Der traurige Werdegang des Christentums

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Moderator: Moderation Helmuth

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Rilke
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Re: Der traurige Werdegang des Christentums

Beitrag von Rilke »

Helmuth hat geschrieben: Di 3. Dez 2024, 09:07Jetzt bräuchte ich Rilke […]
Hallo, das freut mich! :wave:
Helmuth hat geschrieben: Di 3. Dez 2024, 09:07 So sind viele Christen latent antisemitisch aufgrund ihrer Gemeindelehre, wie es auch die ZJ in meinen Augen sind. Wiewohl sie das von Herzen den Juden gar nicht antun wollen, aber es sind diverse Anti-Israel-Lehren, die das bewirken, von der sich viele dennoch nicht lösen wollen.

Ich war entsetzt als einer unserer Pastoren dies in unserer Gemeinde einbringen wollte, dass Israel keine Bedeutung im Leib Christi mehr hat und angefangen hat Weissagungen aus dem AT nur mehr noch auf die Gemeinde anzuwenden. Als ich ihn darauf angesprochen hatte, reagierte er wütend und erklärte später das gesamte Judentum als vom Teufel.
Also ich würde mich einer ähnlichen Lehre anschließen: Das Israel Gottes im Neuen Bund (das wahre Israel - siehe Galater 6:15-16) ist die Kirche Jesu Christi (seine Ekklesia, bestehend aus dem Samen Abrahams und dem der Heiden). Insofern hat das fleischliche Israel keine soteriologische Sonderbedeutung mehr im neuen Bund, wiewohl es doch eine eschatologische Rolle vor Jesu' Wiederkunft spielen wird, nämlich die Bekehrung zum Herrn.
Aber mich persönlich entsetzt das nicht. Ich sehe mich auch nicht als Antisemit deswegen, was als Semit meinerseits eine tragische Ironie mit sich brächte.
Helmuth hat geschrieben: Di 3. Dez 2024, 09:07 Historisch hat das seinen Anfang im 2. Jh. genommen.
Richtig, richtig.

Ich würde da als früheste Quelle auf Justin den Märtyrer in seinem Dialog mit Thrypho verweisen (Mitte des zweiten Jahrhunderts):
"Denn das wahre geistliche Israel und die Nachkommen von Juda, Jakob, Isaak und Abraham […] sind wir, die durch diesen gekreuzigten Christus zu Gott geführt wurden."

Zur gleichen Zeit hat Irenäus von Lyon auch in seinen Buch Gegen die Häresien (Buch III, Kapitel VI) Folgendes geschrieben:
"[…] damit die Kirche mit dem Geist geschmückt werde und wir, die wir zuvor unfruchtbar waren, nun Frucht für Gott bringen könnten , eingepfropft statt des alten wilden Ölbaums. Das Frühere ist vergangen; siehe, alles ist neu geworden."

Diese Substitutionstheologie lässt sich bis ins frühe Christentum zurückverfolgen und geht auf die kirchenväterliche Interpretation der Schrift zurück.
Was immer ein endliches Wesen begreift, ist endlich.
- Hl. Thomas v. Aquin
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rudolfer
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Re: Der traurige Werdegang des Christentums

Beitrag von rudolfer »

Diese Sichtweise gibt es auch (neuerdings) wieder außerhalb der katholischen Kirche.
Thomas Jettel, der zusammen mit Herbert Jantzen ein Bibelübersetzung (Bibel in deutscher Fassung) herausgegeben hat vertritt hier folgende These:

https://jettel.ch/hat-gott-israel-verstossen/
und
https://jettel.ch/roem-11-23-27/

kommt der katholischen sehr nahe
Auszug aus dem Text:

Die Frage ist: Was ist Israel? Wer ist sein Volk?

Im AT war Israel das Volk Gottes (sofern es sich nicht im Abfall von Gott völlig abgewandt hat und er jene Generation richten musste, z. B. Hes 23, wo es um Jerusalem geht, die Hure, die Gott zum Tode verurteilte und richtete.

Im NT gab es bis 66-70 n. Chr. das «Israel» als «Volk Gottes», aber der Teil des fleischlichen Israel, der den Messias verwarf, hat es sich damit das Todesurteil gesprochen, es sei denn, dass er sich zu Jesus, dem Gesalbten umwendet. Wer den Messias nicht annimmt, wird aus dem Volk ausgerottet: Apg 3,22-26.

66-70 n. Chr. kam das Gericht. Es war das Ende des israelitischen, alttestamentlichen Tempelzeitalters und damit auch das Ende des alttestamentlichen fleischlichen „Israels“ als Nation, als Volkseinheit.
In dem gläubigen Überrest aber bleibt Israel bestehen, aufgestockt durch die Einpfropfung derer aus den Heiden. (Siehe dazu die Auslegung von Röm 11 vom selben Autor, auf jettel.ch.)

