Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Politik und Weltgeschehen
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Abischai
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von Abischai »

Helmuth hat geschrieben: Mi 10. Jul 2024, 08:59 Man muss Politik und Evangelium trennen. Politik geht nicht ohne Kompromisse, das Evangelium geht nicht mit Kompromissen.
Das ist völlig korrekt. Das Evangelium ist etwas völlig anderes.
Aber in kleinen Menschengruppen, sei es die Familie oder die Hausgemeinschaft, muß man "miteinander auskommen", auch in den Versammlungen der Gemeinde Jesu ist das so. Da gibt es dann "Politik". Es geht nicht ohne Politik, und wer das anders sieht weiß nur nicht, daß schon eine Hausordnung und deren strikte Durchsetzung, auch bloß "Politik" ist.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]
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Helmuth
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von Helmuth »

Abischai hat geschrieben: Mi 10. Jul 2024, 09:08 Aber in kleinen Menschengruppen, sei es die Familie oder die Hausgemeinschaft, muß man "miteinander auskommen", auch in den Versammlungen der Gemeinde Jesu ist das so. Da gibt es dann "Politik". Es geht nicht ohne Politik, und wer das anders sieht weiß nur nicht, daß schon eine Hausordnung und deren strikte Durchsetzung, auch bloß "Politik" ist.
Dem stimme ich zu, und du sagst damit nun praktisch gesehen das, was ich zuvor mehr analytisch betrachtet allgemein gesagt habe. Das gilt damit desgleichen auch für unsere Gemeinden, denn sie sind ebenso einer Ordnung unterworfen, wie das Paulus schon mit Römer 13:1-2 zum Ausdruck bringt. Freut mich aber, wenn wir übereinstimmen.

(so, jetzt muss ich mich die nächsten Stunden um meinen Enkel kümmern, bis später :wave: )
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Rilke
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von Rilke »

oTp hat geschrieben: Di 9. Jul 2024, 21:12 Daher könntest auch du dazu beitragen, mir das Thema schmackhafter zu machen.
In Ordnung, ich habe mir etwas Zeit genommen, um dir zu antworten. Ich würde mich über deine ehrliche Meinung und Kritik freuen.

Ich würde "Rechte Politik" so definieren:

Ökonomischer Konservatismus:
Grundstein der Wirtschaft ist ein freier Markt, auf dem sich Angebot und Nachfrage treffen und an der Preisgestaltung teilnehmen. Ein TV ist so viel wert, für wie viel er am Markt eben verkauft werden kann. Der Staat sollte in den Markt so wenig wie möglichst eingreifen, da er eine gesunde Wirtschaft verzerrt und verlangsamt. "Verstaatlichte" Konzerne, die ein unangefochtenes Monopol bilden, haben aufgrund fehlender Konkurrenz die Freiheit langsam und unproduktiv zu arbeiten. Man sieht das in Ländern, in denen das Postwesen vollständig verstaatlicht ist, da können Briefe Wochen wenn nicht Monate zum Adressaten brauchen. Seit der Einführung privater Dienstleister wurde sich die Post in Österreich und Deutschland der Konkurrenz bewusst und arbeitet seitdem auch effizienter.

Traditionalismus:
Der Mensch ist ein kulturelles, soziales und moralisches Wesen. Wir existieren nicht als sterile Individuen im luftleeren Raum sondern als Teile einer Gesellschaft in einem kulturellen historischen Kontext. Die Kultur, die uns den Rahmen unserer Gesellschaft bildet, hat einen langen Prozess der natürlichen Werdung hinter sich. Dieser Prozess ist aber nicht abgeschlossen, sondern ist ein nicht endender Prozess, an dem wir auch im Hier und Jetzt teilhaben. Für Anhänger des Rechten Flügels ist es deswegen wichtig, sich für die Aufrechterhaltung unserer Kultur, Bräuche und Praktiken einzusetzen. Dieser kulturelle Rahmen ist nicht wie ein Gewand, in das man beliebig schlüpfen kann, sondern es ist ein über Jahrtausende und unzählige Generationen übertragenes Erbe, das durch die Zeiten natürlich gewachsen ist. Als solches ist er auch zu respektieren und zu fördern.

