Analyse Tote durch Schusswaffen in Deutschland und den USA

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Boomerloomer
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Analyse Tote durch Schusswaffen in Deutschland und den USA

Beitrag von Boomerloomer »

Seit dem Attentat auf Charlie Kirk ist die Debatte über die amerikanischen Waffengesetze auch hier in Deutschland wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Das Ereignis hat einmal mehr gezeigt, wie unterschiedlich Länder mit dem Thema Schusswaffen umgehen und welche Folgen das für die Gesellschaft haben kann.

Eines der zentralen Argumente gegen das aktuelle amerikanische Waffengesetz ist, dass Schusswaffen zu leicht verfügbar seien und dadurch die Todesfälle unnötig hoch ausfallen. Besonders in den Medien fällt auf, dass häufig mit absoluten Zahlen argumentiert wird, während die zugrunde liegenden statistischen Verhältnisse kaum berücksichtigt werden. In diesem Beitrag möchte ich daher meine eigenen Recherchen und Analysen zu Waffenbesitz und Todesfällen in den USA und Deutschland vorstellen – ganz neutral und ohne politische Wertung, einfach für einen besseren Überblick.


Vorab ein kleiner Disclaimer zur Datenerhebung:

Für die Werte der USA beziehe ich mich auf Angaben des National Violent Death Reporting System (NVDRS).
Die deutschen Daten stammen überwiegend von Statista und dem German National Firearms Register 2015.

Leider ist die deutsche Datenerhebung zu diesem Thema bei weitem nicht so detailliert wie die der Amerikaner - mit ein Punkt, den ich an der PKS kritisiere. Um trotzdem mehr Datenpunkte zu erhalten und einen besseren Vergleich zur USA zu ermöglichen, habe ich zusätzlich ChatGPT damit beauftragt, deutsche Zeitungsartikel zu Vorfällen im Zusammenhang mit Schusswaffengebrauch auszuwerten und zusammenzufassen.

Da ChatGPT nach wie vor nicht perfekt ist und Fehler machen kann, sind die deutschen Werte zu den Todesfällen also mit einer gesunden Portion Skepsis zu betrachten. Für den proportionalen Vergleich, den ich anstrebe, halte ich die Daten dennoch für ausreichend valide.

Nicht in die Erhebung und Analyse der Daten eingeflossen sind Tatmotive (politisch, persönlich, ...) und Umstände der Täter (Gang-related, im Rahmen einer anderen Straftat, ...). Unter anderem, weil das in Deutschland wie gesagt einfach nicht so präzise erfasst wird, allerdings würde das die Analyse auch sehr viel umfangreicher gestalten und den Rahmen des Forums vermutlich sprengen.


Nun aber genug des Vorgeplänkels - begeben wir uns in die faszinierende Welt der Datenanalyse!


Die Datengrundlage

In der folgenden Tabelle sind zunächst einmal die grundlegende Bevölkerungs- und Waffenstatistik der USA und Deutschland in absoluten Zahlen aufgelistet.

Zuletzt geändert von Boomerloomer am Mo 6. Okt 2025, 20:40, insgesamt 5-mal geändert.
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Boomerloomer
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Re: Analyse des Schusswaffengebrauchs in Deutschland und den USA

Beitrag von Boomerloomer »

Da je nachdem, welche Quelle man befragt, unterschiedliche Angaben zur Anzahl der Waffen und deren Besitzer existieren, verwende ich für die weitere Auswertung den Mittelwert aus dem jeweils höchsten und niedrigsten auffindbaren Wert. Da sich meine Analyse auf Relationen und Verhältnisse konzentriert, ist dieses Vorgehen vollkommen ausreichend. Bitte denkt aber daran, dass dadurch die Möglichkeit, präzise Prognosen auf Basis meiner Auswertung zu erstellen, eingeschränkt ist.

Für die Auswertung zu illegalen Schusswaffen verwende ich ausschließlich die belegbaren, dokumentierten Fälle als Basis. Es gibt zwar plausible Hinweise und Modellrechnungen, die auf deutlich höhere Bestände schließen lassen, doch für meine Relationen genügt die belegte Basis. Zuverlässige Angaben über die Anzahl der Personen mit illegalem Waffenbesitz liegen nicht vor. Deshalb nehme ich in dieser Modellrechnung standardisiert an, dass ein illegaler Besitzer im Mittel 1,5 Schusswaffen besitzt — eine Annahme, die ich für realistisch halte. Wer möchte, kann mit diesem Wert experimentieren, um zu sehen, wie empfindlich die Ergebnisse gegenüber anderen Annahmen reagieren.


