Eine Sufi Weisheit besagt: „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Seelen gibt auf dieser Welt“ vielleicht entspricht das deiner Denkweise? Die wahre Wohnstatt Gottes ist im Herzen des Menschen. Das ist für mich der tiefere Sinn jeder Religion. Wir müssen den Weg zur Wahrheit suchen und ihn gehen, jeder seinen eigenen, aber wir können einander Weggefährten sein. Der Gottergebene ist kein Mensch der durch die Welt geht und, getrieben von Fanatismus, der ganzen restlichen Menschheit seinen Glauben aufzwingt. Der Gottergebene ist ein Mensch mit dem man gerne eine Tasse Tee trinkt, weil man sich in seiner Nähe wohlfühlt und ein gutes Gespräch führen kann.
Novalis, wir sind uns hier absolut einig
Das Bild dazu erinnert mich an liebe Besuche im Restaurant "Nileview" in Luxor... ich habe schon wieder den Geschmack von süßem, arabischen Schwarztee mit Minze auf der Zunge.
Und Sonia-Marion: Danke für das Zitat! ich hatte es irgendwann schon mal gehört, wusste aber nicht, von wem es stammt.
Ich möchte an Novalis Ausführungen noch zwei Aspekte anfügen:
1. Jeder kann, aber man muss nicht
Jeder Mensch, denke ich, hat die Chance auf sein eigenes Herz zu hören und einen Weg zum Glauben zu finden. Die Fähigkeit, richtig und falsch zu unterscheiden und die Wahrheit zu erkennen, die ist einem jeden gegeben. (Man darf sich nur nicht einbilden, dass diese eigene Wahrheit die einzige und absolute ist.)
Manche gehen diesen Weg ab liebsten alleine, anderen hilft eine Gemeinschaft.
Und auch diejenigen, die den Weg nicht bewusst beschreiten und die behaupten, Gott sei ihnen egal: In Krisenzeiten hört man dann doch, dass "es halt so hatte sein sollen", dass "sich doch alles gefügt habe" oder dass ein "Bauchgefühl" sie geleitet habe. Das ist für mich auch nichts anderes als eine sehr intuitives Form von Glauben.
Das ist dann deren Entscheidung, und auch ok für mich.
2. Verstand und Herz bei der Suche nach Wahrheit
Bei mir persönlich ergänzen sich Denken und Fühlen eigentlich ganz gut im Prozess der persönlichen Suche nach Wahrheit...
Ich lerne gern Neues, sehe mir gerne immer neue Sichtweisen und Einsichten an. Viele in meinem Bekanntenkreis halten mich für einen ganz auf Vernunft und Wissenschaft fixierten Menschen.
Wenn mein Geist aber mit einem Text fertig ist und schon längst das nächste Kapitel verschlingt, dann sucht sich mein Herz noch das ein oder andere Stückchen heraus und knabbert in Ruhe daran herum. Im lateinische gibt es dafür das Verb "ruminare" - wiederkäuen, dass auch im Bezug auf Lernen und Verstehen gebraucht wird.
Das mit dem Verstand gelernte ist somit der Nährboden für die Erkenntnis meines Herzens
Tja, und hin und wieder, wenn mein Verstand sich mit einem Berg an Fakten und Theorien abgearbeitet hat und das Gefühl hat, das ergibt alles keinen Sinn, dann kommt aus meinem Herzen eine ruhige Hand, die nur ein paar Puzzlesteine umsortiert und sagt: da, so ist es Richtig.
Es wundert dann wahrscheinlich niemanden mehr, dass dies einer meiner Lieblingsverse aus der Bibel ist: "und Maria behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen" (am Schluss von der Weihnachtsgeschichte nach Lukas)
liebe Grüße
Mirjam