Hallo Nobody2,
erstmal danke für Deine ausführliche Antwort. Da glaube ich, dass wir darin auch übereinstimmen.
Ein weiterer Aspekt Deines Themas ist
Sinn und Unsinn von Angst ... im speziellen vor Corona.
Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.
1 JOHANNES 4:18 ELB
Demzufolge hat man als gläubiger Christ keine Angst zu haben, denn ansonsten müsste man sich eingestehen, dass man noch nicht in der Liebe vollendet sei. Das will kaum jemand. Aber ist es das, was dieser Vers ausdrücken will?
Solange man davon ausgeht, das man beispielsweise zu keiner Risikogruppe gehört bzw. sich ja Mühe gibt um sich nicht anzustecken, lebt man im Prinzip in der Hoffnung, dass man gut durchkommen wird. Ein krasses Beispiel solchen Denkens ist ein Einbrecher, der auch davon ausgeht, dass man ihn nicht erwischen wird - wäre es anders, würde er nicht einbrechen. So auch bei den meisten Leuten: Befürchtungen und Ängste bewirken eine Verhaltensänderung bis man letztlich glauben wird keinen Grund mehr für etwaige Befürchtungen und Ängste zu haben. Beim Einbrecher folgt das Erwachen aus einer solchen Illusion wenn er von der Polizei erwischt wird bzw. dann vor Gericht verurteilt werden wird. Ein solches „Erwachen“ droht auch jedem, dessen Hoffnung auf eine erfolgreiche Vermeidung einer Erkrankung sich in Luft auflöst, beispielsweise bei der Diagnosestellung einer schweren Krankheit. Plötzlich verliert man das Gefühl der Geborgenheit in einem vermeintlich sicheren Leben und bekommt womöglich doch Angst. Zum Beispiel kann man befürchten, dass so mancher Wunsch wie das Miterleben des Aufwachsens der eigenen Kinder unerfüllt bleiben könnte. Viele Situationen bekommen vielleicht einen Beigeschmack des eventuell „letzten Males“, usw.
Damit will ich niemandem Angst machen, speziell nicht vor Corona, aber auch nicht vor anderen Erkrankungen, aber es ist nun mal ein Unterschied, ob man nur relativ hypothetisch über eine mögliche Situation nachdenkt oder sich in seiner solchen Situation tatsächlich selbst wiederfindet.
Ist ein richtiger Christ also effektiv geschützt vor allen möglichen Ängsten? Es gibt vieles, das man nicht erleben möchte, auch jenseits von Erkrankungen, und wenn man sich durch dergleichen tatsächlich bedroht fühlt, kann man meiner Meinung nach auch Angst bekommen ... nicht weil man ein schlechter Christ ist, sondern weil man immer noch ein Mensch ist, dessen Psyche Angst zum Selbstschutz benutzt.
Und nun nochmal zurück zu obigen Bibelvers, aber jetzt mal der Kontext der obigen Bibelstelle, insbesondere der Vers zuvor:
Hierin ist die Liebe mit uns vollendet worden, damit wir Freimütigkeit haben an dem Tage des Gerichts, daß, gleichwie er ist, auch wir sind in dieser Welt.
1 JOHANNES 4:17 ELB
Die Vollendung der Liebe in uns hat also einen zukünftigen Zweck und aber auch wiederum eine Rückwirkung daraus auf das Hier und Heute. „Damit wir Freimütigkeit haben an dem Tage des Gerichts“ ist eine andere Formulierung für die Rechtfertigung vor Gott bzw. sogar der Gewissheit der Auferstehung und des Heils. Die Freimütigkeit in diesem Vers ist also das Gegenstück zur Furcht im folgenden Vers, was somit die Furcht aufgrund eines begrenzten Lebens ist, dass das, was man im Hier und Jetzt womöglich verpasst, für immer verpasst sei. Im Prinzip die Triebfeder der Sünde. Interessant ist auch die Passage „gleichwie er ist“, also Jesus, „auch wir sind in dieser Welt“: weil Jesus die Gewissheit hatte, dass Gott ihn aus den Toten auferstehen lassen wird, brauchte er sich nicht durch etwaige Ängste bestimmen lassen. Man kann sie haben bzw. diesen im Leben begegnen, aber kennt auch den Weg diese zu überwinden um letztlich Gottes Willen zu tun.
Soweit mal ein paar weitere Gedanken zu „Sinn und Unsinn der Angst ... aus Sicht eines gläubigen Christen.“ Corona habe ich mal ausgeklammert, da es meiner Meinung nach nur ein Spezialfall ist, wo viele Leute höchstens die milden Verläufe mitbekommen können, da schwere Verläufe zumeist abgeschottet im Krankenhaus stattfinden.
Grüße,
Daniel.