Bundestagswahl 2021

Politik und Weltgeschehen
Timmi

Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Timmi »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 17:27
Magdalena61 hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 16:54 Im Gegensatz zu den Untertanen des damaligen Staatsgebildes Israel unter Römischer Herrschaft haben wir hier und heute Möglichkeiten, mit rechtsstaatlichen Mitteln Einfluß zu nehmen auf das Politikgeschehen
Paulus hat seine römischen Bürgerrechte in Anspruch genommen. Es kam zwar letztendlich nicht bis zur Verhandlung, weil seine Gegner nicht erschienen, aber die römische Exekutive hat ihn darin unterstützt. Diese römischen Bürgerrechte waren nicht selbstverständlich, schon gar nicht für Juden. Sie waren ebenso ein Ergebnis von Kämpfen um Rechte, wie ihn die Arbeiterschaft gegen die Kapitalisten führt. Oder einfacher runtergebrochen : Sie sind Ergebnisse von Kompromissen und Verhandlungen.
Dann ging es Paulus also um römische Bürgerrechte für alle? ;) :)
Timmi

Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Timmi »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 18:20 Wenn man nonkonform handelt, stehen die Wächter und Moralapostel schon bereit.
Wie sieht nonkonformes Handeln denn aus? Ist nicht auch Jesus ein Wächter und Moralist? Ich denke, es ist auch falsch solche Begriff zu verwenden, denn worum es geht, ist, die Bibel und deren Aussagen vor Politisierung und den vielen Varianten der Auslegung diverser Interessen zu schützen, um eben das Evangelium des Christus zu behalten und nicht eine verweltlichte Sonderform, um Rechtfertigungen des eigenen Handelns zu bewirken.
Timmi

Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Timmi »

Ich denke, an dieser Stelle ist es richtig, den Kommentar von John Nelson Darby anzuführen, der einiges an Aufklärung bringen dürfte:

Die Welt und der Christ
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ProfDrVonUndZu
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 18:29 Wie sieht nonkonformes Handeln denn aus?
Alles Handeln, das den Status-Quo antasten könnte. Die französische Revolution war auch nicht konform. Der Adel hätte freiwillig nicht das Feld geräumt. Wir leben noch heute auf Basis der damaligen Umbrüche in Europa. Ob das zu einer tatsächlichen Verbesserung des Lebens der meisten Menschen führte, sei grad mal dahingestellt.

Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 18:29Ist nicht auch Jesus ein Wächter und Moralist?
Ja, aber wem gegenüber ? Den Pharisäern und Schriftgelehrten, und der Aristokratie seines Volkes. Nicht weil diese für oder gegen Rom handelten, sondern weil sie eigene Vorteile auf Kosten ihrer Volksgenossen rausschlugen. Die wenigsten Pharisäer und Schriftgelehrten waren reich, aber auch die weniger Begünstigten hingen dem Wunsch nach Reichtum an. Ungefähr so, wie wenn Klein- und Mittelstandsunternehmer oder Betreiber von Start-Ups in die FDP oder CDU eintreten. Nicht weil alles schon toll für sie ist, sondern damit es für sie, und nur für sie selbst, besser wird. Also ungefähr so, wie wenn der Proletarier gegen Erbschaftssteuer ist, weil er hofft, auch mal erben zu können. Oder wie die Illusion "Wer sich anstrengt, kann es auch zu was bringen.", die zwar immer wieder mit Beispielen zu belegen versucht wird, aber die nur Ausnahmen sind, die die Regel bestätigen, dass es gar nicht jeder zu was bringen kann und soll.
Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 18:34 Ich denke, an dieser Stelle ist es richtig, den Kommentar von John Nelson Darby anzuführen, der einiges an Aufklärung bringen dürfte:

Die Welt und der Christ
Hier wird jede Form politischer Beteiligung als Gemeinmacherei und Freundschaft mit der Welt dargestellt. Natürlich kann das so sein, aber das ist keinesfalls das einzige Motiv. Wer sich politisch beteiligt, weil er gesellschaftliche Veränderungen will, der ist doch gerade nicht gemein mit der gegenwärtigen Welt. Der Fehlschluss ist vielleicht noch ein Überbleibsel aus der feudalen Zeit Luthers, als die politische Beteiligung noch kategorisch ausgeschlossen war, weil noch die Ständeordnung herrschte. Darby scheint da einige Entwicklungen verpasst zu haben und noch heute argumentieren viele so, als befänden wir uns noch in der alten Ordnung. Gerade aber so Leute wie Darby, Angehörige der Bürgerlichen Gesellschaft, profitieren maßgeblich von den gesellschaftlichen Umbrüchen, die sie ja prinzipiell zu delegitimieren versuchen.
Timmi

Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Timmi »

Mir klingt das zu sehr nach Klassenkampf, Rebellion und Revolution.

Die gefallene Welt mit all ihren Systemen wird enden, das wird das Ergebnis der Erfüllung der Pläne Gottes sein. Wofür sollte sich ein Christ da einsetzen?

Christen, die nicht weltförmig sind, sind immer nonkonform und die Welt hasst sie dafür, wie es Christus angekündigt hat.

Ich denke, Darbys Standpunkt ist biblisch gut begründet und erreicht damit volle Legitimation.
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 19:37 Wofür sollte sich ein Christ da einsetzen?
Z.B. dafür, dass seine Steuern nicht für Militär oder zur Bereicherung von Aktionären eingesetzt werden, damit Reiche reicher und Arme ärmer werden. Es ist bei uns im wesentlichen die christdemokratische Politik, die solche Zustände aufrichtet und damit diskreditiert sie das Christentum. Christen üben gegen diese Politik zu wenig Widerstand. Es wäre schon viel erreicht, wenn sie einfach nur ihre Stimme dagegen erheben, aber ihr Schweigen macht sie zu Erfüllungsgehilfen, und das Vertrösten auf Irgendwann zu Heuchlern. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber die fallen dann sämtlich unter die Kategorie, die Ebertshäuser kritisiert.

Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 19:37 Christen, die nicht weltförmig sind, sind immer nonkonform und die Welt hasst sie dafür, wie es Christus angekündigt hat.
In unserem politischen System gibt es eine feste Instanz, die sich Opposition nennt. Ihre Aufgabe ist die Kritik der Regierung. Natürlich macht sie sich damit bei der Regierung, dem Establishment der Wählerschaft und den Lobbyisten unbeliebt. Naturgemäß hat die Regierung die größere Macht, die Sicht der Opposition als unrealistisch, weltfremd, zu teuer, unmoralisch, illegal, befangen, relgiös oder wie auch immer abwertend hinzustellen.

Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 19:37 Ich denke, Darbys Standpunkt ist biblisch gut begründet und erreicht damit volle Legitimation.
Sein Standpunkt, vor allem wenn man seine Zeit auch noch auf heute überträgt, ist pure Heuchelei, weil er so tut, als lebe er in einer eignen autarken Welt, die nicht durch historische Umwälzungen entstanden ist an denen er direkt oder indirekt beteiligt war.
Timmi

Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Timmi »

Prof, deine Antwort ist natürlich von deiner Weltanschauung geprägt mit der du die Bibel und das Christsein anscheinend belegst.

Wie immer diese auch aussehen mag, Darbys Ansicht wurde damit nicht widerlegt, sondern lediglich für ungültig erklärt. Was wir aber als Christen brauchen ist eine biblische Auseinandersetzung in der Frage, ob und inwieweit ein Christ die Welt verändern soll.

Es wird dich nicht wundern, das Christen hier (egal welcher Epoche) zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 20:43 Wie immer diese auch aussehen mag, Darbys Ansicht wurde damit nicht widerlegt, sondern lediglich für ungültig erklärt.
Ich sehe gar nicht, dass Darby in diesem Text seine Ansicht bekräftigt hätte, dass ich sie wiederlegen müsste. Was ich nicht wiederlegt habe, hat er auch lediglich nur postuliert.

Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 20:43Was wir aber als Christen brauchen ist eine biblische Auseinandersetzung in der Frage, ob und inwieweit ein Christ die Welt verändern soll.
Ein Christ kann nur, wie die Propheten Israels, auf Misstände in der Gesellschaft hinweisen. Es ist nicht des Propheten Aufgabe, selbst an die Spitze der Gesellschaft zu gelangen, während die Ungleichheit insgesamt bestehen bleibt. Mit politischer Beteiligung meine ich auch nicht, dass man unbedingt ein politisches Amt bekleiden muss. Auch muss dies nicht zwingend in einer politischen Partei geschehen. Vereine wie der Paritätische oder die Katholische Arbeitnehmerbewegung tun einen guten Job, indem sie die Bundesregierung unter Druck setzen. Das ist nicht illegitim, sondern Demokratie. Ansonsten hätten wir immer noch einen paternalistischen Obrigkeistsstaat, aber viele haben anscheinend immer noch nicht kappiert, dass diese Zeiten vorbei sind oder sehnen sich dahin zurück.
Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 20:43Es wird dich nicht wundern, das Christen hier (egal welcher Epoche) zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Ebertshäuser schien mir aber sehr verwundert darüber, dass es noch andere Ansichten, als die seine gibt. Was ihn vielleicht besonders stört, dass diese ihren eigentlichen Ursprung eher in der katholischen Ecke haben, Stichwort Befreiungstheologie, katholische Arbeiterbewegung... Und nun offenbart sich auch Papst Franziskus als radikaler Sozialist :lol:
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Reinhold »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 20:11
Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 19:37 Wofür sollte sich ein Christ da einsetzen?
Z.B. dafür, dass seine Steuern nicht für Militär oder zur Bereicherung von Aktionären eingesetzt werden, damit Reiche reicher und Arme ärmer werden. Es ist bei uns im wesentlichen die christdemokratische Politik, die solche Zustände aufrichtet und damit diskreditiert sie das Christentum. Christen üben gegen diese Politik zu wenig Widerstand.
Wo aus der Schrift leitet der Herr Professor ab, dass Christen-in welcher Form auch immer-Widerstand leisten sollten? :)
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Magdalena61 »

Timmi hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 05:15 Was davon zu halten ist, hat Rudolf Ebertshäuser in seinem Buch 'Soll die Gemeinde die Welt verändern' dargestellt.
Auf dieser Seite ist ein kurzer Ausschnitt mit einigen Argumenten des 'sozialen Evangeliums' und deren Erwiderung zu lesen:

https://gloria.tv/post/W4az2t61Z2eu3ENCsonGBBP14
Jetzt hatte ich etwas mehr Zeit und habe den Artikel gelesen.

Heftig.
Ich zitiere ein wenig daraus. Die Markierungen sind von mir.
Gott forderte die Israeliten auf, an ihren Brüdern in diesem Reich Gerechtigkeit zu üben, nicht an allen gottlosen Armen dieser Welt. Gott wird die gottlosen, in Sünden lebenden Armen ebenso richten wie die sündigen Reichen. Das wird heute verschwiegen bzw. verfälscht wiedergegeben. Auch im NT sollen sich die Gläubigen in erster Linie der Armen in der Gemeinde Gottes annehmen; wo möglich, sollen sie auch an Ungläubigen in ihrer Umgebung gute Werke tun.
Quelle
Und die Armen anderer Religionen in Afrika, im Jemen... in den Flüchtlingslagern... können wir verhungern lassen? Wir haben keinerlei Verantwortung für solche Menschen?
Und wir dürfen nichts dafür tun, also keinen Einfluss nehmen auf die Verursacher der Not und uns nicht "politisch" gegen destruktive, ungerechte Strukturen engagieren mit dem Ziel, dass Menschen in Freiheit und möglichst autonom leben und sich selbst ernähren können?
Wir können diese böse Welt nicht besser machen, solange die Menschen in ihren sündigen Begierden leben.
Quelle
Das dachten sich der Priester und der Levit sicher auch, als sie an dem verwundeten Mann, der überfallen worden war, vorbei gingen. Zumal er kein Glaubensgenosse war. Die beiden kamen vielleicht gerade vom Tempeldienst und gingen nach Jericho, der Priesterstadt-- oder warum erwähnte Jesus die Örtlichkeiten? Lk. 10