So eine Tabelle ist zwar schon schön und gut, aber am besten sind doch immer noch übersichtliche Bildchen:


Da das deutsche Waffengesetz wesentlich strenger als das der Amerikaner ist, für die der Waffenbesitz beinahe zu den Grundrechten gehört, ist diese überwältigende Diskrepanz in der Anzahl an Schusswaffen kaum verwunderlich.



Auch der Vergleich der absoluten Zahlen an Todesopfern durch Schusswaffen ist wenig überraschend.
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Boomerloomer
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Re: Analyse des Schusswaffengebrauchs in Deutschland und den USA

Beitrag von Boomerloomer »

Was die Relationen zeigen

An dieser Stelle endet bereits der durchschnittliche Medienbeitrag zu diesem Thema. "Die Amerikaner schießen sich alle über den Haufen. Sie müssen tausende Tote wegen ihrer lockeren Waffengesetze beklagen." ist dann das übliche Fazit.

Aber halt, ist das auch schon die ganze Wahrheit?
Ein reiner Vergleich der absoluten Zahlen mag zwar zunächst zu einer eindeutigen Schlussfolgerung führen, wenn man sich diese riesigen Unterschiede in den oberen Grafiken vor Augen führt: Weg mit den Waffen!
Fakt ist aber auch, dass die USA etwa vier mal so viele Einwohner wie Deutschland beherbergt und ganz andere Bevölkerungsdichten aufweißt. Nur zum Vergleich: Im Straßenverkehr sterben in den USA jährlich ungefähr 40.000 Menschen, in Deutschland rund 3.500 – also fast zehnmal so viele. Da bleibt nur eine logische Schlussfolgerung: Weg mit den Autos!


Wenn man zwei Länder mit so unterschiedlichen Bevölkerungsgrößen vergleicht, sagen absolute Zahlen allein nur wenig aus. Deshalb betrachten wir in der nächsten Tabelle die Proportionen.



Und natürlich steht auch diese Tabelle grafisch aufbereitet zur Verfügung:


Hier möchte ich auf den ersten Knackpunkt aufmerksam machen, warum absolute Zahlen trügen können: Trotz der aktuellen Waffengesetze besitzen in den USA nur etwa ein Drittel der Bevölkerung eine Waffe. Wer einen Blick auf die erste Tabelle wirft, sieht zwar, dass rund 100 Millionen Menschen in den USA eine Waffe besitzen – das ist mehr als es in Deutschland überhaupt Menschen gibt. Gemessen an der gesamten US-Bevölkerung sind es jedoch eben nur etwa ein Drittel.

Ebenfalls interessant ist es, sich die Aufteilung der Todesfälle in Relation zur Gesamtzahl der Vorfälle in einem Land anzusehen


Dabei zeigt sich: In den USA kommen Schusswaffen deutlich häufiger bei Suiziden zum Einsatz als bei Angriffen auf andere. Zwar kommen in den USA im Kontrast zu Deutschland auch Taten gegen andere sehr häufig vor, am wahrscheinlichsten wird die Waffe aber in beiden Ländern gegen die eigene Person gerichtet.

Ein kleiner Funfact, der sich ebenfalls durch diese Auswertung ergibt: Prozentual werden in Deutschland mehr Menschen durch die Strafverfolgung erschossen als in den USA. Nach dieser Statistik ist unsere Polizei also tendenziell gewaltbereiter als die der USA. Das lässt nur einen logischen Schluss zu: Weg mit der Polizei! :lol:
Zuletzt geändert von Boomerloomer am Mo 6. Okt 2025, 20:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Boomerloomer
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Re: Analyse des Schusswaffengebrauchs in Deutschland und den USA

Beitrag von Boomerloomer »

Analyse der Daten

All diese Zahlen und Diagramme sind zwar ganz nett anzusehen – aber was fangen wir damit eigentlich an? Wie können wir die Werte sinnvoll einordnen und verstehen?
Das erreichen wir, indem wir Fragen stellen und versuchen, diese mithilfe der vorhandenen Daten zu beantworten.

