Re: Eine AfD-Aussteigerin berichtet
Verfasst: Sa 10. Nov 2018, 16:27
Ja, da unter den Menschen die Leidtragenden zu finden sind. Falls man jedoch der Behauptung glauben schenkt, dass die Gesetze von Gott kommen, dann ist es ein Gott-gemachtes Problem.closs hat geschrieben:Aber das ist doch nicht das Problem Gottes - es ist doch das Problem des Menschen.
Ja und nein, ich denke wir könnten durchaus Faktoren finden, bei denen sich die Mehrheit einig ist, dass es sich dabei um einen Teil von Wohlergehen handelt, doch dahingehend, wie man diese Faktoren befriedigt und welche Relevanz sie haben, findet man selbst in dieser Mehrheit große Unterschiede. Longo, Coyne und Joseph (2017) beispielsweise nennen 14 verschiedene Faktoren (Happiness, Vitality, Calmness, Optimism, Involvement, Awareness, Acceptance, Self-Worth, Competence, Development, Purpose, Significance, Congruence und Connection), ich denke die würde jeder hier unterschiedlich gewichten.Was ist "Wohlergehen"? Das, was man dafür hält?
Und es geht ja auch nicht nur um das eigene Wohlergehen. Bei so einem einfachen Beispiel ist das natürlich etwas konstruiert, aber ich bin nicht nur für mich selbst verantwortlich, sondern auch für meine drei Kinder, daher ist es wichtig dass ich deren Versorgung nicht durch Vernachlässigung meiner Gesundheit gefährde (natürlich greifen hier auch wieder weitere Faktoren, z.B. ist auch meine Frau berufstätig, es gibt Absicherungen durch den Staat etc, durch das Ausfallenlassen eines Zahnarztbesuchs ist die geregelte Zukunft meiner Kinder nur bedingt gefährdet).Einfaches Beispiel: Ich fühle mich schlecht, wenn ich zum Zahnarzt gehe, tue es aber trotzdem, weil ich glaube (!), dass es für mein Wohlergehen langfristig besser ist. - Wenn diese Fähigkeit zur Projektion über den Tag hinaus nicht ausgebildet ist, bleibt man daheim - man spürt ja noch nichts. - Insofern lautet bei jedem Thema die Frage: "Was ist langfristig der richtige Weg?".
Du sagst es selbst, "ob [es] richtig war", nicht ob es als richtig empfunden wurde. Damals wurde X als moralisch korrekt empfunden, da diese und jene Umstände existierten, aber war X, selbst in Anbetracht dieser und jener Umstände, wirklich moralisch korrekt? Um genau diese Unterscheidung geht mir ja, evtl. habe ich mich einfach nicht klar ausgedrückt.Nach meinem Verständnis muss die damalige Sicht/die damaligen Umstände entscheidend für ein Urteil sein. - Will heißen: Es darf nur darum gehen, ob das in der Bibel Geschilderte in der damaligen Zeit richtig war.
Selbst wenn wir die Immoralität des ganzen Konzeptes, dass ich einen Menschen besitzen darf durch den Kontext der damaligen Zeit relativieren würden, ich weiß beim besten Willen nicht, wie ein Kontext aussehen muss, in dem ich beispielsweise Exodus 21, (20-)21 als moralisch vertretbar einordnen würde."Unmoralisch" aus heutiger Sicht oder in virtueller Verantwortung des "Was hätte ich damals als Verantwortlicher gemacht?"?CoolLesterSmooth hat geschrieben:A) das, was Gott in den mosaischen Gesetzen vorgibt ist (zumindest teilweise) unmoralisch
Für sich alleine genommen habe ich überhaupt kein Problem mit dieser Ansicht, würde sie sogar unterschreiben, da ich die Gesetze in der Bibel ebenfalls auf Menschen und nicht auf einen Gott zurückführe (ich gehe sogar noch weiter und führe gar nichts in der Bibel auf einen Gott zurück, da ich keine überzeugenden Belege für den Gott der Bibel sehe).Das ist reine Glaubenssache. - Aus meiner Sicht ist das AT eine Zeit der Finsternis, in der der ab und an Lichter aufleuchten, die in Vogelschau eine Struktur haben, die ins NT hinweist. - Konkret: Nach meinem Verständnis sind es menschliche Gesetze, die in der Hoffnung gemacht wurden, Gott gerecht zu werden. - Noch konkreter: Wenn es im AT heißt "Gott spricht" (das kommt oft vor), heißt das oft nichts anderes als "Im Namen des Gesetzes" (so würden wir es heute sagen) - es muss also NICHT heißen "Gott spricht in diesem Moment".CoolLesterSmooth hat geschrieben:B) die mosaischen Gesetze sind nicht von Gott
Man könnte jetzt weiter drauf eingehen, woran du dann festmachst, wann in der Bibel tatsächlich etwas so gemeint ist, wie es da steht und wann nicht und ob Glaube überhaupt irgendeinen Wert für diese (oder eine ähnliche) Fragestellung hat. Aber das würde das Thema nur noch weiter zerfasern.
Grundsätzlich ja, aber in diesem konkreten Fall? Es sei noch einmal auf Exodus 21,21 verwiesen.Ich finde schon, dass sie fehlerhaft ist.CoolLesterSmooth hat geschrieben:C) unsere moralische Einschätzung bestimmter Sachverhalte (in der wir uns eigentlich einig sind) ist fehlerhaft.
Du hängst dich zu sehr an dem Wort "Sklaverei" auf, mir ist eigentlich gleich, wie wir die Praktiken nennen, die im AT legitimiert und gefordert werden, du darfst gerne einen anderen Begriff vorschlagen. Eine andere Bezeichnung ändert jedoch nichts daran, dass es in meinen Augen verachtenswerter Dreck ist. Die [anderer Begriff für Sklaverei] ist da ja auch nur ein Beispiel, die mosaischen Gesetze sind eine Goldgrube der Abartigkeit.Es geht auch nicht um eine Rein-Waschung von Sklaverei - aber es geht sehr wohl darum, dass jede Kultur ein Wort nach ihren eigenen geschichtlichen Erinnerungen versteht.
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"Sklaverei" im AT kann etwas ganz anderes gewesen sein