich genial ist.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Aber dahinter steckt wieder der unbändige Drang zur Banalisierung
Das ist leider typisch für Dich: Wenn etwas Deinen Horizont übersteigt, gilt es als banal.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 8. Jan 2024, 23:50
Genauso geht Herr Konfus in die Kirche und spielt das Spiel "Christ": Er meint, homosexuelle Akte als Sünde trennten den Menschen von Gᴏᴛᴛ, dem allgütigen Schöpfer, der diese missbilligt. Herr Konfus geht raus aus der Kirche und all das ist vergessen, er spielt das Spiel "liberaler Mitbürger", geht munter zum Christopher-Street-Day und erklärt jedem, dass er für Toleranz und Gleichberechtigung ist.
Typisch egozentrisch. Es geht NICHT darum, dass das ICH in der Kirche gegen Homosexualität ist und außerhalb der Kirche dafür, sondern dass man versteht, dass unter christlichen Gesichtspunkten Homosexualität mit entsprechenden Begründungen "Sünde" ist (wobei man bei dieser Gelegenheit verstehen wollen kann, was "Sünde" eigentlich ist) und das es unter west-säkularen Gesichtspunkten nicht anders bewertet wird wie Heterosexualität. Das Ich kommt erst dann ins Spiel, wenn ein Homosexueller gleichzeitig Christ ist oder gerne wäre und deshalb mit der Frage christlich vs. weltlich konfrontiert ist. Aber diese Gegenüberstellung gibt es in 1000 anderen Fällen ebenfalls, weshalb dies aus christlicher Sicht nicht gerade ein Brüller ist. Bei richtiger geistlicher Schulung wird ein christlicher Homosexueller nicht an dieser Gegenüberstellung von christlich und weltlich scheitern, weil niemand erwartet, dass solche Probleme mit Bewusstwerdung derselben auch gleich gelöst werden. Erwartet wird, dass Betroffene darüber nachdenken, warum es aus der einen Perspektive so und aus anderer Perspektive anders gesehen wird. Hierbei von Diskriminierung zu sprechen, ist albern.