Welche Fragen relevant sind und welche Informationen wir aus den Daten ziehen, hängt stark von der Forschungsfrage und der Zielsetzung ab: Was möchte ich zeigen? Welche Zusammenhänge interessieren mich?
Dabei ist besonders wichtig: Nicht die Daten an die eigene Hypothese anpassen, sondern die Fragestellung an die Daten herantragen und prüfen, ob die Daten diese beantworten oder stützen.

Für die nachfolgende Auswertung habe ich mir deshalb die folgenden Fragen gestellt:
  • Wie hoch ist der Anteil an Schusswaffen und deren Besitzern in der Zivilbevölkerung, die vorsätzlich andere töten (Tötungsdelikt)?
  • Wie hoch ist der Anteil, der vorsätzlich einem Menschen schadet (sich selbst und andere)?
  • Wie hoch ist der Anteil, der unabsichtlich einem Menschen schadet (Unfälle)?
  • Wie hoch ist der Anteil, der generell einem Menschen Schaden zufügt (mit und ohne Vorsatz)?
Die Ergebnisse der Auswertung dieser Fragen sind in dieser Tabelle festgehalten

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Boomerloomer
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Re: Analyse des Schusswaffengebrauchs in Deutschland und den USA

Beitrag von Boomerloomer »

Das sind wirklich kleine Zahlen. Die meisten können mit so kleinen Prozentwerten vermutlich nichts anfangen und sich die Dimension nicht vorstellen. Darum fasse ich die Ergebnisse der Auswertung einmal mit Worten zusammen
  • Wie hoch ist der Anteil an Schusswaffen und deren Besitzern in der Zivilbevölkerung, die vorsätzlich andere töten (Tötungsdelikt)?
    • DE: 0,0023% — etwa 2 von 100.000 Personen begehen in Deutschland ein Tötungsdelikt mit einer Schusswaffe.
    • USA: 0,0179% — etwa 18 von 100.000 Personen begehen in den USA ein Tötungsdelikt mit einer Schusswaffe.
    Das entspricht gerundet einem Faktor 8: In den USA ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person ihre Waffe gegen andere richtet, also rund achtmal höher als in Deutschland.
    In Prozent ausgedrückt bedeutet das: In den USA besteht eine um etwa 771 % höhere Wahrscheinlichkeit, dass jemand seine Waffe gegen andere richtet – verglichen mit Deutschland.

    Diese enorme Zahl klingt zunächst alarmierend – man könnte fast meinen, dass man bei einer 771 % höheren Wahrscheinlichkeit quasi sofort erschossen wird, sobald man in den USA das Haus verlässt. Dieser Eindruck trügt jedoch, denn es handelt sich um einen Faktor, der sich auf eine ohnehin sehr kleine Grundwahrscheinlichkeit bezieht.

    Um das zu veranschaulichen, berechnen wir einmal die Wahrscheinlichkeit, auf offener Straße zufällig erschossen zu werden.
    Dazu verwende ich folgende Formel:


    Auf Grundlage der ersten Tabelle ergibt sich:


    Statistisch betrachtet wird man in Deutschland also von etwa 9 von 1.000.000 Personen, die man auf der Straße trifft, potenziell erschossen, während es in den USA etwa 136 von 1.000.000 Personen sind.
    Das entspricht einem Faktor von rund 15, also einer um 1.500 % höheren Wahrscheinlichkeit, in den USA erschossen zu werden.

    Trotzdem ist die absolute Wahrscheinlichkeit weiterhin extrem gering – der Faktor verdeutlicht lediglich die Relation zwischen den beiden Ländern, nicht die tatsächliche Gefahr im Alltag.

    Die Auswertung hinsichtlich des Anteils an Schusswaffen sieht ähnlich aus:
    • DE: 0,00062% — etwa 6 von 1.000.000 Waffen werden in Deutschland für ein Tötungsdelikt verwendet.
    • USA: 0,00390% — etwa 39 von 1.000.000 Waffen werden in den USA für ein Tötungsdelikt verwendet.
    Auch hier ist der Anteil an Waffen, die für einen Tötungsdelikt verwendet werden, in den USA rund sechs mal höher als in Deutschland.
    \n
  • Wie hoch ist der Anteil, der vorsätzlich einem Menschen schadet (sich selbst und andere)?
    • DE: 0,0474% — etwa 5 von 10.000 Personen in Deutschland schaden sich selbst oder anderen vorsätzlich mit einer Schusswaffe.
    • USA: 0,0452% — etwa 5 von 10.000 Personen in den USA schaden sich selbst oder anderen vorsätzlich mit einer Schusswaffe.
    Diese Kategorie kombiniert die Werte für Tötungsdelikte und Suizide. Hier liegt Deutschland tatsächlich auf Augenhöhe mit den USA. Streng genommen liegt Deutschland sogar minimal vorne: Ein deutscher Waffenbesitzer schadet mit etwa 5 % höherer Wahrscheinlichkeit sich selbst oder anderen mit seiner Waffe.

