Pluto hat geschrieben:Das eigentliche Problem ist, dass der Islam keine Trennung zwischen Staat und Religion kennt.
De facto gebe ich Dir recht. - Allerdings müsste man dann (was bei uns versäumt wurde) deutlich darauf hinweisen, dass staatliches Recht nicht unter religiösen, sondern unter ordnungs-politischen Gesichtspunkten zu sehen ist - konkret: Dass es im Zweifelsfall nicht um das geht, was richtig oder falsch, sondern was staatlich akzeptabel oder nicht akzeptabel ist. - Das kann ein erheblicher Unterschied sein.
Pluto hat geschrieben:Das führt dann zu r Anwendung der Sharia mit allen bekannten Folgen.
Davon abgesehen, dass die Sharia ein umfassendes Gesetzeswerk ist, das mit unserem primitiven Verständnis wenig zu tun hat, sehe ich hier keine großen Unterschiede. - Ob man den Hals abgeschnitten bekommt oder lebenslange Haft ohne Möglichkeit der Berufung bekommt, ist mindestens gleich grausam.
Kingdom hat geschrieben:Jedoch ein Prophet Gottes der nicht verstanden hat, dass 600 Jahre vor IHM Auge um Auge defintiv aufgehört hat, der hat nichts verstanden.
Ist das NT nach 2000 Jahren verstanden? Ich habe da so meine Zweifel. - Interessant erscheint es mir, einmal Islam und Judentum zu vergleichen: Beide Religionen kennen kein NT - wie unterscheiden sie sich in den Gesetzgebungen ihrer Schriften?
Novalis hat geschrieben:Es ist keine wirkliche Glanzleistung, wenn man Koranzitate aus dem textuellen und historischen Kontext reißt. Nur weil man Surenpingpong betreibt, hat man den Anderen noch nicht wirklich verstanden (das ist ja gerade die Problematik des religiösen Fundamentalismus).
Das ist aber leider üblich - ich nenne es Zitaten-Scrabble - egal ob bei christlich-fundamentalistischen oder bei agnostisch/atheistisch-fundamentalistischen Strömungen.
Das Problem: Ein Sola Scriptura lässt sich, wenn auch primitiv, in allen Religionen "nachweisbar" auslegen (= anthropozentrisch auslegen). - Deshalb wird es gerne dem Solus Spiritus vorgezogen, der methodisch nicht gesellschaftsfähig ist.
Novalis hat geschrieben:Martin Mosebach und Navid Kermani verstehen sich, weil sich ihr Glaube auf gemeinsame Werte der Menschlichkeit gründet, die sich über Religionsgrenzen hinweg setzen.
Das glaube ich auch. - Das spirituelle Potential des Menschen entwickelt sich zu allen Zeiten und in allen Kulturen auf seine unverwechselbare Art und Weise. - Die Quelle ist die selbe.
Deshalb kann man nicht oft genug an Lessings "Nathan den Weisen" und an Pauli Römerbrief erinnern:
2,13 Denn vor Gott sind nicht die gerecht, welche das Gesetz hören, sondern die, welche das Gesetz befolgen, sollen gerechtfertigt werden.
14 Wenn nämlich Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur aus tun, was das Gesetz verlangt, so sind sie, die das Gesetz nicht haben, sich selbst ein Gesetz,
15 da sie ja beweisen, daß das Werk des Gesetzes in ihre Herzen geschrieben ist.
Diesen Gedanken findet man in allen Religionen, soweit sie unter Deutungs-Einfluss spirituell reifer Menschen sind - genauso wie man unter allen Müttern dieser Welt ein blindes gegenseitiges Verständnis in Bezug auf das Kind erkennen kann - von den (kleinen) Kindern ganz abgesehen, die sich untereinander sofort als gleich erkennen und behandeln.