In der Endzeit Israels (30-70 n. Chr.) wurde das Evangelium überall im Römischen Reich verkündet, um allen Israeliten („Juden“) die Gelegenheit zur Umkehr zum Messias Jesus zu geben. Paulus spricht in Röm 11 davon, dass die abgeschnittenen Zweige vom „Ölbaum“ wieder eingepfropft werden, wenn sie in Buße und Glaube zum Messias Jesus kommen (Röm 11,16-25).
Durch die Wiedereinpfropfung der bußfertigen, gleichsam am Boden liegenden Zweige, die sich zum Messias wandten, und durch die Einpfropfung der neuen „fremden“ Ölzweige (Heiden, die sich bekehrten), existiert „Israel“ weiter.

Israel war nun erweitert durch den heidnischen Teil von Bekehrten. So bildete das Volk in dem Messias Jesus das neue, von den Propheten verheißene Israel. Auf diese Weise hat das Israel als Volk Gottes nie aufgehört, Volkes Gottes zu sein, sondern es wurde verwandelt von einem rein physischen Volk in ein himmlisches Volk, dessen Zukunft ein himmlischen Land («Erde») ist, eine himmlische Stadt, «Jerusalem», und ein himmlisches Tempelheiligtum.
Petrus spricht von dem neuen Eigentumsvolk in 1Petr 2,9.10: „Ihr seid ein erwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliges Volk, eine Volksschar zu einem erworbenen Eigentum, auf dass ihr kund werden lassen sollt die lobenswerten Wesenszüge dessen, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht rief, die ihr einst „Nicht-Volk“ wart, aber nun Gottes Volk seid, die ihr „nicht Barmherzigkeit“ {Hos 1,8.9} empfangen hattet, nun aber Barmherzigkeit empfingt.“
Zuletzt geändert von rudolfer am Di 17. Dez 2024, 22:18, insgesamt 1-mal geändert.
Du aber, Herr, bist ein Schild um mich herum, du erhebst mein Haupt, du richtest mich auf. Psalm 3,4.
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Magdalena61
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Re: Der traurige Werdegang des Christentums

Beitrag von Magdalena61 »

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Helmuth
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Re: Der traurige Werdegang des Christentum

Beitrag von Helmuth »

Rilke hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 13:20 Das Israel Gottes im Neuen Bund (das wahre Israel - siehe Galater 6:15-16) ist die Kirche Jesu Christi (seine Ekklesia, bestehend aus dem Samen Abrahams und dem der Heiden).
Du vertrittst damit m.E. eine antisemitische Lehre, doch als Angehöriger der RKK wundert mich das nicht weiter. Ich empfehle dazu ein Buch von Derek Prince, der sich damit auseinandersetzt mit dem Titel: Die Zukunft Israels und der Gemeinde
rudolfer hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 14:12 Die Frage ist: Was ist Israel? Wer ist sein Volk?
An dich und Rilke: Hier möchte ich das nicht weiter ausführen, aber ich setze aus dem Anlass in Bälde dafür einen Thread und würde um eure Mitarbeit bitten. Mehrere Dinge habe ich von Derek Prince übernommen. Wer weiß, vielleicht öffnet uns Gott allen etwas mehr die Augen.
Rilke hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 13:20 Aber mich persönlich entsetzt das nicht. Ich sehe mich auch nicht als Antisemit deswegen, was als Semit meinerseits eine tragische Ironie mit sich brächte.
Wie du weißt bin auch ich ein Semit. Nun geht es dabei nicht um aufgehetzte Islamisten, sondern der Feind sitzt diesmal in den eigenen Reihen. Das nahm seinen Anfang im 2. Jh., dem du zustimmst, und setzt sich bis heute fort, was meine Sicht der Dinge ist.

Ich zähle solche auch zu den Antichristen. Ich gehe davon aus, du nimmst das nicht persönlich, denn ich rede ganz allgemein, daher rede ich auch von einer unterschwellig latenten Einflussnahme.

