rudolfer hat geschrieben: ↑So 15. Dez 2024, 00:37
Schwierige Aussage. Woran machst du das fest?
Z.B. im Kontext von
1. Korinther 10,21. Wir können nicht des Herrn Tisches teilhaftig sein und des Dämonentisches.
Jeder kapitalistisch wirtschaftende Betrieb ist ein Götzentempel. Es geht nicht um die Befriedigung natürlicher Bedürfnisse, sondern die Bedürfnisse, ob natürlich oder künstlich erzeugt, dienen als Mittel zum Zweck für den Profit des Unternehmens. Die Legitimation kapitalistischen Wirtschaftens folgt dem Muster, dass es im Marktgeschehen gar keinen Egoismus negativer Form geben kann, da jeder marktteilnehmende Egoist wiederum der Allgemeinheit dient (nach
Adam Smith). Damit wollte man sicher die vom christlichen Denken unterstellte böse Intention des Sündigen Menschen überwinden mittels Hegels Dialektik.
Im Kontext von
Römer 7,23 Ihr seid um einen Preis erkauft; werdet nicht der Menschen Sklaven.
Analog vom Anfang des Kapitels betreffs der Ehe : Wer gläubig wird und bereits verheiratet ist, der trenne sich nicht. Wer unverheiratet ist und dann gläubig wird, der bleibe unverheiratet. Wer frei ist, unterschreibe keinen Arbeitsvertrag.
Im Kontext von
2. Thessalonicher 3,10 Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.
Ja, gerade der Vers, der doch in der Regel für das Gegenteil herangezogen wird und als Paradebeispiel für den Imperativ der Arbeit steht.
Nun meint Paulus eben keine kapitalistisch organisierte Erwerbsarbeit zum eigenen Lebensunterhalt. Er kannte natürlich Lohnarbeit, aber mit Arbeit meint er den Dienst für die Gemeinde. Und zwar den direkten Dienst und nicht den indirekten Dienst über Steuern auf Erwerbsarbeit. Auch Römische Bürger, die er adressierte, zahlten gar keine Steuern und auch keine auf Arbeit. Rom finanzierte sich durch Tribute unterworfener Randgebiete.
Im Kontext von
1. Thesslonicher 4,12 auf daß ihr ehrbarlich wandelt gegen die, welche draußen sind, und niemandes bedürfet.
Noch ein wesentliches Paradebeispiel für die Legitimierung kapitalistischer Verhältnisse im Neoliberalismus. Falsch verstanden als an das Individuum gerichtet, das im Sinne des EU-Subsidiaritätsprinzips, orientiert nach der kirchlichen Soziallehre, erst für sich selbst zu sorgen hat und keine Hilfe bekommt, außer es liegt ein Notfall vor. Nun sagt aber die kirchliche Soziallehre schon nicht, dass erst ein Notfall vorliegen müsse. Es sagt nur, dass das Individuum bezüglich seiner Eigenständigkeit nicht bevormundet oder behindert werden darf, nicht aber, dass jeder Hilfegesuch erst mal stringent zurückgewiesen werden muss, bis zweifelsfrei bewiesen ist, dass auch tatsächlich ein Notfall vorliegt. So wird es aktuell im deutschen Sozialrecht gehandhabt. Ein vermeintlich säkulares Konstrukt, hinter dem doch im Kern ein falsch verstandener und misanthropisch ausgelegter Paulus steckt.
Richtig verstanden muss der oben genannte Vers auf das christliche Kollektiv angewendet werden. Es soll, weil es in brüderliche Liebe füreinander handelt, keine Hilfe von der profanen Welt annehmen. In der Realität machen Kirchen und sämtliche Gemeinden aber immer gemeinsame Sache mit der Welt und schämen sich nicht mal ansatzweise dafür. Das ist aber ein Relikt aus einer Zeit, als die ganze Gesellschaft noch weithin christlich war und die Zünfte nur Christen als Mitglieder akzeptierten. Spätestens aber seit der Zeit der Aufklärung, der ganzen Revolutionen und Reformen Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Zünfte abgeschafft und der Freie Markt erschaffen wurde, hätte mit der profanen Paktiererei Ende sein müssen. Aber es funktionierte ja sehr gut für einige, die dadurch sehr reich blieben oder wurden. Hure Babylon eben.