    Die Auswertung hinsichtlich des Anteils an Schusswaffen weicht diesmal jedoch sichtbar ab:
    • DE: 0,0126% — etwa 13 von 100.000 Waffen werden in Deutschland für ein Tötungsdelikt verwendet.
    • USA: 0,0098% — etwa 10 von 100.000 Waffen werden in den USA für ein Tötungsdelikt verwendet.
    Bezogen auf die Waffenanzahl liegt die USA damit nur bei etwa 78 % des deutschen Wertes. Konkret bedeutet das: Eine einzelne Waffe wird in Deutschland anteilig häufiger für vorsätzliche Gewalt verwendet als in den USA.

    Dieser Umstand ist angesichts der deutlich größeren Waffenmenge in den USA überraschend. Auch der Anteil an illegalen Waffen ist dort sowohl prozentual als auch absolut erheblich höher als in Deutschland und man sollte meinen, dass vor allem illegale Waffen für derartige Straftaten verwendet werden.
    \n
  • Wie hoch ist der Anteil, der unabsichtlich einem Menschen schadet (Unfälle)?
    • DE: 0,00064% — etwa 6 von 1.000.000 Personen in Deutschland schaden sich selbst oder anderen unabsichtlich mit einer Schusswaffe.
    • USA: 0,00046% — etwa 5 von 1.000.000 Personen in den USA schaden sich selbst oder anderen unabsichtlich mit einer Schusswaffe.
    In dieser Kategorie werden nur die Unfälle mit Schusswaffen betrachtet. Auch hier hat Deutschland die Nase vorn und einem deutschen Waffenbesitzer passiert mit einer um 28% erhöhten Wahrscheinlichkeit ein Unfall mit seiner Waffe, als einem US Waffenbesitzer.

    Die Auswertung hinsichtlich des Anteils an Schusswaffen weicht erneut stärker ab:
    • DE: 0,000171% — etwa 2 von 1.000.000 Waffen sind in Deutschland in einen Unfall verwickelt.
    • USA: 0,000101% — etwa 1 von 1.000.000 Waffen sind in den USA in einen Unfall verwickelt.
    Auch hier hat eine deutsche Waffe eine 41% höhere Wahrscheinlichkeit, bei einem Unfall den Besitzer oder andere zu verletzen, als eine Waffe in den USA.
    \n
  • Wie hoch ist der Anteil, der generell einem Menschen Schaden zufügt (mit und ohne Vorsatz)?
    • DE: 0,048% — etwa 48 von 100.000 Personen in Deutschland schaden einem Menschen (inklusive sich selbst) mit einer Schusswaffe.
    • USA: 0,046% — etwa 46 von 100.000 Personen in den USA schaden einem Menschen (inklusive sich selbst) mit einer Schusswaffe.
    In dieser Kategorie betrachte ich alle Todesfälle mit Schusswaffen, ausgenommen die durch Strafverfolgung verursachten Fälle. Das Ergebnis ist, dass ein deutscher Waffenbesitzer eine 5% höhere Wahrscheinlichkeit hat, sich selbst oder anderen mit seiner Waffe zu schaden, als ein amerikanischer Waffenbesitzer.

    Die Auswertung hinsichtlich des Anteils an Schusswaffen folgt der bestehenden Tendenz, dass die deutschen Waffen gefährlicher sind:
    • DE: 0,0128% — etwa 12 von 100.000 Waffen in Deutschland schaden einem Menschen.
    • USA: 0,0100% — etwa 10 von 100.000 Waffen in den USA schaden einem Menschen.
    Eine deutsche Waffe schadet also ihrem Besitzer oder anderen Menschen mit einer 22% höheren Wahrscheinlichkeit, als eine amerikanische Waffe.