:? Könnte es sein, dass die Lehre des Herrn Ebertshäuser in diesem Punkt nicht mit der Bibel konform ist?

Wir werden die Welt nicht grundlegend verändern, das wissen wir, und da stimme ich ihm zu.

Aber können wir uns unserer Verantwortung für das Wohl des Nächsten entziehen, wenn wir die Möglichkeit haben, etwas zu tun, das seine Lage verbessern könnte?
Armut, Krankheit und Unterdrückung wird in dieser Welt sein, solange die Sünde herrscht; wir haben den Auftrag, den Sündern die ewige, geistliche Errettung zu verkündigen, ohne die sie ewig verlorengehen (was durch begrenzte Hilfe in äußeren Nöten ergänzt werden kann).
Quelle
Nicht "kann" sondern "muss". Spätestens dann, wenn sie dem Evangelium glauben und damit zur Gemeinde Jesu gehören.

Einem Hungernden zu predigen: "Nimm Jesus an, der wird sich um dich kümmern", ihm einige Lebensmittel zu geben und sonst nichts zu bewegen, um seine Umstände zu ändern... oder einem Ertrinkenden "Glaube an Jesus! dann kommst du in den Himmel!" zurufen, anstatt ihm einen Rettungsring hinzuwerfen oder ins Wasser zu springen, um ihn heraus zu ziehen... also irgendwie wäre das kein guter Stil. Finde ich.

Was ist mit Mt. 25? Wer sind die "Geringsten unter den Brüdern"?
Nur Christen und Juden?
Wenn die Kinder Gottes an nichts teilnehmen könnten, was von Sünden, Ausbeutung oder Unrecht befleckt ist, dann müßten sie wahrlich aus dieser Welt hinausgehen.
Quelle
Jetzt auf einmal ist das gebongt, Sünde, Ausbeutung und Unrecht hinzunehmen? Wenn es darum geht, "billige Waren aus Entwicklungsländern kaufen, die dort mithilfe von Kinderarbeit, schädlichen Arbeitsbedingungen und zu niedrigen Löhnen hergestellt werden" ? Wenn man selbst davon einen Vorteil hat?

Warum soll es dann schlecht sein, sich in derselben Welt politisch zu engagieren? Ob man jetzt einkauft oder ein Amt übernimmt... wie ist das eigentlich, dürfen Christen dann auch nicht den Status eines Beamten anstreben? Ein Beamter ist in spezieller Weise zur Loyalität gegenüber den Richtlinien seiner Obrigkeit verpflichtet, was im ungünstigen Fall mit einer Einschränkung seiner Meinungs- und Handlungsfreiheit verbunden ist.

Man muss sich doch nicht mit gottlosen Ideologien identifizieren. Das Herz muß Gott gehören.

Überall, wo ich bin, ist Welt. Ich lebe in dieser Welt, es gibt keine andere.

Das hat schon einige Male echten Ärger gegeben, weil ich aus Gewissensgründen nicht die Erwartungen anderer erfüllte; nicht erfüllen konnte. So manches Projekt ist gescheitert.

Aber egal, wo ich bin und was ich tue: Die Prinzipien des Glaubens kann und will ich nicht verleugnen, bei aller Aufgeschlossenheit gegenüber Nichtchristen und sonstigen Zeitgenossen.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
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