Ich hatte in meiner eigenen Gemeinde genug damit zu tun. Teils fantastische Brüder, aber sie waren bzw. sind bis heute infiltriert mit dieser Irrlehre. Einige konnte ich überzeugen, andere nicht. Welchen Konsequenzen das hat sagt uns Gottes Wort in --> Genesis 12:3. Es zeigt uns beides, den Segen und den Fluch. Jeder entscheidet selbst, auf welcher Seite er stehen will.
Rilke hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 13:20 Zur gleichen Zeit hat Irenäus von Lyon auch in seinen Buch Gegen die Häresien (Buch III, Kapitel VI) Folgendes geschrieben:
"[…] damit die Kirche mit dem Geist geschmückt werde und wir, die wir zuvor unfruchtbar waren, nun Frucht für Gott bringen könnten , eingepfropft statt des alten wilden Ölbaums. Das Frühere ist vergangen; siehe, alles ist neu geworden."
Danke, dem gehe ich nach. Ob das schon für die Subsitutionslehre reicht, muss ich erst prüfen. Aber Derek Privnce nennt Irenäus von Lyon auch als jemand, der auf Justin dem Märtyrer aufbaut.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
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rudolfer
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Re: Der traurige Werdegang des Christentums

Beitrag von rudolfer »

Magdalena61 hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 15:35 @ rudolfer, bitte verwende die Zitatfunktion!
Sorry - wusste ich nicht und werde mich daran halten
Du aber, Herr, bist ein Schild um mich herum, du erhebst mein Haupt, du richtest mich auf. Psalm 3,4.
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Larson
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Re: Der traurige Werdegang des Christentums

Beitrag von Larson »

rudolfer hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 14:12 Paulus spricht in Röm 11 davon, dass die abgeschnittenen Zweige vom „Ölbaum“ wieder eingepfropft werden, wenn sie in Buße und Glaube zum Messias Jesus kommen (Röm 11,16-25).
Der Vers lautet so:
Röm 11,17 Wenn aber einige der Zweige ausgebrochen worden sind, und du, der du ein wilder Ölbaum warst, unter sie eingepfropft und der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaumes mitteilhaftig geworden bist, (Elberfelder)

Kein Gärtner macht sowas, wilde Zweige in einen veredelten Baum pfropfen, denn die wilden Zweige werden dadurch nicht edel, im Gegenteil sie „fressen“ den veredelten Baum auf, nehmen die Kraft.
Der Ölbaum ist Israel, bleibt Israel und hat nichts mit der Pauluslehre zu tun, welcher da wildes, fremdes Lehr- und Gedankengut einpfropfen will.

Und Israel existiert nicht durch oder weil da:
rudolfer hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 14:12 der neuen „fremden“ Ölzweige (Heiden, die sich bekehrten), existiert „Israel“ weiter.

rudolfer hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 14:12 Im NT gab es bis 66-70 n. Chr. das «Israel» als «Volk Gottes», aber der Teil des fleischlichen Israel, der den Messias verwarf, hat es sich damit das Todesurteil gesprochen, es sei denn, dass er sich zu Jesus, dem Gesalbten umwendet.
Genau solche Lehre ist der traurige Werdegang des Christentums. Man entwickelt eine neue Lehre, und die anderen müssen sich dem anpassen.

rudolfer hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 14:12 In der Endzeit Israels (30-70 n. Chr.) wurde das Evangelium überall im Römischen Reich verkündet, um allen Israeliten („Juden“) die Gelegenheit zur Umkehr zum Messias Jesus zu geben.
Pech für dich, dass es Israel als Staat wieder gibt, und Israel als Volk im Exil immer gelebt hat. Und warum sollten Juden dieser römischen Lehre anhängen? Das was sie lehrten, hat nichts mehr mit jenem Juden Jesus zu tun.
Da war keine Endzeit von irgendwas.

rudolfer hat geschrieben: Di 17. Dez 2024, 14:12 Israel war nun erweitert durch den heidnischen Teil von Bekehrten. So bildete das Volk in dem Messias Jesus das neue, von den Propheten verheißene Israel.
Nirgends ist solches durch die Propheten verheissen.

usw usf
Jes 45,9 Wehe dem, der mit seinem Bildner rechtet – ein Tongefäß unter tönernen Tongefäßen! Darf wohl der Ton zu seinem Bildner sagen: Was machst du? Und dein Werk von dir: Er hat keine Hände?
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rudolfer
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Re: Der traurige Werdegang des Christentums

Beitrag von rudolfer »

Ich finde das nicht korrekt. Ein Zitat ist ein Zitat und wenn dir in diesem Fall der Inhalt nicht passt dann kannst du dich problemlos an Thomas wenden. Der diesen Artikel geschrieben hat

jettel @ bluewin.ch

Thomas kann dir bestimmt problemlos erklären, warum er geschrieben hat, was er geschrieben hat. Er ist sehr diskussionsfreudig und da er das AT (in der Übersetzung mit Jantzen) aus dem masoretischen Text übersetzt hat, kann er dir auch dazu eine Menge schreiben

Ich habe wirklich nur zitiert
Du aber, Herr, bist ein Schild um mich herum, du erhebst mein Haupt, du richtest mich auf. Psalm 3,4.
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