Nachdem wir uns nun durch die trockenen Zahlen gearbeitet haben, hier noch einmal eine übersichtliche Grafik zur Tabelle:





Dem einen oder anderen ist vielleicht schon aufgefallen, dass wir bisher nicht alle Spalten der Tabelle besprochen haben.
Ich habe zusätzlich eine Aufschlüsselung nach legalen und illegalen Waffen(-Besitzern) ergänzt, basierend auf einem sogenannten Risikofaktor.

Dieser Risikofaktor soll modellieren, wie viel wahrscheinlicher ein Todesfall durch einen illegalen Waffenbesitzer (bzw. eine illegale Waffe) ist – im Vergleich zu einem legalen Waffenbesitzer oder einer legalen Waffe.
  • Risikofaktor = 1: Legale und illegale Waffenbesitzer sind gleich gefährlich.
  • Risikofaktor > 1: Illegale Waffenbesitzer sind um diesen Faktor gefährlicher als legale Waffenbesitzer.
Anhand dieses Risikofaktors habe ich anschließend die Anteile der Waffenbesitzer und Waffen in der Bevölkerung neu berechnet, die für einen Todesfall verantwortlich sind. Dabei handelt es sich eher um eine kleine Spielerei meinerseits – eine Modellrechnung, die auf der Annahme dieses Risikofaktors basiert.
Im Hinblick auf die oben formulierten Fragen liefert diese Aufschlüsselung jedoch keine neuen Erkenntnisse, weshalb ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehe.
Zuletzt geändert von Boomerloomer am Mo 6. Okt 2025, 20:24, insgesamt 3-mal geändert.
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Boomerloomer
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Re: Analyse des Schusswaffengebrauchs in Deutschland und den USA

Beitrag von Boomerloomer »

Fazit
Was können wir also aus diesem ganzen Zahlenwerk mitnehmen?

Zunächst einmal zeigt der Vergleich zwischen deutschen und US-amerikanischen Waffen(-Besitzern) ein interessantes Bild:
  • Bezogen auf die relativen Werte ist ein deutscher Waffenbesitzer statistisch gesehen gefährlicher für sich selbst und sein Umfeld als ein amerikanischer. Das Gleiche gilt auch für die Waffen an sich – anteilig werden sie in Deutschland häufiger für vorsätzliche Handlungen missbraucht oder in tödliche Unfälle verwickelt. Lediglich bei Tötungsdelikten mit Schusswaffen liegen die USA deutlich vor uns.
  • In absoluten Zahlen hingegen übertreffen die Vereinigten Staaten Deutschland in jeder Kategorie um mehrere Größenordnungen – was bei der Bevölkerungszahl und der Gesamtzahl an Waffen in ziviler Hand kaum überrascht.
  • Der eigentliche Punkt ist jedoch ein anderer: Trotz ihrer vergleichsweise lockeren Waffengesetze scheinen Amerikaner im Umgang mit ihren Waffen verantwortungsbewusster zu sein als wir Deutschen mit unseren strengen Regularien. Das wirft eine spannende Frage auf: Liegt Sicherheit wirklich allein in der Strenge des Gesetzes – oder vielmehr in der Kultur, dem Umgang und der Verantwortung jedes Einzelnen?
Außerdem sollten wir einen Blick auf die traurigere Seite der Statistik werfen:
  • In beiden Ländern – Deutschland wie auch den USA – zeigt sich ein ähnliches Bild: Schusswaffen werden deutlich häufiger gegen die eigene Person als gegen andere eingesetzt. In Deutschland ist dieser Unterschied mit über 90 % der Fälle sogar besonders ausgeprägt.
  • Das wirft eine ernüchternde Frage auf: Wenn selbst strenge Waffengesetze nicht verhindern können, dass Menschen sich mit ihrer eigenen Waffe das Leben nehmen – was kann dann helfen?
Nicht zuletzt möchte ich euch auch einen kleinen Crashkurs in Statistik geben und auf ein paar wichtige Punkte aufmerksam machen:
  • Absolute und relative Werte sollte man nie isoliert betrachten, sondern immer im Zusammenhang.
    • Absolute Zahlen sind nützlich, aber ihre Aussagekraft hängt stark vom Kontext ab. Weichen sie stark voneinander ab, lohnt sich der Blick auf die relativen Werte.
    • Umgekehrt gilt das Gleiche: Auch relative Zahlen sind nur dann sinnvoll, wenn man den Kontext kennt (Stichwort Todesfälle durch Strafverfolgung). Bei großen Diskrepanzen hilft oft der Vergleich mit den absoluten Zahlen.
  • Große oder kleine Zahlen beeindrucken schnell – besonders, wenn sie in Prozent oder Faktoren ausgedrückt werden. Doch der „Wow“-Effekt täuscht oft über ihre tatsächliche Bedeutung hinweg (Stichwort: geringe Wahrscheinlichkeiten).
  • Keine vorschnellen Schlüsse ziehen: Erst wenn man den gesamten Datensatz betrachtet, ergibt sich ein vollständiges und realistisches Bild.
jsc
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Re: Analyse des Schusswaffengebrauchs in Deutschland und den USA

