Dem christlichen Selbstverständnis nach, gibt es nichts anziehenderes, als die Liebe Gottes, denn die Liebe ist die machtvollste Kraft im Universum. Wie kann der Mangel dann anziehender sein, als das Gute, Schöne und Vollkommene? - vorallem, wenn der Mensch, als ein göttliches Liebesgeschöpf verstanden wird. Dann ist er es entweder nicht - oder es gibt eine dem entgegenstehende geistige Kraft, wie sie im Diabolus repräsentiert ist. Im Hinduismus spricht man von Maya, jener kreativen Energie (Prakriti) die "geistige Verblendung" hervorruft, sodass das Spiel der Polarität weiter bestehen kann. Für die Menschen, die sich auf den spirituellen Weg begeben, ist "Maya/Verblendung" - die gesamte Welt der Polarität - der beste Lehrer, um eben diese Verblendung/Sünde zu überwinden. Denn das Vollkommene finden wir dort nicht. So lehrt uns die unvollkommene Welt die vollkommene Sehnsucht, verweist uns auf einen Weg darüber hinaus. “Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in Dir.”closs hat geschrieben:Das hat Augustinus auch so gesehen - weshalb er "das Böse" als Mangel "des Guten" verstanden hat. - Mal konkret: Wenn Du eine "gute" Komposition von Bach "schlecht" gespielt wird - ist das Schlecht-Spielen des Guten eine eigene Schöpfung oder ein Mangel des Guten? - Augustinus würde sagen: Ein Mangel des Guten (ich sehe es genauso).
Ich bin überzeugt: Nichts kann uns von seiner Liebe trennen.
Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte,
weder unsere Ängste in der Gegenwart
noch unsere Sorgen um die Zukunft, ja nicht einmal
die Mächte der Hölle können uns von der Liebe Gottes trennen.
Und wären wir hoch über dem Himmel oder befänden uns in den
tiefsten Tiefen des Ozeans, nichts und niemand in der ganzen Schöpfung
kann uns von der Liebe Gottes trennen, die in Christus Jesus,
unserem Herrn, erschienen ist. Römer 8,38-39
Sehr vereinfacht gesagt: das Teuflische zeigt uns, dass nur das Göttliche befriedigend ist - die vergängliche Welt ist sich selbst nicht genug und weist über sich hinaus, sodass wir uns schließlich als "Söhne und Töchter Gottes" erkennen. Der "Fürst der Welt", ist nur in der Welt des Scheins und der Vergänglichkeit mächtig. Aber eben auch diese "Macht" ist nur eine Illusion, denn nur die Liebe erfüllt und ermächtigt uns wirklich zum Leben und zum Erkennen des Schönen und Vollkommenen -während uns der Teufel oder das Böse den Tod auftischt. Eigentlich ist das auch der Ansatz Gautama Buddhas: wenn der Mensch das erkannt hat und "erwacht" - aus dem Traum der vergänglichen und scheinhaften Welt -, dann hört der leidvolle Kreislauf von Werden und Vergehen auf, das ist also gleichbedeutend mit der Realisation der allem innewohnenden Buddhanatur, der wirklichen göttlichen Essenz ("Christus in mir"), als ens realissimum, das wirklichste Wesen. Jesus spricht stattdessen vom kommenden Gottesreich, das sich in der liebevollen geistlichen Gemeinschaft zum Vater unmittelbar im Hier und Jetzt erfahren lässt und dadurch Gestalt gewinnt ("Das Reich Gottes inwendig ist in euch"). Ich sehe da viele interessante Überschneidungen.
Das eine Bewusstsein ist "der Samen, der Stengel und die Frucht" (Vallee Poussin). Zu diesem eigentlichen, tieferen und erneuerten Bewusstsein gelangen wir durch die Liebe.