Ich wiederum sehe nicht, dass die Welt nicht ohne das Böse sein kann. Gott hat das Böse nicht geschaffen. Allein die Möglichkeit, gegen Gott ungehorsam sein zu können, das ist noch nicht das Böse. Es gibt nach der Bibel auch kein absolutes Böse, sondern immer nur ein relatives. Die Figur des Satans wurde traditionell zum schlecht hin Bösen stilisiert, aber selbst das ist viel zu kurz gedacht.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 21. Jan 2023, 17:17 Ich sehe den Punkt nicht. - Wenn Gott das Böse/den Bösen per Schöpfung zulässt, heißt dies nicht, dass Gott selber das Böse will, aber sehr wohl, dass die Welt ohne das Böse nicht sein kann. - Nachdem Gott gleichzeitig allmächtig ist, könnte er aber eine Welt ohne Böses schaffen. Dass er es nicht tut, hat einen Grund.
Ich teile die Ansicht nicht, dass Hiob nur eine literarische Fiktion ist und es einzig dem Autor überlassen ist, uns etwas sagen zu wollen. Aber mal angenommen es wäre so, so ist der Tod der Kinder Hiobs dennoch erklärungsbedürftig. Wäre sie das nämlich nicht, so hätte der Autor am Ende der Geschichte nämlich nicht hinzu fiktionalisiert, dass Hiobs später gezeugte Kinder kein bloßer doppelter Ersatz für seinen Verlust waren. Er bekam wiederum 7 Söhne und 3 Töchter. Wie schäbig wäre das gewesen, wenn er die doppelte Zahl an Kindern als Ersatz bekommen hätte ? Mindestens war dem Autor klar, dass man Menschenleben nicht derart funktionalisierend aufrechnet. Deswegen lässt der Autor auch nicht einfach Kinder sterben, damit Hiob zu irgendeiner Erkenntnis kommt. Entweder wollte der Autor die perfide Absicht auf Hiobs Neider lenken, oder es gab diesen Neider tatsächlich.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 21. Jan 2023, 17:17Die Unantastbarkeit Hiobs bedeutet, dass nicht Satan, sondern Gott die einzige Macht über Leben und Tod ist - und das macht Gott dem Satan klar (wir dürfen nicht vergessen: "Hiob" ist eine theologische Lehrschrift). - Die Kinder sterben, weil es zur Inszenierung gehört.
Was bringt uns diese Überlegung ? Vor allem, was bringt es uns zu wissen, dass Gott dies und das wissen müsste, wenn er dieses Wissen nicht mit uns teilt ? Das wäre so, als erwartet Gott von den Menschen, dass sie von ihm wissen müssten, ohne dass er sich nie dazu herablassen würde, sich irgendwem zu offenbaren. Die Bibel bezeugt durchweg aber seine Offenbarungen und auch seine Spuren in der Schöpfung. Das kann jeder Atheist oder Agnostiker natürlich leugnen, nicht aber leugnen können sie, dass die Bibel selbst dieses Gottesbild vertritt. Den Autoren reichten wohl offensichtlich diese Offenbarungen und Spuren aus. Und von dieser "Genügsamkeit" müssen wir immer ausgehen, bei dem was die Autoren uns mitteilen wollen. Man kann wohl weder einem Jeremia, noch einem Lukas, noch Johannes unterstellen, dass sie ihre Texte aufschrieben mit der verhöhnenden Haltung : "Ich zeig den Lesern mal wie naiv meine Zeitgenossen waren.", so als müsste man sämtliche Bibeltexte lesen sich den Autor dabei vorstellend, wie er mit dem Finger ein Augenlid herunter zieht. Historisch Kritische Interpretation die so vorgeht, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 21. Jan 2023, 17:17Klar - das sagt ja auch keiner. "Vorher bekannt" heißt, dass Gott im "gleichzeitigen" Wissen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft quasi vom Ende her handeln/fügen kann. Es gibt Bibelstellen, wonach Gott schon VOR der Schöpfung gewusst hat, dass - ich übertrage es - ProfDrVonUndZu am 4.3.2033 und 14:00h seinen Nachbarn verprügeln wird und am 8.6.2066 stirbt.
Entscheiden und Erkennen sind keine Gegensätze, denn wo immer in Bibel von Erkennen die Rede ist, muss man diesen Begriff auch im Sinne von Anerkennen verstehen. Erkennen ist jedenfalls mehr als nur ein rein kognitiver oder intelligibler Prozess. Es hat oft auch mit der Überwindung von Glaubenssätzen oder gar Weltbildern zu tun. Diese können nämlich ein Erkennen verhindern, weil die bisherigen Fundamente ein Anerkennen neuer Säulen verhindern. Erkennen im Sinne von Anerkennung ist auch performativ. Es verändert Haltung und Beziehung.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 21. Jan 2023, 17:17 Zunächst kann ich mit Begriffen wie "Freiheit" und "Entscheidung" bei theologischen Fragen wenig anfangen - viel wichtiger ist der Begriff "Erkennen". Johannes schreibt irgendwo "Es IST das Himmelreich, Gott zu ERKENNEN" (und nicht: sich dafür zu entscheiden). Es geht also um Erkenntnis, weshalb der Baum genauso heißt und nicht "Baum der Entscheidung".
In der Form vertrete ich nichts davon. Wenn die Bezeichnung Satan als absolute Person gesehen wird, kann das faktisch nur in die Irre führen. Ich denke, die Bibel tut sowas gar nicht mit Ausnahme der Offenbarung, die aber wiederum auf einer anderen Ebene zu uns spricht. Die größten Missverständnisse über den Teufel kamen in die Welt, weil die Offenbarung für die künstlerische Darstellung wörtlich genommen wurde und diese Darstellungen wiederum rückwirkten in den Volksglauben. Was das Volk über den Satan zu wissen meint, kommt also nicht aus der Bibel, sondern von den Mythen. Und eben dieser Prozess ist selber satanisch.Hiob hat geschrieben: ↑Sa 21. Jan 2023, 17:17 Was den Satan angeht: Ich kann mir beides vorstellen:
1) Satan als Instrument Gottes ("Tue Böses am Menschen - das ist Dein Job"), also als Verkörperung des Bösen ohne eigene Bewusstseins-Identität.
2) Oder Satan als brillanter eigener Kopf. Allerdings geht dies nur, wenn man ihn dann WIRKLICH als Person akzeptiert. Die Frage wäre hier: Sind Engel, von denen Satan ein abgefallener ist, "ebenbildlich" in dem Sinne, dass sie Gott BEWUSST und REFLEKTIV erkennen können? - Ich weiß es nicht.
Ich tendiere zu 2), was aber nichts daran ändert, dass man auch bei eigener Brillanz falsch gepolt sein kann, somit einen langen Erkenntnisweg vor sich haben kann.
Ich finde, dass deine folgende Aussage mich bestätigt :
Ergänze die Ich-Zuwendung mit dem Konzept des Über-Ich, dann sind wir bei kollektiven Erscheinungen. Kollektivismus ist noch lange nicht das Gegenteil von Egoismus, sondern nur eine plurale Form von Egoismus. Jedenfalls ist Kollektivismus, und das Über-Ich hat ja mit kollektiven Normen und Mythen zu tun, noch lange nicht identisch mit einer Zuwendung zu Gott im Sinne der Nächstenliebe oder Frömmigkeit.