Beitrag von jsc »

Boomerloomer hat geschrieben: Mo 6. Okt 2025, 20:06 Da je nachdem, welche Quelle man befragt, unterschiedliche Angaben zur Anzahl der Waffen und deren Besitzer existieren, verwende ich für die weitere Auswertung den Mittelwert aus dem jeweils höchsten und niedrigsten auffindbaren Wert. Da sich meine Analyse auf Relationen und Verhältnisse konzentriert, ist dieses Vorgehen vollkommen ausreichend. Bitte denkt aber daran, dass dadurch die Möglichkeit, präzise Prognosen auf Basis meiner Auswertung zu erstellen, eingeschränkt ist.

Für die Auswertung zu illegalen Schusswaffen verwende ich ausschließlich die belegbaren, dokumentierten Fälle als Basis. Es gibt zwar plausible Hinweise und Modellrechnungen, die auf deutlich höhere Bestände schließen lassen, doch für meine Relationen genügt die belegte Basis. Zuverlässige Angaben über die Anzahl der Personen mit illegalem Waffenbesitz liegen nicht vor. Deshalb nehme ich in dieser Modellrechnung standardisiert an, dass ein illegaler Besitzer im Mittel 1,5 Schusswaffen besitzt — eine Annahme, die ich für realistisch halte. Wer möchte, kann mit diesem Wert experimentieren, um zu sehen, wie empfindlich die Ergebnisse gegenüber anderen Annahmen reagieren.
https://www.smallarmssurvey.org/sites/d ... annexe.pdf
Hier gibt es eine Quelle, die bei der Anzahl der Waffen in den USA in etwa deine Zahlen bestätigt - aber die Anzahl für Deutschland etwa dreimal so hoch angibt. Die Zahlen sind von 2017.
Achtung! Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung, niemand aber hat das Recht auf eigene Fakten.

Und diese Faktenchecker von den sie immer reden... sind die jetzt bei uns hier im Raum und sie können sie sehen und hören?
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Abischai
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Re: Analyse Tote durch Schusswaffen in Deutschland und den USA

Beitrag von Abischai »

@Boomerloomer
Respekt und vielen Dank für Deine Mühe, die Du Dir gemacht hast, da haben wir für themenbezogene Fragen eine gute Grundlage.

Eine Frage die sich dem aufmerksamen Beobachter aufdrängt ist aber diese: woher haben die Erheber Angaben über Dinge, die man gar nicht zählen kann, nämlich die illegalen Waffen? Das können doch nur grobe Schätzungen/Vermutungen sein, denn zumindest im deutschen Bundesgebiet würde man bekannte illegale Waffen doch einkassieren, oder nicht?

Das klingt mir ein wenig wie die Augenwischerei von Green Peace in den 79'er Jahren, also man die Welt damit erschreckte, daß 95% aller Erdölreserven der Welt bereits entdeckt worden seien. Das erschreckt auch heute noch viele Leute, nur fragt sich niemand, woher man wisse, was denn 100% seien. Da wird eiskalt gelogen, daß sich die Balkenbiegen, aber der Michel glaubt das natürlich, wie immer... (nicht alle, zum Glück)

So auch betreffs der illegalen Waffen.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]
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Boomerloomer
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Re: Analyse des Schusswaffengebrauchs in Deutschland und den USA

Beitrag von Boomerloomer »

jsc hat geschrieben: Mo 6. Okt 2025, 22:40 https://www.smallarmssurvey.org/sites/d ... annexe.pdf
Hier gibt es eine Quelle, die bei der Anzahl der Waffen in den USA in etwa deine Zahlen bestätigt - aber die Anzahl für Deutschland etwa dreimal so hoch angibt. Die Zahlen sind von 2017.
Das ist ja cool, diese Auflistung kenne ich noch gar nicht. Nimmt man den dort angegebenen Wert für Deutschland als neues Maximum und rechnet wieder mit dem Durchschnitt, sind die deutschen Waffen tatsächlich ein bisschen "weniger Gefährlich" als die amerikanischen.

