Hallo Ziska,
da du schreibst, dass du
logisch an diese Thematik herangehst, fühle ich mich aufgerufen, etwas dazu anzumerken. Ich denke nämlich beweisen zu können, dass die Wahrscheinlichkeitsüberlegungen in den von dir verlinkten Beiträgen schlicht falsch sind.
Es geht mir dabei nicht etwa darum, deinen Glauben zu diskreditieren. An so etwas habe ich kein Interesse. Als Philosophin geht es mir vielmehr darum, dass ich daran interessiert bin, Irrtümer aufzuklären und das, was tatsächlich der Fall ist, mit guten Argumenten aufzuzeigen.
Der Grundgedanke in den Beiträgen ist, dass die natürliche Entwicklung einer Zelle, die sich plötzlich selbst reproduziert, unendlich unwahrscheinlich ist. Der Grundgedanke ist, dass die reine zufällige Entstehung einer solchen, sich selbst reproduzierenden Zelle als Anfang allen Lebens auf dieser Erde wahrscheinlichkeitstheoretisch auszuschließen ist. Im Umkehrschluss muss vielmehr angenommen werden, dass es eines intelligenten Planers und Designers bedarf, um so eine sich selbst reproduzierende Zelle - und mit ihr den Anfang des Lebens auf der Erde - zu schaffen.
Mathematisch ausgedrückt handelt es sich hierbei um die fehlerhafte Anwendung der Likelihood-Funktion auf die Wahrscheinlichkeit des
erstmaligen Eintretens eines Ereignisses. Lasse dich nun nicht von der mathematischen Begrifflichkeit beeindrucken. In der Sache ist der Zusammenhang eigentlich recht einfach zu verstehen.
Es geht um folgenden Sachverhalt:
Die Wahrscheinlichkeit des
erstmaligen Eintretens eines Ereignisses kann gar nicht berechnet werden. Nur das
wiederholte Eintreten eines Ereignisses kann mit Wahrscheinlichkeit berechnet werden.
Folgendes Gedankenexperiment dazu (nach dem Philosophen Manfred Stegmüller) illustriert, was das Problem ist:
Stelle dir einen Menschen in einem Raum vor, der auf einem Tisch vor sich würfelt mit vier Würfeln, die vier verschiedene Farben haben. Dieser Mensch würfelt nun mit seinen Würfeln und trägt die Ergebnisse seiner Würfe säuberlich in eine Liste ein. Gelber Würfel, diese Augenzahl, roter Würfel jene, grüner Würfel diese, blauer jene.
Dies macht er
10 000mal und trägt die Ergebnisse immer fein säuberlich in eine Liste ein.
Wenn er fertig ist, hat er also eine erwürfelte Liste mit zehntausend eingetragenen Würfen seiner vier verschiedenenfarbigen Würfel.
Kaum ist er fertig, kommt jemand ins Zimmer, der sich gut mit Wahrscheinlichkeitsrechnung auskennt.
Der Würfler bittet ihn nun auszurechnen,
wie wahrscheinlich es ist, genau diese Liste mit 10 000 Würfen mit den vier verschiedenenfarbigen Würfeln zu erwürfeln.
Das macht dieser Mensch und die Wahrscheinlichkeitsrechnung ergibt natürlich, dass das Erwürfeln genau dieser Liste mit den jeweiligen Augenzahlen der vier verschieden farbigen Würfel unendlich unwahrscheinlich ist: nämlich (1/6) hoch 10 000, was eine
astronomisch kleine Wahrscheinlichkeit ergibt,
genau diese 10 000 Würfe umfassende Liste zu erwürfeln.
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Doch der Würfler hat exakt diese Liste mit 10 000 Würfen ja gerade erwürfelt!
Das Ereignis ist also gerade eben tatsächlich eingetreten.
Was zeigt dieses Gedankenexperiment? Es zeigt, dass ein eigentlich unendlich unwahrscheinliches Ereignis tatsächlich eintreten kann, wenn es ERSTMALIG passiert.
Was zeigt das Gedankenexperiment noch?
Es zeigt auch, dass es unendlich unwahrscheinlich ist, wenn man versucht, dieses Ereignis nocheinmal eintreten zu lassen.
Beim Lottospielen kreuzt man 7 Kästchen an und schafft damit ein Ereignis. Die Ziehung der Lottozahlen soll dieses Ereignis nun
wiederholen, - und genau das ist das mathematische Problem. Dass dieses Ereignis zum ersten Mal eintritt, dafür kann gar keine Wahrscheinlichkeit angegeben werden. Dass es dann aber noch ein zweites Mal eintritt, dass ist in der Tat unendlich unwahrscheinlich.
Dies bedeutet in der Evolutionsgeschichte: dass eine Zelle plötzlich einen genetischen Satz hat, der sich teilt, kann durchaus eintreten. Eine Wahrscheinlichkeit hierfür ist nicht angebbar. Dass dies aber zum zweiten Male geschieht, ist ziemlich unwahrscheinlich. Wobei in der Evolution beachtet werden muss, dass sie über 6 Milliarden Jahre andauert. Wenn man lange genug Zeit hat, seine 10 000 Würfe mit vier verschieden farbigen Würfeln zu wiederholen, dann mag es sein, dass man tatsächlich sogar zweimal dieselbe Liste erwürfelt.