Kontinuität der Institutionen:
Rechte Politik sieht in den traditionellen Institutionen unserer Gesellschaft einen maßgeblichen Pfeiler unserer Zivilisation. Dazu gehört an erster Stelle das System der Kern-Familie, die unter allen Umständen geschützt und gefördert werden muss. Neuartige "Regenbogenfamilien" und ähnliche künstliche Konstruktionen werden als widernatürlich gesehen und deswegen abgelehnt. Aber auch religiöse Institutionen, wie die Kirchen, und Bildungsinstitutionen sind essentiell in der Rolle den sozialen Frieden zu wahren und unsere Werte über Generationen zu erhalten und zu lehren.

Das Recht auf Eigentum:
Ist wohl eines der wichtigsten Rechte unserer Gesellschaft, weil es sich in vielerlei Hinsicht auswirkt. Das Recht auf Eigentum soll als ein absolutes gesehen werden - unter keinen Umständen soll das Eigentum eines Individuums unrechtmäßig entwendet werden können (dazu gehören auch Enteignungen von staatlicher Seite). Eine starke Ablehnung von "Umverteilung" bildet ein Charakteristikum Rechter Politik. Eine aggressive Besteuerung schränkt das Recht auf Eigentum ein, führt zu ökonomischer Ineffizienz und löst auch keine sozialen Probleme sondern verschärft diese.

Privatisierung der Staatskonzerne:
Verbunden mit dem Ökonomischen Konservatismus wird oft eine verstärkte Privatisierung der Staatskonzerne gefordert. Das kann Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, das Postwesen, Verkehrsmittel und Infrastruktur, Gefängnisse, Elektrizitätswerke und vieles, vieles mehr betreffen. Der Grund hierfür ist die Idee, dass Privatisierung, w.o erwähnt, zu einer Freien Marktsituation führt, eine natürliche Konkurrenz von Anbietern schafft. Konkurrenz ist die Mutter der Innovation und Effizienz. Sie bietet einen Anreiz zur kontinuierlichen Verbesserung der Produkte und Dienstleistungen. Auf einem Freien Markt versuchen die Teilnehmer das beste Produkt zum günstigsten Preis herzustellen - den Konsumenten wird somit die Wahl gegeben sich auf einem Markt für ein Produkt zu entscheiden. Konkurrenz ist somit ein Gegenstück zum staatlichen Monopol, das sich gegen keinen Marktteilnehmer durchsetzen muss und somit schlechte Qualität für einen hohen Preis verkaufen kann. Es wird auch argumentiert, dass Ressourcen effizienter genutzt werden, da das Verschwenden von Ressourcen auf dem Freien Markt für einen wirtschaftlichen Nachteil sorgt. Während das einem staatlichen Unternehmen egal sein kann, sorgt der Druck auf einem Freien Markt für eine optimale Ressourcennutzung und Kosteneffizienz.
Was immer ein endliches Wesen begreift, ist endlich.
- Hl. Thomas v. Aquin
oTp
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von oTp »

Hallo, Rilke
Richtig angewendet, sehe ich in deiner Auflistung eher demokratische Richtlinien als rechtes Gedankengut.

Jedenfalls fürs erste betrachtet. Und wenn man es vernünftig beherzigt und anwendet.
Du darfst nicht alles glauben, was du denkst
Rilke
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von Rilke »

oTp hat geschrieben: Mi 10. Jul 2024, 10:07 Hallo, Rilke
Richtig angewendet, sehe ich in deiner Auflistung eher demokratische Richtlinien als rechtes Gedankengut.

Jedenfalls fürs erste betrachtet. Und wenn man es vernünftig beherzigt und anwendet.
Das mag nur verwundern, wenn man rechtes Gedankengut als inhärent antidemokratisch sieht.
Was ist denn deine Kritik an rechtem Gedankengut? Ich verstehe, dass du kein Fan bist, aber du scheinst dem Rechten Politischen Spektrum ja jegliche Existenzberechtigung absprechen zu wollen.
Was immer ein endliches Wesen begreift, ist endlich.
- Hl. Thomas v. Aquin
stereotyp
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von stereotyp »

Hallo Spice,
Spice hat geschrieben: Di 9. Jul 2024, 12:01 Es ist doch selbstverständlich, dass es Privat- und Gruppeninteressen gibt. Diese unter einen Hut zu bringen ist das Bemühen in einer Demokratie.
Was würde denn die Alternative sein? - Der Führer diktiert wo es langgeht. Parlamentarische Debatten überflüssig?
Nein, das ist nicht selbstverständlich und das hat auch nichts mit Demokratie zu tun. Die Demokratie ist lediglich der Prozess, wie unsere Repräsentanten (z.B. ein Führer) ausgewählt werden. Der Rechtsstaat kommt aus der Republik, der die öffentlichen Angelegenheiten regeln soll. Hier sind auch die Bürgerrechte garantiert, die Bürgern zustehen und nicht etwa Bürgergruppen. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Alles andere ist Diskriminierung. Die Republik ist es, die das Volk zum Souverän macht. Nicht die Demokratie.