Abischai hat geschrieben: Mo 6. Okt 2025, 22:58 Eine Frage die sich dem aufmerksamen Beobachter aufdrängt ist aber diese: woher haben die Erheber Angaben über Dinge, die man gar nicht zählen kann, nämlich die illegalen Waffen? Das können doch nur grobe Schätzungen/Vermutungen sein, denn zumindest im deutschen Bundesgebiet würde man bekannte illegale Waffen doch einkassieren, oder nicht?
Ja es handelt sich bei solchen Dingen um Modellrechnungen, die je nach Parametern des Modells mehr oder weniger realistisch sein können. In vielen Fällen wird einfach nur mit "Experten schätzen..." begründet, ohne genauer auf die Herleitung der Schätzung einzugehen. Dass das manchmal sehr realitätsfern sein kann, kann man an der Formel zur Berechnung der benötigten Lehrer in x Jahren sehen :lol:

Für die USA scheint das ein Kombinationswert aus Berichten über illegale Waffenfunde, die dann auf einzelne Regionen / Länder hochgerechnet werden, der geschätzten Fluktuationsraten von hergestellten Waffen und der entsprechenden Kriminalitätsrate zu sein.

Für Deutschland sieht es so aus, als würde sich der Wert ähnlich zusammensetzen. Es gibt vom BKA das Bundeslagebild zur Waffenkriminalität und ich vermute, dass basierend auf diesen Berichten und der Kriminalitätsrate irgendwie eine Schätzung des illegalen Waffenbestandes durchgeführt wird.

Da ich in dieser Auswertung lieber konservativ vorgehen wollte, habe ich versucht mich bei den Werten für die illegalen Waffenbestände mit der sog. "belegte Basis" zu begnügen. Der Begriff belegt mag hier vermutlich irreführend sein, da diese Werte eigentlich auch nur geschätzt sind aber möglichst nicht überschätzen sollen, indem sie auf magic numbers wie eine erdachte Fluktuationsrate verzichten.
jsc
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Re: Analyse des Schusswaffengebrauchs in Deutschland und den USA

Beitrag von jsc »

Boomerloomer hat geschrieben: Di 7. Okt 2025, 01:08
jsc hat geschrieben: Mo 6. Okt 2025, 22:40 https://www.smallarmssurvey.org/sites/d ... annexe.pdf
Hier gibt es eine Quelle, die bei der Anzahl der Waffen in den USA in etwa deine Zahlen bestätigt - aber die Anzahl für Deutschland etwa dreimal so hoch angibt. Die Zahlen sind von 2017.
Das ist ja cool, diese Auflistung kenne ich noch gar nicht. Nimmt man den dort angegebenen Wert für Deutschland als neues Maximum und rechnet wieder mit dem Durchschnitt, sind die deutschen Waffen tatsächlich ein bisschen "weniger Gefährlich" als die amerikanischen.
Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch, dass für Kinder in den USA "Tod durch Schußwaffen" immer in den Top 5 (manchmal nur Top 10) ist und sehr häufig auf Platz eins(!) liegt (Je nach Jahr varriiert das - während Corona war zum Beispiel das Virus der Top Killer für amerikanische Kinder...)
Welches andere Land der Welt hat Metaldetektoren vor der Schule und spezielle Vorrichtungen gegen Amokläufer in der Schule? Wo auf der Welt müssen Eltern beim Schuhkauf drauf achten, dass sie ihren Kindern keine "LED Schuhe" kaufen, weil diese sie bei der Flucht vor dem Amokläufer im Dunkeln verraten würden? (Habe ich tatsächlich von Amerikanern gehört - ich selbst wäre NIE auf den Gedanken gekommen, das so zu verbinden)
Achtung! Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung, niemand aber hat das Recht auf eigene Fakten.

Und diese Faktenchecker von den sie immer reden... sind die jetzt bei uns hier im Raum und sie können sie sehen und hören?
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