Ich denke, Judas hat in der Nachfolge Jesus die Chance zur Karriere gesehen, als er sich den Jüngern anschloss. Dabei ging es ihm mehr um die äußeren Zeichen und das Ansehen bei den Menschen als sein Jünger, anstatt um die Botschaft, die Jesus verkündigt hat. Vielleicht hat er kaum zugehört, wenn Jesus gepredigt hat und wenig darüber nachgedacht, warum Jesus oft so anders gehandelt hat, als die Frommen der damaligen Zeit.
Ich könnte mir denken, dass er ungeduldig wurde, nachdem Jesus nicht auf den Jubel des Volkes die Macht übernommen hat, als er auf dem Esel reitend in Jerusalem einzog. Er wollte vielleicht Jesus einfach mal einen Anstoß geben, damit er endlich seine Macht zeigt. Und sogar den Kuss, den er Jesus gab, beinahe mit einem Augenzwinkern gedacht war, als die Botschaft: nun zeig denen endlich mal, was du drauf hast.
Als er dann merkte, dass Jesus ganz andere Ziele verfolgt, war er verzweifelt und versuchte, seinen Fehler rückgängig zu machen.
Wir haben nur die wenigen Informationen darüber, welche in der Bibel angegeben werden. Und wir wissen, wie es ausging und von der Auferstehung. Klar, wenn man den ganzen "Film" schon kennt, kann man den Übeltäter schnell verurteilen. Aber ich denke, Judas Motive waren sehr menschlich und verständlich. Den Fehler, den Judas machte war, dass er nicht wirklich Jesus zugehört hat und dessen Botschaft an die Menschen gar nicht wahrgenommen hat.
Vielleicht hätte Judas sogar nach der Tat noch Vergebung von Gott erhalten können - wenn er sich in der Phase noch Gott zugewandt hätte, seine Fehler bekannt hätte. Aber Judas versuchte nur, seine Fehler rückgängig zu machen, und verzweifelte daran, dass dies nicht mehr möglich war.
Ich sehe in der Geschichte um Judas ganz viele menschliche Aktionen, die von Anfang an bei jedem Menschen vorkommen können - und auch Gläubigen passieren. In der Bibel heißt es immer wieder, dass Gott zur Umkehr aufruft ... nicht um Fehler rückgängig oder unsichtbar zu machen, sondern um aus den Fehlern zu lernen, das Böse mit dem Guten zu überwinden. Umkehr bedeutet, sich hinwenden zu Gott - weil Gott sich dem Menschen zuwendet, welcher sich IHM zuwendet.
NUR in Verbindung zu Gott können Menschen es lernen, Böses mit Gutem zu überwinden ... einfach ausgedrückt: aus den eigenen Fehlern zu lernen (statt sie zu leugnen oder versuchen sie unsichtbar zu machen).
Röm. 12,21
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem