Andreas hat geschrieben:Es geht mir dabei nicht darum, den "Bibeltreuen" ihren Glauben abzusprechen sondern darum, dass die "anderen" Christen ihr Profil schärfen. Damit hätten sie schon alle Hände voll zu tun und das scheint mir bitter nötig. Das ist meine persönliche Meinung dazu, die allerdings nur von wenigen geteilt wird.
Aber klar doch. Religion sollte man immer kritisch betrachten, denn nichts bewegt die menschlichen Herzen so sehr: sowohl zum Besten und Edelsten, als auch zum Schlechtesten.
Der Name des vielleicht größten und mit Abstand erfolgreichsten Religionskritikers aller Zeiten lautet Jesus Christus wir sollten nie vergessen, dass es
sehr fromme und religiöse Menschen waren, die Christus verleugnet, verraten, verkauft und ans Kreuz geschlagen haben. Sogar mit den besten Absichten. Und ebenso war es ein Atheist und Heide, ein römischer Hauptmann, der am Ende sagte:
„Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen.“ (Mk 15,39) also beleidige mir niemand die "Atheisten", "Römer" und "Heiden", die am Ende vielleicht zu einer höheren Einsicht gelangen, als wir alle zusammen! Viele Christen scheinen auch zu vergessen, dass Jesus bis zum Ende seines Lebens immer ein gläubiger Jude war. Er studierte seine jüdische Religion und zitierte ganz bewusst aus ihren Heiligen Schriften.
Dabei fällt auf, dass es eine spezifisch "jesuanische Lesart" gibt, denn er betonte vorallem jene Stellen, welche die Barmherzigkeit, Liebe und Güte des Schöpfers thematisieren, während er die strafenden, finsteren Stellen vernachlässigte oder sogar vollkommen ignorierte. Es lässt sich inhaltlich nachweisen, dass er beispielsweise eine besondere Vorliebe für den Propheten Jesaja hatte, der die Vision eines
Friedensreiches verkündigte (in Anlehnung daran wird Jesus dann als
Friedensfürst bezeichnet und in seiner Bergpredigt sagt er:
„Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (Matthäus 5,9). Das sagt sehr viel über sein theologisches Verständnis aus. Jesus ritt nicht auf einem stolzen Pferd in Jerusalem ein, sondern ganz demütig auf einem Esel, womit er wohl sagen wollte, dass er gekommen ist, um diese Vision vom Friedensreich zu erfüllen, denn der Esel gilt als Symboltier des Friedens (Gen 42,26 f EU; Gen 22,3; 1 EU 1 Sam 16,20 EU; 2 Sam 19,26 EU; Neh 13,15 EU)
Mit dem Auffinden des Esels erfüllt sich die Vorhersage von Sach 9,9: «Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin.» Der eschatologische Friedenskönig kommt auf einem noch unberittenen Fohlen. Das Gegenbild und der Hintergrund zu diesem Vers ist der hellenistische Kriegskönig, der auf einem Pferd und begleitet von seinem Heer umherzieht. Die Pferde und die Streitwagen sind Ausdruck des politischen Hochmuts (vgl. Jes 2,7) und stehen in der Tradition der prophetischen Kritik (vgl. Hag 2,22). Der Esel hingegen ist zu jener Zeit das Reittier der Richter (vgl. Ri 10,4; 12,14) und symbolisiert die drei Eigenschaften Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft und Demut, die den politischen Herrschern fehlten
http://www.bibelwerk.ch/d/m68821
Trotzdem treten Christen immer wieder sehr hochmütig und triumphalistisch auf, ganz im Gegensatz zu dem Vorbild Jesu. Das erkläre mir mal einer, wie man das miteinander vereinbaren kann, ohne Kopfschmerzen zu bekommen, angesichts dieser sehr beträchtlichen kognitiven Dissonanz
Der Triumphalist vertritt die "theologia gloriae" (Herrlichkeits-Theologie) im Gegensatz zur "theologia crucis" (Kreuzes-Theologie).