Du hast die Grundlagen unseres Rechtstaats nicht verstanden, und bildest dir ein, du könntest andere darüber belehren, was "demokratisch" ist...
Kein Gefallen hat der Tor an Einsicht, sondern nur an der Entblößung seines Herzens.
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Spice
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von Spice »

stereotyp hat geschrieben: Mi 10. Jul 2024, 10:58 Hallo Spice,
Spice hat geschrieben: Di 9. Jul 2024, 12:01 Es ist doch selbstverständlich, dass es Privat- und Gruppeninteressen gibt. Diese unter einen Hut zu bringen ist das Bemühen in einer Demokratie.
Was würde denn die Alternative sein? - Der Führer diktiert wo es langgeht. Parlamentarische Debatten überflüssig?
Nein, das ist nicht selbstverständlich und das hat auch nichts mit Demokratie zu tun.
Es ist eine menschliche Gegebenheit, dass es unterschiedliche Interessen- und Interessengruppen gibt.
Die Demokratie ist lediglich der Prozess, wie unsere Repräsentanten (z.B. ein Führer) ausgewählt werden.
Demokratie ist eine Staatsform, in der dem Büger durch freie Wahlen am besten seine Mitbestimmung gesichert ist.
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Lena
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von Lena »

Spice hat geschrieben: Di 9. Jul 2024, 18:06 Das kann ich unterschreiben. Aber sie kommen weder von rechts außen noch links außen.
Meidet die Extreme, heisst es.
Auch von ganz aussen kann was rechtes kommen.
"Rechtes Gedankengut - liefert rechtes Handeln."
Das kann dann auch von links her wehen...
Jede Sache sollte gerecht betrachtet werden.
Es ist unvernünftig etwas nicht annehmen zu wollen
nur weil einem die Partei in gewissen Dingen missfällt.
oTp
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von oTp »

Rilke hat geschrieben: Mi 10. Jul 2024, 10:20
oTp hat geschrieben: Mi 10. Jul 2024, 10:07 Hallo, Rilke
Richtig angewendet, sehe ich in deiner Auflistung eher demokratische Richtlinien als rechtes Gedankengut.

Jedenfalls fürs erste betrachtet. Und wenn man es vernünftig beherzigt und anwendet.
Das mag nur verwundern, wenn man rechtes Gedankengut als inhärent antidemokratisch sieht.
Was ist denn deine Kritik an rechtem Gedankengut? Ich verstehe, dass du kein Fan bist, aber du scheinst dem Rechten Politischen Spektrum ja jegliche Existenzberechtigung absprechen zu wollen.
Ach, wenn du Merkmale nennst, die für eine Demokratie richtig sind, was ist daran rechts ?
Höchstens wenn man es als Gegensatz zu ganz links betrachtet. Ganz rechts sind die Merkmale ja auf keinen Fall.

Die Frage ist doch, was ist so rechts aussen, dass es nicht zur Demokratie passt ?
Du darfst nicht alles glauben, was du denkst
Spice
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Re: Jeder vernünftige Mensch ist gegen rechts.

Beitrag von Spice »

Lena hat geschrieben: Mi 10. Jul 2024, 11:40
Spice hat geschrieben: Di 9. Jul 2024, 18:06 Das kann ich unterschreiben. Aber sie kommen weder von rechts außen noch links außen.
"Rechtes Gedankengut - liefert rechtes Handeln."
Diese Gleichung kann auf keinen Fall aufstellen.
Rechts ist zwar von "richtig" abgeleitet und das Richtige sollte getan werden. Aber das hat nichts mit Parteienpolitik zu tun.
Jede Sache sollte gerecht betrachtet werden.
Eben, und das ist nicht so einfach, da sich dazu der Mensch um Objektivität bemühen muss, er aber oft nicht mal seine unbewussten Vorlieben und Abneigungen kennt und deshalb von ihnen bestimmt wird.
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